Als wir träumten - Clemens Meyer

  • Clemens Meyer ist es sehr glaubwürdig gelungen, in seinem Buch „Als wir träumten“ jenen denkwürdigen Herbst eingefangen, der in die deutschen Geschichtsbücher eingehen sollte. Innerhalb weniger Wochen veränderte sich veränderte sich die Realität der vier Jugendlichen Daniel, Rico, Mark und Pitbull, die die Wende in Leipzig hautnah miterleben.

    Aufgewachsen im Leipzig der 80ger-Jahre, sozialisiert durch die Gruppenstunden der Pioniere und größtenteils sich selbst überlassen, verbindet die vier Jungen eine enge Freundschaft. Sie nennen sich „Brüder“ und entwachsen gemeinsam ihren Kinderzimmern. Brüche charakterisieren die Biografien der Jungen. Die Ambivalenz der Figuren zwischen ihren Träumen und der Realität ist wirklich großartig geschildert. Dies hat mich beim Lesen sehr begeistert.

    Ich muss zugeben, dass ich zunächst etwas gebraucht habe, um mich in das Buch einzulesen. Vor allem die vielen Wiederholungen haben mich anfangs genervt. Gegen Ende des Buches habe ich diese aber als Rhythmisierung wahrgenommen, als den Beat des Technoclubs, den Beat der 90ger-Jahre und konnte damit gut leben.

    Sehr gut gefallen hat mir auch die Komposition des Buches. Jedes Kapitel kann im Grunde auch für sich alleine stehen. Zunächst dachte ich, es sei eine Ansammlung von Kurzgeschichten. Doch durch die Rückblenden in die Kindheit schärft Meyer das Verständnis für die Freundschaft dieser Jungen, beleuchtet die gemeinsame Vergangenheit, ohne die Gegenwart damit zu erklären oder gar zu verklären.

    Ich habe schon einige Wende-/Nachwende-Romane gelesen. Für mein Gefühl ist Meyer ganz dicht dran an der Stimmung und an der Gefühlsebene der Beteiligten. Der Roman wirkt echt. Das verzeiht auch so manche Länge.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin