Erzählerstimme gesucht

  • Hallo Leute,

    Mich würde interessieren, wie ihr eine Erzählerstimme charakterisiert/definiert.

    Man kann leicht sagen, dass man seinen Geschichten zuhören soll, dann hört man jene Stimme. Aber das ist ähnlich hilfreich, wie wenn gesagt wird, dass die Figuren mit am Frühstückstisch sitzen oder die Bücher einem zugelaufen kommen. Das stimmt zwar, hilft aber denen nicht weiter, die sich bei solchen Aussagen die Stirn reiben. s5 Grin

    Woran kann man eine Erzählerstimme festmachen? Wie setzt sie sich zusammen?
    Ein Beispiel: Die Geschichte wird personal erzählt. Muss ich also die Intelligenz der Figur bedenken, ihre momentane Emotionalität und die Situation und Zeit, in der sie sich befindet?
    Wenn ich also von einem dumpen Mörder im Jahre 2000 erzähle, kann ich mich wohl schlecht der Sprache eines Mittelalterromans bedienen und den Text wohl auch nicht mit Fremdwörtern überhäufen. (Natürlich gibts Ausnahmen, aber das lassen wir mal)

    Finde ich also die Erzählerstimme, wenn ich sie der Figur und der Zeit anlehne - und natürlich bedenke, für welche Zielgruppe ich schreibe?

    Und doch scheint mir das nicht so einfach zu sein. Denn wie schreibe ich einen Roman, in der die Geschichte von mehreren Figuren personal erzählt wird?
    In meinem Erstling schlüpfe ich in ein Kind, das mißbraucht wird, in einen Penner, in eine Studentin, die Angst vor Gefühlen hat, in eine andere Studentin, die sich nach Liebe sehnt, in eine Figur, die die Welt bereist, in eine Figur, die nicht über die Ländergrenzen hinausgekommen ist, usw.
    Die Erzählerstimme verändert sich aber nicht großartig. Ich habe sie also nicht an die Figuren angelehnt, sondern der Geschichte und dem Genre. Hätte ich sie an die Figuren angelehnt, wäre es wohl nicht lesbar geworden.

    Wird also die Erzählerstimme von der Geschichte und dem Genre formuliert? Das scheint mir auch zu einfach zu sein. Schließlich sind Genrestimmen auch nicht immer gleich.

    Ich hab in letzter Zeit drei histroische Romane gelesen. Und alle drei unterscheiden sich in der Erzählerstimme erheblich. Wobei zwei ähnliche Themas behandelten.

    Woran kann ich also festmachen, dass ich die richtige Erzählerstimme gefunden habe? Woran orientiert sich sie Erzählerstimme?


    Meiner Meinung nach ist es ein Mix aus Figuren/Genre/Zeit/Zielpublikum.


    Bin auf Eulenmeinungen sehr gespannt.


    Grüße
    Quidam

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  • Hi Quidam,
    interessante Frage, zumal Du Dich an ein schwieriges Projekt gemacht hast.
    Ich denke, die Figuren dürfen unterschiedliche Erzählerstimen haben, wichtig ist nur, daß Du dem Leser einen roten Faden bietest, an dem Du ihn durch die Zusammenhänge leitest. Ein mißbrauchtes Kind, ein Obdachloser und eine Studentin haben ganz sicher unterschiedliche Sprachschätze, die sich gut zur Chrarakterisierung eignen. (Genau wie ander Macken...)
    Bei einer Überfülle von Handlungsnamen können sprachliche Merkmale für einen Leser bisweilen hilfreich sein.
    Hast du vor, die jeweilen Handelnden selbst rerden und denken zu lassen, oder gibt es auch noch Dich (den Erzähler), der dem Leser Handlungen der Personen erläutert.
    Ohje, das war nun ein bisschen kryptisch, fürchte ich.
    Wünsche Dir alles gute für den Roman.


    Lesemotte

    Es gibt weder moralische noch unmoralische Bücher. Bücher sind gut oder schlecht geschrieben, nichts sonst.
    Oscar Wilde

  • Hallo Lesemotte,


    danke für deinen Kommentar!
    Bei meinem Roman habe ich eigentlich garnichts mehr vor, denn der erscheint in wenigen Wochen. :-]
    Und da passt auch die Erzählerstimme.
    Die Geschichte ist einer einheitlichen Erzählerstimme zugrunde gelegt und je stärker ich in die personale Erzählweise geschlüpft bin, desto stärker habe ich die Erzählerstimme danach orientiert.


    Es gibt da scheinbar einen großen Unterschied zwischen Ich-Perspektive und Er/Sie-Perpektive. Bei der Ich-Perspektive muss die Erzählerstimme die Stimme der Figur sein.


    Grüße
    Quidam