'Werte' - Selbstverwirklichung und Solidarität

    Selbstverwirklichung und Solidarität - da musste ich sofort an "gesunden Egoismus" denken, doch das trifft es nicht ganz... Zu Beginn dieses Kapitels war mir das Wortepaar einleuchtend und im ersten Moment dachte ich: Na klar, geht beides! Doch am Ende des Kapitels bin ich mir da nicht mehr so sicher.... Eine Kombination ist sicher möglich, wenn auch mit gewissen Abstrichen...


    Schopenhauer
    Die Stachelschweine kannte ich gar nicht - ok, kein Wunder, seit der Schule habe ich um Schopenhauer einen großen Bogen gemacht. Doch dieser Vergleich ist gar nicht mal schlecht... Wobei ich noch ergänzen möchte, dass die Stacheln nicht nur Schutz vor den "widerwärtigen Eigenschaften und unerträglichen Fehlern" der anderen bieten, sondern auch den persönlichen Freiraum (im übertragenen und wahrsten Sinne des Wortes) symbolisieren - relativ unabhängig vom Gegenüber. Es gibt nichts schlimmeres als wenn Menschen, diesen nicht akzeptieren, furchtbar! :fetch


    Ibsen
    Wieder eine Inspiration zu einem Dramatiker, den ich bislang einfach übersehen habe, danke! :-] Der Auszug aus dem Stück Nora gefällt mir gut, natürlich spiegelt sich hier das Frauenbild des 19. Jahrhunderts wider - doch ist es heute wirklich so viel anders? Nicht nur auf Frauen bezogen, sondern generell auf Personengruppen, neigen wir doch auch heute noch dazu, Menschen aufgrund ihrer Aufgabe und Rolle zu beurteilen, dabei sagt Nora zu Recht: "Vor allem bin ich ein Mensch" :anbet


    Beauvoir
    Es geht gar nicht darum, dass Männer und Frauen alles gleich KÖNNEN, vielmehr darum, dass sie alles gleich DÜRFEN - wobei gerechtfertigterweise der Einwand von Männern kommt: Dann sollen sie aber auch alles gleich MÜSSEN. Oder nicht? Mal ehrlich, wer möchte denn bitte wirklich alle Möbel selbst aufbauen, den Wagen selbst reparieren oder die schweren Getränkekästen selbst schleppen? ... :grin Spaß beiseite, es geht ja eigentlich um viel wichtigere Dinge als diese kleinen alltäglichen Dinge - aber angenehm sind sie schon... :lache


    Kolakowski
    Beeindruckender Text, der gekonnt genau die beiden Begriffe des Kapitels unter einen Hut zu bringen vermag - Selbstverwirklichung im Sinne der Solidarität, ABER: nicht ohne den Hinweis auf die darin verborgene mögliche Gefahr! Gefällt mir gut :-]


    @ Peter
    Kolakowski konnte ich im Quellenverzeichnis nicht finden - aus welchem Buch stammt es? "Mini-Traktate über Maxi-Themen" (hört sich nicht schlecht an)?
    Und gibt es eine Übersetzung von "Piazza Grande" von Lucio Dalla? :help


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    notiert zum Nachlesen:
    - ein Werk von Ibsen, nach kurzem Stöbern habe ich mich für "Gespenster" entschieden :write

    Zitat

    Original von milla


    @ Peter
    Kolakowski konnte ich im Quellenverzeichnis nicht finden - aus welchem Buch stammt es? "Mini-Traktate über Maxi-Themen" (hört sich nicht schlecht an)?
    Und gibt es eine Übersetzung von "Piazza Grande" von Lucio Dalla? :help


    :write


    Hallo Milla, beide Texte sind in den tiefsten Tiefen meines Kellers vergraben. Bin gerade ziemlich unter Druck, sodass ich einfach nicht die Zeit habe, sie heraus zu suchen. Wenn Du mir aber eine Mail schickst und etwas Geduld hast, will ich Dich bei Gelegenheit gern mit Dalla und Kolakowski versorgen. Zwischen den Jahren habe ich hoffentlich etwas mehr Luft.

    Beim Thema Selbstverwirklichung habe ich eigentlich nicht immer sofort an Solidarität oder einen Konflikt damit gedacht.
    Aber Selbstverwirklichung kommt bei mir auch immer nur im kleinen Rahmen in Frage, z.B. durch meine Arbeit, so dass eine Solidarität nicht unbedingt immer benötigt wird, aber auch nicht im Wege stehen muss.


    Schade, dass die von Peter anfangs erwähnten Bücher Glasperlenspiel oder Brüder Karamasow es nicht mit Texten in "Werte" geschafft haben.


    So gefiel mir am besten der Textauszug aus dem Zauberberg von Thomas Mann, ein Lieblingsbuch von mir.


    Settembrinis Rat ist Hans Castorp ja nicht gefolgt. Ziemlich beleidgend übrigens, dass der Humanist (und mit ihm Thomas Mann?) den Ingenieursberuf so auslegt, dass Castorp kein geistiger Mensch wäre.
    Ich finde nicht, dass sich das ausschließt. Aber ich bin ja auch parteiisch. :grin

    Zitat

    Original von Herr Palomar
    Beim Thema Selbstverwirklichung habe ich eigentlich nicht immer sofort an Solidarität oder einen Konflikt damit gedacht.


    Also im großen Rahmen ich auch nicht - aber im kleinen auf jeden Fall, Stichwort Partnerschaft.... Da sind Konflikte häufig vorprogrammiert, wenn das Wort Selbstverwirklichung nur fällt...

    Selbstverwirklichung und Solidarität - Sind das denn zwingend konträre Begriffe? Kann ich mich nicht selbst verwirklichen UND gleichzeitig Solidarität zeigen? Was hat sich der Autor dabei gedacht? Ich hoffe, die Auswahl der Texte wird es mir zeigen!


    Schopenhauer
    Schopenhauer und ich sind keine guten Freunde, also wollte ich diesen Absatz erst überlesen. Als ich aber sah, daß er nur so kurz ist, habe ich ihn halt doch gelesen und fand ihn überraschenderweise ganz passend. Schöner kleiner Vergleich!


    @ milla
    Mich macht das auch wahnsinnig, wenn mir jemand sprichwörtlich zu nahe auf den Pelz rückt. Ich brauche auch meinen Freiraum!


    Ibsen
    *seufz* Und wieder eine Inspiration mehr, wie milla schon vor mir so treffend bemerkte. Ein Text, der zur Zeit seines Erscheines ganz sicher starker Tobak war. Eine Zeit, in der Frauen oft noch gerne dumm gehalten wurden und kein eigenständiges, selbstverwirklichtes Leben führen konnten. Mich würde hierbei natürlich interessieren, wie Nora nach und nach zu ihren Erkenntnissen und ihrem Entschluß kam. Aber dazu werde ich wohl „Nora“ lesen müssen.


    Diese Leserunde zieht Ausgaben nach sich, deren Höhe ich noch gar nicht abschätzen kann! :cry

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)