Ist Grammatik nicht mehr in?

  • Gerade bin ich in einem anderen thread wieder über so einen Dativ nach dem Wort 'wegen' gestolpert. Und nicht nur dort. Mittlerweile schrecken auch Radiomoderatoren nicht mehr vor dieser Kombination zurück. Auch in der Zeitung habe ich das schon gefunden. Dabei halte ich sowas morgens um 7 eigentlich noch gar nicht aus. :-( Ich fürchte inzwischen ernsthaft um das Überleben des Genitivs. Kann es sein, dass sich der falsche Gebrauch der Kasus klammheimlich in der deutschen Sprache etabliert und so schleichend gesellschaftsfähig wird? Bin ich altmodisch, wenn mir der falsche Gebrauch fast physische Schmerzen bereitet und ich meine Kinder bei jedem Fehlversuch berichtige?


    Ähnlich ist das mit der Satzstellung nach 'weil' Gibt es da einen Unterschied zwischen Schriftdeutsch und Sprachdeutsch? Statt 'weil das so besser aussieht' kommt da meist 'weil das sieht so besser aus'
    Auf unvollständige Sätze wie 'Kann ich mal die Butter?' reagieren wir beim Essen gar nicht mehr und das zeigt inzwischen sogar Erfolg. Ich leide scheinbar an der Wahnvorstellung zu denken, dass es wichtig ist, Kindern wenigstens die Grundregeln der Grammatik beizubringen. Ich bilde mir einfach ein, dass so eine Mindeststandardausstattung an Ausdrucksvermögen genauso dazugehört, wie der richtige Gebrauch von Messer und Gabel. Gehöre ich damit wirklich zu einer Minderheit? :cry

  • Bei mangelnden Grammatikkenntnissen oder zumindest fehlendem Sprachgefühl wollen sich auch bei mir stets die Haare zu Berge stellen. Ändert trotzdem kein Stück an der Tatsache, dass darauf kaum noch geachtet wird.
    Als Wundermittel empfehle ich ja immer noch Latein. Aber leider sieht dies das deutsche Bildungssystem als nicht so dringend an.
    Ansonsten kann ich dich beruhigen (oder auch nicht?), wenn ich dir versichere, dass es meiner Erfahrung nach öfters auch unabhängig von Alter oder Jugend ist - sowohl das Können als auch das Nichtkönnen.
    Meist ist es so, dass wenn man mit Menschen zusammentrifft, die sehr auf ihre Aussprache achten, man dies mit der Zeit übernimmt. Insofern - einfach mit gutem Beispiel vorangehen.


    Wobei ich im Alltag gerne auch mal Fehlkonstruktionen verwende. Das gönn´ ich mir dann schon. Gerade, wenn´s wieder zurück ins dialektische, äh volktümliche Heimatkaff geht, ne woar.

  • Zitat

    Original von Waldlaeufer
    Wobei ich im Alltag gerne auch mal Fehlkonstruktionen verwende.


    Das geht mir ja auch nicht anders. :lache Es hat allerdings schon etwas Charme, wenn man weiß, wie es richtig geht. Das mit dem Abfärben stimmt schon. Inzwischen merken sie es nicht nur ab und zu bei sich selbst, sondern auch gelegentlich bei anderen. Das lässt mich hoffen. :-]

  • Ich unterscheide da zwischen Schreiben und Sprechen.


    Beim Schreiben verwende ich den Genetiv. Beim Sprechen eigentlich so gut wie nie. Ist hier einfach nicht üblich und hört sich für uns höchst gestelzt an.


    Aber man sollte natürlich wissen, wie man die Grammatik richtig gebraucht und nicht auch noch schreiben, wie man spricht.

  • Ich bestehe bei meinen Söhnen auch immer auf richtige Sätze und reagiere ebenfalls nicht auf "Kann ich mal die Butter". :wave @ Idgie


    Und als mein Sohn (5. Klasse Realschule) jetzt die Fälle durchgenommen hat, habe ich ihn schon zum Frühstück mit Sätzen wie: "Mama gibt Oma Papas Rasierapparat" oder "Susi leiht ihrer Freundin Mamas Gummistiefel". Und da durfte er dann die richtigen Fragen stellen und die Fälle benennen.
    Und es hat geholfen: Er kam mit seiner ersten 1 in einer Deutscharbeit nach Hause (sonst ist er eher ein Dreier- Viererkanidat, weil er Aufsätze o.ä. hasst) Aber Grammatik kann man halt wirklich lernen und er war auch stolz wie Oscar.


    Mein anderer Sohn (6. Klasse) hat jetzt auch mit Latein angefangen. Es macht ihm Spaß und er lernt dabei auch wirklich noch die deutsche Grammatik gleich mit.


    Kleine Frage: Ist es jetzt eigentlich richtig "wie" und "als" gleichwertig zu benutzen? Irgendwo habe ich das mal gehört.


    grüße von missmarple

    "Ein Archäologe ist der beste Ehemann, je älter eine Frau wird, um so mehr interessiert er sich für sie."
    Agatha Christie

  • Zitat

    Original von missmarple


    Kleine Frage: Ist es jetzt eigentlich richtig "wie" und "als" gleichwertig zu benutzen? Irgendwo habe ich das mal gehört.


    grüße von missmarple


    Gehörte diese Regel auch zur neuen Rechtschreibreform? :grin

    Du mögest arm sein an Unglück und reich sein an Segen, langsam im Zorn, schnell in der Freundschaft. Doch ob arm oder reich, langsam oder schnell, nur das Glück sei dein Begleiter von heute an
    Irisch

  • Zitat

    Original von missmarple
    Kleine Frage: Ist es jetzt eigentlich richtig "wie" und "als" gleichwertig zu benutzen?


    Kleine Frage, noch kleinere Antwort: :bruell Nein!

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)

  • Zitat

    Original von missmarple


    Kleine Frage: Ist es jetzt eigentlich richtig "wie" und "als" gleichwertig zu benutzen? Irgendwo habe ich das mal gehört.


    grüße von missmarple


    Gehörte diese Regel auch zur neuen Rechtschreibreform? :grin


    Ich mag es auch nicht, wenn die Kinder und Jugendlichen diese Proletensprache von diesen Erkan & Stefan sprechen. Es soll sogar Schüler geben, die dann genauso schreiben.

    Du mögest arm sein an Unglück und reich sein an Segen, langsam im Zorn, schnell in der Freundschaft. Doch ob arm oder reich, langsam oder schnell, nur das Glück sei dein Begleiter von heute an
    Irisch

  • Zitat


    Es soll sogar Schüler geben, die dann genauso schreiben.


    Es soll sie nicht nur geben, es gibt sie tatsächlich. Ich habe diese Gattung schonmal bei Nachhilfestunden getroffen. Nachdem die Hausaufgaben kontrolliert waren, hatte ich körperliche Schmerzen. :lache

  • Zitat

    Original von Ronja
    Beim Schreiben verwende ich den Genetiv. Beim Sprechen eigentlich so gut wie nie. Ist hier einfach nicht üblich und hört sich für uns höchst gestelzt an.


    Bei unserer fränkischen Herkunft kann ich Dir da nur zustimmen. Klänge blöd...


    Was mich aber erschreckt ist, dass mich manchmal Menschen blöd anschauen, wenn ich hinter »wegen« den Genitiv einfordere. »Wie??? Heißt das nicht wegen dem ...« *schauder*

  • Da steh ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor.


    Das hat der Goethe den Faust sagen lassen. Nur, wer heut den Unterschied nicht so genau kennt, entscheidet sich im Zweifel für beide Formen. Man landet damit auf jeden Fall einen Treffer. :lache


    Ist aber ganz einfach: Wie nimmt man bei Vergleichen, bei denen kein Unterschied besteht, also z. B. "Ich bin so alt wie du." Bei Vergleichen, die einen Unterschied verdeutlichen sollen, verwendet man als, also: Ich bin älter, als du.
    Man kann sich das auch so merken: Bei der Grundform der Adjektive heißt es wie, bei der ersten Steigerungsform, dem Komparativ heißt es als.


    :wave Miss Marple
    Mit meinem Sohn lerne ich auch öfter für den Deutschunterricht Grammatik. Das macht ihm richtig Spaß, weil wir dabei richtig rumalbern können. Als er die Steigerungsformen der Adjektive lernen musste, haben wir sehr amüsante Wortschöpfungen für zusammengesetzte Adjektive gefunden. Auch nicht steigerungsfähige kann er nun auf Anhieb als Beispiel benennen. Am meisten Spaß hatte er, als ich ihn nach der höchsten Steigerunsform fragte. Seine Antwort kam prompt: Superlativ. Ich gucke ihn an und schüttele grinsend den Kopf. Er rätselt und bleibt erst mal bei seiner Antwort, wird aber neugierig. Ich lache und sage: "Hyperlativ!" Antwort meines Sohnes: "Beispiel?" Ich grinse noch breiter: "voll fett krass" Wir haben dann beschlossen, diese Spaßveranstaltung zu beenden und seinen Lehrer besser nicht einzuweihen. :lache

  • Was mich letzte Woche wirklich vom Hocker gehauen hat, war eine sogenannte "Bäckereifachverkäuferin", die mich fragte: "Möchten Sie das Brot geschneidet?"
    Ich war so perplex, dass ich nur dämlich nicken konnte. Ich war einfach nur geschockt. Dann lieber einen unangebrachten Dativ (oder Genitiv - je nachdem), anstatt dieses Wortes! ;-)


    Momo

    Momo


    Alles Wissen und alle Vermehrung unseres Wissens endet nicht mit einem Schlusspunkt, sondern mit einem Fragezeichen.
    -Hermann Hesse-

  • Zitat

    Original von Idgie
    Da steh ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor.


    Das hat der Goethe den Faust sagen lassen. Nur, wer heut den Unterschied nicht so genau kennt, entscheidet sich im Zweifel für beide Formen. Man landet damit auf jeden Fall einen Treffer. :lache


    :lache


    Da habe ich schon besseres gehört: "Als ob wie..."

    Du mögest arm sein an Unglück und reich sein an Segen, langsam im Zorn, schnell in der Freundschaft. Doch ob arm oder reich, langsam oder schnell, nur das Glück sei dein Begleiter von heute an
    Irisch

  • :wave Hallo Idgie!
    Ich bin genau deiner Meinung. Meine probleme in der deutschen Sprache sind eigentlich nur die Groß und Klein Schreibung und Tippfehler...


    Für mich ist der Sommer immer die härteste Zeit. Meine Schwester hat einen großen Swimming-Pool zu Hause. Jeden Sommer höre ich sie oder ihre Kinder sagen "Darf ich ins Pool gehen" oder "geh doch ins Pool". Jeden Sommer versuche ich Ihr (Im übrigen, sie ist 36 Jahre alt) bei zu bringen das es entweder heist. In DEN Pool oder in DAS schwimmbecken. Ich kriege jetzt schon wieder einen Anfall..... :cry :fetch


    Gruß bonnie01

  • Hübsch finde ich auch das immer wieder beliebte "Die Sonne scheinte" und "Die Katze, die wo auf dem Baum sitzt", oder, neulich erst von einem Schüler der achten Klasse (!) gehört: "Ich habe ihm das Heft gegebt" :wow


    Und wenn ich mir das so durchlese, da kommen schon gruselige Sachen zustande - andrerseits kann es auch nervtötend sein, wenn jemand an jeder Kleinigkeit herummäkelt ;-)

  • Also Tippfehler mach ich auch und mit Kommata steh ich auf dem Kriegsfuß, da hab ich immer zu viele oder zu wenige von, auch das und dass mag ich nicht so gerne, aber das sind dann beim Schreiben Flüchtigkeitsfehler, ich weiß also schon, wie es richtig geht, wenn ich was wirklich Wichtiges zu schreiben habe, dann stimmt das also meist schon alles.


    Beim Reden verhaspel ich mich auch schon mal und da paßt dann das Verb nicht so ganz zum Subjekt oder umgekehrt, weil ich eigentlich was anderes sagen wollte, aber mitten im Satz dann doch noch irgendwie was dran hänge oder weglasse.


    Schlimm finde ich das, was ihr aufführt, dann wenn man eben merkt, daß der Verhaspler eben kein Verhaspler ist, sondern, daß der Mensch da tatsächlich denkt, das ist richtig so.


    Mundartfehler entschuldige ich da natürlich auch direkt mal.
    Ich werde auch weiterhin sagen: "Ich hab kalt." So heißt das halt in Aachen und wenn mich die Kölner da zehnmal doof angucken, das hört sich für mich einfach richtiger an, als wenn ich sag "Mir ist es kalt!"


    Wirklich schlimm finde ich, wenn Menschen MIR und MICH verwechseln.
    "Gib mich mal das Telefon!"
    oder "Kannst du mir abholen?"
    Da bekomm ich einen zu viel... :fetch

  • Man muß schon unterscheiden, ob es regionale Skurrilitäten gibt ("Ich hätte gerne ein Cola", sagen zum Beispiel die Österreicher.) oder ob Sprache mißbraucht wird, weil sich die Nutzer keine Gedanken (mehr) machen. Naturgemäß nervt mich das bei Schriftsprache am meisten, und ich bin ein glühender Currywurstbudenapostrophhasser (CD's usw.).


    bonnie : Ausgerechnet zu diesem Thema einen so fehlerverseuchten Beitrag zu schreiben, das ist echt mutig. ;-)