John Updike - Terrorist

  • Titel: Terrorist
    Autor: John Updike
    Seitenzahl: 397
    Verlag: Rowohlt
    Erschienen: August 2006
    ISBN: 3498068857
    Preis: 19,90 EUR


    Klappentext:
    Ahmed ist achtzehn Jahre alt, gemeinsam mit seiner irischen Mutter lebt er irgendwo in New Jersey. Sein Vater, ein Araber, hat die Familie früh verlassen. Aber die Trennung der Eltern liegt lange zurück und in New Prospect gibt es viele kaputte Familien. Ahmed ist ein ausgezeichneter Schüler, redegewandt und klug, ein junger Mann, der im amerikanischen System Karriere machen könnte. Doch er hat sich anders entschieden. Konsequent kapselt er sich von seiner Umwelt ab und hat im islamischen Fundamentalismus ein neues Zuhause gefunden. Er ist bereit, für seinen Glauben sein eigenes Leben zu opfern – und das Leben anderer.


    Der Autor:
    John Updike wurde am 18. März 1932 in Shillington, Pennsylvania, geboren. Studium in Harvard und an der Ruskin School of Fine Arts in Oxford. Von 1955 bis 1957 war er Redaktionsmitglied des „New Yorker“. Er veröffentlichte Romane, Erzählungen, Essays, Gedichte und ein Theaterstück. Ausgezeichnet wurde sein Werk unter anderem mit dem National Book Award, dem National Book Critics Circle Award, dem Prix Medicis und zweimal mit dem Pulitzerpreis.


    Meine Meinung:
    Ein wenig enttäuscht war ich schon, als ich das Buch nach fast vierhundert Seiten zuklappte. Jeder andere Schriftsteller hätte mich wahrscheinlich nicht enttäuscht, ein John Updike aber, kann mehr und das hat er bisher auch schon unzählige Male bewiesen. Der „Terrorist“ wirkt ein wenig wie mit der heißen Nadel geschrieben. Die Hauptfigur des Ahmed wirkt hölzern und ohne Tiefe. Man kommt ihr nicht wirklich nahe. Updike wird nur dann wieder zu Updike als es um das Verhältnis des Vertrauenslehrers Levy zu Ahmeds Mutter geht – da findet man ihn wieder, den John Updike den man kennt und den man schätzt und verehrt. Sein Anliegen bringt er trotzdem diesmal nicht rüber. Wo ist seine Position? Wo steht John Updike? Man hat nicht den Eindruck als sei er wirklich über die Dinge informiert über die er schreibt. Trotzdem ist es kein wirklich schlechtes Buch, es gibt unzählig schlechtere Bücher, aber trotzdem hätte man sich gewünscht, es wäre mit mehr Sorgfalt und auch Engagement geschrieben worden. Vieles wirkt einfach nur aufgesetzt und von Vorurteilen durchdrungen. Der Fundamentalismus ist halt kein Spiel, sondern eine verdammt ernste Sache, die sehr, sehr facettenreich ist. Bei Updike kommt dieser Facettenreichtum leider überhaupt nicht rüber. Ein lesbares Buch – mehr leider nicht.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Ich sehe das Buch anders als Voltaire, ich denke dass Ahmed dem Leser so fern bleiben soll, wie diese Menschen uns auch fern und fremd sind. Updike stellt sich dem schwierigen Thema "religiöser Fundamentalismus" und ich hatte schon den Eindruck, dass er sich mit dem Thema auseinandergesetzt hat, er war über den Islam recht gut informiert und ließ immer mal wieder Anzeichen einfließen, dass auch in anderen Religionen Fundamentalismus existiert, was ja grad im Christentum in den USA ziemlich extrem ist/wird.


    Dass Updike eine eigene Meinung vorenthält, ist für mich Absicht, wenn ich nur an Hans-Jürgen Raddatz oder die aktuelle Story von Seyran Ates (über die ich persönlich richtig schockiert bin, da ich Seyran persönlich kenne und gern mit ihr auf Veranstaltungen war) und ich finde es auch gut so, dass er seine persönliche Meinung vorenthält, so kann sich man sich einen Einblick in das Thema verschaffen. Der Facettenreichtum, den Jan vermisst hat, wäre wahrscheinlich schwierig in einen Roman unterzubringen. Hier setze ich auf die Menschen, die sich weitergehend um Informationen bemühen.


    Bei der Lektüre, die teilweise wirklich oberflächlich ist, hatte ich oft den Eindruck, dass Updike Angst hat, dieses Buch zu schreiben - ging es dir vielleicht ähnlich Voltaire???


    Was sehr gut herüberkommt ist die unterschwellige Beeinflussung, die dort stattfindet. Ahmed ist seit seinem 12. Lebensjahr in der Koranschule und der einzige der Klasse, der jetzt noch dort ist. Sein Imam beeinflusst ihn, er gibt sogar den beruflichen Werdegang vor, um den Dshihad zu fördern, wie sich später herausstellt.
    Ahmed´s Mutter macht sich wenig Gedanken um die Einstellung des Imam, sie ist froh, dass ihr Sohn wenig bis gar keine Schwierigkeiten macht in der Schule und dass er nichts mit Drogen etc. zu tun hat. Sie lässt sich beim Schulabschluss dazu bringen, ein Kopftuch zu tragen, um nicht wie eine Hure dazustehen...


    Im großen und ganzen hatte ich mir so den Roman vorgestellt, so war er mir vorgestellt worden. Da jetzt zum 5. Jahrestag des 9/11 viele solcher Bücher erscheinen, habe ich aktuell wenig Vergleichsmöglichkeiten. Persönlich würde ich mir aber wünschen, dass mehr Menschen die Gefahr des religiösen Fundamentalismus wahrnehmen und sich nicht nur auf den Islam versteifen!


    Von mir bekommt das Buch vier von fünf Daumen!


    Bibi

  • Wake me up when september ends

    Ahmed ist ein guter Schüler, sieht gut aus, kleidet sich immer gleich - schwarze Röhrenjeans, weißes Hemd. Sein (jüdischer) Schulberater Jack Levy möchte ihn dazu bringen, die akademische Laufbahn einzuschlagen, aber Ahmed will lieber Lastwagenfahrer werden. Seit seinem dreizehnten Lebensjahr ist der uneheliche Sohn einer Malerin und eines Arabers, den Ahmed nur von Fotos kennt, gläubiger Muslim. Regelmäßig geht er zu seinem Imam Scheich Raschid, der ihn die Suren des Koran auswendig lernen läßt. Ahmed verachtet die amerikanische Gesellschaft, den Konsumterror, das deprimierende Dasein der Unterschichten, aber er mag seine dralle, schwarzhäutige Mitschülerin, auch noch, als sie nach der Schulzeit für ihren Freund Tyron anschaffen geht. Er wird Fahrer beim Gebrauchtmöbelhaus "Excellency", das sich als Keimzelle des Terrorismus' entpuppt. Ahmed wird zum Gotteskrieger, und am Jahrestag von 9/11 soll er einen Anschlag auf den Lincoln-Tunnel verüben.


    Weiß der Geier, was sich Updike bei diesem Buch gedacht hat. Während er durchaus sorgfältig und anschaulich die Vitae seiner Hauptfiguren aufbaut, geht der dahinterstehende Gedanke ganz fürchterlich den Bach runter, weil sich der Autor in Klischees verstrickt und letztlich nur genau das liefert, was die Medienwirklichkeit vorgegeben hat. "Terrorist" ist schlußendlich eine Kolportage, eine Bestätigung aller Vorurteile. Zwar lesbar, weil es Updike einfach nicht gelingen kann, einen inhaltlich UND sprachlich mißlungenen Roman vorzulegen, aber mit so fader, direkter Botschaft, unspannender Entwicklung und fragwürdiger Fundamentierung, daß mit diesem Buch der eigentlich verdiente Literatur-Nobelpreis in weite Ferne gerückt sein dürfte. Die Idee, die Perspektive eines (vermeintlichen) Terroristen zu wählen, ohne zu werten, mag durchaus ihren Reiz gehabt haben, aber Updike gelingt das Experiment nicht, weil er nicht mehr wagt, als möglich ist, ohne echte Risiken einzugehen. Kein Diskussionsbeitrag zum aktuellen Weltgeschehen, sondern eine simple, auf der BILD- und CNN-Wirklichkeit aufbauende Geschichte, die am Tellerrand hängenbleibt.

  • Hallo, Bibihexe.


    Ich glaube kaum, daß sich jemand in Updikes Position (und Alter) noch um Repressalien schert. Tatsächlich hat er ja versucht, auf gewisse Weise für den Standpunkt seiner Hauptfigur zu werben, und das Amerika-Bild, das er zeichnet, ist das einer trüben, verfallenden und an die eigenen Werte nicht mehr glaubenden, sie sogar verleugnenden Nation - man denke nur daran, was mit dem Freiheitsbegriff in den letzten fünf Jahren geschehen ist. Aber die akribische Figurenzeichnung täuscht einfach nicht darüber hinweg, daß diese Hauptfigur exakt den Vorgaben der Medienwirklichkeit entspricht, und der Versuch, ihre Motivation zu erläutern, fällt einfach nach hinten runter, weil ein John Updike diese Motivation nicht wirklich verstehen kann. Wie auch?

  • Aufmerksam geworden durch die Vorstellung eines Radiosenders, habe ich dieses Buch gelesen.
    Man lernt einen jungen Muslimen kennen und seine Sicht der Welt, welchen doch schäbigen und ungläubigen Eindruck sie bei ihm hinterläßt. Während andere junge Menschen in Ahmeds Alter keinen Plan für die Zukunft haben, ist er bei Ahmed scheinbar, durch den Einfluss des Imam festgelegt. Lastwagenfahrer!, wobei er nach Ansicht des Schulberaters Herr Levy damit weit unter seinen Möglichkeiten bleibt. Der Schritt zum Selbstmordattentäter ist für Ahmed nur sehr klein, da am Ende sein heißbegehrtes Paradies winkt.
    John Updike gelingt es den Werdegang von Ahmed glaubhaft aufzuzeichnen. Einige Gedanken, die Ahmed aus muslimischer Sicht äußert, sind selbst für den "Ungläubigen" nachvollziehbar.
    Leider verfügt das Buch über einige Längen und am Ende merkt man dann doch, dass John Updike, genau wie ich, nur ein Außenseiter ist.
    Dennoch zeigt die Wirklichkeit, wie aktuell es ist, als ich das Buch las wurde in New York ein Anschlag auf den Flughafen verhindert.

  • Teilweise hat sich Herr Updike in Detailschilderungen verloren. Wenn man nicht den Anspruch an das Buch stellt, dass es mehr soll als unterhalten, war es durchaus nicht übel. Ich hatte die Hörbuchversion und war nach anfänglichem Zögern durchaus positiv überrascht. Der Sprecher war nicht der beste, den ich bislang hörte, aber noch akzeptabel.

  • Auch mein zweiter Updike-Roman konnte meine Erwartungen nicht erfüllen, dafür war´s diesmal aber schon mal besser als das inhaltlich wirre "Gegen Ende der Zeit". Sprachlich gibt es nichts zu bemängeln, da beweist der Autor durchaus große Könnerschaft, auch wenn er sich viel zu oft in detailreichen, für die Handlung irrelevanten Beschreibungen verliert. Inhaltlich fand ich die Darstellung der Hauptfigur Ahmed nicht so gelungen, und konsequenterweise gefiel mir das Buch auch abseits von Ahmeds Erlebnissen am besten - die Nebenfiguren, den jüdischen Schülerberater Levy sowie Ahmeds irischstämmige Mutter hat Updike fein herausgearbeitet; an diesen Stellen machte das Buch Spaß und gefiel mir gut, was ich vom Rest leider nicht sagen kann. Das Ende war auch nicht gerade plausibel, ohne zuviel verraten zu wollen.
    4,5 Punkte