Das Mondgeheimnis – Stefan Fischer

  • Der Mond aus dem poetischen Titel dieses Romanerstlings ist nicht der Mond am Himmel, sondern ein Mond aus Stoff und weichem Füllmaterial, Kuschelmond, Trostmond. Er gehört der kleinen Alena und sie hat, wie man gleich auf den ersten fünf Seiten des Buchs erfährt, Trost sehr nötig. In einer einzigen traumatischen Nacht verliert sie ihre Familie, Vater, Bruder und Mutter. Zehn Jahre später, Alena ist jetzt Anfang zwanzig und Medizinstudentin, liegt der Stoffmond immer noch auf in Alenas Bett oder auch in ihren Armen, wenn sie von Albträumen geplagt wird. Aber auch bei Tag findet Alena wenig Ruhe. Da sie eine sehr schöne Frau ist, zieht sie viele Männer an. Da ist z.B. Vlado, der Kickboxer, oder auch Martin, der Forstgehilfe. Einlassen aber möchte sie sich mit keinem. Die jungen Männer denken anders darüber und bringen Alena dermaßen in Bedrängnis, daß sie eine Beziehung mit Vlado eingeht. Liebe hat damit nichts zu tun, ohnehin ist Alena fest davon überzeugt, daß sie nie jemanden lieben wird. Sie hat aber nicht mit ihrem eigenen Herzen gerechnet und als der Maler Ondrej auftaucht, der beste Freund Vlados, fällt es ihr immer schwerer, ihren Entschluß aufrechtzuerhalten. Doch das Geheimnis jener Nacht zehn Jahre zuvor wiegt ebenfalls schwer und ist durchaus geeignet, Alena endgültig zu zerstören.


    Das sind Ausgangslage und Ingredienzien einer sehr gefühlvollen Geschichte über verschiedene Formen von Mißbrauch, körperliche wie seelische. Beim Lesen ist man immer sehr nah an der Hauptfigur, gleich, ob sie als Kind die Stirn wundreibt am Knie des Gekreuzigten, ob sie als junge Frau herumgeschubst wird, mißverstanden, verrufen, geprügelt und schließlich noch verschleppt. Da ist viel Leid, das ist viel Leiden. Die Männer um Alena leiden an unerwiderter Liebe, falschen Erwartungen und überhaupt. Magdalena, die beste Freundin leidet, weil sie sich häßlich fühlt und keiner sie haben will, Petr, der abgebrochene Bäckergeselle, leidet, weil er der ewige Zweite ist oder gleich ein Versager, der nur im Scheinwerferlicht von Stars wie Vlado eine Chance zu haben scheint, Ondrej leidet, weil er das Geheimnis um Alena nicht lösen kann. Ach, die vielen Tränen, die da geweint werden, im hellen Schein des Mondes.
    Gut, daß es den Schnaps gibt und kräftige Männerfäuste. Die Natur. Die Malerei, die Allerwelts - Philosophie und den Glauben, die uns alle lehren, wie klein der Mensch ist und wie groß die Liebe. Sie überwindet alles und so wird doch noch alles, alles gut, da am Ende, mit Alena im Krankenhausbett und Ondrej betend an ihrer Seite.


    Ein schlechter Roman? Ja und nein. Unleugbar ist der Hang zu Klischees, Stereotypen, Trivia. Unleugbar die Neigung des Autors zugunsten greller Gewaltszenen oder aufgesetzt tiefsinniger Träume auf das zu verzichten, was einen guten Roman ausmacht: die innere Entwicklung der Figuren. Zu fest sind von vorneherein die Charakterisierungen, der Handlungsablauf, die Bedeutung. Darunter leiden vor allem die Hauptfiguren, Alena, Vlado und Ondrej, die kaum Bewegungsspielraum bekommen. Etwas mehr Glück haben Petr und Magdalena, die als untergeordnete Personen nicht die volle Aufmerksamkeit des Autors bekamen und sich deswegen etwas freier bewegen dürfen. Allerdings werden auch sie zuletzt ins Korsett des Herkömmlichen gezwungen. Es ist schade um die Lebendigkeit, die sie zeitweilig entwickeln. Die Mutter Alenas gerät zur Karikatur, die Großmutter bleibt ein Wort, am Forstgehilfen werden bloße Gewaltphantasien abgearbeitet.
    Hin und wieder war offenbar auch das Lektorat von den Geschehnissen so mitgerissen, daß einiges durchrutschte an Ungeschicklichkeiten, die nicht nötig gewesen wären.


    Was das Ganze letztlich rettet, ist die Fähigkeit des Autors, Atmosphäre aufzubauen, durchzuhalten und – keine geringe Kunst – damit zu arbeiten. Stimmungen hinzuhauchen, die dann in den LeserInnen punktgenau ihre Wirkung entfalten. Einsichten und Ansichten kommen da hin und wieder aufs Papier, die verblüffend sind, nicht selten verblüffend schön. Gott, der im Weltall über die Erde stolpert wie über eine kleinen bunten Stein z.B., Magdalenas Gedanken über sich und die Männer beim Spülen, die Idee mit dem Stoffmond.
    Auch Spannung ist da und man kann sich ihr hingeben. Da wächst durchaus ein echter Erzähler heran.


    Das Buch wird seine LeserInnen finden bei all denen, die sich für die Grundthematik - Mißbrauch - interessieren und sie sind damit keineswegs schlecht bedient. Wer höchst gefühlvolle Liebesgeschichten mit einem Schuß Horror und Gewalt mag, wird ebenfalls schöne Lesestunden damit erleben.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Hallo magali,


    hab deine Rezension mit Interesse gelesen und ein Danke fürs Auseinandersetzen und Auseiandernehmen. Dass meine Figuren deiner Meinung nach keine Entwicklung durchmachen, liegt mir schwer im Magen, aber damit muss ich leben. :-)
    Für mich wäre es unglaubwürdig gewesen, hätten die Figuren innerhalb der wenigen Wochen gravierende Entwicklungen durchgemacht.


    Ansonsten kann ich nur den Hut ziehen, wie toll du die Geschichte zusammen gefasst hast. Und dass du in mir einen echten Erzähler heranwachsen sieht, schmeichelt mir natürlich.


    Grüße
    Quiddy

  • Sie machen gravierende Entwicklungen durch, keine und keiner ist am Ende die Person mehr, die sie am Anfang war.
    Das will ich SEHEN :grin


    Wenn nicht hier, dann beim nächsten Roman.
    Auf den bin ich schon gespannt. Also mach mal.


    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Kurze Inhaltsangabe



    Alena hat in frühster Kindheit, Missbrauchserfahrungen machen müssen und als junge Frau lebt sie mit ihren schlimmen Erinnerungen, mal mehr , mal weniger gut. Sie ist mit dem Macho Vlado zusammen aber lässt keine Gefühle zu. Alles ändert sich, als sie den Maler Ondrej kennen lernt und sie entscheiden muss, Ihre Vergangenheit offen zulegen.


    Meine Rezension:



    Mit das Mondgeheimnis ist Stefan Fischer ein absolut lesenswerter Start gelungen. Sein Erstlingswerk lässt sich locker und flüssig lesen, und ich kann schon jetzt sagen das ich hoffe bald ein weiteres Werk lesen zu können. Die Protagonisten sind gut erklärt und man lernt sie zu lieben oder abzulehnen. Aber nicht alles scheint so, wie es am Anfang zu sein scheint! Viel zu oft ertappt man sich dabei, das man viele Vorurteile hat die man später revidieren muss. S. Fischer ist es gelungen das Thema Missbrauch einfühlsam dem Leser näher zu bringen ohne dabei Opfer schwach und schuldig aussehen zu lassen. Alena mit ihren Mondgeheimnis ist natürlich die Hauptakteurin in diesen Roman aber auch andere Figuren werden in diesen Roman ihr Stärken und Schwächen offen legen und es gibt für jeden eine Figur um sich mit Ihr identifizieren.
    Allerdings gibt es für mich noch einige Fragen die für mich offen geblieben sind. Und auch eine plötzliche Wandlung eines Protagonisten fand ich nicht so gut geglückt, was aber das Lesevergnügen nicht beeinträchtigt. Deshalb auch nur 5 von 6 Sterne.
    Sprachlich absolut topp, ist das Werk einfach nur zu verschlingen. Das Buch ist im Lerato-Verlag erschienen und schon alleine das schöne Cover macht neugierig, was in dem Buch wohl stehen mag.
    Das Buch lernte ich im übrigen durch eine Leserunde kennen, und kann daher auch sagen das der Mensch Stefan Fischer, der die Leserunde begleitete, ein sehr netter Autor ist. Ich bin mir sicher das wir noch einiges von ihm zu lesen bekommen, und er sich seinen Platz im Autorenkarussel festigen wird !!!

  • INHALT:
    Die junge Medizin-Studentin Alena hat ein dunkles Geheimnis welches sie davon abhält ihr Leben wirklich so zu leben wie sie es sich erträumt hat. Sie spinnt ein großes Lügengeflecht und nur ihre beste Freundin Magdalena und ihre Oma wissen die Wahrheit. Als dann Ondrej in ihr Leben tritt, spürt Alena plötzlich das sie mehr vom Leben will. Dafür muss sie aber ehrlich zu Ondrej sein. Aber wird sie ihm das Vertrauen schenken können und was hat Vlado und das Mondgeheimnis damit zu tun?


    MEINUNG:
    Dieses Buch des jungen Autors Stefan M. Fischer ist wirklich etwas ganz besonderes. Ich könnte es in kein Genre stecken.
    Das Buch beginnt mit einer tragischen Geschichte, in der Alena etwa 11 Jahre ist. Diese ist sehr gut beschrieben und man bekommt ein Gefühl wie sich die junge Alena fühlen muss.
    Ein Zeitsprung von 10 Jahren bringt uns dann in das Hier und Jetzt von Alena die sich mit ihrer besten Freundin Magdalena eine Wohnung teilt. Diese ist neben der so genannten "Babischka" (Oma) die einzige Vertraute die Alena zu diesem Zeitpunkt noch hat.
    Die Beziehung die Alena zu Vlado pflegt fand ich persönlich etwas seltsam da mir Vlado von allen Charaktere der unsympathischste war - und das fast das ganze Buch durch.
    Das ganze Buch ist bis hierher sehr bedrückend und traurig. Alena scheint ein Schatten ihrerselbst zu sein und das Leben nicht genießen zu können und sich mit Hilfe eines Lügengeflechts über Wasser zu halten.
    Dies ändert sich als sie den Künstler Ondrej kennen lernt. Dieser beflügelt sie durch seine Lockerheit und Lebensfreude und gibt ihr wieder etwas Lebensmut. Sie beginnt wieder zu leben und von ihren Leben etwas zu wollen.
    Um ihm allerdings ihr größtes Geheimnis zu erzählen, dafür reicht es doch zu Anfang nicht.
    Die Charaktere von Magdalena fand ich das ganze Buch hindurch sehr bezaubernd. Sie scheint wirklich diese eine perfekte Freundin für Alena zu sein, die sicher jeder wünscht. Sehr schade fand ich aber das die Charaktere der "Babischka" nicht genauer beschrieben wurde. Auch sie scheint mir eine dieser typischen lieben Omas zu sein.
    Das Buchcover selber passt zum Titel und zum Thema. Immerhin muss der Leser in diesem Buch ja das Mondgeheimnis lösen. Daher passt der Mond auf dem Cover sehr gut.
    Im ersten Moment erscheint das Buch relativ dünn, es ist jedoch prall gefüllt mit soviel Gefühl, Bedrücktheit und Liebe das man sich zum Lesen etwas Zeit lassen sollte. Das Buch ist keine leichte Kost.


    FAZIT:
    Diese Mischung aus Krimi, Liebesroman und Drama fesselte mich von der ersten Seite an. Auch wenn das Thema sehr schwer ist und man es verdauen muss, ist es ein wirklicher Geheimtipp.

  • Liebe Julia,


    ich freu mich, dass du meiner Empfehlung gefolgt bist. :-) Und ich hoffe, du findest hier ne Menge Buch-Lieblinge. Die Eulen sind einfach super, im Aufstöbern von Lesehighlights.


    Danke auch für deine Rezi! Ich glaube, du musst noch ein paar Details einfügen, wie z.b. die ISBN.


    Hier findest du einen Leitfaden:
    Wie Buchvorstellungen aussehen sollten!


    Und vielleicht verschiebt wolke oder einer der Mods die Rezi in 'Belletristik'. Ein Bildband ist das Mondgeheimnis nicht unbedingt. ^^


    Viel Spaß!


    Grüße
    Quiddy

    Krimi-Komödie: Das Trüffelschwein
    Ein Detektiv, seines Zeichens Bondage-Novize und FC-Bayern-Fan, wird mit einem skurruilen Fall betraut ...

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Quidam ()

  • Verschoben ist es. Und jetzt noch die ISBN ins entsprechende Feld und aus dem Thread-Titel das "(Rezension)" entfernen, dann sieht es schon gut aus :wave


    Edit: Hat sich erledigt. Es gab schon einen Rezensionsthread und ich habe die beiden zusammengefügt. LG JaneDoe

  • Liebe Jane,


    aber das Mondgeheimnis ist nun bei einem anderen Verlag erhältlich, weil es Lerato nicht mehr gibt...


    Und meinem Auorennamen habe ich ein M. hinzugefügt: Stefan M. Fischer. :-)


    Grüße
    Quiddy

    Krimi-Komödie: Das Trüffelschwein
    Ein Detektiv, seines Zeichens Bondage-Novize und FC-Bayern-Fan, wird mit einem skurruilen Fall betraut ...

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Quidam ()