Hier kann zu den Kapiteln "Idealismus und Realismus"geschrieben werden.
'Werte' - Idealismus und Realismus
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Idealismus und Realismus - ein Gegensatzpaar nur deshalb, weil die Realität eben nicht ideal ist...
Shaws Zitat im Einleitungsteil (S. 360) hat mir gut gefallen, Fortschritt wird von Idealisten gemacht. Positiver Fortschritt allerdings nur.
Ich musste an ein Sprichwort denken, dass ich mal irgendwo gelesen habe:
"Man kann nicht jedem helfen", sagt der Engstirnige. Und hilft keinem.
Ich glaube, man MUSS nicht durch und durch Idealist sein wie Mutter Teresa (mit deren Text ich übrigens gar nichts anfangen konnte...), sondern es reicht, ein bisschen idealistisch zu handeln, in den Grenzen und Möglichkeiten, die der Einzelne hat, um die Realität ein bisschen besser zu machen. Wie war das noch mit dem Äthiopien-Projekt von Karlheinz Böhm damals bei Wetten Dass...? Wenn nur jeder 1 DM spendet...Macchiavelli
Ganz schön direkt der Text, echte Idealisten sind hier die Verlierer, wer sich idealistisch verhält, dann bitte schön nur zur Zielverfolgung, aber Idealismus aus Berechnung ist meiner Meinung nach ein Paradoxon.de Cervantes
Ach ja, Don Quijote SUBt auch noch *seufz*. Allerdings sehr amüsant, wie sich Quijote rausredet und so SEINE Realität beibehält (S. 371). Ist allerdings nicht nur in der Literatur, sondern auch im echten Leben häufig zu beobachtenDarwin
Nicht umsonst wird seine Abstammungslehre als zweite große Kränkung der Menschheit bezeichnet... Der Mensch als Produkt der Evolution und keineswegs als Gottes Meisterstück. Wobei sich das je nach Betrachtungsweise auch nicht unbedingt ausschließen muss...Dickens
Rüttelt mit der Beschreibung der realen Zustände auf, und ist doch eigentlich Idealist, denn enden seine Geschichten nicht immer mit einem Happy-End?Popper
Den Zusammenhang mit Idealismus verstehe ich nichtCanetti
Seinen Protagonist Kien empfinde ich nicht als Idealisten, er ist in dieser Szene doch vielmehr in Gedanken versunken bzw. einem Missverständnis aufgesessen oder sonstwie in seiner Welt gefangen, als dass er die Realität nicht wahrnimmt oder erkennt. Aber wo ich hier der Idealismus? -
Dieses Kapitel hat mich sehr interessiert, da die Balance zwischen Idealismus und Realismus zu finden, eine regelmäßig wiederkehrende Aufgabe sein kann.
Eine gewisse Portion Idealismus wird manchmal benötigt um herausfordernde Aufgaben anzugehen und zu bewältigen. Gerade dieser Idealismus wird von den Super-Realisten dann als Naiv verurteilt, wenn sie nur auf den kurzfristigen Benefit blicken und verweisen.Don Quijote:
Don Quijote hat mich eigentlich überzeugt, dass sich der Kampf gegen die Windmühlen lohnt, wenn die Alternative nur ist, es gleich bleiben zu lassen.
Im Gegensatz zu Don Quijote kann ein einigermaßen normaler Mensch diesen Kampf aber nur gelegentlich aufnehmen um nicht letztendlich zermürbt zu werden. Dann löst sich der Idealismus, den nur ein Don Ouijote im Übermaß besitzt, in Luft auf.Eine Weihnachtsgeschichte:
Dickens Weihnachtsgeschichte ist durch zahlreiche Verfilmungen sehr bekannt.
Scrooge tiefe Überzeugung an den Nutzen der Sparsamkeit ist Realismus und sein Idealismus in eins. Scrooge ist bei mir natürlich auch sehr vorbelastet durch sein amerikanisches Pendant: Dagobert DuckDer Albatros:
Baudelaire hat schon in den Blumen des Bösen im Kapitel Schönheit und Wahrheit einen Blick auf die Schönheit des hässlichen geworfen. In großen Mengen eher abstoßend, aber das Bild des Albatross als Sinnbild der schönen Künste in der realistischen Welt finde ich teilweise zutreffend, wenn ich daran denke, dass bei Kultur als erstes gekürzt wird, wenn die Politik beschließt irgendwo einzusparen und dann gerade die ambitioniertesten Theater schließen müssen.Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
Der Ausschnitt aus Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk zu lesen hat Spaß gemacht, auch wenn ich nicht weiß, ob ich diesen Stil einen ganzen Roman durchhalten würde.
Mir war nicht ganz klar, ist Schwejk jetzt Realist, weil er es schafft sich aus den schwierigen Situationen mit Bauernschläue herauszuwinden oder ist er Idealist, weil er mit seiner Art das militärische System aushöhlt und der Lächerlichkeit preisgibt?Die Blendung:
Canetti wollte ich immer mal lesen, habe es aber bisher nie geschafft. Deshalb bin ich froh über diesen beeindruckenden und beklemmenden Text. Kiens Idealismus finde ich sehr negativ und selbstzerstörerisch. Deshalb tut er mir Leid im Gegensatz zu Don Quijote oder Scrooge.
Insgesamt bin ich einverstanden mit millas Meinung, dass dies kein wahrer Idealismus ist.
Auf jeden Fall möchte ich Die Blendung jetzt auch mal ganz lesen.Ich öffne das Fenster:
Die Wahl von Bronislaw Majs Gedicht zum Ausklang dieses Kapitels ist sehr schön getroffen.
Ist dieser Dichter bei seiner Aufforderung … werde endlich erwachsen … nicht auch ein Idealist. Gefällt mir jedenfalls sehr.Insgesamt ein schönes Kapitel, mit dem ich mehr anfangen konnte als mit den unmittelbar vorgehenden.
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@ milla
Liest Du die einzelnen Kapitel eigentlich durcheinander?Zum Thema:
Das Eingangsbeispiel mit Terre des Femmes zeigt schon mal die Schere, die oft zwischen Idealismus und Realismus aufklafft.
Man würde ja so gerne dies und das Gutes tun, hat aber keine Zeit... oder kein Geld... oder irgendetwas anderes, das einen daran hindert, das Gute zu tun, das man eigentlich tun möchte. Und so tut man doch nichts – findet es aber gut, wenn andere sich engagieren. Wie oft geht es jedem von uns nicht selbst so? Doch wenn wir ehrlich sind, ist es oft nur die eigene Bequemlichkeit, die uns abhält.Die Frage ist natürlich die, wie sich unsere idealististischen Ideen mit den Pflichten der Realität in Einklang bringen lassen können. Sicher gelingt das nicht immer gleich gut. Doch ich denke, der Weg ist das Ziel. Immer die gute Absicht im Blick und dann das geben, was man im Moment geben kann, ist doch weitaus besser als von vornherein die Segel zu streichen. Da passt millas Beispiel mit der Aktion von Karlheinz Böhm auch wirklich gut dazu!
Dieser Satz aus der Einleitung hat mir übrigens besonders gut gefallen: „Wer nach den Sternen greift, muß mit beiden Füssen auf dem Boden stehen!“ Hier würde mich die Quelle interessieren. Oder stammt dieser Satz aus Peter Pranges Feder?
de Cervantes
Da kann ich millas Statement
Allerdings sehr amüsant, wie sich Quijote rausredet und so SEINE Realität beibehält (S. 371). Ist allerdings nicht nur in der Literatur, sondern auch im echten Leben häufig zu beobachten
nur beipflichten. Allerdings ist dieses Phänomen im echten Leben eher weniger amüsant.Darwin
Hmmmm, der Darwinsche Text war nur kurz – aber irgendwie passte er für mich persönlich nicht so recht in dieses Thema. Oder soll ich das so betrachten, daß mir hier – stark vereinfacht - gesagt werden soll, daß die beiden Theorien „Der Mensch als Produkt der Evolution“ dem Realismus und „Der Mensch als Gottes Meisterstück“ dem Idealismus entsprechen?
Wobei ich mich hier milla anschließe, daß sich beide Theorien nicht gegenseitig ausschließen müssen!Charles Dickens
Ich mochte diese Geschichte schon immer, die Wandlung des zynischen, geizigen Scrooge in einen besseren Menschen. Ganz sicher spielen darin aber auch die Varianten der Geschichte mit, die ich von Disney und von den Muppets kenne. Einfach hinreißend!Hier bin ich aber nicht ganz eins mit Herrn Palomar, der schrieb: Scrooge tiefe Überzeugung an den Nutzen der Sparsamkeit ist Realismus und sein Idealismus in eins. Für mich hat eigentlich Scrooges Neffe den Idealismus verkörpert, denn obwohl arm, war er doch immer guter Dinge – selbst zu seinem mißmutigen Onkel. Wobei Scrooge eigentlich auch nicht wirklich Realist ist, sondern wohl eher Pessimist mit Tendenz zum Nihilisten ;-).
Dennoch eine schöne Geschichte, die ich schon längst einmal im Original lesen wollte.
Ulenspiegel
Ein Schelm, aber einer der böseren Sorte. Allerdings habe ich hier für mich vergeblich versucht, den Zusammenhang zum Thema Idealismus und Realismus herzustellen. Wohl, weil er den anderen eine andere Realität vorgaukelt?Der brave Soldat Schwejk
Der Auszug aus dem Roman war in der Tat recht amüsant – aber ein ganzes Buch lang würde ich diesen Stil nicht lesen mögen. Schwejk mag dumm und naiv sein – aber mit Sicherheit nicht so sehr, wie er seiner Umwelt vormacht.Ich würde ihn eher als Realist einstufen, denn trotz seiner Bauernschläue traue ich ihm nicht den Grips zu, denn man bräuchte um das militärische System auszuhöhlen. Aber vielleicht gibt es ja auch noch andere Ansichten zu diesem Punkt?
Mutter Teresa
Ist eigentlich ein Musterbeispiel für Idealismus: Sich selbst um seiner hehren Ziele willen vollständig zurückzunehmen – das hat etwas so Abgehobenes für sich und ist fern jeder Realität. Und doch hat diese kleine Frau im Laufe ihres Lebens so viel bewirkt und soviel Gutes getan.Ich öffne das Fenster
Das Gedicht hat mir gefallen und auch wieder nicht. Ich hätte ihm einen anderen Rhythmus gegeben, aber das gehört ja nun gar nicht hierher. Ein guter Ausklang dieses interessanten Kapitels ist es aber auf jeden Fall.Im Laufe der Lektüre bin ich auch schon auf hochinteressante Kapitel gestossen und auf solche, mit denen ich eher weniger anfangen konnte. Dieses war auch für mich eindeutig eines der interessanteren!
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Zitat
Original von Batcat
@ milla
Liest Du die einzelnen Kapitel eigentlich durcheinander?
Ja, ich hab mich einfach immer treiben lassen - wenn mich das eine Kapitel zu einem anderen im Buch behandelten Thema geführt hat, hab ich dort einfach weiter gelesenZitatOriginal von Batcat
Charles Dickens
Dennoch eine schöne Geschichte, die ich schon längst einmal im Original lesen wollte.
Charles Dickens im Original: Und gar nicht so schwer!! Zu der Weihnachtsgeschichte hatten wir doch sogar mal (2005) eine Leserunde.