Hör-CDs mit Geschichten von Edgar Allan Poe. Es handelt sich um eine Reihe von preisgünstigen Hörbüchern vom Ascolto-Verlag. Die Scheintoten ist eine der CDs. Die Geschichten werden vorgelesen. Es sind also nicht die bekannten Hörspiele.
In der Reihe enthalten sind die Kurzgeschichten:
Die Scheintoten
Der Untergang des Hauses Usher
In den rauhen Bergen
William Wilson
Morella
Tatsachen im Fall Valdemar
Die schwarze Katze
Das pochende Herz
Die Maske des roten Todes
Das Fass Amontillado
Der entwendete Brief
Die Foltern (fehlt mir noch)
Das ovale Portrait
Edgar Allan Poe´s Erzählungen mochte ich schon als Jugendlicher. Teilweise bin ich aber auch falsch beeinflusst von den Filmen und die vielen thematischen Zitate aua anderen Bücher oder Filmen.
Interessant, dass die wirklichen Texte von Poe deshalb oft anders sind als in meiner Erinnerung.
Viele Geschichten wirken immer noch so gut auf mich wie damals, z.B. die kurze Erzählung über die Pest "Die Maske des roten Todes" finde ich immer noch sehr erschreckend.
Poes Sprache ist einfach, aber geschickt.
In "Die Scheintoten" ist der Stil anfangs quasi-dokumentarisch, da der Erzähler emotionslos Fälle von lebendig begrabenen Personen aufzählt, bis er schließlich zu seinem eigenen Fall kommt. Ab da wandelt sich der Stil, wird persönlich und intensiv.
Oft erwirkt Poe einen realistischen Hintergrund, so wird der Titelheld der Geschichte "Tatsachen im Fall Valdemar" tatsächlich mit Mr. Poe angesprochen. Auch sonst könnten namenlose, allwissende Ich-Erzähler wirklich Edgar Allan Poe persönlich sein. Insbesondere wenn sie ebenso Zuhörer mysteriöser Vorkommnisse von manchmal unglaubwürdigen Erzählern sind. Dieses Stilelement erinnert mich an Joseph Conrad.
Kaum jemand schafft es den beginnenden Wahn einer Person, die in irren Wahnsinn mündet, so gut zu beschreiben wie Poe. Besonders in "Die schwarze Katze" ist der Erzähler sich seines Persönlichkeitszerfalls am Anfang noch bewusst.
Das gilt auch für "Das verräterische Herz", indem der Mörder nur seines Wahnsinns wegen mordet und nicht aus einem niederen Motiv der Habgier.
Die tragischen Protagonisten sind mir trotz ihres Irrsinns meistens sympathisch.
Eine Ausnahme bildet der fiese Held aus "Das Fass Amontillado", der seinen Feind lebendig einmauert. Hier leuchtet mir das Motiv nicht ein. Trotzdem ist diese Geschichte aufgrund iherer Atmosphäre hör- oder lesenswert.
William Wilson: Eine Doppelgängergeschichte
Der Untergang des Hauses Usher: Hier verarbeitet Poe sicherlich siene Ängste über Inzucht. Schließlich heiratete er selbst seine 13jährige Kusine.
Die kurze Erzählung "Das ovale Portrait" fasziniert mich als düster-romantische, aber auch fatalistische Geschichte. Auch das ist typisch für Poe.
Mit "Der entwendete Brief" hat Poe einen großen Klassiker der Kriminalliteratur geschaffen.
Diese Geschichte kann ich immer wieder hören.
Die Qualität der CDs würde ich nicht sehr hoch einstufen, schließlich handelt es sich um Billigprodukte.
So gibt es keine zusätzlichen Infos oder etwa ein Booklet. Auf der Rückseite des Covers sind die Sprecher genannt. Die Aufnahmequalität ist mittelmäßig. Teilweise hört es sich an wie eine eiernde Kassette.
Sprecher: Thomas Rood, Klaus-Jürgen Mad
Die Sprecher sind OK, mehr nicht. Wenn die Erzähler der Handlung älter sind, kommt es mir merkwürdig vor, wenn sie ein junger Mann etwas pathetisch liest.
Als Bonus-Tracks sind auf 4 CDs eine Geschichte von E.T.A.Hoffmann verteilt: Das öde Haus.
Thematisch passt diese Novelle gut zu Poe, da es auch hier um einen psychisch labilen Mann geht, der glaubt eine Frau im Haus zu sehen. Unklar ist, ob diese Frau wirklich existiert oder nur ein Gemälde ist,
Das öde Haus ist eine etwas verwirrende Geschichte von 1817 mit Akzent gelesen. Das Verteilen auf 4 CDs trägt dann nicht gerade zur Verständniserleichterung bei.
Das zwingt außerdem geradezu zum Kauf aller Teile und das finde ich eine unfaire Verkaufspolitik.
Aus diesen Gründen kann ich die CDs nur bedingt empfehlen.
Zum Autor (laut Wikipedia)
Poe wurde am 19.01.1809 in Boston als Sohn von Schauspielern geboren. Er verwaiste schon im Alter von 10 Jahren. 1826 begann er ein Studium an der University of Virginia. 1827 kam er zum Militärdienst, von dem er 1831 entlassen wurde. 1838 heiratete er seine Cousine Virgiania Clemm, die 1847 starb und ihn hilflos zurückließ. Poe lebte in bitterer Armut und starb am 07.10.1849 in Baltimore unter nicht geklärten Umständen