Originaltitel:
The Miraculous Journey of Edward Tulane, 2004
übers.: Siggi Seuß
Edward Tulane ist ein Hase aus Porzellan, mit Ohren aus echtem Plüsch. Er ist groß wie eine große Puppe. Er ist ein Puppe und seine Geschichte ist ein Märchen.
Edward gehört der kleinen Abilene. Sie liebt ihn heiß, zieht ihm die schönsten Kleider an, verwöhnt ihn, hätschelt ihn. Edward besitzt sogar eine eigene kleine goldene Uhr.
Eines aber besitzt er nicht, er hat kein Herz. Er ist hochnäsig und eingebildet.
Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall und Edwards Sturz aus luftiger Höhe ist hart. Bei einer Schiffsreise fällt er ins Meer. Lange liegt er dort, in Schlamm und Kälte, bis ihn endlich ein Fischer zufällig heraufholt. Bei dessen Frau findet Edward ein neues Leben, aber als Susanna in einem rosa Kleidchen. Das ist nicht die einzige Umwandlung, die Edward hinnehmen muß und nur die erste von vielen Demütigungen auf seinem langen Weg. Doch wie es sich für ein richtiges Märchen gehört, kommt alles zu einem guten Ende.
Das Buch ist wunderschön gemacht. Die Ausstattung, das Lesebändchen, die Illustrationen vor allem. Sie stammen von Bagram Ibatoulline, sind sparsam, lassen viel Raum für Phantasie, fangen den Märchencharakter und die vergangene Zeit – die Geschichte spielt wohl eher vor 1900 – auf eine ganz eigene Art ein. Manchmal sind sie bunt, manchmal verwaschen wie alte Photos, sepiabraun. Sie verleihen der Geschichte noch eine gnaz besondere Atmosphäre.
Die Geschichte ist gleichfalls wunderschön erzählt, poetisch, verträumt, romantisch. Ein wenig sentimental, aber nicht kitschig.
Die Autorin (Jahrgang 1964) stammt aus Pennsylvania und schreibt seit langen Jahren Kinderbücher. Nicht wenige wurden preisgekrönt. Die Routine, die die Autorin hat, merkt man dem Buch an, eben weil man sie nicht bemerkt. Sehr gut gemacht.
Dennoch bin ich mit der Geschichte nicht glücklich geworden. Es ist ein Buch, das Erwachsene für Kinder kaufen, weil es so perfekt scheint, so zartfühlend, so wunderschön, so voll Liebe.
Aber was zeigt es? Den Leidensweg zur sicheren Belohnung. Wer nur lange genug wartet, wer nur endlich die Demut lernt, der findet die wahre Liebe und wird glücklich.
Eine nicht ungefährliche Botschaft.
Ich kann nicht empfehlen, daran zu glauben.