Sternenkadett Nick Seafort - David Feintuch

  • Band 1 der „Seafort-Saga“


    Inhalt:
    Der junge Nick Seafort ist Erster Fähnrich auf dem Raumschiff „Hibernia“, das sich auf dem Weg zur Kolonie Hope Nation befindet. Nick ist ein netter, durchschnittlicher Junge, der ein kleines Problem mit dem Selbstbewußtsein hat. Da beraubt eine schreckliche Unglücksserie das Schiff innerhalb kürzester Zeit all seiner Senioroffiziere und Nick ist zu seinem Entsetzen, dem der Mannschaft und der Kolonisten plötzlich Kommandant.


    Autor:
    David Feintuch war Anwalt, Fotograf und Antiquitätenhändler, bis es ihm endlich gelungen ist, sich seinen Traum von einem Leben als Romanautor zu erfüllen. Neben der SF-Serie „Seafort-Saga“ hat er auch eine zweibändige Fantasyreihe über „Rodrigo von Caledon“ geschrieben.
    Betrauert von Familie, Freunden und Fans ist Feintuch in diesem Jahr überraschend verstorben.


    Meinung:
    Ich habe dieses Buch geöffnet, es hat „ZOOM“ gemacht und ca. 1,5 Wochen später habe ich das damals letzte verfügbare Buch dieser Serie geschlossen, ohne dazwischen bewußt irgend etwas anderes getan zu haben, als diese Bücher zu verschlingen. Sowas ist mir in der Form weder davor noch danach je wieder passiert, und obwohl er zu meinen anderen Lieblingen Berling und Dunnett paßt, wie die Faust aufs Auge, wußte ich danach, ich habe eine würdige Nr. 3 gefunden.


    Die Welt, in der diese Geschichte spielt, ist keine schöne. Man nehme die unerfreulichen Zukunftsvisionen eines R. A. Heinlein (speziell „Starship Troopers“) und verpflanze eine UN-Marine dorthin, die sehr ähnlich der British Royal Navy aus den Romanen à la C. S. Forester („Hornblower“) klingt, womit man auch schon die beiden großen Vorbilder Feintuchs vereint hat. Man spürt zwar die Vorbilder hinter der Geschichte, doch ist es etwas ganz eigenes, was Feintuch hier erschaffen hat.


    Die Geschichte hier im ersten Buch ist noch sehr geradlinig, aber nichtsdestotrotz interessant und spannend. Es gibt Szenen, da verschlägt es einem gemeinsam mit Nick den Atem. In erster Linie ist es aber eher eine "coming of age"-Story, das Hineinwachsen des jungen Fähnrichs in die Rolle des Kommandanten, wobei hier bereits die Grundzüge für seinen weiteren Charakter und vor allem seinen exzentrischen Kommandostil gelegt werden. Unübersehbar ist dies eine sehr militärorientierte Reihe, wobei aber stets der menschliche Faktor eine wichtige Rolle spielt.


    Was ich an dieser Serie auch sehr schätze, ist der Zusammenhang der Einzelbände. Man hat zwar immer ein schönes, rundes Ende, aber in jedem Buch werden Samenkörner gelegt für Ereignisse, die in späteren Bänden wichtig sein werden.


    Nick Seafort ist einer der schwierigsten, aber gleichzeitig auch menschlichsten Helden, die ich kenne. Das Buch wird in der Ich-Form aus seiner Sicht erzählt, so daß man die ganze Zeit über in seinem Kopf ist. Man lernt ihn auf diese Weise sehr schnell sehr gut kennen, besser, als er sich selbst, da man erkennt, wo er sich selbst Unrecht tut. Er ist im Prinzip ein Komplexhaufen, schon im zarten Alter von 17 Jahren, aber er hat auch Gründe dafür.
    Es mag Ausnahmen geben, aber ich denke, grundsätzlich teilen sich die Leser auf in solche, die ihn lieben und solche, die ihn und seine ganze Serie zum Schmeißen finden. Man darf raten, wo ich mich einordne. Nick zu mögen wird aber nicht einfacher gemacht durch manche seiner ausgesprochen schockierenden Taten und Entscheidungen.


    Das außergewöhnliche an Nick ist der „Seafort-Touch“, eine Eigenschaft an ihm, die er hier an sich entdecken, aber klarerweise nie wirklich zu schätzen lernen wird, ganz im Gegensatz zu den anderen. Diese anderen sind hauptsächlich seine ihm untergebenen (und schon bald er-gebenen) anderen Fähnriche und teilweise Freunde, die ihn weit besser einschätzen können, als er sich selbst. Auch diese, allen voran Derek, Alexi und Vax, sind ebenfalls ausgesprochen lebendig - und eigensinnig. Das schöne an diesen Büchern ist, daß im Prinzip jede der wichtigsten Personen das Zeug zu einer Lieblingsfigur hätte.


    Feintuch hat Mängel, zB hat er ein Problem mit Frauenfiguren. So lebendig und vielschichtig seine männlichen Figuren sind, so eindimensional wirken seine weiblichen. Immerhin scheint ihm dieses Problem selbst bewußt geworden zu sein, denn in den späteren Büchern hat er daran gearbeitet. Faszinierenderweise habe ich dies zwar stets zur Kenntnis genommen, doch gestört hat es mich nie, weil ich den Rest einfach so wunderbar finde und es liebe, liebe, liebe.


    Notiz zum deutschen Titel: Nick ist Midshipman, Fähnrich, und fände es ausgesprochen beleidigend, würde ihn hier jemand als Kadetten bezeichnen.
    Außerdem ist es schade, daß bei den Übersetzungen die Systematik der Originaltitel verlorenging, da die immer das Wort „hope“ beinhalten und anzeigen, welche Bücher aus Nicks Sicht geschrieben sind („X’s hope“, wobei er stets das X verkörpert) und welche aus der anderer („X of hope“).


    Die deutschen Ausgaben und leider auch manche der englischen sind out of print. Außerdem sind die deutschen teilweise gekürzt, wobei mir beim ersten Band bewußt keine Fehlstellen aufgefallen sind.

  • Deine Rezension ist wirklich klasse, Grisel und ich habe nichts hinzuzufügenl!
    Ich habe vor ca. einem Jahr ebenfalls den ersten Teil dieser Serie gelesen und werde mal Ausschau auf die anderen Teile halten.


    EDIT: Hab Grise anstatt Grisel geschreiben...Wie peinlich... :wow Entschuldigung Grisel!!!

  • SueTown :
    Vielen Dank, das freut mich sehr! Dann wünsche ich viel Glück beim Finden der Bücher und viel Spaß. Über Feintuch plaudere ich auch stets und überall gern. :-]


    edit: kein Problem, aus meinem Namen machen andere und ich noch ganz andere Sachen.


    Gezeichnet, in jeder Hinsicht, Griseö :lache

  • Hallo Grisel,


    danke für die Rezi, bei mir steht es auch auf der Wunschliste. :-)


    Feintuch kenne ich bisher nicht persönlich, er ist mir an vielen Stellen aber schon als positive Erwähnung aufgefallen, so dass ich ihn demnächst in Angriff nehmen werde.


    Meine Erfahrung mit "Seefahrerliteratur" beschränkt sich bisher auf "Die Meuterei auf der Bounty", die ich psychologisch sehr beachtlich fand.


    Viele Grüße,


    die Fride. :wave

  • Zitat

    Original von Pelican
    Meinst Du sowas wäre ein Sci-Fi-Einstieg? Ich habe tatsächlich noch nie Sci-Fi gelesen...


    Als Einstieg, warum nicht? Feintuch baut die Gesellschaft und den Charakter Nicks schön auf, nach und nach, auch wenn wir erst mal gemeinsam mit Nick mitten reinstürzen.
    Feintuch ist halt klassische Military SF, falls Dich das nicht schreckt.