Sport - zum Ersten........

  • Sport - zum Ersten........


    Wenn ich etwas gehasst habe, als Schülerin, bis auf die ganze Schule natürlich, dann war es Sport. Ich träume heute noch davon, sitzen zu bleiben, weil ich mir in Sport den letzten und damit vernichtenden Fünfer geholt habe, der mir dann meinen sorgfältig ausgetüftelten Überlebens- und Versetzungsplan vernichtet hätte. (Es gab eine Zeit in meinem Schülerleben, da habe ich nur noch Notenschnitte ausgerechnet, das jedenfalls sagt mir meine Erinnerung).
    Das ist zwanzig Jahre her. Nein, noch länger, wir konnten Sport in zwölf/dreizehn abwählen und ich habe keine Sekunde gezögert. Weg damit, lieber zwei Stunden Physik.


    Schulsport: Medizinball-weit-werfen - wer hat diese Bälle aus welchem Grund erfunden und wieso stinken sie so? -Medizinball!-, alleine das Wort ist der blanke Hohn, darüber könnte ich mich heute noch aufregen. Zirkeltraining -warum, warum, warum nur?- lustige Ballspiele, Leichtathletik, Turnen, Schwimmen... ich konnte nichts davon. ah ja und tanzen.... Jazzdance - HOFFNUNGSLOS!


    Und später in meinem Leben: Sport! ungeliebt, verdrängt und gemieden ... man sollte es tun... man wurde gemahnt... die Gesundheit, die Figur.... das schlechte Gewissen nagte ständig. Aber wenn man doch nicht mag und Bewegung einem im Prinzip nicht gut tut? und wenn man viel lieber liest, auf dem Sofa oder Liegestuhl, was soll man machen?


    Die Inlinerwelle kam. Natürlich habe ich mir Skates gekauft -ich liebe Trends- und fahren konnte ich auch. Fahren war ja auch nicht das Problem.


    Hilfreiche Tipps wie: „Gehe mal auf Berge, dann lernst du schon bremsen!" fand ich sehr doof.


    Ein NichtSportler wie ich, lernt es weder da und noch in dem brav absolvierten Kurs. Nach jeder gemeinschaftlichen Ausfahrt bin ich völlig zerbeult und zerschlagen und als Letzte angekommen. Von dem ganzen Kurs habe ich mir nur eins gemerkt: „Wirf dich ins Gras, wenn es nicht mehr anders geht."


    Die Gras-werf-sache, hätte man mir nicht sagen müssen, das war ohnehin meine Technik (ich habe mich nicht verbessert, das ist heute noch so). Mein ganzes Blickfeld beim Inlinern war einzig und alleine auf Pfosten und Laternen und Zäunen am Wegrand ausgerichtet. Und auf das Gefälle habe ich geachtet, Berge und abschüssige Strecken, wohin mein Auge auch sah. Komischerweise als Einzige, jeder andere suchte Berge, wo ich sie deutlich sah.


    Bordsteinkanten sind nichts anderes als tückische hinterhältige Fallen. Eisenbahnschienen, wer von der Truppe ist wohl in jedem Gleis stecken geblieben? Und dann umgekippt? Und musste mit zwei Händen die Rollen aus den Gleiszwischenräumen ziehen? DAS kann man übrigens auch bei Gullys haben, so einem das Spaß macht.
    Draußen in Natur Inlineskate fahren - das war es nicht für mich, das habe ich nach Wochen immer lustloseren Üben eingesehen.


    Ich bin dann mal mit meinem Sohn in eine Skatehalle gegangen.


    DAS war endlich die richtige Umgebung für mich. Ein sehr schöner ebener Boden, keine Löcher und keine Hubbel, keine Autos, kein Splitt, keine wahnsinnigen Katzen, Hunde, Omas und Radfahrer, die einen plötzlich von der Seite anfallen konnten. Nur ein Haufen Kids, die wie Raketen über den Parcours und die ganzen Pipes und Aufbauten geschossen sind. Die sind MIR ausgewichen, da musste ich mir keine Sorgen machen.


    Und in der Halle kam ich wunderbar zurecht, ich war in kurzer Zeit der totale Profi, dagmar -der inlinecrack- ich konnte bremsen- zwar nicht abrupt und schon gar nicht mit all den schicken Techniken, die mir die eifrigen kleinen Burschen da gezeigt haben, aber ich STAND still an dem Punkt, den ich mir zehn Meter vorher ausgesucht hatte. Tschaka! Endlich.
    Ich war sehr zufrieden, endlich mal ein Erfolgserlebnis.
    Aber warum nicht mal so eine winzige kleine Pipe versuchen? Da sind Vierjährige hochgebrettert! Es sah leicht aus. Ganz leicht. Total easy.


    Man sieht, ich habe eine starke Neigung zum Größenwahnsinn und unangemessenen Verhalten. Das erledigt sich aber meist in Kürze von selber..


    In diesem Fall lag ich dann wie ein Krabbe auf dem Rücken, die Arme weit ausgebreitet, meine InlinerBeine noch auf der Rampe und über mich beugten sich, sehr besorgt, viele behelmte Kinderköpfe. Wie schnell die da waren. Die kleinen Rennsäue. Freundlich waren sie und sehr hilfsbereit und furchtbar bemüht, schon rührend. Doch sehr rührend, ich wollte sie trotzdem nicht sehen.


    Man hilft einem Kumpel in dieser Szene. Auch wenn er eine Mutter ist.


    Ich müsse VIEL schneller hoch fahren, sonst wird das nichts, haben sie mich belehrt, diese Zwerge und haben wirklich gemeint, ich möchte das können und lernen. Sie würden mir dabei helfen, Ehrensache!


    Schnell hochfahren?


    Ich wollte das schon können, das sah wirklich ganz schön geil aus, aber ich wollte doch nicht schnell eine Rampe hochfahren. Also bitte!


    Und der Gedanke daran, wie ich das eben schön langsam angegangen bin -ich und die Quarterpipe- und meine Rollen, nachdem sie die Hälfte des Bogens erfolgreich geschafft hatten, einfach wieder runter gerollt sind, nach hinten! ohne mich zu fragen und ich diesem unfreiwilligen Rückwärtsgang völlig hilflos ausgeliefert war, ließ mich schaudern.


    Ich habe die Kids vertrösten,... „.. ein anderes Mal!" bin aus der Halle gehumpelt und ward nie mehr gesehen.


    Das war der Sportversuch. Inliner.... und meine Schuhe sind im Keller.... und warten auf meinen nächsten Mutanfall. Da können sie warten, bis sie schwarz werden.


    Meine nächster Sportversuch ist Judo! Das wurde dann ein bisschen besser!