'Herzfresser' - Seiten 99 - Ende

  • Ich hab das Buch jetzt durch. Es liest sich leicht und rasch.


    Die Sprache ist wirklich positiv hervorzuheben, obwohl in den Kapitel 25+ sehr oft nur Wörter hingeschmissen werden, die Subjekte fehlen, es soll wohl eine gewisse Schnelllebigkeit, eine endlich erreichte Lockerheit symbolsieren. Für mich sind diese halben Sätze allerdings sehr störend, aber hier bin ich streng, muss ich ehrlich zu geben.


    Marie schlittert von einer Beziehung in die nächste. Sie sehnt sich offenbar nach Liebe und erwischt immer die falschen Männern. Ah nein - einer ist da: "Lichtblau" - wohl die große Liebe, die aber viel zu schnell verschwindet. Marie lernt sich und ihre Probleme kennen und nimmt Hilfe in Anspruch. Aber auch hier fehlen mir die Zusammehänge. Was erfährt Marie über sich und die Menschen in ihrer Umgebung. Was lernt sie über ihre Beziehungen? Was lernt sie über die Beziehung zu ihrer Tochter? Ja - wie ist die Beziehung zu ihrer Tochter eigentlich? Sie klammert die Missbräuche bewusst aus: Warum? Was erhofft sie sich dadurch? Gut, sie fühlt sich wohler damit und weiter? Fragen über Fragen und selbst im Erwachsenenalter Maries bleiben die Antworten dem Leser verborgen.


    Marie ändert ihren Namen? Warum? Was verbindet sie genau mit dem Namen Marie? Gibt es etwas oder gar nichts gutes an der alten Marie? Lernt der Mensch durch das Vergessen? Ist Namensänderung eine Lösung?


    Ich denke, dieses Buch hat sehr viel Potential, vieles bleibt aber nur angeschnitten und unbehandelt. Dem Leser bleibt freie Interpretation, die zum Nachdenken anregt. Das ist gut so. Mir ist das aber leider zu wenig. Ich hab nur eine leichte Ahnung davon, was mir die Autorin durch die Figur Marie transportieren möchte. Ich denke ich weiß, warum die Geschichte in den Nachkriegsjahren angesiedelt wurde und ich weiß, dass Kinder und Jugendliche vor tätlichen Missbrauchsübergriffen geschützt werden müssen. Tabus müssen gebrochen werden, Missbrauchsopfer brauchen jede erdenklich Unterstützung und soziale Projekte diesbezüglich brauchen Raum und Öffentlicheit. Letzteres wusste ich auch schon vor der Lektüre. Das ich hier kaum weiter gekommen bin, finde ich sehr schade.

  • Marie fährt zum Besuch zu Onkel und Tante und der Onkel missbraucht sie auch für seine Bedürfnisse, schrecklich.
    Marie will nach Hause und die Mutter hört ihr nicht zu am Telefon. :fetch Daran merkt man auch das die Mutter froh ist das Marie nicht da ist und sich nicht um sie kümmern muss.


    Was so kleines Wesen aushält ist erstaunlich und zugleich auch furchtbar.

  • Mir fällt gerade auf, dass ich mich missverständlich ausgedrückt habe im ersten Teil. Natürlich verstehe ich, dass viele Menschen erst später darüber reden können. Das Opfer, mit dem ich korrespondiere, ist ein Mann in den 40ern, der bis zum Alter von 18 von einem Priester missbraucht wurde. Jetzt erst redet und schreibt er darüber.
    Andererseits hat er mit 21 geheiratet und dann 2 Kinder gekriegt. Es gibt also Menschen - und davon kenne ich zum Glück mehrere - , die doch noch ein "normales" Leben führen können, und sei es mit massiver Verdrängung.
    Nein, ich meinte, warum sich manche Frauen das 10 Jahre lang - von 11 - 21 hieß es mal bei einem Fall - gefallen lassen. Spätestens ab 14 müssten sie doch - heute, heute! - über Hilfsmöglichkeiten informiert sein. Schulen leisten da einiges, und die Medien auch.

  • so ...
    ich bin noch erst auf seite 150
    wirklich ins bessere gewandelt hat sich maries leben ja noch nicht ...
    sie hat ein kind, einen mann der sie nicht liebt und den sie nicht liebt, keinen beruf , finanzielle notlage etc.
    und ihre mutter regt mich grade echt auf :fetch
    sie hat meiner meinung nach eine viel zu krasse und falsche auffassung von gott und der bibel! war das früher bei den katholiken immer so,oder ist es noch? diese krasse ansicht von gott, der quasi nur der "böse Richter" ist?! Es wird immer an den ganzen geboten der bibel orientiert... aber in der bibel steht doch genauso wie gütig gott ist, dass er sünden vergibt, seinen kindern verzeiht, über fehler hinwegsieht und sie trotzdem liebt.
    und wie sie als mutter darüber hinwegsieht, dass es ihrem kind schlecht geht und wieder nur mit den geboten kommt ... das hätte gott garantiert nicht gewollt! und grade dass sie marie sagt, sie müsse dadurch weil sie ein kind habe und das aushalten müsse, bis das der tod sie von hans scheide (seite 149)... unglaublich! sie hat doch selber 2 kinder von einem mann mit dem sie nicht mehr zusammen ist und hat damit eingentlich das gebot "du sollst nich ehe brechen" gebrochen... sie muss doch wissen wie schrecklich es ist in so einer beziehung gefangen zu sein, die man nur noch zum schein führt. kann ich echt nicht nachvollziehen!
    na ja, im nächsten kapitel scheint sie ja irgendwo auf reisen zu sein, mal sehen wie das wird...
    irgendeine wendung muss ja kommen, noch nennt sie sich ja nicht madena etc. bin gespannt ob sie sich noch jemandem über ihre vergangenheit anvertrauen wird und ob ihre mutter mehr nachsicht zeigt.

  • was mir noch einfällt ...
    ich finde es etwas schade, dass das buch doch recht oberflächlich geschrieben ist. ich kann mich nicht wirklich in das geschehen versetzen , weil zu wenig gefühle von marie etc. aufgeführt werden.
    zum beispiel ihre begegnung mit herrn lichtblau hätte man viel mehr ausschmücken können ... was sie an ihm besonders wahrnimmt, was sie für ihn empfindet und auch wie sie darüber denkt das er weg geht
    mir fehlt vom schreiben her irgendwie das gewisse etwas das mich ganz in seinen bann schlägt und das mich dazu verursacht richtig mitzuleiden etc.
    weil was marie durchmacht ist ja bis jetzt sowohl in ihrer kindheit als auch als erwachsene nicht wirklich das gelbe vom ei

  • ...ich finde eben die von Dir so bezeichnete "Oberflächlichkeit" sehr gut gewählt, um mit dem Thema umzugehen.Sicher gäbe es hundert andere Arten, um über Mädchen wie Marie zu schreiben - aber eben diese Erzählweise, die vermeintlich (!) Distanz erzeugt ist das, was mich an dem Buch besonders fasziniert hat. Eben weil es nicht bis ins kleinste Detail geht (wozu auch? Weiß das nicht jeder ohnehin?) und weil es eben nicht ein Tränendrüsendrücker erster Güte ist.
    Aber das ist ganz bestimmt Geschmackssache! :wave Silke

  • Zitat

    Original von keinkomma
    ...ich finde eben die von Dir so bezeichnete "Oberflächlichkeit" sehr gut gewählt, um mit dem Thema umzugehen.Sicher gäbe es hundert andere Arten, um über Mädchen wie Marie zu schreiben - aber eben diese Erzählweise, die vermeintlich (!) Distanz erzeugt ist das, was mich an dem Buch besonders fasziniert hat. Eben weil es nicht bis ins kleinste Detail geht (wozu auch? Weiß das nicht jeder ohnehin?) und weil es eben nicht ein Tränendrüsendrücker erster Güte ist.
    Aber das ist ganz bestimmt Geschmackssache! :wave Silke


    das der missbrauch etc. nicht bis ins letzte detail beschrieben wird finde ich auch echt gut so
    was mich stört sind diese vielen sprünge ...
    plötzlich ist sie da, dann ist sie da, dann sind einige jahre später, dann wohnt sie plötzlich woanders etc.
    ich kann gar nicht wirklich beschreiben, was mir daran nicht gefällt, ist aber halt irgendwie so
    aber wie du schon sagst ... geschmackssache :wave

  • Zitat

    Original von keinkomma
    ...ich finde eben die von Dir so bezeichnete "Oberflächlichkeit" sehr gut gewählt, um mit dem Thema umzugehen.Sicher gäbe es hundert andere Arten, um über Mädchen wie Marie zu schreiben - aber eben diese Erzählweise, die vermeintlich (!) Distanz erzeugt ist das, was mich an dem Buch besonders fasziniert hat. Eben weil es nicht bis ins kleinste Detail geht (wozu auch? Weiß das nicht jeder ohnehin?) und weil es eben nicht ein Tränendrüsendrücker erster Güte ist.


    Das finde ich auch gerade gut an dem Buch, es bleibt vieles dem Leser überlassen, der wird stark gefordert, was gut so ist.


    Zitat

    Original von lethabo
    was mich stört sind diese vielen sprünge ...
    plötzlich ist sie da, dann ist sie da, dann sind einige jahre später, dann wohnt sie plötzlich woanders etc.ich kann gar nicht wirklich beschreiben, was mir daran nicht gefällt, ist aber halt irgendwie so


    Das hatte ich ja schon im ersten Teil geschrieben, das stört mich auch, das hemmt den Lesefluss einfach - das wäre aber auch das einzige, was die Hexe zu meckern hat :-]

  • Also diese Sprünge in der Geschichte stören mich überhaupt nicht, denn genauso sieht es in Marie aus, völlig hin - und hergerissen. Einerseits will sie doch die Anerkennung vom Vater, auf der anderen Seite will sie ihn nicht sehen.


    Zitat

    Original von keinkomma
    ...ich finde eben die von Dir so bezeichnete "Oberflächlichkeit" sehr gut gewählt, um mit dem Thema umzugehen.Sicher gäbe es hundert andere Arten, um über Mädchen wie Marie zu schreiben - aber eben diese Erzählweise, die vermeintlich (!) Distanz erzeugt ist das, was mich an dem Buch besonders fasziniert hat. Eben weil es nicht bis ins kleinste Detail geht (wozu auch? Weiß das nicht jeder ohnehin?) und weil es eben nicht ein Tränendrüsendrücker erster Güte ist.
    Aber das ist ganz bestimmt Geschmackssache! :wave Silke


    Seh ich auch so.
    Warum muss es so ins Detail gehen? Ich glaube dann würde ich das Buch weglegen, steht doch schon genug in den Zeitugen, was einem schon zu nahe geht.

  • Ich muss mich da kurz nochmals einmischen. Ich stimme lethabo zu und ich denke, ich weiß woran mein großer Anstoß hier ist. Prinzipiell bin ich natürlich auch froh, dass Missbrauch und Handgreiflichkeiten nicht detailliert ausgeführt werden. Ich will das gar nicht lesen und meide daher sehr viele US-Krimis, in denen man das ausgiebig finden kann.


    Maries Leben wird für mich in Herzfresser ähnlich einem Lebenslauf dargebracht. Kind - Vater - Mutter - Missbrauch - Schwester - Schule - Lehrer - erster Freund - zweiter Freund - Schwangerschaft - Heirat - Hass - Sehnsucht usw. Aus den wenigen kursiven Stellen kann ich erkennen, warum Marie in zB einer schwierigen Ehesituation so reagiert wie sie reagiert "Du bist gar nicht da, es gibt dich nicht, andere bestimmen". Diese Stellen find ich sehr gut und ich hätte gerne viel mehr davon gelesen.


    Ich lese Bücher weil ich mich mit Personen befassen möchte. Warum reagieren Menschen in verschiedenen Situationen auf ihre Weise, wie verhalten sie sich wenn dieses und jenes passiert. Zeitungsartikel und div. Dokumentationen lese ich, wenn ich Fakten lesen möchte. Dieses Buch liegt irgendwo dazwischen.

  • Sorry, wenn ich hier übers Ziel hinau geschossen und zuviel off topic geschrieben habe. Das Thema hat mich halt mitgerissen und mitgenommen, was sicher FÜR das Buch spricht.
    Aber ich melde mich hier besser wieder ab.

  • Zitat

    Original von Gisa
    Sorry, wenn ich hier übers Ziel hinau geschossen und zuviel off topic geschrieben habe. Das Thema hat mich halt mitgerissen und mitgenommen, was sicher FÜR das Buch spricht.
    Aber ich melde mich hier besser wieder ab.


    Gisa, schade. Warum denn? Das ist ein emotionales Thema und hochkommende Gefühle dürfen ruhig mal überborden. :wave

  • Wenn jetzt die Eindrücke anders wären, wenn wir uns zufrieden zurücklehnen könnten nach der Lektüre des Romans und sagen: Alles ist befriedet, Ende gut - alles gut, würde nicht gerade das bedeuten, Monika Detering habe ihr Thema gründlich verfehlt? Weil die Thematik von so ungeheurer Brisanz ist, haben wir viel mehr am Inhalt als an der Form diskutiert. Lasst uns aber doch noch einmal auf das Verhältnis von Inhalt und Form eingehen. Lethabo kennzeichnet zu Recht die "Sprünge" als irritierend. Ich nehme allerdings an, nichts anderes wollte die Autorin damit bewirken als unsere Irritation. Gedanken werden uns, wie Trixi sehr richtig beschreibt, nicht vollendet abgeliefert. Und selbstverständlich ist das unbefriedigend. Nicht anders als unbefriedigt wollte uns aber vermutlich die Autorin nach dem "Herzfresser" in die reale Welt entlassen, in der kleine Maries so sehr zerstört werden, dass sie sogar ihren Namen, also das, was eigentlich doch untrennbar zu uns gehört, ablegen wollen!
    Es ist streckenweise schwierig, sich mit der Hauptperson zu identifizieren, das sehen wir an unserer kontroversen Diskussion. Darin aber liegt Monika Deterings Kunst. Sie zeigt uns Risse, ohne uns den Kitt dafür zu liefern. Den müssen wir selbst finden!

  • Zitat

    Original von Jutta Mülich
    Wenn jetzt die Eindrücke anders wären, wenn wir uns zufrieden zurücklehnen könnten nach der Lektüre des Romans und sagen: Alles ist befriedet, Ende gut - alles gut, würde nicht gerade das bedeuten, Monika Detering habe ihr Thema gründlich verfehlt? Weil die Thematik von so ungeheurer Brisanz ist, haben wir viel mehr am Inhalt als an der Form diskutiert. Lasst uns aber doch noch einmal auf das Verhältnis von Inhalt und Form eingehen. Lethabo kennzeichnet zu Recht die "Sprünge" als irritierend. Ich nehme allerdings an, nichts anderes wollte die Autorin damit bewirken als unsere Irritation. Gedanken werden uns, wie Trixi sehr richtig beschreibt, nicht vollendet abgeliefert. Und selbstverständlich ist das unbefriedigend. Nicht anders als unbefriedigt wollte uns aber vermutlich die Autorin nach dem "Herzfresser" in die reale Welt entlassen, in der kleine Maries so sehr zerstört werden, dass sie sogar ihren Namen, also das, was eigentlich doch untrennbar zu uns gehört, ablegen wollen!
    Es ist streckenweise schwierig, sich mit der Hauptperson zu identifizieren, das sehen wir an unserer kontroversen Diskussion. Darin aber liegt Monika Deterings Kunst. Sie zeigt uns Risse, ohne uns den Kitt dafür zu liefern. Den müssen wir selbst finden!


    Nachdem ich das Posting von Jutta jetzt zweimal gelesen habe, kann ich das total unterschreiben und sehe die Sprünge grad auch ganz anders. Ich fand es toll, dass wir hier so über den Inhalt disktuiert haben, denn das Thema ist leider viel zu aktuell und wichtig und wenn dadurch auch nur eine Frau ausbrechen kann, ist doch schon verd... viel gewonnen!


    Gisa, ich fand deine Beiträge gar nicht so off topic - BLEIB bitte!

  • Zitat

    Original von bibihexe76


    Nachdem ich das Posting von Jutta jetzt zweimal gelesen habe, kann ich das total unterschreiben und sehe die Sprünge grad auch ganz anders. Ich fand es toll, dass wir hier so über den Inhalt disktuiert haben, denn das Thema ist leider viel zu aktuell und wichtig und wenn dadurch auch nur eine Frau ausbrechen kann, ist doch schon verd... viel gewonnen!


    Gisa, ich fand deine Beiträge gar nicht so off topic - BLEIB bitte!



    Schon mal vorab, so zwischendurch,allen ein großes Dankeschön für die unterschiedlichen Empfindungen, Meinungen und Beiträge. Jutta , wieso kannst du derat in meine schwarze Seele linsen?

  • Marie wird schwanger und wird gezwungen zu heiraten, das nichts richtiges daraus wird war klar.
    Ich finde gut das Marie sich für das Kind entschieden hat, obwohl auch in ihr eine innerer Kampf tobt. So richtig kann sie mit Situation nicht umgehen. Vom Regen ind die Traufe.
    Auch der Druck der Eltern noch dazu zu heiraten, aber das war damals so in der Zeit.


    Ich finde die Schilderungen der Nachkriegszeit die Monika Detering mit in die Geschichte eingebaut sind, sehr gut recherchiert. Diese "Gottesfurcht" lässt mich ehrlich gesagt schaudern.

  • Ich denke, wenn ich auch andere Leserunden so anschaue, dass Monika mit dem Buch ins Schwarze getroffen hat. Über kaum ein anderes Buch wird so viel und kontrovers diskutiert - das finde ich mal richtig wohltuend! Mir macht das Spaß!!!
    Ich würde dem Herzfresser viel mehr Leser wünschen (by the way: Monika, ich hab im Thread Fragen an Dich die Frage gestellt, wie Männer auf das Buch reagieren?!), denn das Buch ist nict so wie vielke andere zu diesem Thema.
    Sicher, die Zeitsprünge machen das Lesen nicht einfacher, manchmal stutzte ich auch. Aber dieser Stil passt zum Buch und auch wenn ich zwischendrin immer mal wieder "HÄH?!" gedacht habe - ganz am Ende fügt sich alles zu einem Bild. Nicht immer kann und will ich die Figuren verstehen, aber es hat gut getan, Marie kennenzulernen, die ja - wie Monika erklärte - wohl ein Surrogat aus vielen Frauen ist, die solches erlebt haben. Ich sehe diese Frauen jetzt in einem anderen Licht, danke dafür, Monika!
    :knuddel1 Silke

  • Zitat

    Original von Jutta Mülich
    Wenn jetzt die Eindrücke anders wären, wenn wir uns zufrieden zurücklehnen könnten nach der Lektüre des Romans und sagen: Alles ist befriedet, Ende gut - alles gut, würde nicht gerade das bedeuten, Monika Detering habe ihr Thema gründlich verfehlt? Weil die Thematik von so ungeheurer Brisanz ist, haben wir viel mehr am Inhalt als an der Form diskutiert. Lasst uns aber doch noch einmal auf das Verhältnis von Inhalt und Form eingehen. Lethabo kennzeichnet zu Recht die "Sprünge" als irritierend. Ich nehme allerdings an, nichts anderes wollte die Autorin damit bewirken als unsere Irritation. Gedanken werden uns, wie Trixi sehr richtig beschreibt, nicht vollendet abgeliefert. Und selbstverständlich ist das unbefriedigend. Nicht anders als unbefriedigt wollte uns aber vermutlich die Autorin nach dem "Herzfresser" in die reale Welt entlassen, in der kleine Maries so sehr zerstört werden, dass sie sogar ihren Namen, also das, was eigentlich doch untrennbar zu uns gehört, ablegen wollen!
    Es ist streckenweise schwierig, sich mit der Hauptperson zu identifizieren, das sehen wir an unserer kontroversen Diskussion. Darin aber liegt Monika Deterings Kunst. Sie zeigt uns Risse, ohne uns den Kitt dafür zu liefern. Den müssen wir selbst finden!


    sehr gut ausgedrückt ! :anbet
    so gesehen kann ich die sprünge wirklich nachvollziehen und sie machen sinn
    ich finde es wirklich interessant mich mal mit dem thema missbrauch auseinander zu setzen, gerade wie es früher gewesen sein muss.
    denn da waren die frauen noch nicht so emanzipiert,es gab viel weniger orgnaisationen die frauen unterstützt haben und an die man sich wenden konnte. es ist immer leicht zu sagen "wenn mir das passiert werde ich gleich darüber reden und um hilfe bitten", aber in der damaligen zeit war das sicher noch ein stück schwieriger als es heute sein muss.
    von daher danke für den anstoß an dieses thema :wave

  • Auf mich haben diese Sprünge überhaupt nicht irritierend gewirkt, ich fand das absolut schlüssig und gut gewählt. :-)


    Maries Leben als Erwachsene kam mir so vor, als ob sie zum grössten Teil quasi "neben sich gestanden" und sich selbst zugesehen hat; einfach funktioniert hat, zumindest dann, wenn es sein musste ( als Iris klein war, z.B. ).
    Sehr gegönnt habe ich ihr das Treffen mit Lichtblau. Wunderbar beschrieben, z.B. dieser Satz auf Seite 134/135: "Und während ihre Augen sich ständig verfehlten, versuchten sie, einander zu beobachten."


    Die Konsequenz, am Schluss ihren Namen zu ändern und quasi neu zu beginnen, finde ich sehr gut. Und Marie ist deshalb ja nicht vergessen, sondern weiter ein Teil ihres Lebens.......... :-)


    Ein interessantes, gut geschriebenes Buch, welches ich ohne die Eulen und diese Leserunde sicher nie gelesen hätte. :-)
    Vielen Dank für die Begleitung der Leserunde, monde. Dein "Herzfrauen" steht schon auf meiner Wunschliste, obwohl man die Bücher sicher nicht miteinander vergleichen kann. :wave


    Das Buch bekommt von mir 9 Punkte.