Bret Easton Ellis - Unter Null

  • Mit gerade mal 20 Jahren entwarf Bret Easton Ellis das Manuskript des Buches "Unter Null", als Abschlußarbeit seines Kurses "Kreatives Schreiben", mit dem er den Durchbruch als Auto schaffte. "Unter Null" spielt in den USA der 80er Jahre, es handelt von Kids, die reich, aber gelangweilt sind, nicht wissen was sie den ganzen Tag anstellen sollen, so versuchen sie ihre Zeit mit Sex, Partys, Gewalt und Drogen zumzukriegen, können denen jedoch auch keinen Sinn, geschweige denn einen Kick abgewinnen. Ein besonders trefendes Zitat: "Lindsey und ich gehen die Treppe rauf zur Toilette und ziehen uns auf dem Klo ein bißchen Koks rein. Über dem Waschbecken, auf dem Spiegel, steht in großen Buchstaben: 'Das Reich des Stumpfsinns'."


    Fazit: Generation X meets Bret Easton Ellis.

    Lilli
    "The more you ignore me, the closer I get." [Morrissey]

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  • Ein starkes Buch mit einigem an Sex, Gewalt und droggen sowie vielen zynischen, gefühlskalten Figuren. Nicht alle der vielen kleine Episoden, in die das Buch aufgegliedert ist, sind restlos geglückt; manches wiederholt sich, einiges erscheint überflüssig. Aber dennoch ein spannendes Portait von Kids reicher Eltern mit viel 80er Jahre Touch.

  • Mitte der 80er Jahre: Clay, Sprössling eines reichen Filmproduzenten, hat Semesterferien und kehrt für einige Wochen in seine Heimatstadt LA zurück.
    Einen Ferienjob hat er nicht nötig, für die Uni gibt’s offensichtlich auch nichts zu tun und so treibt er durch die im Grunde ereignislosen Tage, sitzt koksend am Pool, besucht diverse Partys, hängt in angesagten Clubs rum.


    Und das ist sie eigentlich schon, die ganze Geschichte, und dennoch habe ich diesen Roman quasi inhaliert.


    Denn was ist das für eine absurde, morbide, fremde Welt. Die Jugend von LA's High Society langweilt sich in den Hügeln Hollywoods. Die Alten sind mit ihren Geschäftigen vollkommen ausgelastet, ihre Brut fährt derweil mit den Porsches, BMWs und Daimlern (Einschub: ich weiß, das sagen nur die Schwaben, aber „Mercedessen“ sind irgendwie doof aus), die sie zum High School Abschluss von ihren Eltern bekommen haben, von Party zu Party. Doch dort kann von Feiern keine Rede sein, es wird gekokst und ärgeres, gebumst in allen denkbaren Konstellationen, aber eigentlich sind das erschütternd freudlose Veranstaltungen. Und so sucht die Jugend immer neue Kicks: noch härtere Drogen, noch mehr Sex bis hin zum puren Sadismus. Das sind allerdings nur wenige, kurze Szenen, die deshalb umso schwerer zu ertragen sind (als Vorgeschmack auf „American Psycho“ reicht mir das allerdings vollkommen).


    Es ist eine Gesellschaft ohne echte soziale Bindungen. Die „Freunde“ sind lediglich temporäre Geschlechtspartner, Drogenversorger oder Saufkumpane. Auch die Familien sind eher lose verbundene Seilschaften, Clans, die sich materielle Vorteile und Privilegien zuschustern, reine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaften. Emotionale Verbundenheit fehlt vollkommen, Clays Schwestern etwa haben nicht einmal einen Namen, es ist lediglich von der älteren und der jüngeren die Rede, ihr Alter kennt Clay nur so ungefähr. Sein Freundin weiß nur aus der Klatschpresse, wo ihre Mutter gerade steckt.
    Unter Null, so ist das vorherrschende gesellschaftliche Klima.


    Ellis bedient sich einer fast schon unverschämt schlichten Sprache. Von Satzbau kann eigentlich keine Rede sein, kurze Hauptsätze sind durch Konjunktionen zu Endlossätzen verbunden. Gerade das aber erzeugt einen unwiderstehlichen Sog, man hat den Eindruck, mehr oder weniger willenlos hinter dem Protagonisten herzutapern. Das Vokabular ist ausgesprochen eingeschränkt, Wiederholungen häufig. Zum Beispiel mag es etliche Ausdrücke dafür geben, Kokain zu konsumieren, doch hier tun sich die Figuren immer nur Koks rein. Adjektive sind rar, „braungebrannt“ und „blond“ trifft man noch am häufigsten, denn so sind fast alle Jungs, die Clay bei seinen Touren durch LA trifft. Die Mädchen sind hübsch oder (selten) nicht so hübsch, das war's dann schon an Figurenzeichnung. Denn so gleichgültig Clay gegenüber seiner Umwelt ist, ist auch Ellis gegenüber seinen Figuren: so wichtig die sich alle auch nehmen, sind sie doch eigentlich vollkommen bedeutungslos und austauschbar.


    „Unter Null“ist ein vollkommen unpolitisches Buch, leise und vordergründig unspektakulär, und deshalb eine umso beeindruckendere Abrechnung mit der Gesellschaft, die die Regierung Reagan hervorgebracht hat.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Danke für Deinen Eindruch, Draper! :-)


    Ich habe das Buch ebenfalls inhaliert und es hat mich beeindruckt, fasziniert und abgestoßen. BEE ist so ein Autor, der mit klarer, reduzierter Sprache schlimme Bilder projeziert, die sich lange im Kopf festsetzen. Einfach großartig. Die Musik im Buch ist auch passend. :wave

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)