Susanna war so glücklich gewesen. Endlich hatte Tim sie angesehen. Er war der coolste Boy der ganzen Schule und SIE sah er an. Nach einigen Tagen, an denen sie wie wild mit Blicken miteinander geflirtet hatten, hatte sie sich ein Herz gefasst und ihn gefragt, ob er nicht mit ihr ins Kino gehen wollte. Er wollte! Äußerlich tat sie cool, aber in ihr zitterte alles. Ihre Freundinnen warnten sie zwar, daß Tim einen schlechten Ruf hätte, aber diese dummen Puten waren ja nur neidisch, daß SIE die Erwählte seines Herzens war.
Die Tage bis zum Wochenende waren ausgefüllt mit Grübeleien über ihre Frisur und was sie anziehen sollte. Die Schule glitt einfach nur so an ihr vorbei, Prüfungen waren so kurz vor den Sommerferien schließlich keine mehr zu erwarten.
Endlich war der große Tag da. Sie hatte sich sorgfältig darauf vorbereitet: Ihr Haar glänzte, ihre Augen funkelten und sie hatte sich heimlich geschminkt. Ganz leicht umwehte sie der Duft frischer Zitronen: sie hatte sich vom Parfum ihrer Mutter bedient.
Sie trug eine leichte Bluse, einen hübschen geblümten Sommerrock und flache Stoffturnschuhe und als sie das Haus verließ, schlug ihr das Herz vor Aufregung bis zum Halse. Sie hatte ihren Eltern vorgeflunkert, zu ihrer Freundin Anna zu gehen, deshalb mußte sie auch erst um 21 Uhr wieder zuhause sein.
Sie gingen in einen Film ab 18, aber glücklicherweise fragte niemand nach ihrem Ausweis. Sie fand den Film nicht so besonders – es wurde einfach zu viel von allem gezeigt: Gewalt, Blut, aber auch viel zu viel Gier und nacktes Fleisch für ihren Geschmack.
Während des Vorspanns nahm er ihre Hand in die seine. Sie freute sich sehr darüber und rückte unauffällig näher an ihn. Als es dunkel wurde und der Hauptfilm begann, küsste er sie. Erst ganz zart, dann aber schob sich seine Zunge fordernd zwischen ihre Lippen. Sie wußte erst nicht recht, wie sie darauf reagieren sollte, tat ihm dann aber gleich. Schließlich fühlte es sich nicht schlecht an – was sollte daran auch verkehrt sein.
Nach einer Weile tastete er sich durch ihre Bluse zu ihren Brüsten. Erst schrak sie zurück, dann genoß sie mit geschlossenen Augen seine Berührungen. Das hatte außerdem den Vorteil, daß sie das Geschehen auf der Leinwand nicht mehr verfolgen mußte.
Irgendwann war der Film zu Ende und sie hatten noch immer viel Zeit füreinander. Als er ihr vorschlug, noch ein Eis miteinander essen zu gehen, willigte sie begeistert ein. Die Eisdiele war im Nachbarort. Zu ihrer großen Überraschung fuhr er ein Auto – das hatte sie nicht von ihm gewußt! Sie luden ihr Fahrrad in den Kofferraum und fuhren los. Sie war mächtig stolz und wünschte sich, die anderen Mädchen aus ihrer Klasse konnten sie sehen.
Sie fuhren los, doch schon kurz nach dem Ortsende bog er in einen Waldweg ab. Sie erschrak, aber er versicherte ihr, nur lieb zu ihr sein zu wollen... und er würde schon aufpassen. Also schwieg sie. Nach einer Weile kamen sie an eine kleine Lichtung. Still war es hier, keine Menschenseele war weit und breit zu sehen und zu hören. Tim hielt an und beugte sich zu ihr.
Sein Atem ging schneller und er hatte ein wildes Funkeln im Blick. Wo er sich im Kino noch behutsam vorgetastet hatte, stürmte er jetzt nur so voran. Hastig riss er ihr die Bluse vom Leib und wo er vorhin noch zart geküsst hatte, begann er nun gierig zu saugen.
Ihren halbherzigen Protest erstickte er, indem er ihren Mund mit Küssen verschloß. Sie war hin- und hergerissen zwischen Angst und Lust. Sie wehrte sich gegen ihn, aber nur schwach. Zum einen hatte sie sowieso keine Chance gegen ihn, zum anderen faszinierten sie diese unbekannten Gefühle in ihr.
Sie konnte gar nicht so schnell gucken, wie er sich seiner Hose entledigte und sich unter ihrem Rock zu schaffen machte. Sie überlegte noch, wie sie ihn davon abhalten sollte, da schwang er sich auch schon über sie.
Plötzlich durchfuhr sie ein stechender Schmerz... und wieder und wieder und immer wieder. Sie biß sich auf die Lippen, um nicht zu heulen, so weh tat es. Er bemerkte es nicht mal. Er arbeitete wild keuchend auf ihr, begann dann plötzlich zu stöhnen, verdrehte die Augen und rollte von ihr herunter.
Das war es also? Das sollte alles gewesen sein? Die Liebe, von der alle immer so geheimnisvoll und doch so begeistert sprachen? Sie konnte es nicht glauben. Sie war enttäuscht... aber doch irgendwie stolz auf sich, „es“ hinter sich gebracht zu haben.
Vorsichtig zupfte sie ihre zerknautschte Kleidung zurecht. Er hob ihr noch das Fahrrad aus dem Auto – heimfahren konnte er sie nicht mehr. Er hatte noch eine Verabredung mit seinen Kumpels. Da konnte er natürlich nicht zu spät kommen. Das mußte sie schon verstehen.
Also trat sie kräftig in die Pedale und schaffte es, gerade noch rechtzeitig nach Hause zu kommen. Glücklicherweise war es draussen sehr windig geworden, das erklärte ihr desolates Aussehen und so gab es keine dieser bohrenden Fragen ihrer Mutter.
Es hatte wehgetan, aber er hatte gesagt, daß es das beim ersten Mal immer tat. Es hatte ihr eigentlich keinen Spaß gemacht, aber er hatte gesagt, daß das beim ersten Mal auch immer so wäre. Es war ein seltsamer Nachmittag gewesen – aber sie dachte, so wäre die Liebe nun mal. Sie hatte ja noch nichts in dieser Richtung erlebt und deshalb glaubte sie ihm alles, was er ihr erzählt hatte.
Sie freute sich auf die Ferien und die vor ihr liegende Zeit gemeinsam mit ihm. Denn es war ja nun klar, daß sie hiermit offiziell miteinander gehen würden... oder etwa nicht?
Er hatte gesagt, er würde sie anrufen – aber das hatte er nicht getan. Unter der Nummer, die er ihr gegeben hatte, war kein Anschluß. Sicher hatte sie das in ihrer Aufregung falsch aufgeschrieben.
Heute war der erste Schultag nach den Ferien gewesen. Vergebens hatte sie nach Tim Ausschau gehalten. Sie hatte sich so auf ihn gefreut und dann hatte sie von seinen hämisch lachenden Freunden erfahren müssen, daß Tim gleich zu Beginn der Sommerferien in die USA geflogen war – wo er die nächsten Jahre studieren würde. Aber sie würden gerne da mit ihr weitermachen, wo Tim aufgehört hätte, hatten sie noch hinzugefügt und sie dabei mit ihren Blicken fast ausgezogen, so daß sie sich richtig nackt fühlte und schleunigst das Weite suchte.
All dies ging ihr nun durch den Kopf, als sie zuhause auf dem Badewannenrand saß und fassungslos zusah, wie sich auf dem Teststreifen langsam, aber unleugbar, ein kleiner rosa Ring bildete.