Ein Urlaubsgedicht

  • Ein Urlaubsgedicht
    (von flashfrog)


    Es bildet die Reise und gibt neuen Kick,
    erweitert den eigenen Tunnelblick.
    In vielerlei Hinsicht, auch kultureller,
    entdeckt man die Ränder ganz neuer Teller.
    Auf diese Weise kann sich entfalten
    was man im Alltag nur zu schnell vergisst:
    Dass man für den Nabel der Welt gehalten
    was eventuell nur das Arschloch ist...


  • Hallo, flashfrog


    Hübsch!
    Noch besser fände ich dein Urlaubsgedicht, wenn du einen Weg fändest, die leichten rhythmischen "Rumpler" glatt zu bügeln.
    Die schön gesetzte Pointe, finde ich, hätte diese vielleicht kleine Mühe durchaus verdient.


    Schöne Grüße von blaustrumpf

    Wer einmal aus dem Schrank ist, passt nicht mehr in eine Schublade.
    Aber mein Krimi passt überall: Inge Lütt, Eine Bratsche geht flöten. ISBN: 978-3-89656-212-8. Erschienen im Querverlag

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  • Zitat

    Original von blaustrumpf


    Noch besser fände ich dein Urlaubsgedicht, wenn du einen Weg fändest, die leichten rhythmischen "Rumpler" glatt zu bügeln.
    Die schön gesetzte Pointe, finde ich, hätte diese vielleicht kleine Mühe durchaus verdient.


    Danke für die Kritik!
    Ähm, wo findest du es denn rumpelig? Ich finde, dass sich beim Lesen nur der Anfang der 5. und der vorletzten Zeile ein bisschen gegen den Sprechrhythmus wehrt...


    "Du hast für den Nabel der Welt gehalten" nimmt der Pointe die Poetik und reduziert sie zu einem schnöden Aussage-Satz.
    "Dass für den Nabel der Welt du gehalten" klingt noch verschwurbelter.


    Falls jemand eine bessere Lösung hat - bitte posten... :)

  • Mir gefällt der Wechsel von Paarreim auf Kreuzreim auf den zweiten Blick sehr gut.


    Es ist nicht leicht, in wenigen Zeilen eine Sache so auf den Punkt zu bringen, wie du es hier schaffst.


    (Der bereits von doc angesprochene Heinz Erhardt hatte ja auch diese Fähigkeit und beschrieb sie noch:
    In nur vier Zeilen was zu sagen,
    erscheint zwar leicht, doch es ist schwer.
    Man braucht ja nur mal nachzuschlagen:
    Die meisten Dichter brauchen mehr
    ! )


    Dennoch meine ich wie blaustrumpf, dass sich eine Überarbeitung lohnen würde. Mir würde die "geschwurbelte" Version rhythmisch besser gefallen als die vorliegende. Und am Anfang der 5. Zeile könnte ich mir ein
    "auf so eine Weise..." oder "auf solch eine Weise..." vorstellen. Dadurch fließt der Text besser.

    „Streite niemals mit dummen Leuten. Sie werden dich auf ihr Level runterziehen und dich dort mit Erfahrung schlagen.“ (Mark Twain)

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  • Stimmt Churchill, das wäre "runder". Ich würde noch vorschlagen, anstelle von
    "was eventuell das Arschloch ist"
    zu schreiben:
    "was vielleicht das Arschloch ist"


    Aber dies sind nur meine 5Cents - und ich bin ein völliger Dichtkunst-Laie.



    Ansonsten finde ich das Gedicht wirklich klasse! Weiter so, kann ich nur sagen! :wave

  • Hallo, flashfrog


    Soderla. Butter bei die Fische. Nur maulen ist zu einfach. Hier also meine 20 Rappen, oder auch Sista blaustrumpfs (nicht ganz so schnelle) Ersthilfe.


    Rumpler:
    Für mich erschließt sich die Notwendigkeit, eine Fermate auf der ersten Silbe von „Tunnelblick“ zu machen, erst beim zweiten Lesen. Dann finde ich sie allerdings hübsch und mag sie nicht unbedingt missen.
    Auch den sanften Hiatus in der dritten Zeile finde ich amüsant.
    Der nächste Hakler fällt mir bei der vierten Zeile auf: Nur wenn ich nicht, wie vom Sinn her naheliegend, das „ganz“ betone, komme ich glatt über die Zeile. Vielleicht liegt es daran, dass ich vom vorhergegangenen rhythmischen Schaukeln an dieser Stelle statt „gánz néuer “ einen nur auf der ersten Silbe betonten Dreisilber erwarte.
    Der von dir attestierte mögliche Rumpler in der fünften Zeile ist für mich hingegen ein nur klitzepetiter Stolperpunkt. Hingegen muss die Zunge in der siebten Zeile einen Trippelschritt hinlegen, um nicht aus dem Rhythmus zu kippen. Auch die achte Zeile finde ich rhythmisch nicht ideal.
    Kurz gesagt: Die rhythmischen Schwankungen lenken mich vom inhaltlichen Knalleffekt ab. War das von dir so beabsichtigt?


    Inhaltlich/sprachlich:
    Mir kommt „man“ zu oft vor. Dass ich außerdem irgendwie vom Arschloch zurückassoziiere zum „entfalten“, dafür kannst du nun allerdings sicher nichts. ;-)


    Hier ein paar Richtungsvorschläge fürs Überarbeiten:
    Es bildet die Reise und gibt neuen Kick,
    erweitert den eigenen Tunnelblick.
    In vielerlei Hinsicht, auch kultureller,
    entdeckt man die Ränder ganz anderer Teller.


    Bis hierhin also nicht viel. Den zweiten Teil würde ich tatsächlich deutlicher umbauen.
    Dein "Auf diese Weise ..." finde ich als Überleitung noch nicht optimal. Was hältst du davon, wenn du den Alltag und das Vergessen etwas mehr betonst, indem du das Reisen und das Wissen dagegenstellst?

    So kann sich beim Reisen dies Wissen entfalten,
    wenn auch im Alltag man bald es vergisst:


    Und wie soll es weitergehen? So vielleicht:
    Was man für den Nabel der Welt gehalten,
    eventuell nur das Arschloch ist.


    Das ist noch ziemlich nahe an deiner Fassung. Aber ich hatte ja auch ob des (im ganzen Text dreifach vorkommenden) "man" gemault.
    Ein Ausweg wäre so eine Version:


    So wächst beim Reisen allmählich das Wissen
    - wenn man's im Alltag auch wieder vergisst -:
    Was ich als Nabel der Welt nicht mag missen
    eventuell nur ihr Arschloch ist.


    Stimmt, da rumpelt es auch. Aber hier ging es ja um die Ersthilfe, sozusagen, und nicht darum, deine prima Idee nun zu okkupieren.


    Schöne Grüße von blaustrumpf

    Wer einmal aus dem Schrank ist, passt nicht mehr in eine Schublade.
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  • Liebe, liebe Eulen, vielen Dank, dass ihr euch so mit meinem kleinen Textchen auseinandersetzt!
    Und danke natürlich auch für das Lob! :-)


    churchill :
    "Auf solch eine Weise" gefällt mir, passt perfekt in den Sprachfluss und den leicht ironisch-dozierenden Tonfall!
    Und den Reise-Weise-Reim möchte ich auch nicht einfach so rauskicken.


    blaustrumpf :
    Hm, kann es sein, dass man das Wort "Tunnel" in der Schweiz anders betont? Im deutschen Deutschen ist eine Betonung auf der ersten Silbe üblich, bei euch, glaube ich auf der 2.?


    Andere statt neue Teller gefällt mir.


    Aber:
    "wenn auch im Alltag man bald es vergisst:"
    oder:
    "Was ich als Nabel der Welt nicht mag missen
    eventuell nur ihr Arschloch ist."


    Sorry, aber das ist kein Satzbau. Das Yoda-Sprache ist... :grin

  • Hallo, flashfrog


    Hm. Ich spreche kein wie auch immer schweizerisch gefärbtes Deutsch, sondern astreines Hochdeutsch (oder das, was man in der landkölner Region dafür hält).
    Ich meinte durchaus, den Tunnel als Túnnel (und nicht Tunnél) zu betonen – mit einer Fermate ändert sich ja lediglich die Dauer, nicht die Intensität.


    Was die Yoda-Sprache betrifft: Da sehen wir sehr schön, was ein fehlendes Komma anrichten kann. Das hätte hinter "missen" gehört und schon wäre der Satz ein ordentlicher, obgleich altertümlich einherkommender gewesen.


    Aber da es ja ohnehin nur Vorschläge waren, macht das Missverständnis ja nichts. :wave


    Schöne Grüße von blaustrumpf

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  • Lieber Blaustrumpf, ich hoffe, du bist nicht sauer wegen meiner kleinen Frechheiten... :kiss
    Aber ich bleibe dabei, mit oder ohne Komma, den von dir vorgeschlagenen Satzbau würde ich als Deutschlehrerin nicht durchgehen lassen. Und zu dem lakonisch-sarkastischen Ton und dem Spiel mit modernen Redensarten/Klischees passt Altertümelndes leider auch nicht so wirklich....
    Aber trotzdem superlieben Dank, dass du so exakt kritisiert und so kreativ Vorschläge entwickelt hast. :knuddel



    Meine Tunnel-Vermutung war auch in keinster Weise despektierlich gemeint. Ich weiß ja nicht, woher du kommst, und ich kann dich ja hier nur schriftlich lesen. Ich hatte nur vermutet, dass du von Tunn'ell ausgingst, weil die Fermate bei jemandem, der an Tunn'ells gewöhnt ist, eher Irritationen auslöst als bei einem norddeutschen 'Tunnel-Leser beispielsweise.



    Liebe Grüße.
    flash.


    PS: Ich habe in meiner Mail gesehen, dass du mir eine NP geschickt hast, aber in meinem Posteingang ist nichts.... :-(



  • Hallo, flashfrog


    Traun fürwahr, Euer Liebden, sich des modernen Idioms zu befleißigen ist des Schweißes der Allerbesten wert.
    :grin
    Ansonsten: Logger bleim, logger bleim! Alles wird gut.


    Schöne Grüße von blaustrumpf

    Wer einmal aus dem Schrank ist, passt nicht mehr in eine Schublade.
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  • Zitat

    Original von blaustrumpf
    Traun fürwahr, Euer Liebden, sich des modernen Idioms zu befleißigen ist des Schweißes der Allerbesten wert.


    Seidt mir gegrüßet, lieblilche Blaustrümpferin,
    im Schweiße meines Allerwertesten und durch hilfreichlichste Eulenmusen geküsset habe ich mein Werk vollendet. Wohlan, meine hochteutscheste Tunnelgöttin, lieset wie folgt:


    Es bildet die Reise und gibt neuen Kick,
    erweitert den eigenen Tunnelblick.
    In vielerlei Hinsicht, auch kultureller,
    entdeckt man die Ränder total neuer Teller.
    Auf solch eine Weise kann sich entfalten
    was du im Alltag nur zu schnell vergisst:
    Dass für den Nabel der Welt du gehalten
    was doch vielleicht nur das Arschloch ist.

  • Hallo, flashfrog


    Hübsch!
    :anbet
    Das "total" gefällt mir total gut.
    Eine klitzepetite Nickeligkeit hätte ich noch: Die drei Pünktchen am Ende der letzten Zeile lassen mich eher unterwältigt.
    Erstens mag ich es schlicht nicht, wenn mir der/die AutorIn so bedeutungsschwanger mitteilt, dass ich - hoppla, jetzt aber aufgemerkt! - ab dieser Stelle gefälligst selbst weiter zu denken habe. Oder welche Funktion erfüllen die ominösen, odiösen Pünktchen für Dich?
    Wenn Du auf sie bestehst, dann bestehe ich darauf, dass sie durch ein Leerzeichen vom "ist" getrennt sein müssen. Sie schließen nur dann direkt an das Wort an, wenn ein Teil ebendieses Wortes fehlt und nicht beispielsweise der Rest eines Satzes.


    Schöne Grüße von blaustrumpf

    Wer einmal aus dem Schrank ist, passt nicht mehr in eine Schublade.
    Aber mein Krimi passt überall: Inge Lütt, Eine Bratsche geht flöten. ISBN: 978-3-89656-212-8. Erschienen im Querverlag