'Werte' - Leben und Sinn

  • Der Ausschnitt aus Der Leopard von Giuseppe Tomasi di Lampedusa fand ich sehr gut gewählt.
    Eigentlich habe ich die Verfilmung von Visconti aufgrund der opulenten Bilder künstlerisch immer höher eingeschätzt als den Roman, aber diese Sterbensszene mit Innenansicht ist literarisch stärker auszudrücken als durch eine visuelle Form.

  • Schön und zeitlos auch das Kapitel aus "Von der Kürze des Lebens" von Seneca, der mit Paulina verheiratet war, die ihm in den Tod folgen wollte. Paulina hatte sich ebenfalls die Adern aufgeschnitten, wurde jedoch auf Neros Befehl gerettet und zum Weiterleben gezwungen.


    Aber wer ist Paulinus?

  • Das erstaunliche an der Textauswahl zum Sinn bzw. der Sinnlosigkeit des Lebens ist, dass ihnen trotz ihrer unterschiedlichen, ja sogar gegensätzlichen Erkenntnisse, gemeinsam ist, dem Leser etwas tröstendes zu geben.


    Sysiphos sinnloses tun hat für ihn seinen eigenen Wert. Das Deep Thought die Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens gibt, ist erhebend. Auch wenn man die Antwort nicht versteht: wenn es eine Antwort gibt, dann muss es den Sinn doch auch geben!
    Schopenhauers Ethik, Giuseppe Tomasi di Lampendusas Fürst und Frau Seidenman erwarten den baldigen Tod; durch z.B. die Überwindung der Furcht davor, verliert auch der Tod seine Bedrohung.


    All das gibt mir Leser irgendwie Hoffnung und daher denke ich, dass es sich um wirklich große Texte handelt, die entsprechend zusammengestellt sind.

  • Zuerst einmal kurz zum Aufbau: Ich finde die Kapitelgestaltung sehr gelungen. Zuerst der erläuternde Text und dann die einzelnen Textstellen als Anregung zum selber darüber weiterdenken.


    Das erste Thema ist ja schon ein ziemlich großes und auch schwer zu beantwortendes. Wenn man sich die Frage nach dem Sinn des Lebens stellt, dann kann man wenn man sich die Frage in einem kleineren Kontext stellt noch leichter zu einer Antwort kommen, als wenn man es sich im Zusammenhang mit der gesamten Weltgeschichte stellt.


    Der Textausschnitt von Senecas "Über die Kürze des Lebens" gibt dazu eine recht gute Antwort, wie ich finde. Im Grunde ist das Leben immer das, was wir selbst daraus machen. Jeder ist seines Glückes Schmied. Jemand der 120 Jahre alt wird kann ein weniger erfülltes Leben haben, als jemand der nur 20 Jahre alt wird, aber sein Leben nützt.

  • Zitat

    All das gibt mir Leser irgendwie Hoffnung und daher denke ich, dass es sich um wirklich große Texte handelt, die entsprechend zusammengestellt sind.


    Genauso hab ich das ebenfalls empfunden, wobei ich sagen muß, daß mir die Texte in diesem Abschnitt bisher unbekannt waren. :grin


    Zitat


    Ich finde die Kapitelgestaltung sehr gelungen. Zuerst der erläuternde Text und dann die einzelnen Textstellen als Anregung zum selber darüber weiterdenken.


    Hier stimme ich dir zu, allerdings hab ich nen Moment gebraucht, bis ich verstanden hab, daß es da nicht weitergeht mit den Überlegungen P.P's sondern mit den zu vor genannten Texten. (Lag wohl am Wein... )


    Bisher ist immer noch alles recht klar und leicht verständlich, es regt zum Weiterdenken an und ich hoffe ich werd nicht wieder zu grüblerisch.
    Was mich allerdings stört, ist daß ich noch nicht mal bei Seite 30 bin und schon mehr als 4 Rechtschreibfehler im Text hatte.
    (Aus liegen wurde lieben, aus Haufen Haufe, etc.) Sowas ist wirklich ärgerlich, aber wenn ich mir meine letzten gelesenen HC ansehe, dann scheint eine perfekte Orthographie nicht mehr zum Wichtigsten eines schönen Buches zu gehören. Sehr Schade.


    Ach ja, nett fand ich auch hier den Themeneinstieg mit dem Streit mit seinen Eltern, den so oder ähnlich wohl schon jeder Mal erlebt hat. Sehr anschaulich... :-]

  • Zitat

    Original von Babyjane


    Genauso hab ich das ebenfalls empfunden, wobei ich sagen muß, daß mir die Texte in diesem Abschnitt bisher unbekannt waren. :grin


    Ich kannte Monthy Python´s Das wars, Per Anhalter durch die Galaxis, Der Mythos von Sisyphos (teilweise) und Der Leopard.
    Schopenhauer habe ich auch schon gelesen, aber ob genau dieser Abschnitt dazu gehörte, weiss ich nicht mehr. :gruebel


    Von Hamlet und Faust habe ich schon mal gehört! :grin


    Und nach dem Lesen dieses beeindruckenden Ausschnittes kommt Die schöne Frau Seidenman von Andrzej Szczypiorski auf meine Wunschliste.

  • Zitat

    Original von taciturus
    Zuerst einmal kurz zum Aufbau: Ich finde die Kapitelgestaltung sehr gelungen. Zuerst der erläuternde Text und dann die einzelnen Textstellen als Anregung zum selber darüber weiterdenken.


    :write
    Ich möchte ich mich voll und ganz anschließen, das ist wirklich gut gelungen.


    Ich genieße die einzelnen Textstellen sehr, und bin auch vom zeitlichen Aufbau begeistert. Ich habe beim Lesen eine gewisse Unruhe an mir bemerkt und konnte erst das Buch wieder aus der Hand legen, als ich im 20.Jhd. angekommen war. Wirklich spannend, dieser Zeitbogen zu jedem der Themen.


    Eine Ausnahme habe ich mir allerdings gegönnt: Aurelius Augustinus mit seiner Lebenswende habe ich mir "geschenkt", habe ich wahrscheinlich keinen Zugang zum Thema. Aber nachdem das Buch ein Lesebuch ist, werde ich es zu einem späteren Zeitpunkt nochmals versuchen. Vielleicht kommt ja auch dazu eine Diskussion auf und heizt mein Interesse wieder an :grin


    Bei Shakespeares Hamlet hat mich die Frage nach der deutschen Übersetzung am Rande beschäftigt, im allgemeinen sowie im speziellen. Da können mir die Germanisten in der Runde vielleicht weiterhelfen. Wie übersetzt man Altenglisch in Deutsch, ohne Verluste von Text, Bedeutung und Reimform?
    Ich habe mir diese Frage so noch nie gestellt.


    Daß Jean de la Fontaine so interessant zu lesen ist, hat mich dann auch gleich überrascht, wirklich gut!


    Dann der alternde Faust, toll.


    Von der Nichtigkeit und dem Leiden des Lebens schreibt Schopenhauer und macht keinen Hehl daraus, daß das nichts wird mit dem Glück, gebiert doch jeder befriedigte Wunsch sofort einen neuen.
    Unablässige Mühe und stete Sorge im täglichen Kampf haben wir den Tod im Prospekt.....
    "Die komparativ Glücklichen sind es meistens nur scheinbar, oder aber sie sind, wie die Langlebenden, seltene Ausnahmen - als Lockvogel.
    Na, gute Nacht, Herr Schopenhauer!


    Die Stelle aus dem Leopard von Lampedusa hat mir wahnsinnig gut gefallen. Dieses Buch würde ich auch sehr gerne im Rahmen einer Leserunde lesen. Was haltet ihr davon?
    Diesen Text werde ich sicher noch öfter lesen, hat mich sehr ergriffen.


    Viktor Frankl vertritt die Ansicht, daß alle unsere Bedürfnisse in unserer Wohlstandsgesellschaft befriedigt werden (können) bis auf eines, das Sinnbedürfnis.


    Kleiner Exkurs ins Marketing: hier steht an erster Stelle die Frage nach dem Nutzen für den Käufer eines Produktes. Ohne Nutzen kann das Produkt noch so gut, schön, ...sein, niemand wird es kaufen.


    Frankl schreibt über den israelischen Maler und Bildhauer Yehuda Bancon, den ich bisher nicht kannte, der die Meinung vertritt, daß jedes Leid dem Menschen die Chance gibt, an ihm zu wachsen, sich zu ändern.
    Bacon: " Das Leiden hat einen Sinn, wenn du selbst ein anderer wirst".
    Könnte bedeuten, nur wenn ich leide kann ich mich weiterentwickeln. Und weitergedacht, daß allem großem menschlichen Schaffen große Probleme und Leid zugrunde liegen, die uns antreiben und der Motor für z.b. Kunst sind.


    Douglas Adams kannte ich bisher nicht. "Per Anhalter durch die Galaxis" habe ich aber blitzschnell auf meine WL gesetzt, das könnte meine Jungs auch interessíeren.


    Jetzt bleibt mir nur noch die schöne Frau Seidenmann übrig, ein schrecklicher Abschluß von Leben und Sinn.


    Habe schon überlegt, ob wir nicht gemeinsam eine Aufstellung der jeweiligen Kernaussagen zusammenstellen sollten, um in der Diskussion sofort darauf zurückgreifen zu können.


    Resümee bisher: Habe großen Spaß an diesem Buch, bin begeistert über den Aufbau der Kapitel, erlaube mir auch mal was auszulassen, so wie z.B. den Augustinus, werde nicht quer lesen, sondern gnadenlos von A-Z, habe einige Texte zum wiederlesen markiert und hole mir unendlich viele Leseanregungen!


    Bin sehr zufrieden bisher!

    so many books...so little time



    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Eli ()

  • Zitat

    Original von taciturus
    Zuerst einmal kurz zum Aufbau: Ich finde die Kapitelgestaltung sehr gelungen. Zuerst der erläuternde Text und dann die einzelnen Textstellen als Anregung zum selber darüber weiterdenken.


    Dieser Meinung möchte auch ich mich voll anschließen. :-)


    Zitat

    Original von Eli
    Habe schon überlegt, ob wir nicht gemeinsam eine Aufstellung der jeweiligen Kernaussagen zusammenstellen sollten, um in der Diskussion sofort darauf zurückgreifen zu können.


    Interessanter Vorschlag! So eine Aufstellung würde ich sehr nützlich finden.
    Allerdings stelle ich es mir schwierig vor, immer einen Konsens zu finden, was die Kernaussage eigentlich ist. :gruebel

  • @ Palomar
    Die Frau Seidenmann hab ich noch hier stehen, ungelesen.
    Ich meinte mehr den Seneca und den Leopard... vom Rest hat man doch zumindest schon mal gehört, wobei ich glaub Seneca mal in Alt-Griechisch übersetzt zu haben, aber ich bin nicht sicher, ist lange her. :grin

  • Zitat

    Original von Herr Palomar


    Interessanter Vorschlag! So eine Aufstellung würde ich sehr nützlich finden.
    Allerdings stelle ich es mir schwierig vor, immer einen Konsens zu finden, was die Kernaussage eigentlich ist. :gruebel


    Soll ich euch noch einen Thread für Hintergrundinformationen einrichten? :wave

  • Zitat

    Original von Babyjane
    @ Palomar
    Die Frau Seidenmann hab ich noch hier stehen, ungelesen.
    Ich meinte mehr den Seneca und den Leopard... vom Rest hat man doch zumindest schon mal gehört, wobei ich glaub Seneca mal in Alt-Griechisch übersetzt zu haben, aber ich bin nicht sicher, ist lange her. :grin


    Seneca = Römer = Latein, wie kommt der dann zu Alt-Griechisch?

  • Zitat

    Original von Wolke
    Soll ich euch noch einen Thread für Hintergrundinformationen einrichten? :wave


    Danke, Wolke!
    Ich glaube, das wäre sehr hilfreich!


    Da können dann auch die Latein- und altgriechichisch-kundigen Spezialisten einspeisen. :grin

  • Danke auch von mir, Wolke!
    Inhaltlich dachte ich daran, daß wir uns einen Abriß des Abendlandes gemeinsam "basteln", in dem wir jeden Text aus dem Buch, den Autoren mit Zeitangabe und eine Kernaussage, die wir aus dem Text ableiten, auflisten, von Kapitel zu Kapitel erweitern und ev. dann am Ende des Buches zeitlich neu reihen. Wird insofern spannend, wie Herr Palomoar schon gesagt hat, als wir dann gemeinsam versuchen müssen, eine solche Aussage zu finden, diese ergänzen und beliebig um weitere Infos erweitern können. Sicher können wir hier auf Peters Hilfe zählen....


    Vielleicht in der Art:
    Alber Camus (1913 - 1969)
    "Der Mythos von Sisyphos"
    Hauptthema: Der Mensch auf der Suche nach dem Lebenssinn


    In dieses Grundgerüst könnten wir dann in Folge beliebige Infos einfließen lassen und haben das ganze Abendland in der Tasche :lache


    Über einen Titel grüble ich noch....


  • Wenn ihr einen Titel sowie eine genaue Beschreibung für den Thread habt, schickt es mir bitte per PN oder mail, ich lege den Thread dann entsprechend an :wave

  • [quote]Original von Babyjane
    [QUOTE]
    Was mich allerdings stört, ist daß ich noch nicht mal bei Seite 30 bin und schon mehr als 4 Rechtschreibfehler im Text hatte.
    (Aus liegen wurde lieben, aus Haufen Haufe, etc.) Sowas ist wirklich ärgerlich, aber wenn ich mir meine letzten gelesenen HC ansehe, dann scheint eine perfekte Orthographie nicht mehr zum Wichtigsten eines schönen Buches zu gehören. Sehr Schade.


    quote]


    Genau! Rechtschreibfehler finde ich auch schlimm. Auch das nach wie vor die alte Rechtschreibung angewendet wird mag ich nicht (ok mag als Sekretärin berufsbedingt sein). :-(

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein