Jonathan Tropper - Der Stadtfeind Nr.1

  • Titel: Der Stadtfeind Nr.1
    Originaltitel: The Book Of Joe
    Autor: Jonathan Tropper
    Verlag: Bastei-Lübbe
    Seitenzahl: 428
    Erschienen: Februar 2004
    ISBN: 3404152670
    Preis: 7.90 EUR


    Inhalt:
    Von Kleinstadthelden, der Liebe und anderen Neurosen. Joe hat es geschafft. Nicht nur der spießigen Provinz den Rücken zu kehren, nein, er hat einen Bestseller geschrieben - ein bitterböses Buch über seine Vergangenheit. Mit sehr vielen beabsichtigten Ähnlichkeiten zu lebenden Personen. Als sein Vater schwer erkrankt, hat Joe ein Problem: Als Staatsfeind Nr. 1 kehrt er an den Ort seiner Kindheit zurück. Alle scheinen ihn zu hassen. Was Joe in den meisten Fällen herzlich erwidert. Vorzugsweise bei seinen Familienmitgliedern. Doch dann trifft er Carly, seine damalige große Liebe. Und Carly sorgt dafür, dass seinem zweiten Buch doch noch ein Happyend hinzugefügt werden kann.


    Autor:
    Jonathan Tropper lebt mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in New Rochelle im Bundesstaat New York.


    Meine Meinung:
    Jonathan Tropper hat ein wirklich sehr beeindruckendes Buch geschrieben. Ein Buch, dass man kaum aus der Hand legen kann und dann nach 428 Seiten möchte man nicht glauben, dass diese Seite 428 schon das Ende ist. Ganz schnell ist man in der Geschichte zuhause und die Protagonisten scheinen alles alte Bekannte zu sein. Tropper schreibt so, dass eigentlich niemand wirklich unbeteiligt bleiben kann. Es ist keine aufgesetzte Gefühlsduselei, ganz im Gegenteil – ich hatte vielmehr den Eindruck, dass der Autor auch etwas von seiner eigenen Gefühlswelt preisgegeben hat. Man kann sich wunderbar in den 17jährigen und später auch in den 34jährigen Joe Goffman hineinversetzen, zu ähnlich sind seine Handlungen und seine Gedanken mit den eigenen Gedanken die man mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls in diesen beiden Altersspannen hatte. Ein sehr empfehlenswertes Buch dass zudem unter Garantie ein besseres Mitbringsel ist, als irgendwelche Blumen, die eh nach einem Tag die Köpfe hängen lassen. Solche Bücher sind es, die Menschen zum Lesen verführen können.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Joe ist ein erfolgreicher Schriftsteller - er hat einen Bestseller über seine Jugend geschrieben, die in den Achtzigern in einem Provinznest mit dem wunderbaren Namen "Bush Falls" stattfand, das Buch gleichen Titels hat sich vieltausendfach verkauft und ist - natürlich mit Leonardo di Caprio in der Hauptrolle - verfilmt worden. Joe lebt als zynischer, promisker und irgendwie zielloser Autor in New York, hadert mit den faden Ideen für einen Folgeroman und weiß, wenn er ehrlich zu sich ist, eigentlich nicht so recht etwas mit seinem Leben anzufangen. Da erhält er die Nachricht, daß sein Vater im Sterben liegt. Joe kehrt nach Bush Falls zurück, in die Stadt, deren Einwohner er zu den fragwürdigen Helden seines Erfolgsromans gemacht hat. Er begegnet den Geistern aus seiner Jugend, der einzigen wahren Liebe, die er je erlebt hat, und einer Front aus Haß und Ablehnung - schließlich gab es kaum jemanden, an dem er ein gutes Haar gelassen hat.


    Das Buch beginnt zynisch und larmoyant, und dann ändert sich plötzlich alles. Während Tropper in einer Parallelhandlung die Erlebnisse seiner Jugend berichtet, also den Inhalt von "Bush Falls" wiedergibt, erzählt er davon, was aus dem schwulen Basketballstar, dem ruppigen, allmächtigen Trainer, den Orten seiner Kindheit und den ehemaligen Freunden geworden ist. Der Ton schlägt um, und dann liest man auf einmal ein überaus warmherziges, lebensbejahendes Buch. Natürlich wird am Ende fast alles gut, aber der Weg dahin ist beschwerlich und nur mit dem einen oder anderen Sprung über den eigenen Schatten zu bewältigen.


    Troppers zweiter Roman liest sich flüssig weg und macht einfach großen Spaß. Ein romantisches und humorvolles Buch über Liebe, Freundschaft, die Achtziger, die Qualen des Kleinstadtlebens und, tatsächlich, den Sinn des ganzen. Richtig gut!

  • Das ist ein wirklich wunderbares Buch, wie auch Voltaire schon geschrieben hatte. Ich könnte mich darüber ärgern, daß mich der blöde Titel (wegen der Anlehnung an den Action-Reißer "Der Staatsfeind Nr. 1") so lange vom Kauf abgehalten hat.

  • Ich habe mich riesig gefreut, daß ich das Buch irgendwann vor dem Urlaub für ganz wenig Geld aus einem Wühltisch adoptieren konnte und habe es als locker-leichte Urlaubslektüre mitgenommen. Doch ganz so leicht ist das Buch eigentlich gar nicht - es hat überraschend viele bitterernste und sehr traurige Untertöne. :cry


    Joes Abrechnung mit dem Kaff seiner Jugend und da hauptsächlich mit den Ereignissen während seines letzten Highschooljahres ist nicht ohne Spuren geblieben. Als er nach 17 Jahren überraschend heimkehren muß, weil sein Vater im Sterben liegt, wird er entsprechend "in allen Ehren" empfangen: Der örtliche Buchklub wirft ihm nachts Exemplare seines Buches in den Garten und er kriegt mehr als nur einmal Dresche.


    Der Roman selbst erzählt in Rückblenden, was "damals" passiert ist. Es entsteht ein buntes Kaleidoskop der 80er Jahre, angefangen von lockerem Highschool-Leben über das, was damals (und sicher auch heute noch) einem Schwulen in einer Kleinstadt passieren konnte.


    Dabei beherrscht der Autor sicher die Gratwanderung zwischen Schenkelklopfern und ernsten Untertönen. Die Protagonisten wirken in ihrer Sympathie oder Antipathie dabei immer überzeugend.


    Ein ganz wunderbares Buch mit ganz vielen lustigen Stellen und etlichen Momenten, die einen wirklich berühren. Großes Kino. Das Buch hat mich in gewisser Weise ein wenig an den Birbaek aus unserer Leserunde erinnert: Eine Mischung aus tragisch und komisch. Allerdings muß ich sagen, daß Jonathan Tropper bei mir dabei noch einen Tick besser abgeschnitten hat.


    Ein ganz wunderbares Buch und eines der wenigen, das sowohl Tom als auch mir gut gefallen hat, wie ich sehr überrascht feststellen mußte - normalerweise geht unser Lesegeschmack doch ziemlich auseinander.


    Klasse Buch - meine unbedingte Leseempfehlung. Und auf die Leserunde freue ich mich nach diesem Einstieg nur noch mehr. Irgendwo habe ich auch noch das andere Buch " Zeit für Plan B" hier herumsubben. Ich finde es nur gerade eben nicht. :cry

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Jonathan Tropper ist meine persönliche Entdeckung des Jahres 2014. Ich habe "Sieben verdammt lange Tage" und "Mein fast perfektes Leben" gelesen und liebgewonnen, aber mit "Der Stadtfeind Nr.1" hat sich der Autor in meinem Herz auf ewig festgeschrieben. Was für ein wunderbares Buch. Die Geschichte von Joe hat mich gefangen genommen und berührt. Sie ist glaubwürdig und niemals schmachtbehaftet. Tropper scheut sich nicht davor, mit den Emotionen des Lesers zu spielen und ihn mitunter derbe auf den Boden der Tatsachen aufprallen zu lassen. Der Autor schafft es innerhalb weniger Sätze, das Lachen auf meinem Gesicht mit Tränchen zu verwischen.


    Die Charaktere sind allesamt scharf beschrieben und so bildlich in meinem Kopf, als wären sie gut bekannte Nachbarn. Brad und Cindy mit Jared, Wayne, Lucy, Carly. Die Liebe und Hingabe zur Sprache merkt man Herrn Tropper ebenfalls an. Es gibt in diesem Buch Sätze, die mich einfach zerfließen lassen.


    Ich hätte am Liebsten niemals aufgehört, in diesem Buch zu lesen. Nicht zu fassen, dass es bereits vor zehn Jahren erschienen ist. Macht süchtig.

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von rienchen ()

  • Freut mich zu hören, rienchen. Und danke für die Rezi, so bin ich darauf wieder gestoßen und kann es auf die Wunschliste setzen, denn ich bin zwar nicht sicher, aber ich glaube, ich habe es noch nicht gelesen.


    Und das mit den Sätzen, die dich einfach zerfließen lassen, das kann ich von seinen anderen Büchern absolut unterschreiben.

    With love in your eyes and a flame in your heart you're gonna find yourself some resolution.


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  • Gern geschehen, Gummibärchen. :-)


    Das Buch ist es wirklich wert, öfters gelesen zu werden... von der Geschichte möchte ich einfach nicht zuviel verraten. Nur soviel- es wird nicht ganz profan "alles gut". Das wäre zu einfach. Genau das mag ich so an Troppers Erzählweise.

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)