Schreibwettbewerb Januar 2007 - Thema: "Räuber"

  • Thema Januar 2007:


    "Räuber"


    Vom 01. bis 20. Januar 2007 könnt Ihr uns Eure Beiträge für den Schreibwettbewerb Januar 2007 zu o.g. Thema per Email an webmistress@buechereule.de zukommen lassen. Euer Beitrag wird von uns dann anonym eingestellt.


    Den Ablauf und die Regeln könnt Ihr hier noch einmal nachlesen.


    Bitte achtet darauf, nicht mehr als 500 Wörter zu verwenden. Jeder Beitrag mit mehr als 500 Wörtern wird nicht zum Wettbewerb zugelassen!


    Nur für registrierte Mitglieder mit mindestens 50 Beiträgen!


    Eine Bitte: Schickt uns Eure Beiträge als .doc oder .rtf und sendet sie uns als Anhang in einer Mail. Damit kommen dann auch Zeilenumbrüche, etc. richtig bei uns an. In Word könnt ihr dann auch die Rechtschreibhilfe nutzen und unter „Extras“ habt ihr die Möglichkeit „Wörter zählen“.


    Wir wünschen Euch viel Spaß und viel Erfolg!

  • von flaschfrog



    Also, es gibt da dieses hammer Spiel, wo man sich so in Mittelalterfiguren verwandeln kann und als Ritter die Festung verteidigen, Hexen bekämpfen, Drachen killen und sowas. Kostet aber 50 Euro. Muttsch findet das Spiel zu brutal, die hat echt keine Ahnung. Deshalb haben mein Kumpel Moritz und ich diesen konspirativen Plan ausgeheckt.
    Wir müssen einen strategisch günstigen Moment abwarten. Am Anfang des Monats holt Omi nämlich ihre Rente von der Bank, also das Geld was sie für den Monat braucht, und versteckt es in einer Geldbörse in der großen Porzellanvase in ihrem Schlafzimmer. Da drin ist auch noch eine stille Reserve. „Falls mir mal was passiert.“, hatte sie zu Muttsch und mir mal gesagt.
    Da lässt sich auch schonmal ein bisschen Tee trinken und staubigen Sandkuchen mümmeln in Omis Küche ertragen, oder? Sie freut sich ja immer, wenn „ihr Leonchen“ sie besuchen kommt. Moritz ist natürlich auch mit von der Partie. Wir machen ein bisschen Smalltalk, über Schule und so.
    Dann sag ich: „Ich muss mal pieseln.“
    Das ist das Stichwort. Während Moritz Omi ablenkt, beame ich mich ins Schlafzimmer, nehme diesen potthässlichen Kunstblumenstrauß aus der Vase, fische die Geldbörse raus und stecke einen 50-Euro-Schein in meine Hosentasche. Omi zählt das garantiert nicht jeden Tag durch, und zum Glück ist sie auch schon ein bisschen matschig in der Birne, da fällt ihr bestimmt nicht gleich auf, wenn da 50 Euro fehlen, die denkt dann bestimmt, sie hätte sie schon ausgegeben. Dann drücke ich im Bad die Klospülung und stiefel wieder zurück in die Küche. Ich zwinkere Moritz zu.
    „Und was macht denn die Heike?“ fragt Omi mich.
    „Muttsch hat gerade Step-Aerobic.“, sage ich. Omi erwischt mich, wie ich zu der großen Standuhr in der Ecke schiele.
    „Na, was habt ihr Jungens denn heute noch so vor?“, fragt Omi.
    „Nichts besonderes.“, sage ich.
    „Bisschen PC-spielen vielleicht.“, sagt Moritz, und ich werfe ihm einen warnenden Blick zu.
    „Eigentlich nurn bisschen chillen.“, sagt Moritz und zuckt die Schultern.
    Zum Abschied drückt mir Omi einen 10-Euro-Schein in die Hand.
    „Aber schön teilen, ihr beiden!“ ermahnt sie mich.
    Ich sag: „Tschau, Omili. Und danke.“ und „Ja. Auf Wiedersehn, Frau Rosner.“ sagt Moritz.


    „Fünf Euronen für jeden, dafür kannste ja nichtmal zu McKotz gehen!“ sag ich, als wir draußen sind.
    „Echt.“, lacht Moritz, „Völlig senil, die Frau!“
    Wir zockeln gleich mal los zum Einkaufszentrum und holen uns das Spiel und dann noch Kaugummis, und Moritz entdeckt noch voll die abgespacete CD.
    Bei mir zu Hause hocken wir uns gleich vor den Computer. Moritz macht eine richtige Zeremonie aus dem Folie Aufreißen und Auspacken.
    „Mann, schmeiß ein, das Ding“, sag ich, „bevor Muttsch wiederkommt!“. Dann geht die Musik los und so eine Mittelalterburg kommt auf den Bildschirm.
    Das Spiel ist übrigens echt klasse.

  • von buchbaerchen



    Das trockene Holz knackte unter seinen schnellen Tritten. Verdammt trockener Sommer, dachte er. Vorsichtig darauf bedacht keine größeren Geräusche zu verursachen, drosselte er ein wenig das Tempo. Sein Vorsprung war inzwischen angewachsen und somit konnte er es sich erlauben ein wenig langsamer voran zu kommen.


    Seine Verfolger aus der kleinen Stadt an der Wupper verfügten offenbar über weit weniger Kondition als er. Bald würde es dunkel werden. Er versuchte sich ein wenig zu orientieren. Es half nichts. Er würde bis in die Nacht warten müssen, um dann anhand der Sterne seinen Weg durch den Wald finden zu können. Zum Glück war der Himmel wolkenlos und somit würde auch die Nacht klar werden.


    Es dämmerte bereits und seine Verfolger waren bestimmt schon umgekehrt. Er schaute sich nach einem geeigneten Unterschlupf um, wo er sich ein wenig ausruhen könnte. Seine rechte Hand tastete an seine linke Brustseite. Der Köcher war an der Stelle an der er sein sollte. Ein Lächeln blitzte kurz in seinem dreckigen, unrasierten Gesicht auf. Nur ganz kurz, dann war es schon wieder verschwunden.


    Schließlich fand er eine kleine Höhle. Er prüfte mit ein paar Steinen nach, ob sich darin jemand befand. Sie war leer. Er kroch in die gut geschützte Höhle hinein, legte sich flach auf den Boden und fiel in einen kurzen und unruhigen Schlaf.


    Er streckte sich. Er hatte ungefähr vier Stunden geschlafen. Vorsichtig kroch er in Richtung Höhlenausgang. Bevor er die Höhle verließ horchte er aufmerksam in die Stille. Er kroch heraus, stand auf und blickte um sich. Nirgends eine Menschenseele.


    Ein Blick in den Himmel und er wusste in welche Richtung er gehen musste. Er machte sich auf den Weg. Er kam nur langsam voran, da Neumond war. Nach etwa drei Stunden langsamen Gehens, nahm er am Horizont schwach die Umrisse einer kleinen, an den Hang gebauten Hütte wahr. Nur noch eine halbe Stunde und er war zuhause.


    Milena und die beiden Kinder Maja und Serge. Wieder blitzte für einen winzigen Augenblick ein Lächeln im Gesicht des Mannes auf. Vorsichtig bahnte er sich eine Weg durch das immer dichter werdende Dickicht. Schließlich stand er vor der Türe der winzigen Holzhütte.


    Er betrat die Hütte. Sie bestand aus zwei Räumen. Er stand jetzt im Küchen-Wohnraum, ein schwerer, roter Vorhang verschloss den Durchgang zum Schlafraum. Er setzte sich an den Tisch und zog den Köcher aus seinem Hemd.


    Vorsichtig öffnete er ihn und ließ die darin befindlichen Gegenstände auf den Küchentisch gleiten. Fünf Kartoffeln, zwei Hühnereier, ein kleines Stück Speck und eine Zwiebel. Dazu noch der Geldbeutel des alten Mannes. Er zählte die Münzen. 15 Silbertaler! Davon würden Milena, Maja, Serge und er drei oder vier Wochen lang leben können.


    Ein Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit. Er schmunzelte eine kleine Weile. Der Ausflug hatte sich gelohnt!

  • von Sinela



    Ich bin der größte Räuber auf dieser Welt! Hach, was sage ich: Der größte Dieb des Universums! Denn ich raube euch das Wertvollste, das ihr besitzt: Euer Leben! Na, erraten wer ich bin? Für den Fall, dass nicht, will ich mich euch vorstellen: Gevatter Tod. Ich kenne kein Erbarmen, mache keinen Unterschied zwischen arm und reich, schön oder hässlich, jung oder alt. Wann immer mir danach ist, hole ich euch. Und macht euch keine Hoffnungen: Ich bin nicht käuflich. Vielleicht spiele ich aber vorher noch ein bisschen mit euch wie mit dem reichen Kaufmann aus London. Wie lange ist das jetzt her? 100 Jahre? Oder sind es gar schon 200 Jahre? Die Zeit vergeht so schnell. Aber das brauche ich euch ja nicht zu sagen. Aber zurück nach England. Der gute Mann bot mir im Tausch für sein Leben sein ganzes Hab und Gut an. Du meine Güte, was soll ich denn mit Geld oder Gold anfangen? Aber ich erweckte den Anschein, als sei ich einverstanden. Ich ließ ihn seinen vermeintlichen Triumpf ein paar Wochen genießen und schlug dann zu - und holte mir statt seiner Wenigkeit seine Tochter. Was für ein bildhübsches Weibsbild. Ich hatte eine Menge Spaß mit ihr, bevor ich sie in das Land ohne Wiederkehr schickte. Ihr lieber alter Vater kam über diesen Verlust leider nie hinweg und flehte mich an, ihn zu holen. Tag für Tag, Nacht für Nacht. Aber wenn die Menschen mich herbeisehnen, da mache ich mich vom Acker. Meistens wenigstens. Denn dann macht mir meine Arbeit kein Vergnügen. Nur wenn die Menschen Angst vor mir haben, baut mich das auf. Gibt mir die Kraft, um weiter zu existieren.


    Wie viele Leben ich im Lauf der vielen Jahrhunderte schon geraubt habe? Tut mir leid, aber da habe ich den Überblick verloren. Nach der 1000. Seele habe ich aufgehört zu zählen. Mein Job macht mir viel Freude. Mein letzter Fall liegt gerade erst ein paar Stunden zurück. Eine junge Frau aus Deutschland wollte doch tatsächlich mit mir um das Leben ihres Hundes feilschen. Ein Hund – man stellte sich das mal vor! Wollte den verflohten Köter eigentlich schon im vorletzten Jahr von seinem Dasein erlösen, aber als ich sah, wie verzweifelt die Kleine war, habe ich ihr den Vierbeiner noch eine Weile gelassen. Auch ich habe meine schwachen Momente. Aber nun war es an der Zeit und ich ging wieder dort vorbei – und nicht mit leeren Händen wieder weg. Immerhin habe ich lange genug auf den Köter gewartet. Nun ja, ich gebe zu, das lag vielleicht auch daran, dass ich früher keine Verwendung für ihn hatte. Jetzt aber brauchte ich ein neues Fell für meine ewig kalten Füße und die Tränen der Besitzerin sind Balsam für mich. Da lebe ich auf, werde wieder jung und kräftig.


    Huch, nun habe ich mich aber verplaudert. Mein nächster Kunde wartet schon. Es war nett mit euch. Wir sehen uns wieder. Das ist so sicher wie das „Amen“ in der Kirche. Großes Gevatter Tod - Ehrenwort!

  • von Lotta



    Da ist dieses blonde Mädchen. Sie heißt Helena, schon immer, und an manchen Tagen ganz besonders. Sie schaukelt. Den ganzen Tag könnte sie schaukelnd verbringen, und die Beine baumeln lassen, während das Kleidchen im Wind flattert. Sonnenstrahlen fallen auf die Haare, lassen einzelne Strähnen butterblumengelb aufblitzen. Wenn ich morgens die Bürste durchziehe ist es manchmal, als würde ich Licht kämmen. Sehr unbändiges Licht. Noch einmal fliegen die Füße nach vorn, sie jauchzt, dann lässt sie los, und für Sekunden ist da dieser Moment, in dem mein Herz fast stehen bleibt, weil mir der Aufprall durch Mark und Bein geht. Ich eile zu ihr, will sie in die schützenden Arme schließen, da rappelt sie sich auf, schüttelt sich den Sand ab wie ein allzu tollpatschiges Hundekind und lacht mich einfach an: „Hast du das gesehen, Mami?“


    Ich schlage die Augen auf. Ihre Stimme ist so nah, dass ich beinahe die andere Seite des Bettes nach ihrem warmen Körper abtaste, und horche, ob ich keine tapsigen Schritte aus dem Flur höre, nackte Füße auf dem Holzboden.
    „Hast du das gesehen, Mami? Sag, hast du mich gesehen?“
    Noch einmal sehe ich im Geiste ihr Gesicht vor mir, wie sie sich etwa den Schlaf aus den Augen reibt und in die Küche flitzt, auf die Theke klettert und nach einem Glas Milch fragt, dabei einen Finger im Mund lässt. Ich habe immer versucht, ihr das abzugewöhnen.
    „Mami…“
    Jetzt ist es still. Und leer im Zimmer, so leer, dass es weh tut. Ich muss aufstehen, muss Kaffee machen, und aus dem Fenster sehen. Es regnet. Das ist gut, denke ich, und kann kein Sonnenlicht mehr sehen.
    Ich schalte den Fernseher ein. Schon lange ist ihr Gesicht daraus verschwunden, auch die der Männer, deren Fingerabdrücke nun auf den Polizeistationen in längst vergessenen Akten Staub ansetzen. Manchmal sieht man es noch, in den Spätnachrichten, für fünf lange Minuten. Ich schiele zum Telefon, und wenn es klingelt, zucke ich zusammen. Alles ist weit entfernt, die Betroffenheit, und das Blitzgewitter, die kalte Schadenfreude und die nackte Angst. Nur der Schmerz, der ist ganz nah. Ich muss weg, stürze nach draußen, ohne Jacke, und die Wassertropfen treffen mich wie Steine.


    Ein Luftzug streift mein Gesicht. Ich stehe. Ein Regenschirm schiebt sich durch die Menge wie ein Rammbock, ich stolpere, sehe der jungen Frau nach. Ihre Schuhe klappern auf dem Asphalt. Dort drüben ist der Spielplatz, die Schaukel glitzert im Regen, auf der Plane des Sandkastens bilden sich Pfützen. Manchmal denke ich, an einem dieser unscheinbaren Tage werde ich einen Brief aus dem Nirgendwo bekommen, mit einer Nachricht in kindlicher Schrift auf rosa Papier: Mir geht es gut. Und ich werde ein Flugticket lösen, nach Sri Lanka oder Teneriffa, nach New Jersey oder nach Hause. Ich werde in die Ankunftshalle treten, und sie wird sich in meine Arme stürzen, die Haare vom Wind zerzaust. Ich werde sagen: Helena, du hast mir so gefehlt. Und sie wird lachen und antworten: Warum denn, Mami? Ich war doch immer da.

  • von churchill



    - In Zeiten der Castingshows ist es nur recht und billig, das Angebot nicht auf Sing- und Tanzwillige zu beschränken, sondern auch ausgefalleneren Talenten die Gelegenheit zu geben, ihr Können unter Beweis zu stellen. In der heutigen Folge „DSDS-R“ präsentieren sich Menschen, die es mit Besitz und Leben anderer nicht allzu genau nehmen. Juror ist Friedrich Sch., der seit ca. 225 Jahren als unbestrittener Experte gilt. -


    Hallo, ich bin der Götz, eigentlich vertrete ich eher die ritterliche Seite dieses Gewerbes. Wenn man mich früher anders bezeichnet hätte, wäre ich ausfällig geworden. Okay, ich bin ausfällig geworden. Aber heute ist das ja chic, deshalb bewerbe ich mich, sozusagen als edler Vertreter.


    Hinfort mit dir, du überzeugst mich nicht. Vor so viel Ehrverlust kann ich nur ins Gesicht dir spucken. Schlag deine Eisenhand dir in den Unterleib! Dem, der dich schickte, richte aus, er könne mich getrost ... Ruf er beim Gehen gleich den Nächsten rein!


    Hi, Robin nennt man mich, den Edlen von Sherwood Forest, der sich nur an die Reichen hält und die Beute den Armen schenkt. Ich glaube, ich bin hier richtig und könnte in Zeiten des Sozialabbaus mal meine Pfeile in so einige Wunden schießen. Zielgenau, versteht sich.


    Mein Freund, dir kam wohl einst zu Ohren, dass ich sozialromantisch dächte. Doch sei getrost versichert, dass die Zeichen dieser Zeit auch von Experten des Berufs verstanden werden. So wirst du zum Relikt vergang’ner Träume. Drum schieß den Pfeil ins eig’ne Herz. Verstumme!


    Guggscht du, isch bin der Ali Baba und mit meine 40 Freunde hier. Eigentlisch bin ich voll gut und die sind voll schlescht. Aber weil isch stärker bin wie die, bin isch ihr Boss.


    Danke, genug! Politische Korrektheit war mir nie gegeben. Verschwinde rasch dorthin, woher du kamst. Der Sesam öffne sich und schließe sich gleich hinter dir. Für ewig!


    Ich heiße Ronja, bin inzwischen süße 17 Jahre alt und mein Hobby ist die Versöhnung zwischen den Generationen: Mein Papa wollte, dass ich auch ...


    Halt ein. Erlaube mir, mich selbst hier zu zitieren:
    „Das Mädel ist schön, schlank, führt einen netten Fuß. Unterm Dach mag's aussehen, wie's will. Darüber guckt man bei euch Weibsleuten weg, wenn's der liebe Gott Parterre nicht hat fehlen lassen.“ Was für Kabale galt und Liebe, es möge auch in diesen Zeiten gelten.
    So eile in die nächste Runde. Und schicke mir den letzten Kandidaten.


    Moin moin, ich bin der Peer. Früher hatte ich einen Rauschebart, nannte mich Hotzenplotz und klaute Kaffeemühlen. Heute bin ich Finanzminister und habe die Merkelsteuer um ein weiteres Prozent erhöht. Jetzt heißt sie Peerwertsteuer. Ich glaube, ich bin richtig gut in dem Job.


    Wie heißt es schon in meinem Tell: „Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit,
    und neues Leben blüht aus den Ruinen.“ Das schmerzt wohl sehr, allein, es lässt sich nicht mehr ändern. So ziehe ein in das Finale gegen Ronja. Du bist ein wahrer Spezialist des Raubens.
    (Doch denke nicht, du könntest dort gewinnen. Die Weiblichkeit wird über Habgier triumphieren ...)

  • von Tom



    Ralf liebt seinen Job, vor allem in solchen Momenten. Er sitzt vor seinem Rechner und kontrolliert die Mails, Weblogs und Chatprotokolle der Mitarbeiter. Sabine aus der Buchhaltung bandelt in einem Flirtchat mit jemandem namens Riesenschwanz6969 an. Manfred vom Empfang hat sich einen Sexratgeber bei Amazon bestellt. Martin aus dem Verkauf hängt stundenlang auf einer Poker-Site herum. Krause, der Chef, läßt sich Kreditangebote schicken. Ralf grinst, nimmt einen Schluck Kaffee aus dem Pott, auf den ‚Der beste!’ gedruckt ist, und sieht aus dem Fenster. Es ist fast dunkel, der Firmenparkplatz spärlich beleuchtet, nur sein eigener Wagen steht dort. Von nebenan ist das Surren der Backup-Bänder zu hören. Er lehnt sich zurück, während eine selbstverfaßte, geheime Software auswertet, mit welchen Programmen die Mitarbeiter sonst noch arbeiten. Ralf grinst, weil das popelige Windows-Solitaire immer noch auf Platz eins der Rangliste steht.


    Und dann läuft es ihm plötzlich kalt den Rücken herunter. Auf dem Bildschirm ist ein Fenster aufgepoppt, und dort steht: „Mr. Kühning, your computer has being hacked. You have 20 seconds to shut down your system, otherwise it will be erased completely.“ Die Zahl verringert sich, 19, 18, 17, dazu ist eine fröhliche Melodie zu hören. In einer Kurzschlußreaktion tritt Ralf nach der Schalt-Steckerleiste. Es macht ‚Klack’, und der Bildschirm wird schwarz.


    Er sitzt da, den Kaffeepot noch immer in der Hand, die jetzt allerdings zittert, und starrt auf die flache, dunkle Fläche. Wie kann das sein? Firewalls, Virenscanner, alles up to date, das System ist nach außen dicht, und er checkt jede IP-Adresse, die kontaktiert wird. Hat sich doch einer von diesen dämlichen Nichtswissern etwas eingefangen? Aber wie sollte das auf seinen, Ralfs Rechner kommen? Der Computer ist ein Bunker, mehrfach geschützt, Festplatte verschlüsselt, Fingerabdruckscanner und wasweißich noch alles. Es ist unmöglich. Ralf beugt sich unter den Schreibtisch, zieht hastig das Netzwerkkabel vom Rechner und schaltet ihn wieder ein. Das Windows-Logo erscheint, der Fortschrittsbalken ist seltsamerweise violett, und dann ist eine neue Schreckensmeldung zu lesen: „Der Zugang zu diesem System wurde verweigert.“ Er versucht es abermals, vier, fünf, zehn Male. Es bleibt dabei, Ralf gerät ins Schwitzen. Auch das Booten von einer Rettungs-CD scheitert. Tote Hose. Er nimmt eine Zigarette aus der Schachtel, sie fällt ihm fast aus der Hand.


    „Tja“, sagt eine Stimme hinter ihm.
    Er fährt herum, da steht Krause, der Chef, und noch jemand, ein Mittzwanziger mit Drei-Tage-Bart.
    „So kann es gehen, Herr Kühning.“ Krause lächelt.
    Ralf öffnet den Mund, schweigt aber, denn sein Hirn hat die Zusammenhänge noch nicht hergestellt. Der Chef hilft ihm, legt eine Hand auf die Schulter des Unbekannten und sagt: „Darf ich Ihnen Ihren Nachfolger vorstellen?“

  • von Eny



    Dort drinnen herrscht weißes, steriles Licht, in dem sich die Schläuche unter der Decke abzeichnen. Auf einem Monitor malt die hellgrüne Linie spitze Berge und Täler, auf dem anderen sind es flache, geschwungene Wellenlinien. Vermutlich ist im Raum ein beruhigendes, pulsierendes Piepen zu hören, aber kein Laut durchdringt das schalldichte Glas, an das ich mein Gesicht presse.
    Ich höre, wie hinter mir eine Tür aufgeht und drehe mich um. Zwei Männer betreten das Vorzimmer, den ersten kenne ich nicht, der zweite ist Herr Mainhardt, mein Anwalt. Er kommt direkt auf mich zu. „Herrgott, Sie sehen ja fürchterlich aus. Ich habe ihnen ein neues Jackett mitgebracht.“
    Ohne einen Blick durch die Glasscheibe zu werfen, hilft er mir aus meinem blutverschmierten Sakko und schleudert es achtlos in die Ecke. Das neue sitzt genauso perfekt.
    „Hier.“ Mainhardt schiebt mir eine Brieftasche in die Hand. „Zählen Sie nach, ob alles drin ist.“ Ich will ihm sagen, dass nichts fehlen kann, weil der Dieb nicht die Zeit hatte, etwas herauszunehmen, aber er hat sich schon wieder umgedreht. Ich lasse meinen flüchtigen Blick über Ausweise und EC-Karten wandern. Alles da. Auch das Geld ist vollständig, es sind zwei lilafarbene und viele grüne und orange Scheine.
    Ich schaue zurück in den Raum hinter der Glasscheibe und bemerke, welche Farben das blutverklebte Haar des Jungen hat: Orange und grün. Über den Ohren und am Hinterkopf wurde es abrasiert, aber in der Mitte sind mehrere Büschel als stachelige Irokese stehengeblieben.
    „Herr Doktor, wir reden hier von einem Raubüberfall!“ Ich bemerke, dass die Stimmen hinter mir laut geworden sind. „Paragraf 32, Strafgesetzbuch. Notwehr. Sagt ihnen das etwas?“
    „Schon.“ Der Arzt hört sich ziemlich kleinlaut an. „Aber die Polizisten wollen Ihren Mandanten sprechen.“
    „Er wurde von diesem Punk da drinnen überfallen! Mit einem Messer! Was wollen Sie eigentlich?“
    Ich atme durch und drehe mich um. „Schon gut. Ich komme mit.“
    Der Doktor seufzt erleichtert. Mainhardt schüttelt genervt den Kopf. „So landen Sie noch zur Anhörung vor dem Staatsanwalt.“ Trotzdem öffnet er die Tür.
    Ich werfe einen letzten Blick hinein auf den Jungen hinter der Scheibe, dann drehe ich mich um und verlasse das Vorzimmer.
    „Wird er durchkommen?“, frage ich, während wir den Flur entlang eilen.
    „Der Staatsanwalt?“ Mainhardt lacht. „Natürlich nicht. Die Anklage sind Sie los, bevor er auch nur Luft geholt hat. Es war Notwehr, vor Zeugen. Machen Sie sich da keine Sorgen. Aber schließen Sie Ihr Jackett.“
    Ich knöpfe es bis oben zu, damit man den Blutfleck auf meinem Hemd nicht mehr sehen kann. Schweigend.

  • von polli



    Als unser Sohn im Kindergartenalter war, pflegte ich ihm abends Gute-Nacht-Geschichten zu erzählen. Seit er empört “Papa, doch keine Märchen, erzähl lieber was von Monstern und Räubern und so” gefordert hatte, dachte ich mir Abend für Abend spannende Abenteuer aus.
    An meine Geschichte vom Bankräuber kann ich mich noch gut erinnern.
    Ich ließ den bösen Räuber zunächst ein Auto aufbrechen und schilderte, wie er mit Tempo 70 durch unsere verkehrsberuhigte Straße raste. “Und dann, Papa?”
    “Der Räuber hielt mit quietschenden Bremsen vor unserer Sparkasse, zog sich eine schwarze Mütze über und nahm einen Sack.”
    Niko war hellwach. “Und dann?”
    “Er stürmte in die Sparkasse, alle mussten sich auf den Boden legen, er rief Geld oder Leben! und der Kassierer steckte das gesamte Geld in den Sack des Bankräubers. Und alle hatten ganz furchtbar Angst vor dem Mann.”
    “Und dann kamst du in die Sparkasse, Papa!”
    Es ist toll, wenn man in den Augen seines Kindes ein Held ist. “Ich hatte zufällig eine Pistole dabei und drückte sie dem Räuber in den Rücken.”
    “Papa, woher hattest du die Pistole?”
    “Äh, die liegt immer zu Hause unter meinem Bett, falls mal ein Einbrecher kommt. Und die hatte ich dabei, weil, hm, weil ich sie zum Reparieren bringen wollte.”
    “Mi einer kaputten Pistole konntest du den Räuber aber nicht fangen, Papa.”
    Manchmal ist Geschichtenerzählen ziemlich anstrengend.
    “Ich hatte sie gerade abgeholt und sie war frisch repariert.”
    “Und dann?”
    Ich schmückte dramatisch aus, wie ich den Bankräuber in einem aufregenden Handgemenge besiegte, den Sack mit dem Geld an mich nahm und dem Kassierer zurückgab. Als die Polizisten endlich eintrafen, war ihre Arbeit schon getan und sie dankten mir mit Tränen in den Augen.
    “Und dann?”
    “Dann ist die Geschichte zu Ende und du schläfst jetzt schön. Gute Nacht, Niko!”
    “Und wo ist die Pistole jetzt?”
    “Die liegt wieder unterm Bett und schläft jetzt auch schön. Gute Nacht, schlaf jetzt endlich.”
    Das wirkte. Niko schloss die Augen und träumte hoffentlich von seinem heldenhaften Vater.


    Der nächste Tag war ein Samstag. Ich pflege an diesem Tag Besorgungen zu erledigen und nehme meinen Sohn meistens mit. Wir standen gerade an der Kasse des Supermarktes und hörten, wie sich zwei Frauen vor uns über das Putzen unterhielten. “Mit Mikrofasertüchern kriegst du bequem alles weg und mit der Teleskopstange kommst du sogar locker an die Flusen, die sich immer unter dem Bett ansammeln.”
    Niko hörte interessiert zu.
    “Unterm Bett kann ich nicht wischen, mein Mann hat ein paar Schuhkartons darunter gelagert, darin bewahrt er seine Angelsachen auf. Blinker und so 'nen Kram.”
    “Mein Papa hat auch was unterm Bett!”, rief Niko eifrig dazwischen.
    “Tatsächlich?”, fragte die Frau vor uns freundlich.
    “Mein Papa hat unterm Bett eine echte Pistole!”
    Und dann? Dann verließen wir beide so eilig wie möglich den Supermarkt.

  • von beowulf



    „Moor, Franz. Literatur“.
    „Nein,Mama, du sollst ihm nicht immer helfen, er sieht selber, dass die Karte blau ist.“
    „ Moorteufel- Mani Beckmann.“
    „Nein, Papa, Franz Moor.“
    „Ich kannte mal einen Mohr, Martin. Mit h- Mohr oder ohne? Der Martin, das war ein Edelsteinschleifer aus Idar-Oberstein, der ist in Kabul geboren.“
    „Nein, Mama, halte ihn ja davon ab jetzt wieder endlos seine KI Geschichten zu erzählen. Mein Wilhelmsdorf es lebe, mein Knabeninstitut- tot ist es, vorbei.“
    „Hast du das Licht unten brennen lassen?“
    „Nein, Mama, ich war nicht im Laden.“
    „Gehst du runter?“
    „Nein, Papa, ich habe den Schlüssel für die Alarmanlage im Zimmer liegen.“
    „Kommst du mit mir?“
    „Nein, Mama, ich hole uns was zu Trinken.“
    „Ist die Pistole oben?“
    „Nein, Papa –die liegt unten im Tresor.“
    „Gehst du runter?“
    „Nein, Mama ich wiederhole mich ungern.“
    „Blau, Literatur - Franz Moor, ich weis nicht – ich mag nicht- hast du schon blaue Karten?“
    „Nein, Papa, ich sage dir nicht die Lösung.“
    „Da sind doch Geräusche.“
    „Nein, Mama, lenk nicht ab.“
    „Ich geh jetzt runter“
    „Nein, Papa, das ist doch Quatsch“
    „Da ist was oder wer“.
    „ Nein, Papa, das ist die Katze, der Alarm ist doch an.“
    „Räuber?“
    „Nein, Mama, nein, du sollst doch nicht vorsagen!“
    „Rotwein?“
    „Nein, Papa, Schiller.“

  • von bogart



    Erstaunlich, wie schnell sich die alten Cliquen auch nach zwanzig Jahren wieder zusammenfanden, dachte er, als er in die Runde schaute. Es hätte auch ein Bild aus den Schulzeiten sein können, große Pause oder so, wäre das hier nicht so eine versiffte Sportlerklause gewesen. Wozu war er eigentlich hergekommen? Die Fragen wiederholten sich, die Antworten ebenso. Alte Kumpels hauten ihm auf die Schulter und beschworen alte Freundschaften, die schon angestaubt waren, als das letzte Pausenklingeln sie in die weite Welt hinausgejagt hatte.


    Er sah sie und musste grinsen. Katharina stach unter den Mädels hervor wie damals. Ihr Gesicht sah kaum älter aus, was wohl an der Blässe lag, die scheinbar ihr ganzes Wesen wie ein Schleier verhüllte. Die streng nach hinten gezogenen Haare und das graue Kostüm verstärkten diesen Eindruck. Kamille! Ja, so nannten sie alle hinter ihrem Rücken! Er hatte Katharina diesen Spitznamen verpasst, weil sie ihn ständig an diese Teebeutel erinnerte, welche Mutter immer rausholte, wenn sein Hals weh tat. Genauso grau, genauso unangenehm! Was ihm so alles wieder in den Sinn kam, nach so langer Zeit, verblüffte ihn.


    Katharina war nicht beliebt und natürlich selber schuld daran! Bildete sich ein, sie wäre was Besseres. Dabei rannte sie nur mit altmodischen Klamotten herum, welche ihre Oma genäht hatte. Oft trug sie ein dickes Buch unter dem Arm, eins ihrer „Lieblingsklassiker“, wie sie immer sagte. Und dann brachte sie jeden Tag eine Thermoskanne Tee mit in die Schule. Der Spitzname passte wirklich zu ihr.


    Irgendwann in der 9. Klasse begann sie sich offenbar für ihn zu interessieren. Stand in der Pause öfter neben ihm und bot ihre Hausaufgaben zum Abschreiben an. Katharina wollte mit seinem Hund spazieren gehen. Flanieren, sagte sie. Er kannte dieses Wort nicht einmal!
    Sie benutzte oft Floskeln, wie er sie nur aus albernen Kostümfilmen kannte. So sagte sie einmal vor allen anderen zu ihm: „Es wäre mir ein großes Vergnügen, meinen Schokoladenriegel mit dir zu teilen.“ Was für ein Auftritt! Die Mädchen spielten diese Szene wochenlang immer wieder nach. Seine Kumpels feixten schon, wenn sie nur in die Nähe kam.


    Bis zu dem Tag, als sie auf dem Schulhof rumblödelten und Witze erzählten. Der lange Sven konnte das am besten. Er brüllte: „Kennt ihr den mit dem Typen, der in die Bank kam? Er geht an den Schalter und fragt: Können sie auf neun Millimeter rausgeben?“
    Alle lachten, außer Katharina. „Verstehe ich nicht“, sagte sie. Die Jungs glotzten sie an, als wäre gerade ein Geist erschienen - und dann ihn! Irgendwas musste er sagen. „Mensch, Kamille“, brachte er nur hervor. „Der Mann war ein...ach, vergiss es, du hast weniger Humor als ein Teebeutel!“
    Seine Kumpels johlten. Katharina ging und sprach für den Rest der Schulzeit kein Wort mehr mit ihm.


    Zwanzig Jahre später stand er nun auf diesem Klassentreffen herum und bemerkte erstaunt, wie sehr ihn diese Erinnerungen beschäftigten. „Ist wohl Schicksal“, dachte er sich. „Aber gut, warum nicht?“ Also nahm er sein Glas Wein, atmete noch einmal tief durch - und ging zu ihr.

  • von Luc



    Bei genauerem Hinhören klangen Castros Essgeräusche, wie die Ankündigung verdammt fetter Zeiten.
    „Hasta pronto. Amigo, mio“, flüsterte Pedro, klopfte Castro in den Nacken und erreichte nach kurzer Fahrt das Bootshaus. Conju Diablo, die Sonne brannte einem die Zunge madig. Sie wachte auch über Florida. Pedro zerteilte eine Kokosnuss. Das Rot der Machete vermischte sich mit dem Weiß des Fruchtfleisches. Milch tropfte auf die verschissene, kubanische Erde. Wenigstens wagte niemand Kokosnüsse zu rationieren. Noch nicht. Aus der Hosentasche zog er einen Ring, eine Geldbörse und die goldene Uhr. Noch sechs Stunden. Dann würde er abhauen, weg von Lucia, den Kindern, weg von ihrer Schwester Maria, die behauptete von ihm schwanger zu sein. Die Geldbörse gab hundert Dollar her. Verflucht wenig. Vielleicht musste er Castros Hilfe noch einmal in Anspruch nehmen. Auf Castro und die Touristen war Verlass.


    Er setzte sich ins Kassenhäuschen und döste vor sich hin. In Miami wartete neben seinem alten Kumpel Pablo, ein Haufen weißer Chicas mit Silikonvorkommen in den Titten und Autos, die auf Zuruf aufsprangen. Ein Klopfen schreckte ihn auf. Ohne eine Antwort abzuwarten, betrat ein Tourist den Raum. Welch ein Glück, die tauchten auf, um Flora und Fauna des Landes zu bewundern und schütteten Dollars aus, wie einarmige Banditen. Ein rot gebackenes Prachtexemplar der Spezies stand vor ihm und suchte nach Worten. Dios, mio. Trug der Unglücksvogel tatsächlich das Abbild Che Guevaras auf seinem frisch gebügelten T- Shirt?



    „Entschuldigen Sie. Gibt es heute Führungen?“, fragte der Typ aus der Mitte Europas. Pedro lächelte.
    „Ab zehn Personen. Aber für Sie mache ich eine Ausnahme“, sagte er, stand auf und begleitete ihn nach draußen.


    Unter den Palmen startete Pedro das Boot. Erregung erfasste ihn. Der letzte Tourist, die letzte Führung! Der Deutsche, bedankte sich, nichts bezahlen zu müssen und betonte seinen Respekt für Castros Widerstand gegen den amerikanischen Imperialismus. Pedro seufzte und betastete die Machete. Was für ein Idiot. Papageien flogen von den Baumwipfeln auf. Der Deutsche lobte die Artenvielfalt und den Erhalt der Natur. Pedro dachte an seine verwelkende Ehefrau und die Lebensdauer von Silikontitten. Keine Frage, der Spinner vertrat Verliereransichten.


    Sie fuhren in den Mangrovenwald. Pedro drückte Schilfrohre zur Seite. Auf einer Sandbank lag der Stolz der Nation. Der Deutsche starrte das Ungetüm an, setzte sich und zückte eine Kamera.
    „Castro, ist der größte Alligator der Karibik“, sagte Pedro.
    „Castro?“,
    „Claro“, Pedro steuerte dicht an den Alligator heran. Es hörte sich an, als litt er an einem Schluckauf. Puta Mierda! Der Maximo Leader unter den Panzerechsen konnte doch unmöglich schlapp machen, jetzt wo ihm sein umtriebigster Kellner einen Öko Guevara servierte. Castro würgte und spie einen Handheld aus. Gerade noch rechtzeitig bekam der Fresssack seinen Schlund frei, dachte Pedro erleichtert und griff nach der Machete, während der Deutsche sich zu ihm umdrehte. Seine Hände zitterten.
    „Was wird hier gespielt?“, flüsterte er.
    „Das kann ich Ihnen sagen. Durch Castro habe ich begriffen, worum es im Leben geht: Fressen und gefressen werden”, sagte Pedro und erhob die Hand zum Schlag.
    „Und ich will fressen!“