Tool in München

  • Gibt es Fans von gepflegtesten Progressive Rock unseres Jahrtausends?


    Fans gestochen scharfer livesounds, komplexester Arragments und schwer nachvollziehbarer, aber passgenauer, mitreißender Rhytmen?


    Unkonventioneller, radiountauglicher Melodien, die dafür dann aber eine ganz besondere Brillianz und Anmut entwickeln?


    Direkter und steriler Dröhnung, die in Mark und Bein geht, in die Glieder fährt und das Auditorium zum willenlosen, ungläubigen Werkstück macht für ein unerbittlich unaufhaltsames und im warsten Sine des Wortes perfekten Arbeit von


    T O O L



    ?



    Der darf diese tour nicht verpassen! Dem gebannten Zuhörer wird
    die Mittelmäßigkeit der allermeisten bekannten härteren Rockacts sehr
    eindrucksvoll um die Ohren gehauen. Wer Tool live gesehen hat, schraubt
    seine Ansprüche bei Musik in bislang ungeahnte Höhen.


    Die vier Musiker Maynard James Keenan (Gesang), Adam Jones (Gitarre), Justin Chancellor (Bass) und Danny Carey (Schlagzeug) wirken eher distanziert und steril. Sie verzichten auf allürisches Gehampel, sondern konzentrieren sich lieber auf Perfektion, was auch die entsprechende Wirkung hat.
    Songs von Tool live zu spielen sieht nach harter Arbeit aus, die höchste Konzentration einfordert.
    Der Sänger spielt zwar dezent mit ein paar Gesten und Figuren, macht aber seinen Interviewworten alle Ehre und wirkt eher wie ein selbstständiges Instrument, denn ein Rockstar.


    Die Lautstärke ist sehr hoch (nichts für ungeübte Konzertgänger!!) aber es wird nie unangenehm, da die Mischer mit mehreren Pulten so groß wie Tischtennisplatten und einigen PCs ganze Arbeit geleistet haben und sich ein insich perfektes Klangbild ergibt, welches einfach der Soundsqualität eines Studioalbums nicht etwa gleichkommt, sondern es durch den gewissen Schuss zusätzlicher Livehärte sogar noch einmal topt!


    Die Atmosphäre wird von einer psychedelischen Light- und Leinwandshow unterstützt, die einen stellenweise doch wieder an die Präsenz von Ausserirdischen und ihren Raumschiffen glauben läßt und findet ihren Höhepunkt in einer gigantischen Lasershow, die durch die ganze Halle (Zenith, München Freimann) obskure Figuren strahlt, dabei aber nie überladen wirkt, nichts kaschieren, nur untermalen soll.


    nach 2 Stunden eine Reihe von Songs, die selten kürzer als 8 Minuten sind
    und da lauten


    Stinkfist
    46&2
    Jambi
    Lost Keys
    Rosetta stoned
    Schism
    wings for marie (part I)
    10000days (wings part II)
    Sober
    Lateralus
    Vicarious
    Aenima


    wirkt der letzte Snaredrumschlag wie das Fingerschnippen des Hypnotiseurs zum Ende einer Sitzung, die einen den Rest der Welt hat komplett vergessen lassen.


    Höhepunkte zu setzen ist nicht leicht, da es nie langatmig wurde, selbst nicht bei wings part I + II, die zusammengehören, sich seehr langsam auf bauen und erst nach gut 19 Minuten in einem fulminanten Finale enden!


    Die Halle tobt im grellen Bühnenbaulicht, ja, aber irgendwie ist man noch nicht ganz in der Welt zurück und starrt ungläubig auf die vier Herren, die ihrem Publikum applaudieren und winkend die Bühne verlassen, ohne große Worte, einfach nur einem freundlichen Lächeln, was in Erinnerung ruft, dass es sich bei diesen Ausnahmemusikern auch nur um Menschen handelt.


    Gerne würde ich auch kritische Worte finden , die fallen mir aber nur zur Vorgruppe ein, denn ich bin von dem, was ich da gestern abend erleben durfte, einfach uneingeschränkt überzeugt und rate jedem anspruchsvollen Rockfan, sich so einen abend einmal anzutun!


    Allgemein ist dieser Beitrag ein wenig...ja ich sag mal unpragmatisch geraten, wer Tool aber live gesehen hat, wird mich verstehen.