Englischer Originaltitel: "Gospel"
Kurzbeschreibung
Die Bibel verschweigt seine Existenz - Matthias, der dreizehnte Apostel, verfasste ein Evangelium, das lange als verschollen galt. Die Entdeckung dieser uralten Schrift und ihre Entschlüsselung bringt zwei Menschen einander näher, die nicht gegensätzlicher sein könnten: die weltfremde Theologiedozentin Lucy Dantan und den wortgewaltigen Professor Patrick O'Hanrahan. Bis sie aber das Rätsel der Offenbarung des dreizehnten Apostels entschlüsseln können, steht ihnen eine gefährliche Verfolgungsjagd bevor ...
Über den Autor
Wilton Barnhardt wurde 1961 in North Carolina geboren. Nach dem Abschluß des Studium der englischen Sprache und Literatur an der Michigan State University ging er 1982 nach New York. Der recherchebesessene Autor reist gern und viel. Wilton Barnhardt lebt zurzeit in New Orleans.
Meine Meinung
Der Klappentext klingt wie ein Klon der derzeiten Verschwörungsthriller. Da ich ihn aber nicht so einschätze, packe ich meine Rezi mal in Belletristik. Für mich ist es kein Thriller, trotz einiger spannender Momente, und als Leser sollte man auch nicht mit der Erwartung herangehen, eine wilde Geheimbundverschwörertempler-Geschichte zu lesen.
Nun zur Geschichte:
Lucy Darntan wird von ihrer amerikanischen Universität geschickt, nach Professor O’Hanrahan zu suchen. Der ist auf der Jagd nach einem verschollenen Evangelium, das es noch zu entschlüsseln gilt. Das soll seinem Leben einen würdevollen Abschluss geben, nachdem er seine Reputation schon gründlich ruiniert hat.
Lucy wird nach Oxford geschickt, weil er dort nie ein jährliches Treffen eines Feinschmeckerclubs für Geistliche verschiedener Glaubensrichtungen versäumt. Lucy findet den schlagfertigen, gewitzten und trinkfreudigen Professor und klebt von nun an, gewollt oder ungewollt, an seinen Fersen. Auf der Suche nach dem Dokument geht nach Irland, Italien, Afrika und Israel.
Ironisch und gespickt mit klugen, nie belehrend wirkenden und immer passenden Anekdoten und Fakten aus der Kirchengeschichte rangeln sich die beiden durch die Weltgeschichte, teilweise begleitet von Rabbi Herschel, der O’Hanrahan zur Seite stehen will bei der Entzifferung des Evangeliums, das in einer noch unbekannten Schrift geschrieben ist. Oder hat der Rabbi andere unschöne Pläne? und auch noch viele andere Leute sind an dem historisch unglaublich wertvollen Dokument interessiert.
Der Autor lässt eine bunte Riege Darsteller auftreten, deren Motivation man nicht immer gleich erkennt.
Zwar enthält das Buch Thrillerelemente (Verfolgungen, Einbrüche etc), aber im Fordergrund stehen eindeutig die Personen und ihre Geschichte. Lucy reift vom moppeligen grauen Mäuschen zu einer selbstbewussten Frau und entdeckt ihre Sexualität. O’Hanrahan stellt sich den Scherben seines Lebens und versucht, seinem Lebensabend noch einen letzten großen Akt hinzuzufügen.
Und es geht um den Glauben und seine Geschichte.
Bei gut 1000 Seiten tritt zwischendrin mal ein Hänger ein (schon wieder eine Reise!), aber trotz allem macht es Spaß, den beiden sehr gut ausgearbeiteten Charakteren zu folgen. Der Autor schreibt stets mit einem Augenzwinkern, lässt auch immer wieder mal Gott (vielleicht ist es aber auch der heilige Geist – oh, pardon – die heilige Geistin, den Sophia ist ja weiblich) zu Wort kommen in kleinen, in Klammern gesetzten Sätzen, und wir lesen auch das Evangelium.
Kurzgefasst, wie ich schon in einem anderen Thread schrieb: 2 Leute reisen durch die Lande, reden viel interessante Dinge, trinken viel, suchen nach etwas, aber eigentlich nach sich selbst, und ein wenig Spaß haben sie auch.
Das Buch ist flüssig geschrieben und leicht zu lesen, die Informationen kommen nie oberlehrerhaft und passen immer in die Geschichte. Es ist sehr informativ für alle, die sich für die Entstehung und Auslegung des Christentums interessieren. Selten bekommt man diesen Stoff unterhaltsamer vermittelt.
Ein kleines Manko ist das etwas offene Ende. Soviel Seiten und immer noch kein Ende abzusehen.
Ich entschuldige mich für die krude Rezi, (eigentlich wollte ich auch keine schreiben) aber ein so dickes Buch mit soviel Inhalt in ein paar Zeilen zu beschreiben ist nicht so einfach.