Eric Rücker Eddison: "Der Wurm Ouroboros"

  • Ich habe gerade festgestellt, daß es zu diesem Klassiker der Fantasy hier noch überhaupt keine Besprechung gibt. :grin


    Tolkien selbst (!) hat dieses Werk eines ehemaligen Buchhalters, 1922, Jahre also vor dem "kleinen Hobbit" erschienen, ein Meisterwerk der "von der Phantasie geschaffenen Welten" genannt. Der "Wurm" gilt - neben Tolkiens und den Werken von C.S. Lewis - als einer der Klassiker der sogenannten "Fantasy", wenn auch dieser Begriff damals nicht benutzt wurde. Das Buch galt lange als nicht übersetzbar und ist in Deutschland erst spät zu Ehre gelangt.


    Im Lande Merkurien, aufgeteilt in die Königreiche Hexen-, Dämonen-, Gnomen-, Kobold- und Wichtland, herrscht Krieg, vornehmlich zwischen den Führernationen der Hexen und Dämonen. Diese Begriffe allerdings haben wenig mit dem zu tun, was man gemeinhin darunter versteht; alle sind gestandene, großgewachsene Männer, Heroen im tiefsten Sinne des Wortes, und selbst die Gnomen oder Kobolde sind nicht von kleinem Wuchs, sondern breitschultrige, tapfere Krieger, denen große, wunderschöne Frauen zur Seite stehen, von elder Natur oder, in einigen Fällen, abgrundtiefer Schlechtheit. Der Magie ist man nur am Rande fähig, einizig der
    Hexenkönig frönt in der Turmkammer seines Schlosses seltsamen Ritualen, um mit unlauteren Mitteln gegen die Dämonen vorzugehen.


    Denn König Gorice XII von Hexenland plant abermals die - bisher erfolglose - Unterwerfung der überaus edlen Dämonen, deren Führer Fürst Juss und Kumpanen edle Gesellen ohne Lug, aber voller Kameradschaft und Liebe füreinander sind. Das "wäßrichte" Hexenland steht seit jeher im Ruf, tyrannisch und knechtend zu sein, die Herrschaft über alle anzustreben, während die Dämonen lieber auf der Jagd sind, in ihren prunkvollen Schlössern oder Landsitzen des "gebirgichten" Landes weilen, und mehr Ehre einfahren, als sich manch ein Fantasy-Normalo erträumen mag. Der unsterbliche Gorice, der als Symbol seiner ewigen Wiederkehr einen Ring in Form des Wurms Ouroboros trägt (der Wurm, der sich in den Schwanz beißt), entsendet ein Wesen aus der Zwischenwelt, um die Dämonen zu schlagen, aber es gelingt lediglich, Goldry, den Bruder Juss', auf einen gemein hohen Berg zu verbannen, und natürlich machen sich Juss und Kumpanen sofort auf die anstrengende Suche.
    Währenddessen erreicht der Krieg einen Höhepunkt nach dem anderen, gezeichnet von den Intrigen, die zwischen den verschiedenen Hexen, angestachelt von ihren ehrsüchtigen Weibern entstehen, und mal ist der versoffene Corsus Feldherr, und dann wieder der ehrgeizige, promiske Corsinius. Wie auch immer, schlußendlich kommt's, wie's kommen muß, und bis dahin ..


    .. na ja. Wem die Gesänge im "Herrn der Ringe" nicht gefallen haben, der wird den "Wurm" umso mehr schmähen. In der mir vorliegenden Übersetzung waren neben kruden Reimen und Versen auch noch Brief- und Berichtstexte in sehr mittelalterlicher Sprache verfaßt ("Freuynd"), und Eddison gefallen seitenlange Beschreibungen von Schloßinnenausstattungen, Landschaften und Ritterrüstungen. Zwischen diesen Beschreibungen und den ausufernden Kampfszenen bewegen sich wenig greifbare
    Protagonisten, von denen einzig Fürst Gro, der Koboldländler, der nach seiner Verbannung im Dienste Gorices stand, um schließlich zu den Dämonen überzulaufen, etwas mehr Kontur gewinnt, weil er eben nicht dem heroischen Gardemaß entspricht, das die anderen Figuren kaum unterscheidbar macht. Eddison betreibt zudem eine Inflation der Namen und Figuren, und er überzieht dies an einigen Stellen, wobei lustige Wortfindungen entstanden sind, die eher nach polnischem Mittagessen klingen, als nach Gebirgen und Landschaften. Allerdings ist der "Wurm" solide und stimmig erzählt, mit viel Liebe zum Detail und einem gemächlichen, aber konsistenten Spannungsbogen. Daß einiges an "moderner" Fantasy dieses Werk längst in den Schatten stellt - Tad Williams etwa ist deutlich unterhaltsamer -, tut dem "Wurm" keinen Abbruch, denn ganz nebenbei lernt man anhand der vielen Querverweise und Fußnoten einiges über die Grundlagen des Genres, so zum Beispiel, daß der Begriff "Mittelerde" keineswegs von Tolkien stammt, sondern die Übersetzung eines altenglischen Begriffes darstellt, der seit jeher für den "bewohnten Teil der Welt" benutzt wird.


    ASIN/ISBN: B002FDED7G

  • Nachdem ich heute endlich einen Avatar eingefügt habe, auf dem dieses Buch auch noch abgebildet ist, musste ich auch gleich nach den Rezensionen hier bei der Eule schauen. Ich bin froh, dass Tom das Buch besprochen hat, und ich kann mich seiner Meinung gut anschließen. Schade, dass es noch nicht mehr Meinungen gibt.


    Es ist lange her, dass ich den Wurm Ouroboros gelesen habe. Zu lange, um eine Rezension zu schreiben. Hängen geblieben ist aber einiges. Der Wurm Ouroboros ist ein schwieriges Buch. Ich würde es sicherlich nicht als Lektüre bezeichnen, die nebenher gelesen werden kann, um sich vom Arbeitstag abzulenken, um abends zu entspannen. Der Wurm Ouroboros erforderte bei mir Konzentration, Zeit und Interesse. Ich konnte das Buch erst im zweiten oder dritten Versuch lesen - und dann aber genießen. Wichtig ist vor allem auch die ca. 60 Seiten lange Einführung, um das Buch einordnen zu können.


    Und diese Einordnung, das ist eigentlich genau das, was Ouroboros so spannend, so wichtig macht. Der Herr der Ringe / Hobbit sowie Narnia, aber auch Alice im Wunderland sind heute vielfach bekannt. Dieses Buch muss in der Riege, als Geburtshelfer des Fantasygenres sicherlich mitgenannt werden. Es ist eine Entdeckungsreise in die Anfänge, wo es noch keine Genreregeln gab. Vieles in diesem Buch würde aus heutiger Sicht anders beschrieben - Hexen und Dämonen sind heute eigentlich genau das Gegenteil von dem, was Edison geschrieben hat. Die Helden sind Helden, ohne Wenn und Aber, die Schurken sind Schurken, solche Charakter würden einem heutigen Autor nicht verziehen. Doch in dieses Pathosgetränkte Buch passen sie genau rein. Vergleichen möchte ich die Charaktere eher mit Helden aus der Antike, mit Hector, Achilleus, oder aus dem deutschen Sprachraum, Siegfrid. Und solche Heldensagen sind auch der Ursprung von Ouroboros, welches stark durch die Edda beeinflusst wurde.


    Geschrieben ist es ausschweifend in der Beschreibung, manchmal fragte ich mich, wo liegt der Schwerpunkt. Was soll die Rahmenhandlung? Warum bekomme ich 2 Seiten über eine Blumenwiese erzählt, wenn ich wichtiger Charakter in einem Nebensatz stirbt.


    Das alles muss man wollen. Ich wollte es beim ich glaube dritten Anlauf und habe es nicht bereut. Ich möchte es gerne auch nochmal wollen - habe aber auch Respekt davor, und fürchte gute Erinnerungen mit einem erneuten Abbruch zu überlagern, da es wieder nicht passend wäre.

  • Ich erinnere mich, das Buch als Teenager irgendwann zwischen 16 und 19 gelesen zu haben, aber ich fand es arg anstrengend. Ich hatte es auf dem Flohmarkt zusammen mit 'Die Herrin Zimiamvias" vom gleichen Autor gekauft, habe aber nach der Lektüre auf dieses verzichtet... Landschaftsbeschreibungen sind für mich heute noch Stimmungskiller wenn sie nicht wirklich gut geschrieben sind, und das klare schwarz-weiß ist aus heutiger Sicht (okay, schon vor 30 Jahren) auch eher langweilig. Als Zeitdokument interessant, aber als Fantasy-Roman zur Unterhaltung nicht so brauchbar.

    “You can find magic wherever you look. Sit back and relax all you need is a book." ― Dr. Seuss