Schwester des Meeres - Ruth Park (ab 11)

  • So, eine letzte Rezi, bevor ich in den Urlaub verschwinde


    Titel: Schwester des Meeres


    Autorin: Ruth Park


    Alter: ab 11 Jahren


    Klappentext: Voller Sehnsucht denken Erika und Siw an die kleine Insel im Pazifik, wo sie geboren sind:
    an die herrlichen Lagunen, an das Korallenriff mit der wunderbaren Unterwasserstadt und an ihre Freunde, die Delphine.
    Die beiden beschließen, unbedingt zurückzukehren.
    Doch ihr Inselparadies ist in Gefahr!
    Die fesselnde Geschichte zweier ungewöhnlicher Schwestern vor der exotischen Kulisse Polynesiens mit seinen faszinierenden Mythen.


    Meine Meinung: Der Klappentext erwähnt nur die eine Seite des Buches: die beiden Schwestern, zwei "ganz normale" Menschen.
    Die Geschichte hat aber auch noch Fantasy-Elemente, auf die nicht eingegangen wird und die ich sehr schätze.
    Außerdem ist "Schwester des Meeres" ein gutes Buch um Kinder mit der Problematik der Umweltzerstörung vertraut zu machen.

    Logisch: Wer immer den anderen hinterherläuft, wird niemals Erster sein.

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  • OT: My Sister Sif 1986


    Ruth Park, 1917 in Auckland geboren, war Journalistin. 1942 zog sie nach Australien, wo sie neben der Arbeit als Journalistin anfing, Hörspiele für Kinder sowie Romane zu schreiben. Sie wurde sehr rasch erfolgreich. Ihr erstes Kinderbuch kam aber erst 1961 auf dem Markt, lange nachdem sie als Romanautorin schon berühmt geworden war. Ihre Kinder - und Jugendbücher waren von Anfang an beliebt, oft preisgekrönt und nicht wenige von ihnen gelten heute als Klassiker der australischen Kinder - und Jugendliteratur. Park starb 2010.


    Schwester des Meeres erschien 1986 im Original, drei Jahre später in Deutschland, und es erzählt eine seltsame Geschichte. Erika und Siw (im australischen Original: Sif), beide noch Teenager, leben bei ihrer ältesten Schwester und deren Familie in einem Vorort von Sydney. Glücklich sind die beiden nicht dort, sie sehnen sich nach dem Ort, an dem sie aufgewachsen sind, einer winzigen Insel der Drei-Könige-Inselgruppe an der Grenze zwischen Pazifik und Tasmanischer See. Als Erika, 14, dickköpfig, vorschnell und gewöhnt, die Dinge in die Hand zu nehmen, merkt, daß Siw immer kränker wird, entwickelt sie einen Plan, um Siw schnellstmöglich ‚nach Hause’ zu bringen. Er gelingt und kurze Zeit danach ist auch Erika wieder auf der Heimatinsel. Was sie als erstes tut, ist, den verhaßten Vornamen ablegen, den ihre älteste Schwester ihr gegeben hat. Eigentlich lautet ihr Name nämlich Rikoriko, tanzender Funke auf seichtem Wasser.


    Bis dahin wurde in der Geschichte nur angedeutet, daß es etwas Seltsames um die Schwestern, ihre Eltern und ihre Herkunft geben muß. Das macht das Lesen zunächst verwirrend. Einmal auf der Insel wird man ganz plötzlich mit dem Geheimnis konfrontiert. Sif und Rikoriko stammen von Meermenschen ab, eine besondere Art Menschen, deren Körperfunktionen so entwickelt sind, daß eher das Meer ihr Element ist, als das Land. Aber die Meermenschen sind nicht die einzigen rätselhaften Bewohner der Insel.


    Die Zeit auf der Insel wird für Rikoriko jedoch alles andere als idyllisch. Da ist zum einen der US-amerikanische Wissenschaftler Henry, der sich in Siw verliebt und dem Geheimnis der Meermenschen auf die Spur kommen will. Dann sind da die immer beunruhigender werdenden Anzeichen von Veränderungen des Meeres durch die zunehmende Umweltverschmutzung. Die Meermenschen verlieren ihren Siedlungsraum. Und auch der unterirdische Vulkan wird wieder unruhig.


    Die Geschichte ist märchenhaft-phantastisch und realistisch zugleich. Rikoriko als trotzige, eifersüchtige, oft unverständige Vierzehnjährige, ist alles andere als eine Heldin, die man gleich ins Herz schließt. Welche Probleme sie zu bewältigen hat, wird einer nur langsam klar. Besorgnis um die Natur, Elemente lokaler Mythen und wunderbare Beschreibungen des Meeres, seiner Fauna und Flora, sind die Bestandteile, aus denen Park ihre Geschichte zusammenfügt. Es gibt Überraschungen, regelrechte Wunder und Unheimliches. Das Ende ist tragisch, nur ganz zum Schluß schimmert ein Trost auf. Rikoriko, längst wieder Erika geworden, erzählt aus der Rückschau.


    Die Handlung entwickelt sich sehr langsam, das Familiengeheimnis wird so versteckt angedeutet, daß man sich damit abfinden muß, daß man einige Seiten lang einfach nicht begreift, worum es geht. Dafür muß man also Geduld mitbringen. Geduld braucht man auch weiterhin, weil ziemlich strikt aus der beschränkten Sicht Rikorikos erzählt wird und sie einer mit ihren Gefühlsschwankungen und Trotzanfällen durchaus auf die Nerven gehen kann. Siw bleibt ein wenig blaß, überhaupt besteht eine gewisse Distanz zu den Figuren, was allerdings auch daher rühren kann, daß die Anspielungen auf die Mythen der Region hierzulande unbekannt sind. Man muß beim Lesen viele Hürden und ein beträchtliches Fremdheitsgefühl überwinden, vor allem dann, wenn man das Buch nicht einfach als farbenprächtiges Fantasy-Abenteuer lesen will.
    Denn das ist die Geschichte eben nicht. Sie ist ein ins Phantastische gewendetes leidenschaftliches Plädoyer für den Erhalt der Natur und zugleich eine klassische Geschichte von den Schwierigkeiten erwachsen zu werden.




    edit: der armen Autorin ihren richtigen Namen gegeben :rolleyes

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

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