Philip Roth - Jedermann

  • Titel: Jedermann
    Originaltitel: Everyman
    Seitenzahl: 160
    Verlag: Hanser
    Erschienen: August 2006
    ISBN: 3446208038
    Preis: 17,90 EUR


    Inhalt:
    Philip Roth erzählt die Geschichte eines Lebens, wie es normaler nicht sein könnte und das uns gerade deswegen besonders berührt. Von der ersten schockierenden Konfrontation mit dem Tod in den Sommerferien seines Helden über die familiären Wirren und die beruflichen Erfolge in seinem Erwachsenenleben als Designer in einer Werbeagentur bis hin zu der Zeit, als ihm die eigenen Gebrechen zusetzen. Er ist der Vater zweier Söhne aus erster Ehe, die ihn verachten, und einer Tochter aus einer späteren Ehe, die ihn vergöttert. Er liebt, hasst und neidet und muss am Ende erkennen, dass er das wirklich große Glück nie erreicht hat.


    Autor:
    Philip Roth wurde 1933 in Newark, New Jersey, geboren. Für sein Werk wurde mit allen bedeutenden amerikanischen Literaturpreisen ausgezeichnet, darunter dem Pulitzer-Preis für "Amerikanisches Idyll".


    Meine Meinung:
    Dieses Buch wird sich mit 20 anders lesen als es sich mit 54 liest. Philip Roth hält Rückschau auf ein Leben, welches sich am Ende doch als mehr oder weniger große Enttäuschung entpuppt. Irgendwann erkennt man die Endlichkeit des eigenen Lebens, sieht die eigenen Lebensentscheidungen vielleicht im neuen Licht. Das, wo man in früheren Jahren sehr von überzeugt war, stellt sich in der Rückschau vielleicht als falsch heraus, kann aber auch dann nicht mehr geändert werden, Irrtümer, Fehlentwicklungen und Fehlentscheidungen sind ein Teil des Lebens. Manchmal hatte ich schon den Eindruck, Philip Roth schrieb auch in einigen Passagen über Philip Roth. Mit „Jedermann“ ist Philip Roth nach einigen literarischen Irrfahrten wieder ein Buch gelungen, dass ist frei ist von dem weinerlichen Altmännergeschwätz, was wir in vielen Alterswerken prominenter Autoren gefunden haben. Philip Roth liefert diesmal eine unsentimentale Bestandsaufnahme eines gelebten Lebens, zeigt trotzdem Gefühl, da wo es am Platze ist. Philip Roth vielleicht noch nicht wieder in absoluter Hochform, aber in jedem Fall mit steil ansteigender Formkurve. Philip Roth macht mit diesem Buch deutlich, dass das Leben nicht zum Vergeuden da ist, sondern zum Leben. „Jedermann“ kann uneingeschränkt zur Lektüre empfohlen werden.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Das Alter ist ein Massaker


    Roth' nur 170 Seiten kurzer neuer Roman ist eine einzige Sterbeszene, die mit dem Begräbnis beginnt und dann zurückschaut. Der namenlose einundsiebzigjährige Held, Sohn eines jüdischen Juweliers, blickt auf drei gescheiterte Ehen, eine Tochter und zwei Söhne, eine Karriere als Werbefachmann, diverse Wehwechen und schwere Operationen zurück. Er ist einsam, der Ruhestand stellt sich so ganz anders dar, als er es erwartet hatte, die Malerei macht auch keinen Spaß und erfüllt das Leben nicht, zumal er kaum ignorieren kann, im beschaulichen Seniorendorf von Alter, Verfall und Tod umgeben zu sein. Er fühlt sich nutzlos, gar als Eindringling, wenn er mit dem eigentlich geliebten, aber für seine körperliche Fitness verachteten großen Bruder Kontakt aufnimmt, oder mit der Tochter, den Söhnen, gar den Ex-Frauen.


    Die Botschaft ist klar und simpel: Das Leben ist kurz, und dann sterben wir. Wie sich das Ende gestalten wird, hängt davon ab, was wir zuvor tun, aber große Hoffnungen auf einen beschaulichen Abgang sollte man sich nicht machen. Altsein ist grausam, vollgestopft mit melancholischen Momenten, Frust über den unbefriedigenden körperlichen Zustand, Trauer über verlorene Freunde und Familienmitglieder. Und überhaupt. Das Sterben beginnt schließlich mit der Geburt.


    Bleibt die Frage, was all das soll. "Jedermann" verfügt sicherlich über weise Momente, bietet hier und da unterhaltsame Abschnitte, aber man sucht doch eher vergeblich nach dem, was jenseits der testamentarischen Rückschau vorzufinden sein könnte. Eine zuweilen deprimierende, über weite Strecken kunstfertige Schreibübung, die man aber einem anderen Autor nicht verzeihen würde.

  • Ich bin etwas skeptisch an das Buch herangegangen, weil ich "Das sterbende Tier" von Philp Roth ziemlich furchtbar fand.


    "Jedermann" gefällt mir allerdings ganz gut. Eine Rückschau auf das Leben und was davon am Ende bleibt. Trotzdem finde ich es nicht deprimierend zu lesen, sondern es bietet eben viel Raum zum Nachdenken.

  • Zitat

    "Jedermann" gefällt mir allerdings ganz gut. Eine Rückschau auf das Leben und was davon am Ende bleibt. Trotzdem finde ich es nicht deprimierend zu lesen, sondern es bietet eben viel Raum zum Nachdenken.


    Du solltest dann unbedingt auch den "Menschlichen Makel" von ihm lesen.

  • Na ja, man muss ihm zumindest lassen, dass in allen seinen Büchern seine Schilderungen aus der Perspektive von alten Männern sehr glaubwürdig sind. Vielleicht zu glaubwürdig ;-)

  • Was für ein Quäl-Buch, wenn man im trüben Herbst mit Grippe halbtot im Bett liegt und sich endlich mal die Zeit nimmt, etwas "Anständiges" lesen zu wollen. Ein deprimierender Monolog von Krankheit und Tod. Ohne die Vor-Lektüre des "Menschlichen Makels" hätte ich das Buch schon weggelegt. Aber motiviert von Voltaires Empfehlung werde ich mich nun wohl doch bis zum Schluss durcharbeiten.

  • Dieses nur 170 seitige Buch ist schwer zu beschreiben. Da ist der 71-jährige JEDERMANN der dem Leser einen Einblick in sein gelebtes Leben gewährt. Ein Leben als Sohn eines jüdischen Juweliers der eine Karriere als Werbefachmann machte, der dreimal verheiratet war und zwei Söhne hat die ihn verachten und eine Tochter die ihn mag. Soweit so gut. Es ist vor allem ein Buch über das Leben, das Altern und das Sterben. Dem letzten Lebensabschnitt wird der grösste Teil diese Buches zugestanden. Der Zerfall des Körpers, die Krankenhausaufenthalte und das Leben als Rentner das so ganz anders ist als es sich der Jedermann vorgestellt hat.


    Dieses Buch ist alles andere als eine heitere und vergnügliche Lektüre. Wäre hier nicht Philip Roths interessenweckende und "schöne" Art zu Schreiben (und hätte das Buch mehr als 170 Seiten) hätte ich dieses Buch zur Seite gelegt. Ich denke die Geschichte löst, je nachdem wie alt der Leser ist bzw. welche Lebenserfahrungen er gemacht hat, eine andere Reaktion aus. Ich kann mir gut vorstellen das dieses Buch die Leserschaft in ihrer Meinung entzweit. Ich kann sowohl Leser verstehen die diese Geschichte als eher schlecht empfinden als auch Leser die dieses Buch gut finden. Mir hat das Ganze mittelprächtig gefallen und ich vergebe 7 von 10 Punkte.

  • Das Buch hat einige heftige, nahegehenden Momente wie z.B. die jüdische Beerdigung oder das Gespräch mit dem Totengräber, die mir sehr gut gefallen haben. Die sich durch den Roman durchziehenden Krankheitsgeschichten waren trotz ihres deprimierenden Charakters auch noch lesenswert, wenngleich auch ob ihres ständigen Auftretens mir etwas zuviel. Ein gutes Buch.