'Lavendelblues' - Seiten 001 - 086

  • So, jetzt komme ich noch hinterhergekleckert. ;-)
    Ich habe das Buch im Urlaub gelesen und bin seit heute wieder online.


    Die Aufmachung des Buchs gefällt mir gut: ansprechendes Cover und schöne Zitate. Auch die Seite über die Autorin, wirklich nett. Was mich gestört hat, ist das Inhaltsverzeichnis, das mag ich bei Romanen überhaupt nicht, weil es mir nichts bringt.


    Die ersten Kapitel fand ich ganz nett, aber mir hat ein wenig der rote Faden gefehlt. Dahlias Laden kann ich mir gut vorstellen - und wenn ich ihn sehen würde, würde ich bestimmt sofort reingehen, stöbern und sicherlich was hübsches entdecken. ;-)

  • (Zweiter Anlauf -- unser kleiner Kater hat eine auffallende Vorliebe für Kabel und haut schon mal den Router aus dem Regal ... :lache)


    Ich habe das Buch am Freitag aus dem Regal geholt, weil ich nach Abgabe des Manuskripts an den Hersteller entlich den Kopf frei hatte. Eigentlich hatten wir abends zuerst einen Absacker machen wollen, haben Syriana :fetch geguckt, danach Lost in Translation . Zum Abschluß des Abends wollte ich noch ein bißchen lesen, was dann mehr als 50 Seiten wurden ... :wow


    Das spricht eindeutig für das Buch! :-)


    Ich habe ein Faible für einen Stil, der opulent und leicht zugleich ist wie mediterrane Küche; Hähnchen in Rosmarinjus, Ratatouille mit frisch gebackenem Baguette einem feinen Côtes du Roussillon, Cassoulet de Carcassonne, Hasenrücken (oder Filets) in einer Sauce aus weißem Côtes du Provence -- Mist! Ich kriege schon wieder Appetit! :lache


    Mir gefällt die nicht strikt lineare Erzählweise, die sich auch mal Zeit läßt, etwas auszuführen, was nicht "den Plot vorantreibt" oder sofort aus dem Zusammenhang klar wird. Z.B. die Episoden in Kellerleben, die Beschreibung des Ladens la vie en rose. Ich kann auch den Verdruß über das ewige Genöle, das in Deutschland grassiert, gut nachvollziehen. Hier bekommt das Buch eine leicht pädagogische Ader, denn die angepeilten Leser sind ja Deutsche. :grin


    "Frauenroman" hin oder her -- es ist ein Roman über Frauen, die im Grenzgebiet zwischen Deutschland und Frankreich leben, über Grenzgängerinnen. Alle drei haben sich gewissermaßen Träume verwirklicht: Dahlia (bei ihrer Vorgeschichte stammt sie aus einer stramm protestantischen Gegend! :lache) ihren Traum eines selbständig geführten Ladens für die Schönen Dinge des Lebens, Estelle als leicht überkandidelte Jazzsängerin und die noch abwesende Bruni nach einem Leben als erfolgreiche Geschäftsfrau den genußvollen Ruhestand mit einem südfranzösischen Liebhaber. Und irgendwie hatte ich schon bei Brunis erster Postkarte den Eindruck: "Au weia, der Schein trügt!"
    Denn für die beiden anderen Frauen hat die Erfüllung ihrer Träume Kehrseiten, die sie zu ignorieren versuchen ...


    Estelle und Yves -- ich kenne solche Beziehungen. Männer können solche Lämmer sein, während die künstlernden Partnerinnen kompromißlos ihr Ding durchziehen ...


    Warum kommen mir die Figuren überhaupt nicht lebensfremd oder überzogen vor? Andere Lebenswelt? :wow


    Sprachlich ... s.o., auch wenn manchmal ein Tick zuviel Thymian oder Safran dran ist, und man sich den einen oder anderen Fazit-Satz hätte sparen können. Aber insgesamt m.A.n. ein Kluges Buch wie ein leckeres Essen. Auf keinen Fall Fast-Read. :P

  • Zitat

    Original von chiclana
    So, jetzt komme ich noch hinterhergekleckert. ;-)


    Ich war auch nicht schneller. Ihr seid mir alle immer zu schnell, ich glaube, Leserunden lasse ich demnächst, ich komme immer nur wenig zum lesen und merke, dass ich mich jetzt schon echt unter Druck fühlte, endlich weiter zu kommen, um hier was zu schreiben...


    Nun aber zum ersten Teil:


    Sprachlich sehr gelungen. Ich liebe die bildliche Sprache, fühle mich sauwohl dabei, erlebe mit allen Sinnen, wenn ich in dem Buch lese.


    Mir persönlich haben die "Episoden" zwischendurch, wie Iris schreib, allerdings nicht so gut. Da also vielleicht meine Interpretation von " Frauenroman". Das ist für mich was Heiteres, Leichtes für die paar Minuten freie Lesezeit, die ich abends im Bett noch habe. Und da hat es mich doch etwas umgehauen, mich mit der NS-Zeit ausienandersetzen zu müssen mitten in der Nacht...


    Die Charaktere finde ich spannend, gerade weil sie vielleicht etwas überzogen sind. Freue mich aufs Weiterlesen.

  • Zitat

    Original von Petra
    Ups... du siehst jetzt eine Autorin mit ganz großen neugierigen Augen! :wow


    Als Rheinländer erlebt ein Kind der 1960er ja noch alle Varianten: die katholischen Elternhäuser, die evangelischen, die eine oder andere reformierte Familie und auch schon solche, die damit gar nix mehr am Hut haben.
    Mein Elternhaus war eher religionsfrei, meine Großeltern, die mich betreut haben, sehr katholisch. Meine Freunde waren meist evangelisch, einer Schulkameradin wurde von den Eltern der Umgang mit mir strikt verboten, als die Eltern erfuhren, daß ich katholisch getauft bin.
    Durchweg waren die evangelischen und reformierten Eltern erheblich leistungsorientierter, arbeiteten mit Liebesentzug und Härte, während ich bloß mal Hausarrest kassierte oder ganz selten mal eine Backpfeife (kannste an den Fingern abzählen). Es wurde weit mehr Wert auf die Noten gelegt und das Selbstwertgefühlt der Kinder sogar vor Zeugen verletzt, wenn sie dem Leistungsdruck nicht standhielten.
    Ich kann das nicht als empirische Studie belegen, es ist vor allem mein Eindruck, daß für die Katholiken eher das Einhalten einer Moral und bestimmter Rituale und die Familie als "Nest" wichtiger war als die Noten, während die anderen sehr auf die individuelle Leistung auch quasi als Dienst an der Familie achteten. Man spricht ja auch vom "preußischen" und "protestantischen" Drill. :lache


    Dabei fällt mir ein, daß dein Elsaß eine religionsfreie Zone ist. Mir kam das bei meinem letzten Besuch ganz anders vor, aber der liegt mehr als 20 Jahre zurück ...


    (Die Eulen bocken heute bei mir ... da ich das Problem allerdings auch bei anderen URLs habe, tippe ich auf ein lokales Problem ...)

  • Hallo Iris,


    an deinen Eindrücken ist was dran - ich hab das sogar ähnlich länderweise erlebt, wenn es eine einzelne Staatsreligion gab.

    Zitat

    Original von Iris
    Dabei fällt mir ein, daß dein Elsaß eine religionsfreie Zone ist. Mir kam das bei meinem letzten Besuch ganz anders vor, aber der liegt mehr als 20 Jahre zurück


    Da hat sich einiges verändert, weil Frankreich ja an sich säkular mit Religionen umgeht - ich werde also zum Glück nie gefragt, woran ich glaube, das ist Privatsache. In den letzten Jahren ist auch die Vielfalt an Religionen gestiegen und ich habe es vor ein paar Jahren in unserem 800-Seelen-Dorf erlebt, dass der muslimische Bauunternehmer den Zuschlag bekam, die Kapelle zu restaurieren, vor 15 Jahren noch undenkbar. Auch Aktivitäten und Veranstaltungen mit den jüdischen Gemeinden gibt es jetzt sehr viel mehr.


    Und weil es im Elsass immer nur Extreme gibt, herrscht auf dem platten Land noch der Religionskrieg von... wann war der noch gleich? Da gibt's tatsächlich noch Grabenkämpfe und Familienfehden wegen "Mischehen". Und ich stand mal im Mittelpunkt des entsetzten Dorftratsches, als wir unsere kackbraunen Fensterläden vom Vorgänger lavendelblau (jaja) umstrichen. Ich begriff überhaupt nicht, wie diese Schönheit so ein Faux Pas sein könnte. Bis mich jemand aufklärte, dass ich "katholische" Fensterläden "jüdisch" gemacht hatte. Tatsächlich erkannte man früher traditionell die Religion der Bewohner an den Fensterladenfarben: die Juden hatten Blautöne, die Katholiken braun, die Protestanten weiß... und fragt mich jetzt nicht, wer sich das Grün und andere Farben grabschen durfte.


    Vielleicht kennen einige auch die rot- oder blaukarierten Leinentücher fürs Geschirr und die Tischdecken. Das eine sind die katholischen, das andere die evangelischen. Gut... die Jungen wissen das nicht mehr und diese grausigen Betonköpfe sterben hoffentlich irgendwann mal aus. Ich geh da auch sofort auf Sicherheitsabstand.


    Kommt dazu, dass das hauptsächlich protestantische Elsass im Gegensatz zum katholischen Restfrankreich) auch katholische Enklaven hat - und da kloppen sich die Leute auch noch über Grenzen. Ich hab mich mal mit einem protestantischen Pfarrer hier unterhalten, der erzählte, eine Menge seiner jüngeren Kollegen würden den Beruf wechseln oder im Sanatorium landen, weil sie die Bigotterie nicht aushielten und das noch nicht überwundene Mittelalter.


    Hätte ich also den Aspekt auch noch realistisch verarbeiten wollen, wäre ganz sicher kein Unterhaltungroman herausgekommen, vielleicht eher eine Satire!


    Farbenfreudige Grüße,
    Petra

  • Zitat

    Original von Iris
    Warum kommen mir die Figuren überhaupt nicht lebensfremd oder überzogen vor? Andere Lebenswelt? :wow


    War das ein Kritikpunkt? Ich fand zwar die Handlung nicht jederzeit überzeugend und lebensecht, die Figuren aber allesamt.

  • Zitat

    Original von Waldfee


    War das ein Kritikpunkt? Ich fand zwar die Handlung nicht jederzeit überzeugend und lebensecht, die Figuren aber allesamt.


    Ich habe Iris so verstanden, dass sie sagen wollte, sie habe die Figuren überhaupt nicht lebensfremd und überzogen gefunden. Als Grund zur Diskrepanz zwischen ihr und den Kritikern der Figuren vermutet sie Unterschiede in der Lebenswelt.


    Schöne Grüße,
    Petra