'Der Pfaffenkönig' - Seiten 281 - Ende

  • Man hätte sich ja denken können, dass so was passiert und Heinrich der Hure nochmal begegnet kein Glück war ihr beschieden im Leben. Das der Henker der Chefzuhälter war wissen wir ja spätestens von Ines Thorns Silberschmiedin aber durfte der wirklich so brutal ungestraft mit seinen Huren umgehen?


    Verwest es sich in einem Bleisarg schneller? War nach so kurzer Zeit der Leichnam bereits völlig verwest " weißen Schädel" ? Washalb wurden die Knochen dann ausgekocht?

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend  :lesend

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  • Zu(r) Wiener Neustadt gibt 's einen informativen Artikel in der Wikipedia: Wiener Neustadt :wave



    Henker waren "unrein", Parias, die einen magischen Sonderstatus in städtischen Gesellschaften hatten. Sie arbeiteten meist auch als Chirurgen und Wundärzte, machten sich häufig auch magische Praktiken zu eigen.
    Städtische Gesellschaften des Mittelalters haben wenig mit unseren Vorstellungen von "Stadtluft macht frei" zu tun. Da die Dienstleistungen der "Unreinen" (nicht nur Henker und Huren, sondern auch Leinweber, Gerber, Bader, Abdecker u.v.m.) für die ehrbaren Bürger notwendig waren, duldete man sie, verweigerte ihnen allerdings viele Rechte (sie konnten keine Bürger werden) und belegte sie mit Auflagen (das erinnert an das Pariawesen in Indien, ist aber nur bedingt vergleichbar).


    Grundsätzlich hatte das Oberhaupt eines Hauses oder Hofes, eines Betriebes bzw. einer Familie das Züchtigungsrecht gegenüber allen, die ihm unterstellt waren. Dieses Recht unterlag einer sozialen Kontrolle, keiner gesetzlichen.
    Die Städter dürften sich um die Reibereien unter den "Unreinen" nicht gekümmert haben, solange es sie nicht bedrohte. Und der Henker hatte aufgrund der <räusper> Besonderheit seines Berufsstandes einen Sonderstatus unter den Außenseitern, so daß er sich weitaus mehr herausnehmen konnte als andere, ohne seine Stellung in dieser "Nebengesellschaft" zu gefährden.

  • Isch habe fertig. Das wird ein hartes Stück Arbeit meine Blauen Bücher habe ich schon kontrolliert, das Buch über die E- Kirche wird das erste zum Nachlesen. Das Buch übers mittelalter (UTB) erwähnt Elisabeth in einer Zeile, die Iris auch anspricht: Friedrich II ist bei der Graberhöung dabei, damit das nachher in den Geschichtsbüchern steht. Was aus Beatrix wurde verät Irsis auch im Nachwort nicht. Über diesen Heinrich Raspe was nachzulesen wird nicht so einfach. Bei Wikipedia findet sich z. B. unter Ulm über eine Belagerung der Stadt mit König drin und König draussen exakt gar nichts.


    edit: Ich schätze Iris sehr, aber eine Göttin wollte ich nun doch nicht aus ihr machen- Tippfehler Isis

    Nemo tenetur :gruebel


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  • Wirklich empfehlenswert ist diese Aufsatzsammlung, die im Grunde den neuesten Stand wiederspiegelt:
    Werner, Matthias (Hg.): Heinrich Raspe - Landgraf von Thüringen und römischer König (1227-1247). Peter Lang Verlag, Frankfurt/M. u.a. 2003


    Matthias Werner und mich hat die gleiche Frage umgetrieben: Wie kommt es, daß der politisch erfolgreichste Ludowinger in der (modernen) Geschichtsschreibung so gut wie keinen Niederschlag gefunden hat? Allerdings nutzen Wissenschaftler und Schriftstellerin natürlich unterschiedliche Herangehensweisen -- vor allem in der Darstellung der eigenen Deutung. ;-)



    Edit: Erst die Buchvorstellung um Verlagslink erweitert, dann Link zum Hg. gelegt ...

  • Ich habe den Roman soeben beendet und bin immer noch gepackt von den historisch glaubwürdigen Charakteren und der Handlung, die geschickt in einer gelungenen Erzählperspektive erzählt wird.
    Für mich ist der Roman mehr als nur pure Unterhaltung, obwohl er das streckenweise auch war, wenn man sich auf die Handlung so richtig eingelassen hat.
    Viele Passagen waren sowohl für Heinrich als auch dem Leser fast berauschend, so soghaft war der Erzählstil.

  • Ich bin auch durch.


    Sprachlich fand ich das Buch sehr gut (wenn man von der Rammelszene in der Mitte des Buches absieht). Schöne lange verschlungene Sätze, und gut gefallen haben mir auch die vielen altertümlichen Wörter. Und obwohl Heinrich auf dem Sterbebett liegt, hab ich kein bisschen selbstmitleidiges Geseiere gefunden, wie bei Marke oder Heinrich VIII. ;-)


    Vom Thema her war es überhaupt nicht mein Ding. Das Buch hat mich halt hauptsächlich interessiert, weil Iris es geschrieben hat, ansonsten hätte ich wahrscheinlich den Klappentext überflogen und es wieder weggestellt. Ich hatte halt gehofft, dass das Interesse mit dem Lesen kommt, das war ja beim Tribun auch so, ich hätte damals auch nicht gedacht, dass mich olle Römer interessieren könnten, aber hier hat es leider nicht funktioniert. Kann man nichts machen.


    Ich freue mich jetzt auf "Wolf und Adler", es gibt nämlich eine Szene im "Tribun", in der etwas angedeutet wird, das mich seit zwei Jahren beschäftigt... :wow

  • Zitat

    Original von beowulf
    Bleisarg- "weißer Schädel"?


    Ich kann und will mich jetzt nicht lange über die Zerfallsprozesse von organischem Gewebe auslassen. Nur soviel: Mit Kalk wird auch heute noch die Verwesung beschleunigt, während Mumifizierungsverfahren sie aufhalten. :grin


    Die Legende besagt, der Leichnam Elisabeths sei bei der Elevation (i.e. Exhumierung einer/s Heiligen) unversehrt gewesen und ein wohlriechendes Öl sei daraus geflossen. Das sind allerdings typische Topoi der Heiligenlegenden.


    Ich habe schlicht und einfach (und willkürlich) eine andere Möglichkeit gewählt. :-)



    Zitat

    Was wurde aus Beatrix, der Frau von Heinrich?


    Auf die Schnelle zwei Zitate:


    Heinrichs Witwe Beatrix, zugleich Sophias gleichaltrige Stieftochter, verließ umgehend Mitteldeutschland. Man spielte ihr übel mit: Geldforderungen an den Erzbischof von Mainz, die zu ihrem Witwengut gehörten, wurden vom Papst niedergeschlagen. Es handelte sich um Zahlungen in beträchtlicher Höhe, doch da der Landgraf verstorben war, gab es für Innovcenz IV. keine Gründe mehr, auf die ungekrönte Königin Rücksicht zu nehmen. Beatrix kehrte nach Brabant zurück; noch im gleichen Jahr vermählte sei sich mit dem Grafen von Flandern (d.i. Guilleaume II.). Auch diese zweite Ehe blieb kinderlos und dauerte nicht lange; aber Beatrix wurde nicht einsam. Sie sammelte um sich einen Freundeskreis; Sophias Sohn Heinrich schrieb ihr bisweilen und bat sie einmal darum, ihr geschmackvoll gestaltetes Siegel zur Bekräftigung an eine auf Brabant bezügliche Urkunde zu hängen. (Werner Goez, Lebensbilder aus dem Mittelalter., Darmstadt 1995, S. 483)


    Beatrix überlebte ihren Gatten um 41 Jahre. Sie starb im hohen Alter 1288. Bittere Schicksale blieben ihr nicht erspart. 1256 wurde ihre Schwester Maria von ihrem Gemahl Ludwig II. von Bayern aus grundloser Eifersucht ermordet; sie erlebte auf der Wartburg die unglückliche und schmachvolle Ehe der Tochter Kaiser FRIEDRICHS II., Margarete, mit dem Markgrafen Albrecht von Meißen. Beatrix überlebte Sturz und Ende ihrer staufischen Verwandtschaft um 20 Jahre. (Josef Mühlbacher, Schicksale Staufischer Frauen, Eßlingen 1977, S. 202)

  • Gruselig war die Exhumierung der Elisabeth ja schon: der Schädel in einem Kelch, mit der Kaiserkrone obenauf! Irgendwie krank!


    Grausam und beeindruckend auch die Beschreibung des Gemetzels der Tartaren. Einfach schrecklich, Krieg hat sich nicht verändert!


    Also, Heinrich hat ja Glück mit seinen Frauen (und umgekehrt). Alle drei waren Ihm auf ihre Weise zugetan. Ich denke, so wie er von Iris dargestellt wurde, war er ein moderner Mann. ...und für einen so wichtigen Staatsmann auch recht friedlich ... Aber leider auch ist er dann doch machthungrig geworden ... hört auf die falschen Leute .... und verliert dadurch/dabei sein Leben!

  • Sehr beeindruckend in diesem Teil direkt zu Beginn die Beichte Heinrichs zu dem Tod des Inquisitors - das einzige Mal, dass seine Schuld an dem Tod eines Menschen keine Schuldgefühle bei ihm ausgelöst hat. Und wieder stellt sich mir die Frage, ob in einem solchen Fall nicht wirklich der Zweck die Mittel heiligt? Ist es rechtens, einen Menschen zu töten, um so hunderte unschuldiger Menschenleben zu retten? Eine Frage für die Werte-Leserunde... :grin


    Die erneute Begegnung mit der alten Hure fand ich sehr traurig - fast ein bisschen symbolisch - diejenige, wegen der Heinrich "beinahe um sein Seelenheil gekommen wäre", ist verstümmelt und hat ein kaum mehr menschliches Ansehen. Mir hat sie leid getan, sie ist in dieser Geschichte auch nur Opfer - und zwar nicht erst seit ihrer Verstümmelung :-(


    Die Aufbewahrung von Elisabeths Schädel war ganz schön eklig - vor allem, wenn man bedenkt, dass Heinrich dabei zugegen ist. Wenn ich mir vorstelle, eine solche Zeremonie von einem geliebten Menschen mit ansehen zu müssen, wird mir ziemlich übel...


    Heinrichs Schicksal erweist sich am Ende als wirklich tragisch. Er, der stets darum bemüht war, sein Reich zusammenzuhalten, wird simpel als Marionette benutzt und merkt es erst, als es zu spät ist - was ihm schließlich zum Verhängnis wird. Die Details dieser und anderer politischen Zusammenhänge sind mir allerdings nicht wirklich klargeworden, hier hätte ich mir noch mehr Informationen gewünscht (entweder im Text eingebaut oder als Zeittafel o.ä. im Anhang), denn so hatte ich das Gefühl, nur die Hälfte zu verstehen :-(


    Ich habe noch darauf gewartet, dass von Treffurt an späterer Stelle erläutert, warum genau er niemals zu schwören bereit war und ist, was mich sehr interessiert hätte, da ich die Figur sehr mochte und gerne noch mehr über ihn erfahren hätte. Dass er trotzdem schweigt, ist natürlich auch ein Zeichen der Distanz, die er zu Heinrich wahrt, trotz deiner Treue zu ihm.


    Der letzte Teil (S. 405) hat mir besonders gut gefallen, ein schöner Abschluss und ein schöner Abschied!


    Mein FAZIT:
    Aus den Rückblicken und Erinnerungen des sterbenden Heinrich von Raspe, dem Pfaffenkönig, wird sein Leben und das Leben seiner berühmten Schwägerin, der Heiligen Elisabeth, erzählt, aus denen der Leser interessante Einblicke aus einer neuen Perspektive erhält. Durch die teilweise (Erinnerungen entsprechenden) bruchstückhaft anmutenden Szenen wird ein glaubwürdiges Bild dieser historisch vernachlässigten Figur vermittelt, dem für den historisch nicht bewanderten Leser jedoch nicht immer leicht zu folgen ist. Viele Figuren gleichen Namens und komplexe politische Verstrickungen erschweren etwas den Lesefluss und gaben (zumindestens mir) das Gefühl, zu viele Informationen nicht zu kennen bzw. die Zusammenhänge nicht immer zu verstehen, was meinen Lesespaß leider etwas gemindert hat. Mit etwas mehr Vorbildung oder einem Personenverzeichnis oder eine Zeittafel wäre der Pfaffenkönig jedoch eine äußerst interessante Perspektive, aus der sich ein Blickwinkel auf Heinrich Raspe und die Hl. Elisabeth lohnt!

  • Ich hab es heute auch fertig gelesen. Im Großen und Ganzen hat mir das Buch gut gefallen. Die großen Pluspunkte des Romans waren für mich die Charaktere, die grenzgenial entwickelt wurden. Hier haben teilweise Nebenpersonen, die nur in drei Zeilen auftauchen mehr Profil und Tiefe, als in anderen Romanen die Hauptpersonen.


    Die Erzählweise hat mir auch sehr gut gefallen. Vor allem auch die Einbettung in eine Lebensrückschau.


    Den dritten Teil selbst fand ich ein wenig zu gehetzt. Ich fand, dass er durch einige Lücken viele Fragen offenläßt. Vor allem die vielen Todesfälle rund um Heinrich wurden sehr schnell abgehandelt. Zuerst seine Mutter, Bruder, Frau und Erbe. Das wurde alles recht schnell abgehandelt bzw. nur am Rande erwähnt. Hier hätte mich interresiert, wie es auf Heinrich eingewirkt hat.
    Aus dem Nachwort geht auch hervor, dass man Heinrich vorwarf Hermann vergiftet zu haben. Daher wäre über den Tod Hermanns und vor allem wie es für Heinrich war, interessant gewesen mehr zu lesen. Oder auch wie das Verhältnis Heinrich Hermann war, nachdem dieser die Nachfolge von Konrad angetreten hatte.


    Auch der Vertrauensentzug zu Wigo wurde uns nur als Faktum vorgesetzt, ohne wirklich genauer darauf einzugehen. Das erschien dann doch etwas verweunderlich, da Wigo vorher als der wichtigste Berater Heinrichs dargestellt wurde.

  • So... ich bin gestern abend nun auch fertig geworden.


    Zu einigen der Todesfälle in Heinrichs Umfeld hätte man sicher gerne noch mehr gelesen (dann hätte das Buch halt um die 500 Seiten gehabt *grins*). Aber bei der Vielzahl an auftretenden Personen kann man einfach nicht alle ins Detail "abarbeiten". Bleibt immer noch genug Stoff für eigene Recherchen! ;-)


    Allerdings hätte ich doch auch gerne mehr über den Verdacht gewußt, warum Heinrich Hermann vergiftet haben sollte/könnte. Und ich hätte gerne im Buch - zumindest im Nachwort erfahren, was aus Beatrix geworden ist. Aber dafür haben wir ja die Iris in der Leserunde *freu*, die uns mit diesen und noch vielen weiteren Details zur Seite steht.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Zitat

    Original von Batcat
    Allerdings hätte ich doch auch gerne mehr über den Verdacht gewußt, warum Heinrich Hermann vergiftet haben sollte/könnte.


    Schwierig ...
    Heinrich hatte überhaupt keinen Grund. Er wäre m.A.n. niemals auf den Gedanken gekommen, den einzigen zu beseitigen, der den Fortbestand des Hauses und der Landgrafschaft sichern konnte, da er selbst keine leiblichen Nachkommen bekam. Der Verdacht kam offenbar erst Jahrzehnte nach Heinrichs Tod auf, vermutlich (sag ich jetzt mal) im Zusammenhang mit dem hessisch-thüringischen Erbfolgekrieg, an dem Elisabeths Tochter Sophie beileibe nicht ganz unschuldig ist. Im Nachwort steht er der Vollständigkeit halber.
    Es dürfte nicht ganz einfach sein, auf einen möglichen Verdacht einzugehen, der zu Lebzeiten desjenigen, der die Geschichte "erzählt", im Grunde eher absurd ist. :grin

  • Zitat

    Original von Iris
    Heinrich hatte überhaupt keinen Grund. Er wäre m.A.n. niemals auf den Gedanken gekommen, den einzigen zu beseitigen, der den Fortbestand des Hauses und der Landgrafschaft sichern konnte, da er selbst keine leiblichen Nachkommen bekam.


    Genau das habe ich mir nämlich auch gedacht. Er wäre ja eigentlich schön blöd gewesen, seinen einzigen Erben zu beseitigen. :wow

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Zitat

    Original von milla
    Die erneute Begegnung mit der alten Hure fand ich sehr traurig - fast ein bisschen symbolisch - diejenige, wegen der Heinrich "beinahe um sein Seelenheil gekommen wäre", ist verstümmelt und hat ein kaum mehr menschliches Ansehen. Mir hat sie leid getan, sie ist in dieser Geschichte auch nur Opfer - und zwar nicht erst seit ihrer Verstümmelung :-(


    Diese Szene war sehr gemein. :-(
    Da ist mir fast das Buch aus der Hand gefallen! :wow



    Zitat

    Original von taciturus
    Auch der Vertrauensentzug zu Wigo wurde uns nur als Faktum vorgesetzt, ohne wirklich genauer darauf einzugehen. Das erschien dann doch etwas verweunderlich, da Wigo vorher als der wichtigste Berater Heinrichs dargestellt wurde.


    Zu Wigo hatte ich beim Lesen immer ein distanziertes Verhältnis.
    Ich hätte mir gewünscht, dass er öfter menschliche Regungen zeigt, damit er Heinrich noch besser im emotionalen Bereich unterstützen könnte.
    Aber wie im informativen Nachwort erklärt, sind in ihm die Züge verschiedener Angehöriger des thüringischen Hofstaats verschmolzen.
    Das ist vermutlich der Grund!