Zum Inhalt:
Atemübungen schildert einen Tag im leben von Maggie und Ira Moran, einem seit 28 Jahren verheirateten Ehepaar, wie es auf den ersten Blick für den amerikanischen Mittelstand exemplarisch erscheint.
Am frühen Morgen fahren die beiden von ihrem Häuschen bei Baltimore mit dem Auto los, um Serena, Maggies bester Freundin, bei der Beerdigung ihres Mannes beizustehen, und sinken nach einem ereignisreichen Tag voller Erinnerungen, überraschender und auch überhaupt nicht überraschender Begebenheiten, voller Erwartungen, Hoffnungen, Enttäuschungen spätabends müde ins Bett: am nächsten Tag muß man früh raus, um Tochter Daisy zum College zu fahren. Ein Tag zwar nicht wie jeder andere, aber doch ein Tag, der mit seinen Aufregungen, Mißverständnissen, Verstimmungen, seinen Schrecken und seinem Glück ganz im Rahmen dessen bleibt, was sich in dieser Ehe an festgelegten Mustern und Ritualen angesammelt hat. Und die sind, dank des psychologischen Feinsinns der Autorin und ihrer bewährten Fähigkeit literarischer Darstellung, weltweit übertragbar; die Gesetzmäßigkeiten, die Anne Tyler aufspürt und die sie zwischen Komik und leiser Tragik hin und her wendet, sind von verblüffender Authentizität.
Zur Autorin:
Anne Tyler, die 1941 in Minneapolis geboren wurde, ist in North Carolina aufgewachsen. Die promovierte Slawistin ist mit ihren mittlerweile 12 Romanen eine der erfolgreichsten Autorinnen der amerikanischen Gegenwartsliteratur. So wure ihr Roman „Die Reisen des Mr. Leary“ vom „Time Magazine“ zu den fünf besten amerikanischen Romanen des Jahres 1985 gezählt, und „Atemübungen“ wurde mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet. Anne Tyler lebt mit ihrer Familie in Baltimore.
Meine Meinung:
Wie so oft verrät der Text auf der Rückseite des Buches nicht viel bzw. führt in die Irre. Einfach einen Satz mitten aus dem Buch herausgegriffen hat er eigentlich gar nichts mit dem Buch an sich zu tun.
Ich hatte mir ganz etwas anderes erwartet und war dann doch angenehm überrascht.
Besonders aufregend klingt die Geschichte von Maggie und Ira nicht gerade, zumal das Buch eigentlich nur einen einzigen Tag der beiden herausgreift. Allerdings ein Tag, der turbulent ist und Anlaß für beide gibt, über sich, die Vergangenheit, ihre Familie und die Ehe nachzudenken.
Zuerst dachte ich, jetzt kommt eine Abrechnung der vergangenen 28 Ehejahre, bei der am Ende herauskommt, dass beide ihr Leben „vergeudet“ haben und sich etwas ganz anderes vorgestellt hätten.
Aber die Autorin hat es verstanden, dass sich beide in Rückblenden - abwechselnd aus Maggie’s und Ira’s Sicht - an vergangene Ereignisse und Episoden, oft melancholisch, oft aber auch mit einer Portion Humor, an ihre gemeinsame Zeit erinnern. Beide zeigen jeweils die Fehler des anderen auf, ohne dabei zu hart mit dem anderen ins Gericht zu gehen und ich hatte beim Lesen das Gefühl, dass es gerade die Eigenheiten waren, über die man sich aufregt, die den anderen aber auch gerade deshalb liebenswert machen.
Obwohl Maggie schon fast an Realitätsverlust leidet und absolut harmoniesüchtig ist, nimmt man ihr ab, dass sie sich auf recht eigenwillige Art nur deswegen einmischt, weil sie einfach für ihre Kinder nur das Beste will - allerdings ohne an die Folgen zu denken und oft mit einem gegenteiligen Ergebnis.
Ein sehr ruhiges Buch, kurzweilig, schön geschrieben. Ich werde von Anne Tyler noch mehr lesen.
Viele Grüße
Shirat