ZitatOriginal von Tom
Klar, dachte ich mir, verarschen kann ich mich alleine. .
So ungefähr dachte ich damals auch.
Ich hatte die Kinder im Bett, der Mann war auch müde, ich räumte noch auf und nebenher lief irgendein Sender wo gerade der Schabowsky (war der das? ) irgendwas von Reisefreiheit und Grenzen faselte. Ich war auch müde und machte den Fernseher aus. Das politische Gelaber ging mir auf den Senkel. Sicher gings nur wieder darum, dass so viel "unvernünftige" gen Ungarn oder Prag abzischten, dass die Grenze unser "Schutzwall vor dem imperialistischen Feind" sei, Arbeitkräfte verloren gingen und die Betriebe langsam Probleme bekamen... Nee, das wollte ich mir als Gute-Nacht-Geschichte nicht antun und ging ins Bett.
Am nächsten Morgen, als ich die Kinder für die Kita und Krippe fertig machte, mich selbst auch, lief der TV um nach dem Wetterbericht zu gucken und da sah ich...... was ich nicht für möglich gehalten habe. Ich habs glatt verpennt!
Als ich zur Arbeit ging waren kaum Kinder da. Wir waren mit denen noch morgens im Garten und Eltern kamen mit ihren Kindern am Zaun vorbei und riefen uns in Volksfeststimmung zu: "Hee, morjen! Wir kommen heute nich, wir fahn inn Westen!"
Nach Feierabend guckte ich wieder auf die Bilder dieser Menschenmassen, die mit Apfelsinenbeuteln, Sekt, wedelnden Westgeldscheinen vor den Mc Doofs gefilmt wurden, die irritierten Grenzer, die Mauerspechte....
Mir war das echt zu stressig. Ich hatte ja nie wirklichen Mangel, auch immer mal ne Westmark in der Tasche und so nicht DIE große Eile wie manch anderer. Ausserdem traute ich dem ganzen nicht!
Am ersten WE wollten wir dann zur Familie in Westberlin. Wir standen mit Kinderwagen und Zwerg an der Hand stundenlang am Übergang. Ich traute dem immernochnicht! Selbst, als wir kurz vorm kontrollierenden Vopo am Tränenpalast stande, hatte ich ein mulmiges Gefühl und dachte: "Pass uff, kurz vor dir machen die det Ding wieder zu, weil kaum noch eener zum arbeiten da is und denen ihr Sozialismus jänzlich den Bach runter jeht!". Aber wir kamen durch. Und erst da begann ich vollends zu realisieren wat Phase war.
Und wir kauften natürlich ooch ein....... Apfelsinen.
Nicht weil wir nie welche hatten (wir hatten immer welche ) aber ich wusste gar nicht was ich kaufen soll, für uns war wenig fremd und für große Dinge war ja nicht genug Geld da.
Ja, ich bekomme noch heute glasige Augen und ne Gänsehaut wenn ich die Bilder von damals sehe und kanns kaum glauben das dies wirklich passiert ist.
Im Net gibts eine HP wo man gucken kann was manche mit ihren ersten 100 Westmark anstellten. Interessant.
Ich freue mich, dass es so gekommen ist wie es ist. So habe ich viele nette "Wessis" kennengelernt. Und gelegentlich feiere ich mit Mr. Heaven die Wiedervereinigung :grin, der ist gebürtiger Insulaner.
Was die Ostalgie betrifft. Klar gibts immer mal Leute die dann was bejammern wenns nicht so läuft wie sie es gern hätten. Kürzlich meinte ein "Insulaner", man solle doch ruhig die Mauer wieder hochziehen. Aber aus Glas, damit die Ossis gucken können wie gut es ihnen geht.
Aber ging es den "Wessis" wirklich nur gut? Haben die "Ossis" wirklich nur gelitten? Ich denke, beide Seiten haben Vor- und Nachteile einstecken müssen.
Die symbolische Ostalgie wird allerdings (nach meiner Beobachtung) eher gern von Leuten aus den "gebrauchten" Bundesländern betrieben. Die finden das witzig und die Neubürger sind da eher genervt.
Aber...jedem Tierchen sein Pläsierchen und ich finds gut, dass man heute über viele Dinge lachen kann, dass es nur noch "Geschichten" sind.