Leon de Winter: "Leo Kaplan"

  • Der Schriftsteller Leo Kaplan ist Ende dreißig, als die Ehe mit Hannah zerbricht, nicht zuletzt, weil der promiske Autor hin und wieder Groupies beschläft. Daß es ihm Hannah gleichgetan hat, überrascht ihn. Daß die Ehe trotz der vermeintlich vorhandenen, vielleicht aber auch nur herbeigeredeten Liebe scheitert, wirft ihn aus der Bahn. Bei einer Lese- und Recherchereise nach Rom trifft er zufällig auf Ellen, seine unvergessene Jugendliebe, wenn man so will, eigentlich aber genau jene Frau, der er sein Herz unwiderruflich geschenkt hatte. Die Beziehung endete, weil sich Kaplan nicht öffnete, und er weiß nicht, daß Ellen das Kind, das sie damals trug, entgegen ihrer Behauptung niemals abgetrieben hat.


    Der Schriftsteller scheint unfähig, sich jenseits der Reflexion durch das Schreiben auf das Leben einzulassen. Seine Betrachtung ist akribisch, er ist ein genauer Beobachter, aber es wohnt ihm eine gewisse Oberflächlichkeit inne. Alles, was er als Autor schafft, mißlingt ihm als Mensch. Fortwährend sieht er sich Mißverständnissen und Fehlschlüssen ausgesetzt, und darum geht es auch in der Hauptsache in diesem Buch: Um Mißverständnisse und falsche Interpretationen.


    „Leo Kaplan“ hat eine zuweilen verwirrende Struktur und liest sich gelegentlich wie willkürlich zusammengefügt. Aber auch das ist ein Trugschluß, wenn auch de Winter, der Meister des unbefriedigenden Endes, einige Fäden locker herabhängen läßt. Denn meistens ist es nur ein wunderschönes Buch über die Liebe, voller Weisheit, schonungsloser Offenheit und, was selbstverständlich scheint, hoher literarischer Qualität.