Schöpfung

  • Noch vor dem Beginn des Beginns,
    als es noch keinen Boden und keinen Himmel gab,
    nicht Meer und nicht Regen,
    lange, bevor der erste Mensch aus dem Mais geformt wurde,
    vor Wind und Blitz,
    noch vor dem ersten Augenschlag der Zeit
    wogten die Brecher des Chaos,
    nimmermüde,
    gewaltig,
    zerstörerisch.
    Nichts bestand.
    Nichts gedieh.
    Da griff ich das Chaos.
    Ich sperrte es in einen Edelstein
    der rot war und leuchtend.
    Und ich tauchte in den Rubin
    und zog heraus das Spinnennetz der ersten Welt.
    Ich spannte auf die Richtungen des Himmels,
    den weißen Norden,
    den schwarzen Westen,
    den gelben Süden,
    zuletzt den roten Osten.
    Ich ließ den Zyklus der Tage beginnen,
    den Zyklus des heiligen Jahres,
    den des Sonnenjahres,
    den Zyklus des Mondes
    und den der Venus
    und alle anderen Zyklen der Zeit.
    Ich verwob sie,
    ich verbarg sie.
    Nur wer klug ist, soll sie erkennen.
    Ich bestimmte die Götter,
    ich gab ihnen ihre Reiche in den Nischen der Zeit.
    Ich war es, der all dies tat.
    Ich.
    Ich habe dich geschaffen.

  • Ähhhh..ja.


    Also ihrgedwie kann ich mit diesem Text nicht ganzsoviel anfangen.


    "ICh" ist doch Gott. Und mit dem stehe ich zurzeit auf Kriegsfüß! :fetch


    Und des mit dem Rubin verstehe ich nicht so. :-]


    deny

    "Rettet Robert- bewahrt den kleinen Robert nur als kleine Nebenrolle zu enden"
    (Rubinrot- Kerstin Gier) Macht mit! :lache

  • Der Text besticht. Er animiert zum Lesen, auch mehrfach. Er regt mich zum Nachdenken an. Das gefällt mir sehr.


    Ich hätte mir bei diesem Thema zwar eine Entwicklung in der Form bzw. im der Geformtheit der Zeilen gewünscht, damit die Entwicklung von Chaos zu Ordnung auch in der Form nachvollziehbar wird, aber vielleicht ist das nur ein Spleen von mir.


    Ein bemerkenswerter Text, Prometeus ;).


    LG Licht

  • Danke für die Rückmeldungen.


    Mit diesem Text versuche ich, stilistisch und inhaltlich Werke aus einem anderen Kulturraum zu kopieren. Deswegen geht Denys Interpretation, die Figur "Ich" in dem Text sei Gott, zwar in die richtige Richtung, trifft es aber vermutlich nicht exakt - schließlich tauchen später auch explizite "Götter" auf.
    Die Herausforderung besteht für mich als Autor darin, einerseits die Exotik der anderen Kultur zu erhalten und andererseits dem Leser aus dem Deutschland des 21. Jahrhunderts zumindest eine Chance zu geben, die Handlung zu greifen.


    Prinzesschen : Genau, ich vermute auch, dass hier das Chaos als Urgrund gesetzt werden soll.


    @Licht: danke. Ich denke darüber nach, ob ich es schaffe, die Entwicklung auch sprachlich zu unterstreichen.


    teufelchen : Bei einem solchen Kompliment kann ich nicht viel Anderes tun, als es anzunehmen. Ich sage: "danke".


    :wave