Gerechtigkeit- was ist das?

  • 2/3 aller Deutschen sind der Ansicht das es in Deutschland nicht gerecht zugehe.


    Seht ihr das genauso?


    Was ist den Gerechtigkeit? In der Leserunde "Werte" von Peter Prange haben wir gerde über die schwierige Definition von Recht gerungen, aber Gerechtigkeit- ist das etwas was es überhaubt geben kann?


    Beispiel:


    (bitte über Thema nicht nur über Beispiel diskutieren, wenn den jemand mit mir diskutiert)


    Ich erkläre das Problem Gerechtigkeit immer mit folgender Geschichte:


    Drei Biertrinker stehen morgens halb elf am Kiosk, sichtlich bereits schwer geladen. Ein Ferrari mit Anzugträger und schmuckbehangener Begleitung fährt vorbei.


    Gespräch am Kiosk:


    Die Drecksau von Ausbeuter, dem haben Sie die Steuern gesenkt und wir leben von 345 € im Monat.
    Das ist schreiend ungerecht.


    Gespräch im Auto:


    Schau mal die Asis, die versaufen da unsere sauer verdienten Steuergelder, die bekommen ein Schweinegeld fürs Nichtstun.
    Das ist schreiend ungerecht.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend  :lesend

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  • Hm...da kann ich dann, ehrlich gesagt, nicht so richtig mit Dir mitdiskutieren, Beowulf...zumindest nicht in Form eines anderen Standpunktes.


    Denn...wenn ich Dein Beispiel richtig verstanden habe...sehe ich das haargenauso: Gerechtigkeit scheint kein absoluter Begriff zu sein, sondern wohl immer eher vom Point of View abzuhängen.


    Aber interessiert mitlesen werde ich...wenn Zeit da ist :-)


    :wave
    Ikarus

  • Da wäre es sehr interessant zu erfahren, warum das restliche Drittel an Gerechtigkeit glaubt.


    Einen der Gründe für diese Umfrageergebnisse sehe ich darin, daß der Großteil der Bevölkerung Gerechtigkeit zu sehr in den staatlichen Rahmenbedingungen sucht und nicht findet. Daß, und jetzt nehme ich Bezug auf dein Beispiel, der eine vielleicht auf Grund eines dramatischen Schicksalschlages nicht mehr in der Lage ist, einer Tätigkeit nachzugehen oder einfach auch nur die simple Rechnung anstellt, nach der es ihm nicht sinnvoll erscheint, arbeiten zu gehen, - wir wissen es nicht!
    Ob der Anzugträger ein "übler Ausbeuter" ist und zudem auch noch in den Genuß einer Steuersenkung kommt oder ob er trotz Ferrari und Anzug (sagt nichts über seine finanzielle Situation) nicht weiß, wie er am Monatsende seine Angestellten bezahlen soll und wie er Kündigungen verhindern kann, wie wíe er die fälligen Raten erwirtschaftet und die Banken ruhig stellt, um ein Überleben des Unternehmens zu sichern...- wir wissen es nicht!
    Und immer gibt es jemanden, dem es besser als uns zu gehen scheint!

  • Zitat

    Original von Eli
    Da wäre es sehr interessant zu erfahren, warum das restliche Drittel an Gerechtigkeit glaubt.


    Einen der Gründe für diese Umfrageergebnisse sehe ich darin, daß der Großteil der Bevölkerung Gerechtigkeit zu sehr in den staatlichen Rahmenbedingungen sucht und nicht findet. Daß, und jetzt nehme ich Bezug auf dein Beispiel, der eine vielleicht auf Grund eines dramatischen Schicksalschlages nicht mehr in der Lage ist, einer Tätigkeit nachzugehen oder einfach auch nur die simple Rechnung anstellt, nach der es ihm nicht sinnvoll erscheint, arbeiten zu gehen, - wir wissen es nicht!
    Ob der Anzugträger ein "übler Ausbeuter" ist und zudem auch noch in den Genuß einer Steuersenkung kommt oder ob er trotz Ferrari und Anzug (sagt nichts über seine finanzielle Situation) nicht weiß, wie er am Monatsende seine Angestellten bezahlen soll und wie er Kündigungen verhindern kann, wie wíe er die fälligen Raten erwirtschaftet und die Banken ruhig stellt, um ein Überleben des Unternehmens zu sichern...- wir wissen es nicht!


    :write


    Zitat

    Und immer gibt es jemanden, dem es besser als uns zu gehen scheint!


    Eli :write ... und auch so schrecklich vielen schlechter....und damit meine ich schon hier, in diesem unserem Lande...ohne auf die sogenannten Dritte-Welt-Länder zu schauen.


    Ich würde persönlich von mir/uns auch behaupten, dass ich/wir uns nicht ungerecht behandelt fühlen.


    Und wenn das stimmt, was Beowulf schreibt, frage ich mich auch, woran es liegt, dass sich viele so fühlen? :gruebel


    Eine Frage der eigenen Einsortierung, der eigenen Zufriedenheit, der Erwartungshaltung, des Alters?

  • Darüber haben sich schon viele Menschen Gedanken gemacht ... siehe unten (die m.E. einzig halbwegs adäquate Übersetzung, leider teuer!)


    Nach Platon und Aristoteles haben alle Menschen eine zumindest diffuse Vorstellung, was Gerechtigkeit sei, die man stark verkürzt mit dem suum cuique ("Jedem das Seine") Ciceros wiedergeben kann: Ein jeder möge erhalten, was ihm zustehe. Das zieht sich durch die gesamte Menschheitsgeschichte -- sogar in anderen, fernen Kulturen, die nie Kontakt zu Europa hatten!


    Wie man das nun in die politische, soziale, kulturelle und individuelle (subjektive) Realität umsetzt, ist dann die große Frage ...

  • Die Fragestellung ist viel zu allgemein gehalten, als das man darüber vernünftig reden könnte. Über welche Gerechtigkeit reden wir denn? Über die "gefühlte" Gerechtigkeit? Über die Gerechtigkeit im Rechtssinne? Müssen wir uns jetzt in rechtsphilosophischer Hinsicht mit dem Thema auseinandersetzen?
    Einer dieser Frageschnellschüsse, die eigentlich nichts bringen und dann wie üblich als "Christ-Atheist-Fred" enden.


    Dann lieber über die Frage diskutieren:
    Essen - was ist das?


    Da kann man dann wenigstens noch ein paar Anregungen bekommen, was man heute essen könnte.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von beowulf
    Es müssen aber Zwei/Drittel aller Deutschen eine feste Vorstellung von Gerechtigkeit haben, sonst könnten sie ja nicht sagen es gehe hier ungerecht zu.


    Ich glaube nicht, daß diese 2/3tel eine feste Vorstellung von Gerechtigkeit haben. Sie haben womöglich nur, wie in deiner Geschichte, das rein subjektive Empfinden, daß sie ungerecht behandelt werden. Und das bezieht sich auch wohl meistens auf die Soziale Gerechtigkeit. Das Empfinden: anderen geht es besser als mir.
    Ich möchte mal etwas provokativ sagen, dieses Empfinden ist so typisch deutsch. Man meint ein Recht und Ansprüche auf etwas zu haben, die andere einem zu erfüllen haben, in dem Fall der Staat. Und wenn man seine persönlichen Ansprüche nicht erfüllt sieht, schreit man nach der mangelnden Gerechtigkeit.


    Andernorts hat regiert eher die "jeder ist seines Glückes Schmied" und wenn man mit Menschen aus solchen Ländern diskutiert, können die über unsere Wohlstandssorgen doch nur den Kopf schütteln.


    Vielleicht würde es Deutschland auch mal wieder besser gehen, wenn die Bürger begreifen würden, daß sie selbst ihr Leben in die Hand nehmen müssen und sich ihr gut-gehen erarbeiten müssen und nicht alles an sie herangetragen wird.


    Das Jammern jedenfalls bin ich leid.
    Ich fühle mich gerecht behandelt. Aber trotzdem habe ich mehr als große Lust dieses Land zu verlassen, genau wegen der ständigen Miesmacherei und Jammerei.

    :lesend
    If you can read, you can empathize, luxuriate, take a chance, have a laugh, hit the road, witness history, become enlightened, turn the page, and do it all again
    Oprah Winfrey

  • Ich habe manchmal den Eindruck, dass einige Menschen den Begriff Gerechtigkeit mit staatlicher Fürsorge verwechseln. Oft fällt mir auf, dass es Bürger gibt, die sich über die ihrer Meinung nach mangelnde Fürsorge des Staates beklagen. Ich dagegen beklage manchmal die mangelnde Verantwortung einiger Mitbürger. Nicht der Staat ist für das Wohlergehen der Einzelnen zuständig, sondern zuerst jeder selbst.


    Nun gibt es zahlreiche Menschen, die sich - vielleicht auf Grund von Arbeitslosigkeit - vom "Staat" verlassen und daher ungerecht behandelt fühlen. Hier bedauere ich die Beliebigkeit so mancher Politikeraussage. Es wird auch in Zukunft nicht mehr Arbeit geben, befürchte ich. Deshalb wäre es wohl an der Zeit, eine "Sinnesreform" einzuleiten. Und zwar nicht nur von den Politikern, sondern auch von den Künstlern, Philosophen, Soziologen usw.
    In einer Zeit, in der der Wert und Lebenssinn der meisten aus der Arbeit geschöpft werden, sind Gerechtigkeit/Lebenssinn schwer zu vermitteln, insbesondere, da es eben wirklich zu wenig Arbeit gibt.

  • Iris


    Haben sich die Herren Philosophen auch Gedanken darüber gemacht, was einem jeden zustehe?


    Manches mal ist erstaunlich, wie gut damalige Definitionen von Philosophen noch in die heutige Welt passen, manches mal fragt man sich aber auch, wie es diese Philosophen überhaupt zu einem Namen gebracht haben sollen, mit ihren teils völlig sinnfreien Aussagen.


    Wer oder was definiert, was einem (jeden) zusteht?


    In den meisten Fällen ist da doch der persönliche Wunsch Vater des Gedankens. Sobald ein einzelner die Definitionshoheit hätte, würde er dafür sorgen, dass ihm "mehr zusteht" als anderen um ihn. Schließlich liegt es in der Natur des Menschen, sich Vorteile gegenüber den anderen zu schaffen. Einfach als ursprüngliche Überlebensstrategie. Genauso we Altruismus nur eine solche Strategie ist. In Reinform existiert er nicht.


    Freilich leben wir nicht mehr in Höhlen, von daher scheint dieses Phänomen teilweise abgeschwächt und sobald man selbst im Überfluss lebt, redet man sich gerne selber ein, man würde allen anderen alles gönnen. Stimmt aber nicht. Unterschwellig äußert sich das zum Einen in dem Gefühl, dass sicher jeder kennt:"Der hats gut, strampelt sich nicht so ab für mehr Geld", oder "Der hats gut, hat seine Ruhe zu Hause, ich darf mich hier mit der Schwiegermutter abkämpfen!".


    Zum Anderen ist das Motiv für Neugierde/Anteilnahme an den Umständen oder dem Befinden des Gegenübers zu zeigen sehr häufig nur der Wunsch, sich einreden zu können es ginge einem selbst besser oder man mache selbst irgendetwas klüger als der andere.


    Himmel, jetzt hab ich natürlich selbst nicht geklärt, was wem wie immer gerecht zusteht. :lache
    Aber ich glaube eben, dass ein Individuum gar nicht wirklich Interesse an wahrer allgemeingültiger Gerechtigkeit hat.


    Buchempfehlung dazu:


    Matt Ridley - Die Biologie der Tugend. Warum es sich lohnt, gut zu sein.

    Wer viel schmeißt hat bald nichts mehr!

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  • Zitat

    Original von beowulf
    2/3 aller Deutschen sind der Ansicht das es in Deutschland nicht gerecht zugehe.


    Was war denn das für eine Umfrage?
    Was genau wurde gefragt?
    Von wem wurde diese Umfrage veranstaltet?
    Und wer wurde befragt?

  • Zitat

    Original von Alexx61
    Es gibt wohl nur so etwas wie "gefühlte" Gerechtigkeit und eben auch Ungerechtigkeit


    Oder: Was dem einen sein Uhl , ist dem anderen sein Nachtigall.


    Gerechtigkeit ist immer subjektiv und wie Kunst, Mode und Temperatur nur gefühlt. Es gibt immer jemanden, dem Recht und jemanden, dem Unrecht bei einer Entscheidung getan wird. Naja, zumindest empfinden es die Bestraften so. ;-)


    Im Beispiel von Beowulf gut zu sehen, beiden Gruppen neigt man Recht zu geben. :-)

    _______________________
    Grüßle, Heaven


    Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. (Goethe) ;-)

  • Zitat

    Original von Frl.Smilla


    Was war denn das für eine Umfrage?
    Was genau wurde gefragt?
    Von wem wurde diese Umfrage veranstaltet?
    Und wer wurde befragt?


    Infratest.dimap für die Tagesschau siehe [URL=http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,,OID6061740_REF1,00.html]hier[/URL]