Mann ohne Makel - Christian v. Ditfurth

  • Mann ohne Makel (Stachelmanns erster Fall) von Christian v. Ditfurth


    Ein Mann ohne Makel -- das ist der schwerreiche Hamburger Immobilienmakler Maximilian Holler. Unter Geschäftspartnern wie unter Freunden gilt er als ehrlich, zuverlässig und bescheiden. Er spendet Unsummen für wohltätige Zwecke, kurz gesagt: Er ist ein ehrenwerter Mann, ohne jeden Fleck auf der weißen Weste. Und doch muss da etwas sein. Denn irgendjemand bringt systematisch seine Familie um: Zuerst wurde seine Frau erschlagen, ein Jahr später sein zehnjähriger Sohn vergiftet und nun -- wiederum ein Jahr später -- stirbt seine sechsjährige Tochter nach dem Genuss eines mit Zyankali gefüllten Bonbons. Jedes Jahr ein Mord, eine unfassbare Serie, deren Ende nicht abzusehen ist, denn neben Holler selbst ist noch sein vierjähriger Sohn am Leben.


    Welchen Zweck haben diese Morde an der Familie eines verdienten Bürgers der Stadt? Die Hamburger Polizei tappt völlig im Dunkeln. Einer der Kommissare, die an dem Fall arbeiten, erzählt bei einem Feierabendbierchen seinem alten Freund Josef Maria Stachelmann, einem promovierten Historiker und Spezialisten für die Nazizeit, von den Ermittlungen. Stachelmann horcht auf: Irgendwo im Zusammenhang mit seinen Forschungen über die KZ-Verwaltungen und die Verstrickungen der SS hat er den Namen Holler gehört.


    Froh, für eine Weile von seinem permanent wachsenden Aktenstapel fortzukommen, der ihm immer stärker das Scheitern seiner Habilitation und damit seiner beruflichen Existenz vor Augen führt, stürzt Stachelmann sich in Nachforschungen der etwas anderen Art: In Archiven und alten Materialsammlungen versucht er herauszufinden, ob es in der dunklen Vergangenheit etwas gab, das heute jemanden dazu veranlassen könnte, so fürchterliche Rache an Holler zu nehmen. Und er wird schneller fündig, als ihm lieb ist.



    Meine Meinung
    Das Buch beginnt sehr spannend. Auch im weiteren Verlauf passiert ständig etwas.
    Sehr empfehlenswert ist das Buch, wenn man sich für die Machenschaften der Nazis interessiert. Für mich erscheint das Buch recht realitätsnah.
    Man erfährt einiges über den Mörder, aber die Zusammenhänge werden erst nach und nach klar. Und am Schluss kommt dann die große Überraschung. :-]
    Die Personen sind irgendwie ganz witzig. Der Historiker Stachelmann und der Polizist Winter sind manchmal echt ein komisches Paar. :-)


    Be blessed
    Sternle

  • Auch wenn ich mich lange Zeit mit deutschen Krimis sehr schwer getan habe, kann Ich mich der positiven Meinung von Sternle1985 nur anschliessen. Ich bin durch meinen begeisterten Freund auf die Stachelmann-Reihe aufmerksam geworden und habe den ersten Band förmlich verschlungen.
    Die Mischung zwischen Krimi und historischem Hintergrund ist gut gelungen (Christian v. Ditfurth ist selber Historiker), die Spannung bleibt das ganze Buch über erhalten und wenn man sich auch nach und nach denken kann, was die Ursache der Morde ist, kommt es am Schluß doch noch zu einer Überraschung.
    Ausserdem finde ich, dass Stachelmann mit all seinen Macken das Zeug zu einem Kult-Kommisar ... äh... -Historiker hat :-]
    Also, ein Buch das man absolut empfehlen kann und das sich nicht hinter anderen Krimis verstecken muss.

  • Aha, zur Abwechslung ist also mal ein Historiker der Ermittler. Damit ist auch schon klar, wohin die Reise gehen soll: nach Nazideutschland.
    Und damit hat der Autor ein Feld gewählt, dass nur schwer zu beackern ist. Vielleicht gelingt es ihm deshalb nicht immer, die Betroffenheitskeule stecken zu lassen oder den hohlen Stil von Gedenkstätteneöffnungsrhetorik zu vermeiden.


    Man merkt deutlich, wo Ditfurth zu Hause: der Wissenschaftsbetrieb, an dem sein Held Stachelmann zu scheitern droht, wo die Anzahl der Publikationen wichtiger ist als deren Qualität und wo es für die Karriere entscheidend sein kann, im richtigen Augenblick die richtige "Koryphäe" zu zitieren, ist wirklich sehr überzeugend dargestellt.
    Was jedoch die Entwicklung der Krimihandlung angeht, da muss der Autor wohl noch üben: Da spekulieren Ermittler und Rechtsmediziner anhand der tödlichen Kugel über die verwendete Waffe, obwohl das Opfer die doch in der Hand hält :pille. Spuren werden gefunden, die aber wohl keine Rolle spielen, da sie in der restlichen Handlung nicht mehr auftauchen. Der Plot ist recht einfach gestrickt, wirkt aber dennoch an den Haaren herbeigezogen
    Und die "Action-Szenen", falls man überhaupt von solchen sprechen kann, wirken ausgesprochen hölzern und sind absolut unspannend.


    Fazit: Der Held ist sympathisch und ausbaufähig, das Milieu mal was anderes, die Geschichte an sich: naja, vielleicht ist ja der nächste Stachelmann besser.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Bei dem Kriminalroman "Mann ohne Makel" handelt es sich um einen Krimi mit einem sehr interessanten Thema und einem echt und vielschichtig wirkenden Protagonisten. Eigentlich ist es vor allem die Hauptfigur und das damit verbundene Universitätsmilieu, das den Roman lesenswert macht, weder die polizeiliche Ebene und die Täterschiene (die ebenfalls eine eigene Perspektive besitzen) sind ähnlich gelungen.
    Die stärksten Momente hat der Roman, wenn der Historiker Stachelmann sich in die Historie vertieft und ein Geflecht von Nazis und Finanzbeamten ausmacht, die den Juden ihren Grundbesitz genommen haben und anschließend (in der BRD) angesehene Bürger waren. Besonders bitter für Stachelmann ist, dass die Ermittlungen auch seinen eigenen Vater betreffen.
    Weniger gelungen fand ich die Versuche des Autors, witzig zu sein und die Geschlechter aufeinander loszulassen. Der Wortwitz wirkt abgestanden, das Rumgeturtel nervt, weil es künstlich und aufgesetzt wirkt. Gleiches gilt für die vermeintlich witzigen Dialoge zwischen Stachelmann und seiner Kollegin Anne. Sie wirken pubertär und albern.
    Insgesamt jedoch ist der Krimi gut und geschickt gebastelt. Auch wenn die verschiedenen Perspektiven nicht gleichermaßen gelungen sind, so führt die parallele Erzählweise doch zu Spannungssteigerung. Auch arbeitet der Autor sehr geschickt mit Cliffhangern und Perspektivwechseln. Nachdem anfangs alles sehr schleppend vonstatten geht, wird nach Aufbau des Spannungsbogens dieser auch gehalten.
    Das Hauptargument für den Roman jedoch bleibt sein Protagonist. Stachelmann ist ein sympathischer Loser, der allerdings nicht zum allseits bekannten Klischee verkommt. Seine Frauenprobleme sind glaubhaft, die Krankheit und sein körperliches Leiden lassen uns zusätzlich für ihn empfinden, und über seinen Vater ist er auch persönlich betroffen. Ihm wird übel mitgespielt, und das garantiert Mitgefühl und Identifikation. Zwar ist der Historiker zu Beginn etwas wacklig in den Kriminalfall eingebaut, doch sobald er die Recherchen übernimmt, wird's rasant und spannend. Fast hätte ich mir gewünscht, der Autor hätte sich die Figur des Kommissars gespart.

  • Josef Maria Stachelmann ist Historiker und weiß, daß sein Arbeitsvertrag an der Uni Hamburg davon abhängt, daß er endlich seine Habilitationsschrift einreicht. Genau die aber schiebt er schon seit Monaten vor sich her. Stachelmann ist ein ewiger Zauderer und Zögerer und dieses Verhalten läßt ihn weit älter erscheinen als er eigentlich ist. Mir ging schon fast die Geduld mit ihm aus, als die Geschichte doch noch in Fahrt kam. Der Fall selbst war durchaus interessant, wenn auch insgesamt ein wenig in die Länge gezogen und leider vorhersehbar. Insgesamt hat mir das Buch aber gefallen und ich werde mit Vergnügen die Folgebände lesen - wenn Stachelmann denn das Zaudernde ablegt und endlich etwas in die Gänge kommt :rolleyes

    liebe Grüße
    Nell


    Ich bin zu alt um nur zu spielen, zu jung um ohne Wunsch zu sein (Goethe)

  • Ich habe das Buch jetzt auch gelsen. Muss sagen, letztlich hat es mir schon gefallen, denn der zweiter Fall von Stachelmann hab ich eben auf meine Wunschliste gesetzt.


    Und damit wird auch schon mal deutlich was bzw. wer mir gut gefallen hat. Es ist der Protagonist Josef-Maria Stachelmann, Historiker an der Uni Hamburg mit dem Spezialgebiet Nationalsozialismus.
    Ich muss sagen, ich mag diesen Rheumakranken irgendwie mit sich selbst im unreinen Typen. Er hat Ecken und Kanten, wirkt oft unbeholfen, find ich gut.


    Auch seinen Jugendfreund, den Poliziste Winter finde ich als Charakter recht gut, zusammen sind sie schon ein seltsames Paar.


    Woran man sich gewöhnen muss ist der spezielle Schreibstil des Autors. Durch die Aneinanderrheihung vieler kurzer (Haupt)Sätze (sog. Parataxe) entsteht irgendwie so ein Stakkatoleserhytmus. Das macht es oftmals etwas schweirig die Spannung zu halten.

    Die Story, also der Kriminalfall hat seinen Ursprung in der Vergangenheit von Nazideutschland und lebt von den Analysen Stachelmanns. Hier merkt man auch den wissenschaftlichen Backround des Autors, denn diese Passagen sind wirklich gelungen. Aufgepeppt werden sie durch die ein oder andere private Note oder Entwicklung (Was wird aus Anne und Stachelmann?).


    Die klassischen Krimielemente kommen hier uas meiner Sicht doch etwas zu kurz bzw. sind nicht wirklich spannend und überraschend dargestellt.
    Eine Verfogungsjagd mit dem Taxi zum Flughafen, ein edles Holocaust-Opfer auf Rachefeldzugder mir nur bedingt Plausibel erscheint, ein Alt-Nazi-Netzwerk.
    Dazu kommt noch das Vergangenheitsbewältigungspathos und das ständige Schwenken der Moralkeulde fand ich ein bissel dick aufgetragen, da dies den Krimielementen irgendwie schadet.


    Trotzdem, finde ich Idee, die erste Bekanntschaft mit Stachelmann und auch das Rahmenthem gut, so dass ich das Buch durchaus mit gut bewerte.

    Viele Grüße
    Thomas


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    wyrd bid ful aræd - Das Schicksal ist unausweichlich