Hier mal eine Zusatz-Info zu Anne FranK:
Anne Frank: Die erschütternden Flehbriefe ihres Vaters
Verzweifelt bemühte er sich um US-Visa. Aber er bekam keine Hilfe
Annes Vater konnte sie und ihre Familie nicht mehr retten.
AFP
New York - "Anne Frank könnte heute eine Frau von 77 Jahren sein, die als Schriftstellerin in Boston lebt." Das glaubt US-Historiker Richard Breitman. Ja, das 15-jährige jüdische Mädchen, von dem nur sein Tagebuch blieb, hätte gerettet werden können - wenn die verzweifelten Hilferufe ihres Vaters gehört worden wären. Seine flehenden Briefe, die er in die USA schickte, wurden jetzt veröffentlicht. Eine historische Sensation, die eine neue Dimension von Leid zeigt. Erschütternde Dokumente verlorener Menschen, die nach jedem Strohhalm greifen und immer wieder zurückgestoßen werden ...
Otto Frank schreibt sich die Finger wund, um seine Familie vor den Nazis zu schützen. Rund 80 Dokumente erzählen von seinem Kampf um die Visa, die Leben bedeutet hätten. Angetrieben von der Angst um seine Lieben wendet er sich an Verwandte, Freunde in den USA, an jeden, den er erreichen kann. Ein Bittsteller im Namen seiner Töchter.
"Ich würde diese Bitte nicht äußern, wenn die Umstände mich nicht zwingen würden, alles zu tun, um Schlimmeres zu verhindern. Wir müssen uns um das Schicksal der Kinder kümmern. Unser eigenes Schicksal ist weniger wichtig." Die Zeilen gehen im April 1941 an Nathan Strauss jr., ein Freund aus Heidelberger Studientagen. Strauss ist der Sohn des Gründers der US-Kaufhauskette Macy's. Bürger mit Einfluss. Doch ihre Stimme dringt nicht zu den Einwanderungsbehörden durch. Der Name Frank landet auf einer Warteliste mit 300 000 anderen.
"Ich weiß, dass es unmöglich ist, dass wir alle gehen - aber wenigstens die Kinder", fleht Frank in einem anderen Brief an Strauss. Dann das Wunder: Otto Frank bekommt Visa für Kuba. Die Hoffnung stirbt am 11. Dezember 1941. Deutschland erklärt den USA den Krieg. Die Papiere werden zurückgezogen. Otto Frank schreibt keine Briefe mehr. "Die Familie Frank hatte gute Kontakte, aber sie reichten nicht aus", so Breitman. Die USA hatten "dicht" gemacht. Auch Prof. David Engel von der New York University macht die strikte US-Einwanderungspolitik für den Tod unzähliger Juden mitverantwortlich.
Im Juli 1942 verschwinden die Franks von der Bildfläche. Die Familie (seit 1934 in Amsterdam im Exil) verbirgt sich im Hinterhaus in der Prinsengracht 263. Zwei Jahre gefangen im Versteck, in dem ein rot-weißes Tagebuch Annes wichtigster Begleiter wird. Dann der
Verrat. Anne (15) und Margot (18) kommen im KZ Bergen-Belsen um. Otto Frank überlebt als Einziger. 17 Jahre nach seinem Tod übergibt das New Yorker Forschungszentrum "YIVO Institute for Jewish Studies" seine Briefe der Öffentlichkeit. Direktor Carl Rheins: "Mit der Veröffentlichung dieser Dokumente erscheint das Schicksal der Familie Frank noch ergreifender: Sie konnte einfach nicht entkommen."
Quelle: Berliner Kurier, 16.02.2007