Originaltitel/Übersetzung

  • Falls es zu diesem Thema schon mal einen Thread gab, schmeißt mich ruhig raus :grin


    Immer wieder nervt es mich, daß ins Deutsche übersetzte Titel
    a) mit dem Inhalt des Buches nichts zu tun haben (in schöner Eintracht mit dem Cover),
    b) an den Haaren herbeigezogen sind und
    c) mit dem Originaltitel nicht übereinstimmen.
    Wieso ist das bloß so? Was ist so falsch an einer 1:1 Übersetzung?


    Ein wunderbares Beispiel ist die Krimiserie von Sue Grafton. Da heißt der erste Band im Englischen "A is for Alibi". Die deutsche Übersetzung lautete zunächst: A wie Alibi. Soweit okay. Die spätere Ausgabe hieß dann allerdings: "Nichts zu verlieren". Wieso? Die weiteren Bände der Serie folgen mit ihren Titeln dem Alphabet. Inzwischen ist die Autorin bei "S" angelangt. Für chronologisch Lesende doch sehr praktisch. Der deutsche Verlag sieht das anders. Hier werden die Titel willkürlich gewählt, obwohl sich doch bestimmt für jedes englische Wort das passende auf Deutsch finden ließe.


    Ein noch gelungeres Besipiel ist meiner Meinung nach Tess Gerritsen: "Der Meister". Das Original heißt: "The Apprentice", was sich mit Lehrling, Schüler übersetzen läßt, aber sicher nicht mit Meister. :fetch


    Es gibt endlose Beispiele hierzu und mir will keine sinnvolle Erklärung einfallen.


    PS: Es gibt natürlich auch Originaltitel, die mit dem Inhalt nicht unbedingt was zu tun haben.

  • In diesem Fall liegt es vermutlich daran, dass die wörtliche Übersetzung nicht immer mit demselben Buchstaben beginnt wie im Englischen. Schon bei "B is for Burglar" steht der Verlag vor einem Problem, denn die wörtliche Übersetzung für Burglar ist Einbrecher. "B wie Einbrecher" wäre doch bescheuert, oder? Und ein deutsches Wort, das mit B beginnt und für Einbrecher steht, fällt mir jetzt beim besten Willen nicht ein. Von daher kann ich verstehen, dass der Verlag andere Titel gewählt hat. Auch wenn es dadurch etwas schwieriger wird, die richtige Reihenfolge herauszufinden. Dafür wäre es vielleicht ganz gut gewesen, einen Untertitel einzuführen (wie "Der zweite Fall" oder so).

  • Stimmt, das fällt mir auch manchmal auf.
    Ein :fetch Beispiel sind NACHTVOGEL und GOLDVOGEL von Sean Russell.
    Die Originaltitel waren THE ONE KINGDOM und THE ISLE OF BATTLE.
    Wie Heyne dann die deutschen Titel daraus gemacht hat, ist mir ein Rätsel. In der Geschichte bin ich jedenfalls weder über Nacht- noch über Goldvögel gestolpert.
    Was fällt mir noch ein? Selbst die Titel meiner beiden Lieblingsbücher, DIE LETZTE ZAUBERIN von Mary H. Herbert und DIE MEISTERIN von Trudi Canavan wurden nicht originalgetreu übersetzt. Das erste bestand im Original aus zwei Bänden namens DARK HORSE und LIGHTNING'S DAUGHTER und das zweite hieß HIGH LORD.
    Der deutsche Titel bei der letzten Zauberin ist nicht mal inhaltlich korrekt. (Gabria ist nicht die letzte Zauberin).
    Über so was könnte ich mich manchmal wirklich :fetch :fetch :fetch

    Logisch: Wer immer den anderen hinterherläuft, wird niemals Erster sein.

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  • Sue Grafton ist ja eigentlich das beste Beispiel, warum 1:1 Übersetzungen nicht wirklich Sinn machen.
    Die englischen Originaltitel sind schön Alphabetisch und mit passenden Substantiven, die in Deutschland dann nun mal einen anderen Anfangsbuchstaben haben.
    Was also tun? Die Reihenfolge der Bände verändern oder falsches Alphabet?


    Mich nervt das eigentlich nicht. Und wenn da ein Problem ist, dann ja eher bei Übersetzungen im Allgemeinen, die leider, wie mein Eindruck ist, nicht gerade an Qualität gewonnen haben in der Masse, in den letzten Jahren.
    Und irgendwie ist eine Übersetzung ja auch immer eine kreative Eigenleistung des Übersetzers, da es eine Gradwanderung zwischen wortwörtlich und wohl-formuliert ist... und so mit wird eine Übersetzung eine Interpretation.
    Je mehr Original ist lese, umso mehr fällt mir das auf.


    Noch schlimmer finde ich es bei Filmen. Synchronisiert schaue ich nur noch, was ich mir im Fernsehen angucke. Hier ist nicht nur das Übersetzungsproblem, sondern auch das Problem, daß den Originalschauspielern ja im Prinzip ihr kompletter verbaler Ausdruck "geraubt" wird.
    Auf DVD wird immer nur die Originalversion geschaut.

    :lesend
    If you can read, you can empathize, luxuriate, take a chance, have a laugh, hit the road, witness history, become enlightened, turn the page, and do it all again
    Oprah Winfrey

  • Gerade über die Übersetzung The Apprentice-Der Meister habe ich mich auch gewundert, das hätte man eigentlich wörtlich übersetzen können.


    gewundert habe ich mich aber auch ein wenig über the surgeon-die Chirurgin, weil sich meiner Meinung nach surgeon doch eigentlich mehr auf den Täter bezieht und nicht auf das Opfer?

  • Zitat

    Original von JaneDoe
    Falls es zu diesem Thema schon mal einen Thread gab, schmeißt mich ruhig raus :grin


    Gibt es (edit: klick), aber das ist ein Lieblingsthema von mir, deswegen antworte ich auch gerne noch mal. ;-)

    Zitat

    Original von JaneDoeImmer wieder nervt es mich, daß ins Deutsche übersetzte Titel
    a) mit dem Inhalt des Buches nichts zu tun haben (in schöner Eintracht mit dem Cover),
    b) an den Haaren herbeigezogen sind und
    c) mit dem Originaltitel nicht übereinstimmen.
    Wieso ist das bloß so? Was ist so falsch an einer 1:1 Übersetzung?


    zu a) und b) Das ärgert mich auch, ist aber ein grundsätzliches Problem - nicht nur von Übersetzungen, auch von Originalen.


    zu c) Ich bin nicht dafür, "Übereinstimmung mit dem Originaltitel" oder "1:1-Übersetzung" zum Qualitätskriterium für einen deutschen Titel zu machen. Zum einen, weil auf den Originaltitel oft auch a) und b) zutreffen. Zum anderen, weil sich ein guter Originaltitel oft nicht "nachmachen" lässt, ohne dass etwas verloren geht. Die Assoziationen, die Leser des Originals hatten, lassen sich bei "1:1-Übersetzungen" (wenn darunter die "wörtliche" Übertragung verstanden wird - "B wie Einbruch" für "B for Burglary" oder "Der Azubi" für "The apprentice" sind wohl kaum ernst zu nehmende Übersetzungsvorschläge ;-) ) nur im Ausnahmefall retten.


    Ich wünsche mir Kreativität beim Übersetzen, die einen guten Titel für das deutsche Buch findet, der zum Buch und zur deutschsprachigen Leserschaft passt. Denn das ist es, was der deutsche Leser im Buchladen sucht: ein gutes Buch, egal, in welcher Sprache das Original geschrieben war und wie der Titel da hieß. Ein guter Originaltitel gehört natürlich in diese Überlegung mit hinein, sein Wortlaut muss aber nicht maßgeblich sein. (Wer beim Lesen eines Buches das Original "durchscheinen" lassen möchte, um zu sehen, wie z.B. Krimis in englischer Sprache geschrieben sind, der hat dabei natürlich einen Nachteil. Aber diese Zielgruppe dürfte klein sein und von den Verlagen zu Recht vernachlässigt werden.)


    Ich stimme dir übrigens zu, was die mangelnde Qualität vieler Buchübersetzungen betrifft. Oft geht das nicht anders - Belletristik-Übersetzungen werden dermaßen schlecht bezahlt, dass nur Fließbandarbeit ohne die notwendige Qualitätskontrolle einen einigermaßen vertretbaren Stundensatz erbringt. Das ist extrem schade.


    Schlechte deutsche Titel sind allerdings nicht immer den Übersetzern anzulasten - das weiß ich aus eigener Erfahrung. :-( Die können begründete Vorschläge machen, bis der Kopf raucht, der Verlag entscheidet. (Das geht aber vielen Autoren wohl nicht anders.)


    Zitat

    Original von JaneDoeEin wunderbares Beispiel ist die Krimiserie von Sue Grafton. Da heißt der erste Band im Englischen "A is for Alibi". Die deutsche Übersetzung lautete zunächst: A wie Alibi. Soweit okay. Die spätere Ausgabe hieß dann allerdings: "Nichts zu verlieren". Wieso? Die weiteren Bände der Serie folgen mit ihren Titeln dem Alphabet. Inzwischen ist die Autorin bei "S" angelangt. Für chronologisch Lesende doch sehr praktisch. Der deutsche Verlag sieht das anders. Hier werden die Titel willkürlich gewählt, obwohl sich doch bestimmt für jedes englische Wort das passende auf Deutsch finden ließe.


    Ich fände es extrem missglückt, wenn der erste Band auf Deutsch "A wie Alibi" hieße und der zweite dann "Nichts zu verlieren". So aber ist (ich habe mir die Titel jetzt nicht alle angeschaut, verlasse mich nur auf deine Info) die Reihe im Deutschen stimmig. Die "Durchnummerierung" im Englischen finde ich sehr pfiffig und ja, es wäre schön, wenn die im Deutschen nachgebildet werden könnte. Allerdings muss ich da janda zustimmen - deutsche Titel mit dem richtigen Anfangsbuchstaben UND einem passenden Substantiv, die dann nicht nach Übersetzung riechen, das ist verflixt schwer, und der Verlag mag sich deswegen dagegen entschieden haben. Oder aber (Spekulation meinerseits, aber auch solche Überlegungen muss der Verlag anstellen) deutsche Leser finden solche Buchstabenspielchen ein bisschen albern und haben lieber "richtige" Titel, während britische Leser diese Alphabet-Titel witzig finden. Vielleicht ist es im englischen Sprachraum sehr üblich, dass bei Krimiserien vermerkt wird, der wievielte Band einer Reihe es ist, während das im deutschen Sprachraum fast nie passiert (so sehr es mich auch ärgert :rolleyes ). Dann wäre es sogar beinahe "falsch", das Alphabet nachzubilden.


    (All das - wie auch bei dir - nur ein Beispiel für die Überlegungen, die hinter einer Übersetzung stehen müssen.)


    Zitat

    Original von JaneDoeEin noch gelungeres Besipiel ist meiner Meinung nach Tess Gerritsen: "Der Meister". Das Original heißt: "The Apprentice", was sich mit Lehrling, Schüler übersetzen läßt, aber sicher nicht mit Meister. :fetch


    (Disclaimer: Ich kenne das Buch nicht. Aber:) Eben - "Lehrling"? Veraltet. "Schüler"? Vielleicht zu eng. "Azubi"? Vermutlich das falsche Register. Während "der Meister" genau "das Gleiche bedeutet" wie "the apprentice" im Englischen, nämlich der eine Teil dieses ungleichen Verhältnisses, in einer ähnlich neutralen Sprache gefasst. Vielleicht reicht das für den Inhalt des Buches, und es ist für den Eindruck, den man beim Anblick des Titels vom Inhalt bekommt, unerheblich, dass es "der andere Teil" dieses Verhältnisses ist?


    Übersetzen ist was Tolles... da geht nämlich viel mehr, als ein zweisprachiges Wörterbuch einem suggerieren will. Das bringt aber auch eine Menge Verantwortung mit. Man muss sich nämlich geradezu über das Wörterbuch hinwegsetzen, was aber nicht heißt, dass alles erlaubt wäre.

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)

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  • :-)


    Hallo,
    ich bin selbst literarische Übersetzerin und habe mich schon häufiger über Titel geärgert. Mein erstes Buch hieß "Hunter's Moon", es ging um Füche, und "Jägermond" wäre ein schöner Titel gewesen. Was wurde daraus? "Füchse unter sich". Schade drum.
    Oft springen Verlage auf einen erfolgreichen Zug auf, geben Büchern dann Titel, die an Bestseller erinnern. Da fallen mir z.B. einige Nachahmer zu den knappen Titeln von Grisham ein.
    Leider gehen da oft Marketingstrategien vor. Selten werde ich als Übersetzerin gefragt, meist dann, wenn den LektorInnen nichts einfällt. :-(


    Liebe Grüße,
    Bücherfrau