Das Zeichen der Venus - Sarah Dunant

  • Originaltitel: The birth of venus
    2004 in deutsch erschienen.


    Backcover:
    Florenz 1582. Als die Nonnen von Santa Vitella Schwester Lukrezia für ihre Beerdigung herrichten, machen sie eine verstörende Entdeckung: Eine tätowierte Schlange ringelt sich über den Leib der Toten - der Kopf des Reptils zeigt das Gesicht eines jungen Mannes ...


    Ergänzung zur Handlung:
    Alessandra ist noch keine fünfzehn, als ihr Vater, ein reicher Tuchhändler, einen jungen Maler aus dem Norden mitbringt, der die Hauskapelle ihres florentinischen Palazzo ausmalen soll. Vom ersten Augenblick an ist Alessandra im Bann dieses verschlossenen Mannes, von dem sie das Malen lernen will. Doch im Florenz des ausgehenden 15. Jahrhunderts, der Blütezeit der Kunst, ist es für ein Mädchen strengstens verboten, auch nur mit einem Maler zu sprechen. Und dieser hier scheint zudem ein mysteriöses Nachtleben zu führen. So beschließt Alessandra heimlich ihrem Talent nachzugehen – bis Lorenzo de Medici stirbt und Florenz einem Hexenkessel gleicht, in dem die Stimme Savonarolas all jenen ewiges Höllenfeuer androht, die der Kunst, der Lust und dem Luxus frönen. Eine Serie von grausamen Morden sorgt für zusätzlichen Aufruhr in der Stadt. Alessandra heiratet, um dem Kloster zu entgehen, nicht ahnend, dass ihr Ehemann ein wohl gehütetes Geheimnis hat, ein Geheimnis, das sie alle das Leben kosten kann. Als der mysteriöse Maler wieder ihren Weg kreuzt, trifft Alessandra eine schicksalhafte Entscheidung.


    Zur Autorin:
    Auf der Histocouch gibt es ein Portrait der Autorin: http://www.histo-couch.de/sarah-dunant.html


    Meine Meinung:
    Nach einem ungewöhnlichen, stilistisch aufregenden Prolog wandelt sich das Buch zu einem historischen Entwicklungsroman einer neugierigen, begabten jungen Frau, die sich für Malerei interessiert, frei ihre Meinung äußert und sich zu Behaupten weiß.
    Der Roman ist ab jetzt in einem intensiven Bericht gehalten, dem geheimnisvollen Vermächtnis Schwester Lukrezias.


    Die Ich-Erzählerin begegnet zwar Sandro Botticelli, aber sie ist die Identifikationsfigur. Botticelli bleibt ungewöhnlich blass in dem Buch. Sicherlich ist die Protagonistin selbst für einen historischen Roman nicht originell. Außergewöhnlich ist aber ihre lebhafte Darstellung, sie trägt den gesamten Roman.


    In der Mitte gibt es einige Längen, die mit der zeit jedoch wieder überwunden werden.


    Obwohl kein Krimi, gibt es spannungsgeladene Romanstrukturen.
    Ich bewundere die starke Sprache und die atmosphärischen Bilder, die Sarah Dunant erzeugt.
    Das historische, prächtig gezeigte Florenz trägt eine wichtige Rolle in diesem Buch.
    Die Autorin malt mit Worten wie ihre Romanfiguren mit dem Pinsel


    Der Roman hat ein gelungenes Ende, das den Kreis der Handlung schließt.


    Wäre der lang gezogene Mittelteil nicht, würde ich die Höchstnote vergeben. So sind es immerhin noch 8 von 10.

  • Herr Palomar
    danke für die Rezi. Ich sehe das ähnlich. Dieses wunderbare Buch hat mich von der ersten Seite an begeistert und gefangen genommen. Eine intensive Schilderung des Lebens und der Stimmung der Zeit um 1500 in Florenz. Die gelegentlichen leichten Längen nehme ich hier gerne in Kauf.
    Ein echtes Leseerlebnis und sehr empfehlenswert.


    PS: Geärgert habe ich mich nur mal wieder über den deutschen Titel. Im Original heißt es "The birth of Venus" und ist der Titel eines Botticelli- Gemäldes. Im Deutschen müßte es also "Die Geburt der Venus" heißen. Das würde auch Sinn machen.

  • auch mir fielen die längen auf, aber ich stimme meinen vorrednern zu: durch das gute gesamtleseerlebnis werden sie aufgewogen.

    "Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Leute ohne Laster auch sehr wenige Tugenden haben." (A. Lincoln)

  • Zitat

    Original von JaneDoe
    Dieses wunderbare Buch hat mich von der ersten Seite an begeistert und gefangen genommen. Eine intensive Schilderung des Lebens und der Stimmung der Zeit um 1500 in Florenz. Die gelegentlichen leichten Längen nehme ich hier gerne in Kauf.
    PS: Geärgert habe ich mich nur mal wieder über den deutschen Titel. Im Original heißt es "The birth of Venus" und ist der Titel eines Botticelli- Gemäldes. Im Deutschen müßte es also "Die Geburt der Venus" heißen. Das würde auch Sinn machen.


    mir fielen die von euch zitierten Längen überhaupt nicht auf! Aber ansonsten muss ich JaneDoe vollkommen Recht geben!


    Einmal angefangen konnte ich es nicht mehr aus der Hand legen.
    Das ist mir auch schon lange nicht mehr passiert, dass ich bis 3:30 Uhr :yikesmorgens durchlesen mußte (360 Seiten in einem Rutsch)


    Tolles Sittengemälde im Florenz des ausgehenden 15. Jahrhunderts, jedoch kein Krimi oder Thriller.
    Wer sich für Kunst oder italienische Malerei interessiert wird hier bestens unterhalten.
    ich vergebe 10 von 10 möglichen Punkten :grin

    to handle yourself, use your head, to handle others, use your heart
    SUB 15
    _______________________________________________________
    :kuh:lesend

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  • Habe heute das Buch beendet.
    Eine wunderschöne, ausgefeilte Sprache und eine sehr symphatische junge Hauptdarstellerin. Dazu spannendes um Florenz zu Savaronas Zeiten - nachdem ich erst dieses Jahr die Puppenspieler gelesen habe passte das Ambiente.
    Aber auch ich fand, dass es Längen hatte, ein paar Mal wünschte ich mir ein zügigeres Fortschreiten der Handlung. Nichts für schnell zwischendurch; man muss sich darauf einlassen.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Heumahd - Susanne Betz


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Ich habe lange nicht ein so wundervolles Buch gelesen! Einmal in der Hand, bleibt es da auch kleben!
    Herrn Polmars Beschreibung: So wie die Protagonistin malt, so malt die Autorin mit Worten...bringt die Sache auf den Punkt.
    Wir dürfen miterleben, wie aus einem 16jährigen Mädchen eine Frau wird, Machtkämpfe in Florenz und der Niedergang einer strahlenden Stadt...auch wenn sie an Bedeutung nie wirklich verloren hat.
    Das Buch hat viele Seiten: Rebellion eines Kindes, Glanz der Reichen, Macht der Kirche, Momosexualität ( ja gibt es nicht erst im 20. Jh:-)) und natürlich die große Liebe. Den dramatischen Schluß fand ich gelungen, obwohl er viele Fragen aufwirft...und ich konnte natürlich wieder mal nicht schlafen.
    Der Grund dieses dramatischen Endes ist mir nicht ganz klar geworden...warum endet die Protagonistin so?


    Die langen Stellen in der Mitte sind mir übrigens auch nicht aufgefallen.


    So, nun ab auf Eure Wunschliste.


    LG Spreequell70

  • Ich habe dieses Buch damals kurz vor Erscheinen gelesen, ist also schon ein Weilchen her ...
    Ich habe es als ziemlich zäh in Erinnerung, weil über weite Strecken relativ viel beschrieben wird, aber recht wenig passiert.
    Wie es scheint, stehe ich mit dieser Einschätzung alleine da, mag vielleicht auch daran liegen, dass ich nicht unbedingt ein Freund historischer Romane bin :gruebel

  • Ich schließe mich meinen Vorpostern an - es gab tatsächlich einige Längen im Mittelteil und das, obwohl durchaus einiges passiert ist...


    Meine Rezension:
    Sarah Dunant ist eine Erzählerin der leisen Töne; selbst bei der Schilderung tragischer Ereignisse, politischer Umwälzungen oder der unmittelbaren Bedrohung des Lebens bleibt ihr Erzählstil ruhig und besonnen. Dunant vermeidet auch bei den schlimmsten Schicksalsschlägen das Tempo anzuziehen und verfolgt konsequent die Geschichte, die sie erzählen will. Im Fall von "Das Zeichen der Venus" gelingt es ihr sehr bildhaft das Leben einer jungen Frau im 16. Jahrhundert in Florenz zu zeichnen, die sich mit dem damaligen Verständnis der Aufgaben einer Frau überhaupt nicht identifizieren kann, sondern davon beseelt ist, malen zu können und zu dürfen. Ihr eigenes Schicksal gewinnt vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen und politischen Situation immer wieder an Dramatik und ihre Entwicklung von dem vorlauten Mädchen zu der Ehefrau eines angesehenen Bürgers wird sehr anschaulich beschrieben. Ihre Lebensgeschichte, von ihr selbst erzählt, wird eingeleitet von den merkwürdigen Umständen ihres Todes, mit denen eine sinnliche und spannende Geschichte beginnt, die einen lebendigen Einblick in eine faszinierende Zeit erlaubt. Abgesehen von dem unglücklich gewählten Klappentext, der falsche Erwartungen weckt, wird das Lesevergnügen durch einige Längen im Mittelteil etwas getrübt und manche spannende Nebenhandlungen werden leider nur am Rande aufgelöst. Wer sich für das Florenz des 16. Jahrhunderts und seine schillernden Persönlichkeiten, allen voran natürlich der Dominikanermönch Girolamo Savonarola interessiert, wird trotzdem voll auf seine Kosten kommen.


    Gute 7 Punkte von mir.