Kein Mädchen an Bord – Johan Ballegeer (ab 13 J.)

  • Der Flame Johan Ballegeer (1927 – 2006) gehört zu den angesehensten Jugendbuchautoren Belgiens. Er hat Dutzende von Jugendbüchern geschrieben und mehrfach Preise dafür bekommen. Eigentlich war er Historiker, sein Schwerpunktgebiet war die Regionalgeschichte des flämischen Westens, der Küste und vor allem der Schiffahrt. Seine Vorlieben spiegeln sich in seinen Büchern wider. Leider sind die wenigsten ins Deutsche übersetzt worden.
    Die Geschichte der 15jährigen Marianne, die durch eine Verkettung schwieriger Umstände 1889 bei den flämischen Islandfischern anheuert, ist eins von ihnen.
    Marianne ist das, was heutzutage Vater-Tochter genannt wird, das vom Vater bevorzugte und geförderte Mädchen unter vielen Geschwistern. Als der Vater, auch er Hochseefischer wie so viele in der Gemeinde, auf See umkommt, übernimmt Marianne die Rolle des Ernährers der Familie. Das Leben ist hart, die Menschen sind arm an der Küste bei Dünkirchen, im französisch-belgischen Grenzland. Zubrot verdient man sich mit Schmuggeln und Wildern. Marianne ist eine der wenigen, die eine Doppelflinte besitzt und auch abfeuern kann. Doch die Polizei wird auf sie aufmerksam und sie muß sich bei Verwandten verstecken. Ihre verrückte Tante hält sie für ihren eigenen, ebenfalls beim Fischen ertrunkenen Sohn und so nimmt die Geschichte ihren Lauf. Als Jan heuert Marianne auf der ‚Morgane’ an, dem Schiff des verrufenen bretonischen Kapitäns Kermarec. Die Fahrt nach Island, zum Fang von Heilbutt und Kabeljau kann beginnen.
    Es wird sehr direkt erzählt, der harte Alltag, die schwere Arbeit, die Läuse und der Gestank der toten Fische werden unmißverständlich beschrieben. Kein Buch für Schöngeister. Die Sprache ist ein wenig altmodisch, sperrig, zuweilen fremd mit all den ungewohnten Namen von Personen wie von Orten. Man muß sich in einer in jeder Hinsicht fremden Umgebung zurechtfinden. Sehr viel Wissenswertes über Seefahrt und Fischfang der Zeit wird geliefert, über das Alltagsleben, über Glaube und Aberglaube. Es ist eine herbe Geschichte, obwohl es auch eine Romanze gibt.
    Ein ungewöhnliches Mädchenbuch, das neugierige und aufgeweckte Leserinnen mit viel Gewinn lesen können.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus