Titel: Minus
Originaltitel: Minus
Autorin: Roman Sencin
Seitenzahl: 318
Verlag: DuMont Literatur und Kunst Verlag
Erschienen: 2003
ISBN: 383217849X
Preis: 2,95 EUR [Restexemplar]
Kurzbeschreibung:
Was tun, wenn man fünfundzwanzig wird und dort lebt, wo Russland und Asien ineinander übergehen, im sibirischen Minusinsk. Roman arbeitet nach dem Militärdienst als Kulissenschieber im Stadttheater, fühlt sich als Künstler, träumt von der idyllischen Kindheit oder von der Liebe – und schlägt doch nur die eintönige Zeit tot, mit den Kumpanen des Wohnheims, den Kollegen und seinen Maler- und Musikerfreunden beim Saufen. Romans Eltern, ehemals Idealisten, die die Kultur in die sowjetischen Republiken tragen wollten, leben vom Gemüseanbau in einem benachbarten Dorf. Die Seelen trösten oder vergiften sich diese Existenzen, Maulhelden, dealende Kleinkriminelle oder einfach nur Ratlose wie Roman, mit billigem Wodka – und der heißt in Minusinsk, mit sprechendem Namen, Minus.
Über den Autor:
Roman Sencin wurde 1971 in Kyzyl geboren, in der Hauptstadt der heutigen Autonomen Republik Tuva. Er studierte am renommierten Literaturinstitut in Moskau und veröffentlicht seit 1997 in allen wichtigen russischen Literaturzeitschriften. 2003 erhielt er den Evrika-Literaturpreis, der für außergewöhnliche Prosa-Debüts junger Autoren verliehen wird. Roman Sencin lebt in Moskau.
Meine Meinung:
Das Leben von Roman wird bestimmt von Saufgelagen (hauptsächlich mit billigem Wodka) und Hanf (selbstgepflückt oder geschnorrt), weitere Hobbys hat der 25jährige Bühnenarbeiter nicht. Auf engstem Raum wohnt er in einem Zimmer in einem vom Theater angemieteten Wohnheim mit einem Kollegen zusammen, der ihm zusehends auf die Nerven fällt. Trist ist das Leben von Roman in Minusinsk, dabei lockte es einst so schillernd im Vergleich zu dem Landleben, das seine Eltern führen.
Diese Tristesse bringt der Autor auf beeindruckende Art und Weise dem Leser nahe, wenn er einige Wochen im Leben seines Protagonisten erzählt. Mit einfacher, verständlicher Sprache erlebt der Leser die immer wiederkehrende Monotonie des Alltags, dessen Gelingen von genügend Alkohol abhängt. Zwischendurch blitzen poetische Momente auf, wenn Roman über sein Leben, seine Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft nachdenkt, doch die sind so schnell verflogen wie Gedanken nun mal sind. Dennoch hat mir das gewisse Etwas bei diesem Roman gefehlt, die Hauptfigur Roman schafft es nicht, mich zu überzeugen, zu viel Distanz bleibt zwischen ihm, seiner Geschichte und dem Leser. Viele Schicksale und Begegnungen werden nur angerissen, hier hätte ich mir einfach (nur etwas!) mehr Tiefe gewünscht, denn so bleibt der Eindruck des Fremden haften, zu selten ist der Leser nur außenstehender Beobachter und darf nicht in das Innere der Figuren sehen.
Dennoch, ein authentischer, interessanter Roman über Menschen an einem Ort, der für uns "am Ende der Welt" liegt und die trotz ihrer scheinbaren Hoffnungslosigkeit und mangelnden Zukunftsperspektive unseren Horizont erweitern können.