Inhalt laut Klappentext:
Tagame – so heißt der japanische Schildkäfer. Und Schildkäfer nennt Kogito den Rekorder, mit dem er die Bänder abhört, die ihm sein engster Freund Goro vor seinem Freitod besprochen hat. Mit Tagame, der Stimme des Freundes, führt Kogito ein fiktives Gespräch über den Tod hinaus. Er erinnert die gemeinsame Jugend zur Zeit der amerikanischen Besatzung, die Bedrohung durch die japanische Mafia und die geteilte Leidenschaft für Filme und Frauen. Aber was hat Goro, den berühmten Filmemacher, in den Tod getrieben? Die Suche nach einer Antwort führt Kogito von Tokyo nach Berlin. Je tiefer er in die Erinnerungen hinabsteigt, desto bewegender wird seine Entdeckung der fremden Stadt, desto aufwühlender die Bekanntschaften mit den Studenten, die er als Gastprofessur trifft. Als eines Tages eine alte Bekannte seines Freundes auftaucht, die Goro während der Berlinale kennengelernt hatte, erscheint das gemeinsam Erlebte in einem ganz anderen Licht.... Oe zeichnet das Porträt einer außergewöhnlichen intimen Freundschaft. Einfühlsam und schonungslos spürt er den Brüchen beider Leben nach.
Zum Autor laut Klappentext: Kenzaburo Oe, geboren 1935 auf der Insel Shikoku, Romanistik-Studium an der Tokyo University. Abschluß mit einer Arbeit über Sartre, schrieb Essays, Geschichten und Romane. Mit 23 Jahren erhielt Oe den renommierten Akutagawa-Preis, es folgten zahlreiche weitere Auszeichungen - darunter 1994 der Nobelpreis für Literatur. Oe lebt in Tokyo
Nora Bierich, geboren 1958, hat Philosophie und Japanologie studiert. Neben Kenzaburo Oe übersetzte sie aus dem Japanischen Werke des Philosophen Kojin Karatani und von Haruki Murakami
Weitere (meiner Meinung nach) sehr empfehlenswerte Romane von Kenzaburo Oe:
Stolz der Toten
Ein stummer Schrei
Eine persönliche Erfahrung
Reißt die Knospen ab
2005 bei Fischer erschienen. Im Original von 2000.
Meine Meinung:
Obwohl ich diesen wunderbar komplexen und lesenswerten Roman bereit vor einigen Monaten gelesen habe, möchte ich ihn noch vorstellen, da er für mich zu den literarischen Höhepunkten der nahen Vergangenheit gehört.
Beeindruckend und reizvoll ist das Spiel zwischen Autobiographie und Fiktion.
Kogito ist Kenzaburo Oe´s Alter Ego, er teilt dessen Leben und Werk, d.h. es werden die Romane Oe´s namentlich Kogito zugeordnet und auch Oe´s Gastprofessur in Berlin gehört zu Kogitos Erlebnissen. Bei einigen Szenen, wie z.B. die regelmäßigen Überfälle auf Kogito, fängt der Leser an, zu überlegen. Ist das noch real, so absurd es sich auch liest oder ist es schon Symbolik. Dadurch schafft Oe ein literarisches Spiel, dass der Leser genießen oder erleiden kann. Auf jedem Fall muss man sich auf den Roman und seinen Stil einlassen. Hilfreich ist es auch, Oes Leben und Werk wenigstens etwas zu kennen, um die Anspielungen zu verstehen.
Mit dem Motiv des Schildkäfers gelingt dem Autor sowohl ein Kontakt mit seinem toten Freund und Schwager (und damit ein Portrait über Juzo Itami und die Filmwelt sowie die Bedrohung durch die Yakuza), aber ebenso ein kritisches Zwiegespräch mit sich selbst.
Für den deutschen Leser sind natürlich auch die Abschnitte in Berlin von besonderem Reiz.
Der Roman ist herausfordernd und nie langweilig.
10 von 10 Punkte.