Hinrichtung in Florida/Hinrichtung S. Hussein

  • Zitat

    Original von Apek


    Ist sie aber - ob man nun das Etikett "Rache" oder "Genugtuung" darüber schreibt, das ist eine wesentliche Funktion von Strafe. Ohne die kommt auch kein Rechtssystem aus.


    Neben der Rachefunktion sollte Strafe aber auch andere Funktionen haben, die meiner Meinung nach überwiegen sollten:
    Abschreckungsfunktion, die Täter davon abhalten soll, Straftaten zu begehen (hier hat sich die Todesstrafe als völlig unbrauchbar gezeigt), eine
    Schutzfunktion, die die Gesellschaft vor Straftätern schützen soll (was auch mit einer Gefängnisstrafe erreicht ist) und eine Erziehungsfunktion für den Täter.
    Wenn es eine reine Rachefunktion wäre, dann könnte man auch in Deutschland ja wieder dazu übergehen, den Pranger einzuführen, wo sich die Opfer dann an der Bestrafung des Täters ergötzen können. Oder wir sparen die Gefängniskosten und hacken den Dieben wieder die Hand ab.
    Befriedigt doch auch das Rachegefühl, oder?

    :lesend
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    Oprah Winfrey

  • Zitat

    Warum ausgerechnet den Schlimmsten von allen verschonen?


    Darf ich abends zu Dir beten, GOTT?


    Strafe dient in unserem Rechtssystem weder Rache, Genugtuung noch einer ähnlichen Form des Ausgleichs, sondern ausschließlich der Besserung und der Sicherung. Das Täter-Opfer-Verhältnis spielt bei diesem Begriff keine Rolle; diese Zuordnung wird nur in der Blödenpresse und bei Stammtischgesprächen wie solchen hier vorgenommen. Da eine Verhältnismäßigkeit, wie sie auch hier offenbar immer wieder verlangt wird, sowieso nicht zu schaffen wäre, hat man sich von solchen Maximen längst verabschiedet, davon abgesehen und zuvorderst aber aus ethischen Gründen. Wer sich ein Rechtssystem wünscht, das sich dem Rache- und Ausgleichsprinzip unterordnet, mag sich eine Zeitmaschine bauen und ins Mittelalter zurückkehren. Alternativ stehen einige "Dritte Welt"- und Schwellenländer zur Auswahl, in denen Bestrafung diesem Prinzip noch immer folgt.


    Ich wundere mich über die Selbstherrlichkeit, mit der hier argumentiert wird. Neben immer wieder in solchen Gesprächen vorgebrachten Strafmaßvergleichen (siehe Beispiel Überfall mit Spielzeugwaffe/alkoholisierter Verkehrsunfall mit Todesfolge), die so nicht zulässig sind, weil in unserem Rechtssystem die Frage u.a. nach Schuldfähigkeit, Vorsatz und Tatabsicht komplexe Betrachtungen verlangt, hantieren Leute, die niemals in einer entsprechenden Situation waren, mit dem Argument, archaische Strafen würden den Opfern und deren Angehörigen irgendwas bringen. Das ist wirklich hanebüchener Blödsinn. Ich kann meine Aufforderung nur wiederholen, die ich in anderen Threads zu diesem Thema gepostet habe: Setzt Euch in die Gerichtsverhandlungen, sie sind so gut wie alle öffentlich. Redet mit Opfern und Angehörigen. Sprecht mit Staatsanwälten und Richtern. Kaiserzeit-Forderungen, wie sie hier erhoben werden, hat keiner von denen im Sinn.


    Ich wünschte mir, diejenigen, die hier die Todesstrafe propagieren, egal für wen, müßten selbst die Spritze setzen, den Gashahn aufdrehen oder abdrücken.

  • Tom
    Du sprichst mir aus der Seele. Danke! :wave


    (Merkwürdig, momentan stimme ich dir fast überall zu - bin ich krank?) :-)




    Im deutschen Strafrecht steht an erster Stelle immer der Resozialisierungsgedanke. In zweiter Linie ist dann dem Sicherheitsanspruch der Bevölkerung Rechnung zutragen und erst in dritter Linie gibt es soetwas wie den "Sühnegedanken".


    Strafverfolgung und Strafvollstreckung obliegt ausschließlich dem Staat, mit gutem Grund. Aus der Tat heraus vielleicht verständliche Rachegedanken, können somit nur in ganz seltenen Fälle realisiert werden.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Tom


    Ich hab schon gemutmaßt, daß sich ein anderer Mensch Deiner Zugangsdaten bemächtigt hat. :grin


    :wave



    :lache :lache :lache :lache

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


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  • Zitat

    Original von Voltaire
    Tom
    Du sprichst mir aus der Seele. Danke! :wave
    (Merkwürdig, momentan stimme ich dir fast überall zu - bin ich krank?) :-)
    .


    Irgendwie ... also ehrlich ... mir gehts genauso ;-)

    „Streite niemals mit dummen Leuten. Sie werden dich auf ihr Level runterziehen und dich dort mit Erfahrung schlagen.“ (Mark Twain)

  • Ganz so einfach wie Tom es darstellt ist es nicht. Der Resozialisierungsgedanke ist der Normzweck des Strafvollzugsgesetzes, also das Gesetz, das Gefägnisaufenthalte regelt. Strafe selbst läuft nach wie vor unter den beiden Gesichtspunkten Spezialprävention (=den konkreten Täter von der Tat abhalten) und Generalprävention (=Abschreckung und Schutz der Gesellschaft). Ist ja auch logisch- der Ehegattentotschläger, der nach zwanzig Jahren Ehequal seinem Partner die Luft abdreht hat eine Wiederholungswahrscheinlichkeit von null. Er wird bestraft, damit nicht jeder auf diese Lösung für das Problem der Rentenversicherung und Arbeitslosigkeit kommt ( Verzeihung Zynismus).


    Ich kann Toms Erfahrung aus meiner beruflichen Erfahrung nur teilweise bestätigen, viele Opfer von Straftaten reflektieren nicht, sondern wollen nackte Rache und lassen nur die Höchststrafe als "gerechte" Strafe geleten- Sicherungsverwahrung, oder wie dies der Ex- Bundeskanzler (Rechtsanwalt und Ex- Strafverteidiger) Schröder so schön formulierte: Einsperren und Schlüssel wegwerfen. Nur die, die intellektuell zur Reflexion fähig sind, sind auch zu einer differenzierten Betrachtungsweise über Schuld und kriminelle Energie in der Lage.


    Nicht diskutiert wurde bisher, wie die Todesstrafe als Machtmittel eingesetzt wird. Ich gehe davon aus, dass der eine oder andere Pu Yi geleen hat- in Chinas Volksrepublik wird und wurde man wegen geringerer Verbrechen als dieser letzte Kaiser von China sie begangen hat hingerichtet- er wurde umerzogen. Dieses Umerziehen war nach Auffassung derjenigen, die darüber zu urteilen hatten erfolgreich. Pu Yi ein Propagandasubjekt erster Güte- sowas hängt man nicht.


    Schauen wir uns die Todesstrafe und "Terminator" Govenor Schwarzeneger an- eine gelungene Resozialisierung allemal, ja sogar Zweifel an der Korrektheit der Urteilsfindung haben diesen, europäisch sozialisierten Politiker aus reinem Machtkalkül kurz vor der Wahl am Gnadenakt gehindert. Seine Wähler befürworten- wie sicher auch die Mehrheit der Deutschen, zum "richtigen" Zeitpunkt befragt die Todesstrafe- also muß er Härte zeigen- auch wenn seine Heimatstadt daraufhin die Stadthalle umbenennt.


    Die ultima poena ist also meiner bescheidenen Meinung nach Machtmittel um Politik von Mächtigen durchzusetzen und deshalb gibt es auch das "königliche"Recht der Begnadigung durch den Mächtigen, das ohne jede Regelung nach freiem Willen (man kann auch sagen nach Willkür) ausgeübt werden kann.


    So ist Saddam, so sind die Schergen Hitlers, so ist manch andere Diktator zu Tode gekommen ohne korrekte Rechtsgrundlage- weil es mchtpolitisch nach Ansicht der Sieger nötig war- das hat mit Rache dann wenig zu tun- man mag es Sozialhygiene nennen, wenn der Begriff nicht schon wiederzu zynisch wäre.

  • Zitat

    Original von Tom
    Ich wundere mich über die Selbstherrlichkeit, mit der hier argumentiert wird. Neben immer wieder in solchen Gesprächen vorgebrachten Strafmaßvergleichen (siehe Beispiel Überfall mit Spielzeugwaffe/alkoholisierter Verkehrsunfall mit Todesfolge), die so nicht zulässig sind, weil in unserem Rechtssystem die Frage u.a. nach Schuldfähigkeit, Vorsatz und Tatabsicht komplexe Betrachtungen verlangt, hantieren Leute, die niemals in einer entsprechenden Situation waren, mit dem Argument, archaische Strafen würden den Opfern und deren Angehörigen irgendwas bringen.


    Ok. Dann ein anderes Beispiel aus meiner Umgebung. Vor ein paar Jahren hat sich ein 19-Jähriger eine Machet umgeschnallt und ist auf die Straße spaziert mit dem Vorsatz einen Ausländer zu massakrieren. Am Ende hat er dann einer Schülerin aus meiner Nachbarklasse fast beide Arme abgehackt. Strafe: 6 Monate bedingte Haft…. Sehr abschreckend, dass muss ich schon sagen!


    Anderes Beispiel: Vor nicht allzu langer Zeit ist bei uns ein Spinner mit einem Gummi-Schlagstock durch den Park gelaufen und hat, vorzugsweise Kinder und Frauen, damit verprügelt. Eines Tages gehe ich durch den Park und sehe zwei Polizisten bei einer Routinekontrolle. Sie halten einen vorbeigehenden Passanten an und durchsuchen ihn und ratet mal was sie finden? Genau, den Gummischlagstock. Ich schwöre dir, einer der Polizisten hat sich den Schlagstock geschnappt und den Typ damit so was von verprügelt… das hast du noch nicht gesehen. Es gab nie wieder einen Vorfall in dem Park.


    Und jetzt sag mir bitte bei welchen von den beiden Geschichten du das Gefühl hast, das hier Recht gesprochen oder gesehen ist? Klar ist das nicht in Ordnung was die Polizisten gemacht haben aber…


    Zitat

    Original von Tom
    Ich wünschte mir, diejenigen, die hier die Todesstrafe propagieren, egal für wen, müßten selbst die Spritze setzen, den Gashahn aufdrehen oder abdrücken.


    Hm, einmal eine witzige Geschichte dazu. Als das Todesurteil über Saddam verhängt worden ist, da sind hunderte Menschen zum Gericht gerannt und haben sich als Henker beworben… Du siehst also, niemand wird dazu gezwungen, die melden sich freiwillig.


    Zitat

    Original von beowulf
    Schauen wir uns die Todesstrafe und "Terminator" Govenor Schwarzeneger an- eine gelungene Resozialisierung allemal, ja sogar Zweifel an der Korrektheit der Urteilsfindung haben diesen, europäisch sozialisierten Politiker aus reinem Machtkalkül kurz vor der Wahl am Gnadenakt gehindert. Seine Wähler befürworten- wie sicher auch die Mehrheit der Deutschen, zum "richtigen" Zeitpunkt befragt die Todesstrafe- also muß er Härte zeigen- auch wenn seine Heimatstadt daraufhin die Stadthalle umbenennt.


    Es war ein Fußballstadion und das wurde auf drängen von Arnold Schwarzenegger umbenannt weil er die Nachmaulerei aus Österreich einfach nicht vertragen hat. Er hat auch, die ihm von seiner Heimatstadt übergebenen Preise wieder zurückgeschickt mit der Bitte sie sollen sich nicht in seine Politik einmischen. Arnold Schwarzenegger ist es so was von egal was das Volk denkt, oder seine Heimatstadt denkt, er macht das was er für das Beste hält. Er hätte ihn also sowieso nicht begnadigt

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  • Hallo, Raziel.


    Du bist offenbar nicht dazu in der Lage, zwischen Deinem persönlichen Gerechtigkeitsbegriff und dem der Gemeinschaft zugrundeliegenden Rechtsbegriff zu trennen. Das sind glücklicherweise zwei verschiedene Paar Schuhe. Die Polizisten aus Deinem Beispiel haben sich in grandioser Weise vergangen, sie gehören suspendiert und außerdem einem Strafverfahren ausgesetzt. Die Frage, ob der Macheten-Täter eine "gerechte" Strafe bekommen hat, stellt sich auf zweierlei Weisen, die eben zu trennen sind: Hat er im Sinne (und nach dem Auftrag) der Strafverfolgung eine "gerechte" Strafe bekommen? Ja, vermutlich. Hat er in Deinem Sinne, der Du den Rache- und Ausgleichsgedanken verinnerlicht hast, eine gerechte Strafe bekommen? Nein. Aber glücklicherweise entscheidest Du nicht. Du bist mit Deinem Verständnis von Recht und Strafe noch nicht im einundzwanzigsten Jahrhundert angekommen. Und nochmal: Strafe dient in unserem Rechtssystem nicht in der Hautpsache der Abschreckung. Davon abgesehen, das wurde hier im Thread und in anderen vergleichbaren schon erläutert, funktioniert Abschreckung nicht, niemals. Das hat wiederum in erster Linie etwas damit zu tun, daß so gut wie jeder Täter, so er nicht im Affekt, Wahn oder im Zustand geistiger Umnachtung handelt, ohnehin davon ausgeht, nicht erwischt zu werden.

  • @ raziel
    Es gibt in unserem Land aus sehr sehr guten Gründen einen Grund-Satz, vor allem anderen steht und der über allen andern Sätzen im Rechtswesen steht. Dieser Satz gilt für jeden Menschen, auch wenn er Fehler gemacht hat. Dieser Satz lautet:
    "Die Würde des Menschen ist unantastbar."


    An diesem Satz gibt es kein Vorbei. Und ich bin sehr sehr froh darüber.

  • Das die Abschreckung durch die Todesstrafe schon gerade nicht funktioniert, dafür ist die USA das allerbeste Beispiel.
    Denn dort haben die Staaten, in denen die Todesstrafe ein Rechtsmittel ist, was auch noch angewandt wird, durchweg eine höhere Mord-quote, wie Staaten, in denen die Todesstrafe abgeschafft oder außer Vollzug gesetzt wurde.


    Wo also ist die Todesstrafe abschreckend?


    Wie Tom schon schrieb: Abschreckung durch härtere Strafen funktioniert nicht.
    Wer die Hemmschwelle überschritten hat und sich vor Bestrafung nicht fürchtet, weil er davon ausgeht, nicht erwischt zu werden oder in blinder Raserei ohne Nachdenken und Kalkül handelt, der läßt sich von keiner Strafe abhalten.

    :lesend
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  • Raziel


    Dein Beitrag hat mich ein wenig entsetzt. Du bist also dafür, wenn Polizisten auf einen vermeintlichen Straftäter einprügeln, hier also vorsätzlich ihre Dienstpflichten verletzen? Würden nicht nur Polizisten so handeln, wobei ich mir sicher bin, das dieses jetzt ein Einzelfall ist, so könnte sich unser Rechtsstaat die Kugel geben. Nach unserem geltenden Recht ist Selbstjustiz kategorisch ausgeschlossen.


    Und dein Machetenbeispiel wird man wohl erst beurteilen können, wenn man alle Fakten kennt. Als Jurist bilde ich mir erst dann eine Meinung, wenn ich alle Fakten kenne. Gerade auch bei deinem Beispiel wird es sicher noch Dinge geben, die zu diesem Urteil geführt haben, die du aber nicht geschildert hast.


    Schwarzenegger hier als Lichtgestalt für Recht und Ordnung anzuführen, löst bei mir ein heftiges Kopfschütteln aus. Vielmehr empfinde ich sein Verhalten als opportunistisch, asozial und im höchsten Maße menschenverachtend. Er vereinigt als Österreicher fast alle negativen US-amerikanischen Eigenschaften in seiner Person.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Raziel
    Es mag sein, nachdem die Faschismusrezeption bei euch etwas anders gelaufen ist als in Deutschland, das das Verhältnis zur Polizei ein anderes ist- hier wird Polizei aus der obrigkeitsstaatlichen Perspektive des Bürgers stets als potentieller Gegner gesehen- Freund und Helfer und Beschützer sind hoffnungsfrohe Werbebilder. Fast jeder fängt, sieht er einen Polizisten stehen erstmal an zu überlegen wie er sich wegduckt, wie sein Sündenregister aussieht, statt freundlich zu grüssen und sich am Anblick seines Freundes und Helfers zu freuen. Deshalb mag es sein, dass man bei euch Polizisten so etwas durchgehen lässt- hier würden diese Herren schnellstens Bekanntschaft mit der Agentur für Arbeit machen und als schwarze Sheriffs U- Bahnen bewachen gehen- für noch weniger Geld als es Polizisten erhalten.


    Vorallem - um Voltaires Statement aufzugreifen, - was ist, wenn der Spaziergänger sich zur Verteidigung von Angriffen nur so bewaffnet hat wie der Täter- dumm gelaufen, oder was?


    Ob Schwarzenegger nun die Stadthalle oder Turnhalle oder was auch immer nicht mehr als Namenspatron überstrahlt- ich wollte darauf abstellen, dass er das Leben eines anderen Menschen nicht aus Gerechtigkeitserwägungen, sondern aus Machtkalkül hat nehmen lassen. Punkt.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend  :lesend

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  • Lieber Raziel.



    Deine Position ist verständlich, bringt aber leider einiges durcheinander.
    In deiner Strafrechtsvorstellung packst du Recht und Moral einfach zusammen und nennst dies Gerechtigkeit. Das Rechtssystem hat aber nicht die Aufgabe, moralisch zu richten. Es ist, wie Tom bereits gut erklärte, zur Sicherung der Gemeinschaft und dem Funktionieren des öffentlichen Lebens, der Wahrung gewisser Personenrechte (Eigentums- und Freiheitsrechte) errichtet worden. Strafen ermessen sich nach Vorsatz, sowie Gefährdung der staatlichen Ordnung - inwiefern greifen eben Handlungen in die gesellschaftliche Ordnung ein.


    Der nicht immer sauber trennbare Unterschied zwischen Recht und Moral liegt einfach darin: Wenn du die rechtlichen Gesetze nicht befolgst, kannst du zu deren Einhaltung gezwungen werden. Ob du also deine Steuern überzeugt von der Richtigkeit der staatlichen Haushaltsplanung abgibst (oder eben eher nicht), ist egal. Du hast diese in unserem Staat zu zahlen, ansonsten drohen dir Konsequenzen.
    Moralische Gesetze jedoch obliegen der Einsicht und der Überzeugung, sie sind auch schwerer zu postulieren als Rechtsnormen, weil die Trennung von Konvention, Tradition und Moral gerne verwischt wird. Es ist, um auch hier ein Beispiel zu nennen, nicht egal, dass du davon überzeugt sein solltest, dass jeder Mensch einen anderen nicht für seine Zwecke missbrauchen darf. Jedoch kann dich zu dieser Einsicht rechtlich keiner zwingen.
    Moral und Recht zu trennen ist wichtig.


    Beispiel 1: Ich kann mich aus moralischer Überzeugung gegen einen Staat und sein Rechtssystem wenden. (Mir muss dabei aber klar sein, dass ich strafrechtlich innerhalb dieses Systems zu recht verurteilt werden kann; auch wenn ich zu recht nach moralischen Maßstäben handle.) Klassisches Exempel: Diktaturen, z.B. DDR.
    Beispiel 2: Die Abschaffung des ehemaligen Homosexuellenparagraphen (§ 175) aus dem Strafrecht der BRD zeugt ebenfalls von der nicht unsinnigen Trennung von Recht und Moral. Denn die Sexualität des Individuums, sofern sie Persönlichkeitsrechte eines anderen nicht verletzt, hat nichts mit der staatlichen Ordnung zu tun. Ob jetzt also jemand Homosexualität moralisch in seinem Ethikkonzept nicht akzeptieren will, oder jemand sich dem gleichen Geschlecht zuwendet, spielt für das Rechtsleben keine Rolle.


    Moral und Recht müssen also getrennt werden, um überhaupt eine Möglichkeit für gerechtes Handeln und Urteilen erst einmal zu schaffen. Denn: Beides bedingt sich in gegenseitiger Beobachtung ob seines Gültigkeitsfaktors.
    (Überschneidungen von Recht und Moral liegen in Fällen, wo die besondere moralische Schwere einer Tat jemanden von einem strafrechtlichen Verstoß ebenfalls hätte abhalten können und sollen (z.B. vorsätzlicher Mord).)

  • Zitat

    Original von TomAber glücklicherweise entscheidest Du nicht. Du bist mit Deinem Verständnis von Recht und Strafe noch nicht im einundzwanzigsten Jahrhundert angekommen. Und nochmal: Strafe dient in unserem Rechtssystem nicht in der Hautpsache der Abschreckung.


    Ja, da können die Verbrecher wirklich aufatmen, was für Glück für sie, dass ich nichts zu sagen habe. :-]


    Worum geht es denn dann in unserem Rechtsystem? Rache und Genugtuung haben im einundzwanzigsten Jahrhundert nichts verloren und die Strafe dient nicht der Abschreckung, gut. Resozialisierung – wenn man bedenkt, dass, ich habe die genaue Prozentzahl nicht im Kopf aber es waren deutlich mehr als 50 Prozent der Straftäter, nach verbüßen der Haftstrafe, wieder Straffällig werden, dann ist das wohl auch kein wesentlicher Punkt. Die Bevölkerung vor dem Täter zu schützen – ich frage mich wie das gehen soll wenn die meisten Täter ohne Strafe oder mit einer Strafe die eigentlich nicht als solches bezeichnet werden kann, davon kommen und die Justiz teilweise derart lächerlich unfähig ist das sie Straftäter nicht zur Rechenschaft ziehen kann. Wo also liegt jetzt der Sinn einer Bestrafung?


    Zitat

    Original von licht
    @ raziel
    Es gibt in unserem Land aus sehr sehr guten Gründen einen Grund-Satz, vor allem anderen steht und der über allen andern Sätzen im Rechtswesen steht. Dieser Satz gilt für jeden Menschen, auch wenn er Fehler gemacht hat. Dieser Satz lautet:
    "Die Würde des Menschen ist unantastbar."


    An diesem Satz gibt es kein Vorbei. Und ich bin sehr sehr froh darüber.


    Ein schöner Satz, dessen tieferer Sinn mir einstweilen verborgen bleibt. Was besagt dieser Satz? Das man einen Menschen nicht bestrafen darf? Wann genau ist die Würde des Menschen verletzt? Kann man seine Würde auch verlieren? Und inwieweit nimmt der Täter auf die Würde des Opfers Rücksicht? Was ist die Strafe für das Verletzen der Menschenwürde? Ja, so ein Satz hört sich schön an, kann aber ohne Definition wohl nicht die Grundlage für das Rechtsystem sein.


    Zitat

    Original von janda
    Das die Abschreckung durch die Todesstrafe schon gerade nicht funktioniert, dafür ist die USA das allerbeste Beispiel.


    Tja die USA ist ein Ausnahmebeispiel. Es wundert mich nicht, dass sei so eine hohe Mordrate haben, wenn jeder Zweite mindestens eine Schusswaffe besitzt.


    Zitat

    Original von janda
    Denn dort haben die Staaten, in denen die Todesstrafe ein Rechtsmittel ist, was auch noch angewandt wird, durchweg eine höhere Mord-quote, wie Staaten, in denen die Todesstrafe abgeschafft oder außer Vollzug gesetzt wurde.


    Das glaube ich nicht. Mir fällt da zum Beispiel Dubai ein, das eine der geringsten Verbrechensraten auf der Welt hat. Harte Strafen sind eben doch abschreckend.




    Zitat

    Original von Voltaire
    Dein Beitrag hat mich ein wenig entsetzt. Du bist also dafür, wenn Polizisten auf einen vermeintlichen Straftäter einprügeln, hier also vorsätzlich ihre Dienstpflichten verletzen? Würden nicht nur Polizisten so handeln, wobei ich mir sicher bin, das dieses jetzt ein Einzelfall ist, so könnte sich unser Rechtsstaat die Kugel geben. Nach unserem geltenden Recht ist Selbstjustiz kategorisch ausgeschlossen.


    Ich versteh nicht wieso du das als Selbstjustiz bezeichnest. Die Polizisten sind doch ein ordentliches Organ des Staates. So gesehen war das echt Justiz. Ich finde es nicht richtig das dieses Verhalten als eine Verletzung der Dienstpflicht angesehen wird. Ich bin dafür, dass man der Polizei und anderen Staatsorganen mehr Macht gibt. Erst gestern habe ich wieder etwas lustiges gehört, es reicht zB nicht einen Menschen dabei zu beobachten wie er mit illegal eingeführten Zigaretten handelt, nein, da muss sich zuerst ein Polizist verkleiden und so tun als wolle er Zigaretten kaufen – für mich ist das absolut unverständlich.


    Zitat

    Original von Voltaire
    Und dein Machetenbeispiel wird man wohl erst beurteilen können, wenn man alle Fakten kennt. Als Jurist bilde ich mir erst dann eine Meinung, wenn ich alle Fakten kenne. Gerade auch bei deinem Beispiel wird es sicher noch Dinge geben, die zu diesem Urteil geführt haben, die du aber nicht geschildert hast. .


    Vielleicht dauert deswegen in der Justiz alles so lange. Nichts für ungut aber ihr habt nicht gerade den Ruf sehr Entscheidungsfreudig zu sein oder besonderst schnell/schwer/viel zu arbeiten. Noch mal die Fakten: Er geht mit einem Messer aus dem Haus, mit dem Vorsatz jemanden zu töten und sticht dann wahllos irgendjemanden nieder. Was genau muss man da noch wissen oder was für einen Grund könnte es geben, der so ein Verhalten rechtfertigt?


    Zitat

    Original von VoltaireSchwarzenegger hier als Lichtgestalt für Recht und Ordnung anzuführen, löst bei mir ein heftiges Kopfschütteln aus.


    Hab ich auch nicht gemacht! Ich hab lediglich gesagt, dass er sich von niemandem beeinflussen lässt und das mach, was er für das Beste hält.


    Zitat

    Original von beowulf
    Raziel
    Es mag sein, nachdem die Faschismusrezeption bei euch etwas anders gelaufen ist als in Deutschland, das das Verhältnis zur Polizei ein anderes ist- hier wird Polizei aus der obrigkeitsstaatlichen Perspektive des Bürgers stets als potentieller Gegner gesehen- Freund und Helfer und Beschützer sind hoffnungsfrohe Werbebilder. Fast jeder fängt, sieht er einen Polizisten stehen erstmal an zu überlegen wie er sich wegduckt, wie sein Sündenregister aussieht, statt freundlich zu grüssen und sich am Anblick seines Freundes und Helfers zu freuen. Deshalb mag es sein, dass man bei euch Polizisten so etwas durchgehen lässt- hier würden diese Herren schnellstens Bekanntschaft mit der Agentur für Arbeit machen und als schwarze Sheriffs U- Bahnen bewachen gehen- für noch weniger Geld als es Polizisten erhalten.


    Ja ich habe schon gemerkt dass ihr eine komische Einstellung zur Polizei hat. Es ist tatsächlich so, dass wenn ich einen Polizisten sehe, ihn auch grüße und ich kenn auch niemanden der das nicht tut. Für euch sind Lehrer wohl auch keine Respektspersonen mehr. Wenn ich da manchmal Bilder von deutschen Schulklassen im Fernsehen sehe… :wow Würde ich mich so benehmen, würde mich der Lehrer wahrscheinlich hochkant aus der Klasse werfen. Allein die Art wie da manche sitzen… äußerst präpotent. Wenn ich also sehe wie ein Polizist jemanden verprügelt stelle ich mir keine langen Fragen, da ist der Polizist von vorne herein im Recht. Würde mir auch im Traum nicht einfallen da einzugreifen.


    Zitat

    Original von Waldlaeufer
    Der nicht immer sauber trennbare Unterschied zwischen Recht und Moral liegt einfach darin: Wenn du die rechtlichen Gesetze nicht befolgst, kannst du zu deren Einhaltung gezwungen werden. Ob du also deine Steuern überzeugt von der Richtigkeit der staatlichen Haushaltsplanung abgibst (oder eben eher nicht), ist egal. Du hast diese in unserem Staat zu zahlen, ansonsten drohen dir Konsequenzen.
    Moralische Gesetze jedoch obliegen der Einsicht und der Überzeugung, sie sind auch schwerer zu postulieren als Rechtsnormen, weil die Trennung von Konvention, Tradition und Moral gerne verwischt wird. Es ist, um auch hier ein Beispiel zu nennen, nicht egal, dass du davon überzeugt sein solltest, dass jeder Mensch einen anderen nicht für seine Zwecke missbrauchen darf. Jedoch kann dich zu dieser Einsicht rechtlich keiner zwingen.
    Moral und Recht zu trennen ist wichtig.


    Sehr schön, also wieder dir Grundbotschaft das Geld und Eigentum mehr wert ist als der Mensch. Wird ein Eigentumsdelikt begangen so ist die verhängte Strafe Recht. Kommt ein Mensch zu Schaden… ist alles nur noch relativ. Fehlt noch das die Höhe der Strafe an dem Einkommen des Opfers bemessen wird. Wird eigentlich auch geschaut warum jemand seine Steuern nicht zahlt? Nein! Aber wenn jemand für die Zwecke eines anderen missbraucht wird, dann kommt erst das große „Warum“.


    Puh… langsam Artet das in Arbeit aus.

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  • Tom : Ich kenne den Unterschied, mir ist aber nicht klar was du willst? :keks

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  • Lieber Raziel.


    Tu mir bitte den Gefallen und durchdenke doch zur Abwechslung mal die Antworten, die dir gegeben werden. Der Mensch dahinter gibt sich nämlich (noch) Mühe, dir eine Position erst einmal verständlich zu machen.
    Wenn du die Position verstehst, kannst du gerne kritisieren.
    Den Schritt sehe ich aber bei dir noch nicht.
    Denn deine Antwort auf meinen Beitrag enttäuscht mich.
    Stammtischpolemiken kann ich mir auch in meiner Eckkneipe anhören.
    Wenn du etwas nicht verstanden hast, dann frag doch nach, aber zieh hier bitte keine Pubertätsshow ab.


    Also - was an der Trennung von Recht und Moral hast du nicht verstanden?
    Was an der Begründung, warum dies nicht unsinnig ist?
    Und was hast du dagegen zu setzen, wenn es dir nicht richtig erscheint?
    Erklär mir, was gerecht ist, nach welchen Maßstäben Recht funktionieren sollte und wie eine Durchführung sich gestalten müsste - Dann können wir gerne weiter reden.


    Ansonsten kann ich dich nicht ernstnehmen.
    Hart gesagt, aber nett gemeint, denn noch ignoriere ich deine Beiträge nicht. Wenn ich mich irgendwann zu dir ausschweige, ist es zu spät.
    So viel zur zwischenmenschlichen Kommunikation.