Champagner und Kamillentee von Franziska Stalmann

  • Kurzbeschreibung
    Ines ist fast vierzig, als ihre heile Welt zusammenbricht: Der Ehemann wird anderweitig Vater. Von heute auf morgen steht sie alleine da - geschieden, ohne Ausbildung, ohne Beruf, ohne Freunde. Ines stürzt ab... Wie sie wieder auf die Beine kommt, schildert diese amüsant-ironische Emanzipationskomödie, die durch Witz, Humor und Geist zum reinen Lesevergnügen wird.


    Auszug
    Der Tag, an dem mein Mann mir sagten daß er Vater wird, war ein Märztag. Einer von diesen schmutzig-braunen Märztagen mit grauem Himmel, aber die Vögel machen sich bemerkbar und etwas in der Luft sagt einem, daß bald Frühling sein wird. Das blaue Band wird wieder flattern, und alles wird grün und hell und fruchtbar und mehret sich.
    Komischerweise war das der erste Gedanke, der mir durch den Kopf ging: Genau wie bei Rüdiger. Noch sieht man nichts, er sieht aus wie sonst, aber bald wird auch er fruchtbar sein (obwohl er das ja schon gewesen ist) und sich mehren, und ein blaues oder rosa Band flattert. Ein alberner Gedanke, ein blöder Vergleich, aber ich habe eine Neigung zu. solchen Vergleichen, und dann fiel mir in dem Moment einfach. nichts anderes, ein. Ich starrte ihn nur an, und dieses verdammte Band flatterte durch meine Gedanken.


    »Was ist mit dir?« fragte Rüdiger besorgt und nahm meine Hand, und fast hätte er mir den Puls gefühlt; aber er hielt sich gerade noch zurück. Was soll schon sein, dachte ich, und das Band verschwand wieder aus meinem Kopf: Du hast mir bloß gerade gesagt, daß du ein Kind bekommst, und infolgedessen sitze ich hier mit einem etwas dämlichen Gesichtsausdruck.


    »Was soll schon sein?« fragte ich. »Was hast du erwartet? Daß ich dich beglückwünsche?« Und dann fing ich an zu weinen.


    »O Gott, nein, natürlich nicht«, sagte er hastig. »Ich finde es ja auch schrecklich, daß ich dir das sagen muß, aber ich dachte, es wäre besser, ich sage es dir gleich und direkt, ohne viele Umschweife. Ich dachte, das ist das Beste für uns beide.«


    Das Beste für uns beide wäre, wenn du nicht mit irgendeiner anderen Tussi ein Kind bekommen würdest, dachte ich und weinte weiter. Er stand zögernd auf und ging in die Küche und kam mit der Haushaltspapierrolle zurück und hielt sie mir vorsichtig hin.


    »Ich sollte dir vielleicht erstmal erklären, wie das alles passiert ist«, sagte er.


    Über den Autor
    Franziska Stalmann, geboren 1951 in Hamburg, Psychologin und Schriftstellerin, lebt in München. Mit »Champagner und Kamillentee«, ihrem ersten Roman, hat sie einen Bestseller vorgelegt, gefolgt von ihrem Erfolgsroman »Lieber die Taube in der Hand«.



    Meine Meinung:


    Ich hab das Buch an einem Tag verschlungen, gut sind auch nicht so viele Seiten, aber es war wirklich gut. Ist zar schon älter aber es hebt sich aufgrund von locker leichter und witziger Schreibe angenehm von dem ganzen starke geschiedene Frau geht ihren Weg Quatsch ab.
    Wie schon gesagt, sie schreibt federleicht und dabei aber keineswegs platt. Natürlich werden Klischees verhackstückt und natürlich wird ordentlich auf dem Ex herumgehackt, aber mit Niveau und die Protagonistin ist keineswegs so schrecklich taff und stark, daß es einem nach zwei Seiten aus den Ohren rauskommt, andererseits aber auch nicht so naiv und hilflos, daß man ihr eine klatschen will. Eine schwierige Gratwanderung, die die Autorin hier gemeistert hat. Ich werde definitiv noch mehr von Frau Stalmann lesen.
    :-]


    Fazit:
    EMPFEHLENSWERT :-]

  • Das war eines der ersten typischen Frauenbücher, die ich gelesen habe. Ist schon viele Jahre her, doch ich weiß noch, dass ich es in einem Rutsch durchgelesen habe. Gut, dass Piper es noch einmal aufgelegt hat. Ich schließe mich dir an, BJ: empfehlenswert. Etwa zur selben Zeit habe ich "Frauen, die Prosecco trinken" gelesen - auch eines, an das man sich noch nach Jahren erinnert. Mal gucken, ob ich hier eine Rezi dazu finde.


    Liebe Grüße,


    Tina

  • Ich habe das Buch vor Jahren gelesen und fand es auch klasse! Seither habe ich deswegen öfter mal ein schlechtes Gewissen gehabt, weil ja Frauenbücher eigentlich unter meinem Niveau sein müssten... aber es scheint ja nicht nur mir gefallen zu haben - sollte es etwa auch bei den Frauenbüchern solche und solche geben? :grin

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)

  • Quatsch Frauenbuch...
    das ist eine zeitgenössisch literarische Schilderung einer gescheiterten Ehe und dem Weg der Protagonistin zurück in ein geregeltes Leben und so oft, wie die Prot. besoffen ist, kann das gar kein Frauenbuch sein, weil brave Frauen saufen nicht. :lache

  • Ob Frauenbuch oder nicht, mache ich als Leserin davon abhängig, wem ich das Buch weiterempfehlen kann. Keiner meiner männlichen Freunde interessiert sich für den Selbstfindungsprozess einer 40jährigen, und meine Brüder würden besorgte Blicke wechseln, wenn ich mich anschicken würde, sie mit diesem Buch zu beschenken :lache Vielleicht kenne ich aber auch einfach nur die falschen Männer :wow


    Bj, von braven Menschen, ob Frau oder Mann, möchte ich nirgendwo was lesen ;-)


    Liebe Grüße


    Tina

  • Nach den positiven Stimmen hier habe ich mir das Büchlein auch zugelegt und gestern in einem Zug durchgelesen, was ja immer ein gutes Zeichen ist.


    Ines hat es echt nicht leicht. Gelernt hat sie eigentlich nix, zwar hat sie mal so vor sich hin studiert, dann aber das Studium abgebrochen und ihrem Mann beim Aufbau seiner inzwischen gut laufenden Praxis geholfen. War ja auch viel schöner.


    13 Jahre waren sie verheiratet und es scheinen gute Jahre gewesen sein - bis eines Tages ihr "reizender" Gatte verkündetet, eine andere Frau wäre schwanger von ihm (wie kann denn sowas passieren! :wow ) und er würde sich natürlich um seine Verpflichtungen kümmern.


    Im Klartext heißt das: Die vor Entsetzen erstarrte und geistig kurzzeitig gelähmte (anders kann ich mir gewisse Ereignisse nicht erklären) Ines wird ebenso schnell wie elegant entsorgt, damit das Kind ehelich auf die Welt kommt. Ist ja besser fürs Kind.


    Dazu besorgt ihr ihr reizender Ex sogar eine entzückende neue Wohnung und regelt alles, was es bei einer Scheidung so zu regeln gibt. Daß sie dabei fürchterlich übers Ohr gehauen wird, wird ihr erst viel später dank einiger echte Freunde klar.


    Ines erlebt diese Zeit wie im Koma, läßt viel an sich vorüberziehen und noch mehr erst gar nicht an die Oberfläche. Dem Leser ist natürlich in vielen Punkten schon von vornherein klar, daß das so nicht funktionieren wird: sie MUSS das verarbeiten, ob sie will oder nicht. Sie MUSS sich irgendwann Lohn und Brot selbst verdienen und sich darum kümmern, ohne richtige Ausbildung (wie kann heutzutage nur noch sowas passieren!!!) einen Job zu finden. Und sie MUSS sich auch irgendwann einmal mit der Frage auseinandersetzen, wer ihre echten Freunde sind und wer die Falschen.


    Dies alles geht natürlich nicht von heute auf morgen und natürlich nicht ohne weitere Verletzungen, im wahrsten Sinne des Wortes.


    Manchmal hat mich die Blindheit der Protagonistin ein wenig genervt, aber - und hier muß ich Jane zustimmen: sie war auch nicht so naiv und hilflos, daß man ihr eine klatschen will.


    Und ein weiterer Auszug aus Janes Rezi, den ich vorbehaltlos unterschreiben kann: Eine schwierige Gratwanderung, die die Autorin hier gemeistert hat. Ich werde definitiv noch mehr von Frau Stalmann lesen. Leider gibt es nur noch ein weiteres von ihr (und zwei Krimis, die mich vorerst aber nicht so interessieren).


    Ein Frauenbuch? Ja - aber eindeutig eines der besseren Sorte mit ein wenig mehr Tiefgang als der übliche Schmonzes. Mir hat es sehr gut gefallen.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

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  • Ich hab es vor Jahren mal gelesen und fand es sehr schön, und der Film dazu, mit Andrea Sawatzki als Ines und Nadja Tiller ist ganz witzig.

  • Babyjane hat das Buch hier so oft angepriesen, dass ich nicht mehr drumherum kam. :grin


    Es hat sich gelohnt! "Champagner und Kamillentee" ist ein wunderbares Buch mit liebenswerten Charakteren (ok, nicht nur) und einer sehr schönen Sprache. Da stört es mich sogar nicht, dass ständig Kamillentee getrunken wird, obwohl es mir bei der bloßen Nennung fast schon schlecht wird.


    Vor allem den leisen Humor habe ich gemocht. Das Buch erinnert so gar nicht an die typischen Frauenromane. Es ist kein Buch, über das man sich in der Straßenbahn kaputtlacht. Aber es ist ein Buch, das ein zufriedenes Lächeln auf die Lippen zaubert. Sehr empfehlenswert!