Ullstein
erschienen August 2006
398 Seiten, mit einigen Schwarz-weiß-Fotos
Klappentext:
"Café Heimat" ist eine Erforschung der eigenen Familie - vom Rampenlicht der legendären Kaffeerösterei bis ins Schattenreich von Verfolgung und Emigration. Auf der Suche nach ihren eigenen Wurzeln unter den bremisch-bodenständigen Kaufleuten Jacobs und den sephardisch-jüdischen Jessuruns unternimt Louise Jacobs eine bewegende Zeitreise durch das 20. Jahrhundert.
Die Autorin:
Louise Jacobs, geboren 1982, wuchs in der Schweiz und den USA auf. Die Suche nach ihren Wurzeln führte sie unter anderem nach Lissabon, Rio de Janeiro und New York. Louise Jacobs lebt heute in der Schweiz und in Berlin. "Café Heimat" ist ihr erstes Buch.
Zum Buch:
Louise Jacobs wurde von ihrem Freund gefragt, ob sie spanische Vorfahren hätte. Diese Frage wurde der Beginn der Suche nach ihrer Familie, von der sie so wenig weiß. Der Großvater, Walter Jacobs, zeichnet sich durch Briefe zum Geburtstag aus, die Seite der Mutter wurde ebenfalls kaum erwähnt. Und so fing Louise Jacobs an, ihre Wurzeln zu suchen.
Jacobs Kaffee ist den meisten Deutschen ein Begriff, gegründet wurde das Unternehmen durch den Bremer Kaufmann Johann Jacobs, der es an seinen Neffen Walter, Louises Großvater, weitergab. Während des Krieges wurde Jacobs Kaffee häufig bevorzugt, sei es, um das Volk mittels Kaffeerationen einen Sieg feiern zu lassen oder um eine Niederlage schön zu reden.
Die Vorfahren mütterlicherseits dagegen haben durch Hitler ihre Heimat verloren, wanderten von Hamburg erst nach Lissabon und schließlich nach Amerika aus. Die meisten der Jessuruns sind nie zurückgekehrt.
Meine Meinung:
Das Buch hat mich durch die Aufmachung angezogen, die Umschlaggestaltung ist ein Hingucker. (Auf dem Titelbild sieht man die Autorin) Dann das Thema: Ein Blick hinter die Kulissen des Kaffeeunternehmens, dessen Kaffee in meiner Familie immer noch gern getrunken wird, womit ich auch eine gewisse Tradition verbinde.
Die Autorin springt kapitelweise von der väterlichen zur mütterlichen Seite ihrer Vorfahren und erzählt dabei auf kurzweilige Art, fast als wäre sie dabei gewesen, was sich ereignet hat, damals, beginnend mit der Gründung des Einzelwarenhandels und der Rösterei. Sie schreibt unterhaltsam, manchmal jedoch recht einfach. Allerdings hat mich diese Erzählweise immer wieder aus dem Lesefluss gerissen, nämlich immer dann, wenn sie in der Gegenwart schreibt, wie sie ihre noch lebenden Verwandten besucht und befragt. Es entstehen Brüche in der Flüssigkeit.
Am Ende des Buches, was ich schon vor einigen Tagen beendet habe, blieb bei mir ein zwiespältiges Gefühl, ich war nicht so recht begeistert, kann aber auch nicht sagen, warum. Diese Rezension fällt mir ziemlich schwer.
Negativ anzumerken ist die fehlende Ahnentafel, die mir das Lesen erleichtert hätte, denn die Jessuruns (ihre Ahnen mütterlicherseits) wechseln in Amerika teilweise die Namen. Manchmal haben Freunde den gleichen Vornamen. Für eine Biografie ist der Stammbaum in meinen Augen ein Muss.
Negativ fand ich auch diese Brüche in der Erzählweise, die mich immer wieder auf den unsanften Boden der Gegenwart führten, die aber deutlich zeigten, dass die Familie eben nicht harmonisch war und ist. Und die Erzählweise, als wäre sie eine Zeitzeugin. Sie hat sich vieles zusammenreimen müssen, da die Verwandten eben nicht mehr leben, schreibt aber von Vorfällen in Dialogform, die mich stirnrunzelnd zurück ließ.
Ich hätte gern gewusst, warum Louise Jacobs dieses Buch schrieb. Zur Zeit ist sie auch fleißig am Vermarkten, in vielen Zeitschriften und TV-Sendungen tritt sie auf. Um meine Familiengeschichte zu begreifen, muss ich sie doch nicht veröffentlichen?
Ein abschließendes Urteil? "Café Heimat" hat in mir nicht das Gefühl zurückgelassen, dass ich gern gehabt hätte. Ich war nicht zufrieden, aufgrund der oben erähnten Mängel. Ich war aber auch nicht unzufrieden, denn ich habe viele Informationen erhalten, sowohl aus dem Kaffeebetrieb als auch aus dem Familienleben einer jüdischen Familie. Ich bin einfach zwiegespalten...
Vielleicht hat noch jemand dieses Buch gelesen und kann meine Meinung ergänzen?