Klappentext:
Jeden Morgen begegnet Christine auf dem Weg zur Schule einer alten weißen Katze, und jeden Morgen kommt sie zu spät. Denn die Katze kann sprechen und verrät ihr, worauf es im Leben wirklich ankommt. Aber irgendwie ist Christine die Katze unheimlich. Und sie ist sich nicht sicher, ob man, wie die Katze behauptet, immer nur an sich denken sollte ... Eine Geschichte über das "Richtige" und das "Falsche" im Leben.
Meine Meinung:
Ich musste dieses Buch zweimal lesen, um mich mit ihm anzufreunden. Man kann es sehr schnell lesen und vergeblich darauf warten, dass etwas Spannendes passiert. In einer halben Stunde ist man durch. Oder man kann es langsam lesen, die feine Ironie zwischen den Zeilen erspüren, grinsen und darüber staunen, wie viel Inhalt Jutta Richter in wenige Sätze packen kann.
Eine aufregende Geschichte darf man von diesem Buch nicht erwarten, auch nicht die große Weisheit einer alten Katze. Es scheint, als wäre die Katze Christines Gewissen, ihr zweites Ich, mit dem sie sich einen Sommer lang auseinander setzt. Am Ende des Sommers ist sie ein Stück erwachsener geworden, und die Tage verlieren die Ewigkeit.
Für Liebhaber schöner Sätze ist dieses Buch ein kleiner Schatz, für achtjährige Kinder ist es meines Erachtens zu schwer. Jutta Richter schreibt anspruchsvoll und verzichtet auf eine Kennzeichnung der wörtlichen Rede, was das Verständnis für Kinder, die gerade erst das Lesen gelernt haben, zusätzlich erschwert. Die Autorin verrät kaum etwas über ihre menschliche Protagonistin. Erst fast am Schluss erfährt man ihr Alter und ihren Namen. Hat sie Geschwister? Hat sie Freunde? Hat sie Vorlieben? Versteht sie sich mit ihren Eltern? Solche Details bleiben diffus. Christine ist keine Identifikationsfigur.
Auch die schwarz-weiß-gelben Zeichnungen von Rotraut Susanne Berner erscheinen für das Lesealter viel zu erwachsen. Die Katze sieht unsympathisch aus, und das Buchcover ist sicher kein Appell an Achtjährige, sofort mit dem Lesen zu beginnen.
Ich persönlich liebe kunst- und gehaltvolle Sätze, und ich mag Jutta Richters Sprache. Mir als erwachsene Leserin hat das Buch gefallen – dass es ein gelungenes Kinderbuch ist, glaube ich jedoch nicht.