Das große Spiel - Claude Cueni

  • Das große Spiel, Claude Cueni, Heyne-Verlag, 2006, 448 S., 19,95 €, ISBN 3-453-26529-7


    Zum Autor:


    Der 1956 geborene Schweizer Claude Cueni ist als Dehbuchautor zahlreicher Serien wie Eurocops, Cobra 11, Peter Strohm, Der Clown etc. bekannt. "Das große Spiel" ist sein zweiter historischer Roman.


    - Homepage des Autors
    - Claude Cueni bei Wikipedia



    Nützliche Links:


    - John Law of Lauriston bei Wikipedia (Am Ende des Wikipedia-Artikels ist ein Link zu einer sehr schönen studentischen Arbeit über John Law of Lauriston eingefügt.)




    Meine Meinung:


    Mit John Law of Lauriston hat sich Claude Cueni eine schillernde und interessante Persönlichkeit der europäischen Geschichte als Hauptfigur für seinen historischen Roman „Das große Spiel“ ausgewählt, die bisher noch wenig in diesem Genre (mir ist sonst lediglich Janet Gleesons historischer Roman „Der Mann, der das Geld erfand“ bekannt) beleuchtet wurde.


    John Law of Lauriston, geboren Anfang des 17. Jhdts. in Edinburgh, war Sohn des Innungsmeisters der Goldschmiede von Edinburgh und Geldverleiher William Law. Nach dem frühen Tod seines Vaters ging John Law nach London, wo er zunächst als Frauenheld und Spieler bekannt wurde. Beim Spiel machte er sich seine hervorragenden mathematischen Kenntnisse und Fähigkeiten zu nutze, indem er Gewinnchancen im voraus kalkulierte. Verstrickt in eine Intrige der Mätresse Charles II., Elisabeth Villiers, wurde er von Beau Wilson, einer stadtbekannten Persönlichkeit, zum Duell gefordert, und in Folge des Duells wegen Mordes angeklagt und zum Tode verurteilt. Mit Unterstützung konnte John Law fliehen und suchte in verschiedenen europäischen Ländern Exil, wo er sich an den Spieltischen der besseren Gesellschaft über sein mathematisches Talent in kurzer Zeit ein Vermögen erspielte. Die große Liebe seines Lebens wurde die unglücklich verheiratete Lady Catherine Knolly, mit der Law im Exil zusammen lebte und Kinder bekam. Zu dieser Zeit erfand er eine Geldtheorie und ein Finanzsystem, das er beständig weiterentwickelte, während er in Schottland und Italien versuchte seine Finanzideen umzusetzen. Erst in Frankreich, wo er sich 1714 niederließ, bekam er, gestützt durch den Regenten Philippe d’Orléans, die Möglichkeit dazu, da Ludwig IX. durch langwierige und kostspielige Kriege, seinen aufwendigen Hof und den Bau des Schlosses Versailles die französischen Staatsfinanzen in einen desolaten Zustand gebracht hatte. So erhielt Law 1716 die Erlaubnis zur Gründung der Banque Générale und der Einführung des Papiergeldes in Frankreich. 1717 wurde die Mississippi-Kompanie gegründet, die ein staatliches Monopol für den Handel mit Louisiana erhielt, zur Finanzierung wurden Aktien emittiert. Das große Spiel nahm seinen Lauf und eine Zeit des wirtschaftlichen Erfolgs setzte ein, in der soziale Schranken durchbrochen wurden. Aus verschiedenen Gründen geriet das System im Mai 1720 vollständig außer Kontrolle. Der erste Börsencrash der Geschichte setzte ein. John Law musste fliehen und war als einst reichster Mann der Welt in Kürze vollkommen überschuldet. Seine Ideen gab er aber niemals auf...


    Claude Cueni führt John Law zunächst als unbeständigen, charakterschwachen Hasardeur und angeberischen Draufgänger ein, der in seiner Persönlichkeit zwar durchaus faszinierend ist, aber deutliche Schwächen hat. Erst im Laufe des Romans zeigt sich dem Leser, daß John Law eher verkanntes Genie, hervorragender Geldtheoretiker und Finanzier als Glücksspieler ist. Die Facetten seiner Hauptfigur arbeitet der Autor nicht nur über dessen Karriere heraus sondern auch über die Beziehungen zu seiner Frau, seinem Bruder und seiner Mutter. Als Nebenfiguren tauchen interessante Charaktere, wie Daniel Defoe oder Lieselotte von der Pfalz auf.


    Erzählerisch gelingt es Claude Cueni nicht nur das schillernde Leben von John Law spannend zu beleuchten sondern auch seine finanzwirtschaftlichen Theorien einfach und verständlich einzuarbeiten, so dass niemals der Eindruck lehrbuchhafter Passagen entsteht. Dabei ist Cuenis Sprache direkt und schnörkellos. Vor allem gelingt dem Autor das Kunststück, den Leser von Beginn an zu fesseln; der Leser ist bereits mit der ersten Seite „mitten im Buch“, ein Einlesen entfällt vollständig.


    Leider hat Claude Cueni einige durchaus wesentliche Ereignisse im Leben John Laws und der tatsächlichen Geschichte verändert, was meines Erachtens dramaturgisch nicht notwendig gewesen wäre. Eine diesbezüglich Angabe in einem Nachwort oder Anhang zur Trennung von Fiktion und Realität fehlt bedauerlicherweise. Dennoch führt dieser Mangel für mich nicht zu einer Abwertung dieses historischen Romans, denn Claude Cueni hat es geschafft, ein eigentlich trockenes Thema so mitreißend und packend zu verarbeiten, daß er beim Leser Interesse, Begeisterung und Neugier weckt und damit zur Eigenrecherche über das tatsächliche Geschehen motiviert.


    „Das große Spiel“ ist ein überaus spannender und lehrreicher historischer Roman über John Law of Lauriston, der seinen Lesern die Entstehung unserer heutigen Finanzsysteme auf unterhaltsame Weise nahe bringt, selbst wenn man sich bisher nie für Finanzfragen interessiert haben sollte. Trotz seiner inhaltlichen Unkorrektheiten ist der Roman wegen der fesselnden Darstellung sehr empfehlenswert. Ich werde mir sicher auch Claude Cuenis früheren historischen Roman „Cäsars Druide“ zulegen, in der Hoffnung, dass dieser genauso mitreißend ist.

  • Ich habe mir übrigens mittlerweile "Der Mann, der das Geld erfand" (Original "The Moneymaker") von Janet Gleeson zugelegt und bin sehr gespannt, wie sie das Thema verarbeitet hat und ob sie historisch korrekter gearbeitet hat.


    Einige von Euch kennen mich halt schon länger, massive Veränderungen historischer Fakten verkrafte ich bei historischen Romanen ja nur schlecht und habe auch deshalb lange überlegt, wie ich "Das große Spiel" einstufe.

  • Auswendig weiß ich die grad nicht mehr, aber ich suche sie nochmal raus.


    Abgesehen von Wikipedia (s. o.) habe ich natürlich im Brockhaus und in der Enzyklopädia Britannica geschaut, des weiteren in einem meiner diversen Fachbücher zur Finanzwirtschaft (muß nochmal gucken, welches das war). Zur Zeit habe ich meine diversen Geschichtsbücher befragt, darunter den dtv-Atlas zur Geschichte und die Propyläen der Weltgeschichte. Abgesehen von den Änderungen in der Biographie von John Law



    hat mir die Darstellung von Philippe d'Orléans nicht so gefallen, da sie m. E. doch sehr einseitig und überspitzt ist.


    Noch keinen Nachweis habe ich darüber gefunden,


  • Dieses Buch habe ich gestern beendet und meine Meinung darüber ist eher gespalten. Klar, das gewählte Thema ist sehr interessant und ich habe die Geschichte auch bis zum Ende mit Spannung verfolgt, ...aber die Figuren bleiben so schrecklich blass und somit ist es für mich ein Roman, der sich zwar gut lesen lässt, der aber nicht nachhaltig in Erinnerung bleibt. Das Buch ist gut, mehr aber auch nicht.


    Viele Grüße
    Kalypso

  • Das ist in etwa der Grund, warum ich mir Janet Gleesons "Der Mann, der das Geld erfand" zugelegt habe. Ich bin gespannt, ob sie aus den durchaus interessanten Personen mehr herausholen kann.


    Was ich Cueni aber wirklich anrechne ist, daß ich denke, daß seine z. T. schon reißerische Art zu schreiben, dazu geeignet ist, diese eher knochentrockenen Finanzthemen Nicht-Finanzern nahe zu bringen.

  • Zitat

    Original von Pelican
    Was ich Cueni aber wirklich anrechne ist, daß ich denke, daß seine z. T. schon reißerische Art zu schreiben, dazu geeignet ist, diese eher knochentrockenen Finanzthemen Nicht-Finanzern nahe zu bringen.


    Stimmt schon, spannend war es ja auch allemal, aber eben...


    Wenn du das andere Buch dazu gelesen hast, kannst du ja mal Laut geben. Momentan reizt mich das Thema allerdings nicht mehr.


    Viele Grüße
    Kalypso

  • Pelicans Rezi kann man nichts mehr hinzufügen. Cueni beschreibt die Ideen John Laws so leicht verständlich, das es eine Freude ist. Der Schreibstil war mir manchmal etwas zu schnörkellos, aber dadurch las es sich sehr zügig.


    John Law wird als interessanter Charakter beschrieben, ein Idealist und Visionär, der in einer vom Umbruch geprägten Zeit lebte. Ich freue mich immer, wenn es einem Buch gelingt, mir die Komplexität von Dingen vor Augen zu führen, über die ich mir nie Gedanken gemacht habe und als selbstverständlich hinnahm. Das ist diesem Buch rundum gut gelungen.

  • Das Buch hat mich enttäuscht. Wenn es ein Roman ist, so hätte ich doch etwas lebendigere Figuren erwartet. John Law ist lebensnah und echt wirkend dargestellt, aber die andern Figuren sind ohne Tiefe und ohne Entwicklungen. John Law war ein Genie, aber seine genialen Ideen werden zu wenig deutlich geschildert. Da nützen auch seine Erfolge am Spieltisch, sein Vortrag vor dem schottischen Parlament und die Schilderung seiner Pariser Bank nichts. Ich wollte kein Fachbuch über Makroökonomie lesen, aber ich wollte auch seine neuen Ideen und Vorschläge besser nachvollziehen können. Endlose Kapitel über Duelle, Intrigen, Schmuck, Beziehungen, Städte, Reisen, Krankheiten, Gold, Fürsten und Könige das mag ja interessant sein für einen gewöhnlichen Roman. Aber nicht für einen Roman über John Law.

  • Ich hab den Roman an zwei Abenden verschlungen. Ich lese groeßtenteils Fantasy und hab gerade mit historischen Buechern oefter laneger als durchschnittlich zu tun, sie durchzulesen. Das liegt meistens an den wirklich umfangreichen Daten und der Anzahl an Personen, die man sich merken muss - da brauch ich immer einen freien Kopf, um genug Aufmerksamkeit zu haben.


    "Das große Spiel" war voellig anders und darf sich trotzdem zurecht historischer Roman nennen. Zuweilen hatte ich das Gefuehl, es handle sich um eine Art Roadmovie.


    Schreibweise/stil von Cueni sind so fluessig und er schafft so zuegig und unmissverstaendlich die Zustaende der damaligen Zeit zu beschreiben, dass keine Fragen offen bleiben. Dabei vernachlaessigt er aber auf keinen Fall die Fakten. Das Buch ist tatsaechlich wunderbar recherchiert und schildert lebending und schillernd Vieles, was man vielleicht selbst schon wusste. Es geht quasi um die Erfindung des Papiergeldes und die Revolutionierung des Kreditwesens, als Metall fuer Muenzen langsam knapp wird und fast nur noch die Ressourcenfelder eines Landes, oder aber Kriege darueber entscheiden, ob ein Land liquide ist oder nicht.


    Der Hauptcharakter John Law war mir absolut symphatisch und ich kam nich umhin, mich ein wenig in ihn zu verlieben. Ein Mann, ein Spieler, ein brillianter Mathematiker der zuerst fuer seine Ideen brennt und fuer das Bild, dass er von der Welt hat - der es sich zur Lebensaufgabe macht, die Welt (zumindest im Finanzwesen) so zu revolutionieren, damit sie zu einem besseren Platz fuer alle Menschen wird.
    Als Frau behagte mir natuerlich auch das verwegene Kaempfen um die eine (verheiratete) Frau, die er liebte.
    Am Ende blickt man zusammen mit John Law auf sein Leben zurueck und sieht, was er tatsaechlich erreicht hatte - man sieht ebenso all die Rueck -und Schicksalsschlaege. Einem wird klar, Wie Menschen mit Ideen, die bereit sind fuer diese zu kaempfen und zu sterben, unsere Welt erschufen, wie wir sie kennen.


    Meine Meinung: Ein absolut fantastisches Buch, das mir Appetit auf mehr historische Romane gemacht hat. Es bietet, finde ich, alles was man sich wuenschen kann: Mehr als eine handvoll Leute, die eng ins Geschehen mit eingestrickt werden, gut ausgebaut wurden; immer wieder gut geschilderte Situationsbeschreibungen zur damaligen Zeit (gerade die Verhaeltsnisse in Frankreich) und zum Weltgeschehen; einleuchtende Erklaerungen zum Finanzwesen, die Lust auf eigene Recherche gemacht haben; eine Liebesgeschichte - auf die ich ehrlich gesagt, sonst gerne verzichte, aber in dieser Form gehoerte sie einfach dazu - das lag wohl daran, dass Cathrine sich absolut abhebt von den Damen der damaligen Zeit und wie ein Baum hinter ihrer Liebe und Johns Ideen stand - das hat mir imponiert.


    Absolute Unterhaltung und auf keinen Fall trockene Historik!

    Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist.