Prinzessin für einen Tag – Nina Petrick
Märchenprinzessinnen erfreuen sich in Mädchenbüchern von jeher großer Beliebtheit und seit Meg Cabots Bücher ihren Einzug in die Jungmädchenköpfe gehalten haben, haben diese blondgelockten und rosagewandeten Wesen in Seidenschühchen Konjunktur ad infinitum.
Dieses Kinderbuch der Berliner Kinder - und Jugendbuchautorin Nina Petrick (geb. 1965) ist jedoch ein wenig anders als die vorherrschenden Prinzessinnenbücher.
Lena, die Ich - Erzählerin der Geschichte, langweilt sich. Es sind Ferien, aber auf die Abreise in den Urlaubsort muß sie noch warten. Papa hat noch viel Arbeit. Lena möchte in den Park, ihre Freunde treffen, vor allem Luis, in den sie ein kleines bißchen verliebt ist. Er wird mit seinen Eltern nämlich am nächsten Tag verreisen und dann wird sie ihn wochenlang nicht sehen. Aber es regnet und Mama verbietet Lena, aus dem Haus zu gehen. Ihre Laune ist entsprechend schlecht. Lustlos blättert sie im Märchenbuch. Die Geschichte von Dornröschen bringt sie plötzlich auf den Gedanken, Dornröschen zu malen. Block und Pinsel sind schnell gefunden, der Farbkasten aufgeklappt und bald liegt da eine niedliche blondlockige Prinzessin unter einer rosenbestickten Decke (Nina kann nicht gut Beine malen!). Doch schon einen Augenblick später verändert sich die Welt. Das kleine Dornröschen wird lebendig und ehe Lena es sich versieht, hat sie die Decke zurückgeschlagen und ist, auf zwei perfekten Beinen und ebensolchen Füßen in weißen Satinschuhen, aus dem Bild herausgeklettert. Und nun will sie unterhalten werden. Sie ist schließlich eine echte Prinzessin und die haben bekanntlich das Sagen, auch wenn sie gerade mal so groß sind wie eine Barbie-Puppe.
Ab hier entspinnt sich eine amüsante Geschichte über Lena und die wilden Streiche einer echten Märchenprinzessin im ebenso echten Leben. Manches könnte dabei ein wenig frecher sein, die Dialoge pointierter, auch für die recht junge Leserinnenschaft, die hier angesprochen wird. Manches ist nicht recht durchdacht, etwa die Frage, ob die Erwachsenen Dornröschen nun sehen dürfen oder nicht. Bei der Geburtstagsparty der Großtante wird Dornröschen wirklich gesichtet und es kommt zu drolligen Situationen. Verständlich, daß man als Autorin darauf nicht verzichten wollte, aber es paßt nicht ganz zum Ausgangspunkt. Ein paar Details, z.B. Schlager von Roy Black, bedürfen vielleicht längerer Erklärungen für das junge Publikum, entwickeln innerhalb der Geschichte jedoch durchaus ihren eigenen Witz. Ebensowenig logisch, aber trotzdem ziemlich spannend ist schließlich die Lösung, wie Dornröschen zur nicht unbeträchtlichen Erleichterung der Beteiligten – wieder ins Märchenreich zurückbefördert wird.
Unterstrichen werden die Ereignisse von sehr schönen und detailreichen Schwarz-Weiß-Bildern der Illustratorin Tanja Székessy, die diese ein wenig eigenartige, aber liebenswerte Geschichte wunderbar abrunden.
Ein nicht rundum befriedigender, aber durchaus vergnüglicher und origineller Beitrag zum Dauerbrenner ‚Prinzessin’.