Paul Auster - Timbuktu

  • Für alle Hundefans und alle, die gerne etwas über Freundschaft lesen....


    Inhalt:
    Timbuktu ist das Paradies, von dem der Penner Willy und sein treuer Hund
    Mr. Bones träumen. An einer zugigen Straßenecke in Baltimore liegt plötzlich
    Mr. Bones' Chef und spukt Blut. Eine Welt ohne Willy und seine verrückten
    Geschichten, denkt die treue Seele - da könnte sie genauso gut aufhören
    zu existieren.

    Eine Tierfabel über das Hundeleben von Vier- und Zweibeinern: Mr. Bones, ein kleiner Hund, hat sein Herrchen, den alten Penner Willy, verloren. Zusammen durchkämmten sie einst die Straßen und "unterhielten" sich über das Leben. Nun hofft der kleine Mr. Bones, sein Herrchen in "Timbuktu" wiederzutreffen.
    Timbuktu ist das grenzenlose Paradies, von dem Willy oft genug schwärmte. Mr. Bones macht sich auf die Suche nach diesem Ort. Doch bevor er ihn findet, muss er viele Abenteuer bestehen.

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

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  • Lohnt sich, ist ein wirklich nettes Buch! Hier meine Rezension von ... damals:


    "Wenn Du es nicht rammeln oder fressen kannst, piß drauf", so stellt sich, leicht vereinfacht, die Philosophie des Hundes aus Sicht mancher Menschen dar.


    Austers feiner, kleiner Roman falsifiziert diese Meinung. Die Promenadenmischung Mr. Bones war sein ganzes Leben lang - sieben Jahre - der Hund des 1968 im Drogenrausch durchgeknallten Willy G. Christmas, der vorher Willy Gurevitch hieß, bis eines Nachts der Weihnachtsmann aus dem Fernseher zu ihm sprach. Willy ist so eine Art Landstreicher, dessen zivilisatorische Wurzeln sich mehr und mehr lösen, als der letzte Kontakt, die alte Mutter verstirbt.
    Doch auch Willys Tage sind gezählt. Als mit dem morgendlichen Husten die ersten blutigen Auswürfe kommen, wird dem Straßenpoeten und dessen treuem Freund bewußt, daß das Ende einer sanften, fairen Kameradschaft naht. Beide treten eine vorletzte Reise an, nach Baltimore, um eine alte Lehrerin von Willy zu finden, die sich um Bones und die Manuskripte des sterbenden Literaten-Penners kümmern soll.


    "Timbuktu" erzählt von diesen letzten Tagen, in Rückblenden von der Zeit davor und schließlich von der Zeit danach, als Bones, auf sich selbst gestellt, im Leben zurechtkommen muß, auf einem neuen Planeten quasi, seit ihn der Planet "Willy" verstoßen hat. Er bleibt aufrecht und hält durch ob des gemeinsamen Traumes, denn nach dem Tod wird man sich wiedertreffen, in Timbuktu, dem Ort, an den die guten Menschen und - vielleicht - ihre guten Hunde kommen.


    Auster, der so verschiedenartige Bücher wie die "New York Trilogie", das deprimierende "Im Land der letzten Dinge", die Romane und Drehbücher zu "Smoke" und "Blue in the face" oder, zuletzt, "Lulu on the bridge" (hier führte der Autor zum ersten Mal bei der Verfilmung Regie) vorgelegt hat, beweist mit "Timbuktu", daß man einen Roman aus der Sicht eines Tieres schreiben kann, ohne schwafelig, tränendrüsig oder fabulierend zu werden. Bones ist ein Hund, der mitten im Leben steht, nur deshalb nicht reden kann, weil ihm biologische Voraussetzungen dafür fehlen, die Welt mit unscharfen Augen und brillanter Nase beobachtet - und gezwungen ist, auf seine alten Tage völlig neue Paradigmen zu erwägen.


    "Timbuktu" ist amüsant, erfrischend, melancholisch und feinfühlig - ein ganz wunderbares, optimistisches Buch. Gleichzeitig kommt es ein bißchen daher, wie ein Abgesang auf die Beatniks Kerouac und Co. Lesen! "

  • Zitat

    Original von Heaven
    Tom???????? :wow


    Ist jetzt auch die Hochzeitssuite mit Internetzugang??:gruebel :grin


    Mann Heaven :lache das war doch nur ein Schubser von mir ... :grin
    Guck mal auf die Daten ...

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

  • Mr. Bones ist ein kluger Hund. Nicht nur, dass er alles versteht, was sein Herrchen Willy sagt, er vermag auch über das, was um ihn herum geschieht, nachzudenken. Denn Willy nimmt ihn ernst, lässt ihn teilhaben an seinen Gedanken, erklärt ihm die Welt, wie die Menschen sie sehen.


    Und Willys Welt ist keine heile Welt, nicht der amerikanische Traum, sondern dessen Schattenseiten. Denn Willy lebt auf der Straße, er verweigert sich bewusst den Idealen der Mittelschicht. Umso absurder, dass er sich den Weihnachtsmann, diese Symbolfigur gedankenlosen Konsums, zum Alter Ego und Namenspatron gewählt hat. Von Willy jedenfalls hat Mr. Bones gelernt, was wichtig ist im Leben, was gut ist und was schlecht. Nur leider hat er versäumt, ihm das Lesen beizubringen, und so hat der Hund ein Problem, als Willy stirbt. Wie soll er so die einzige Person in Baltimore finden, die sich seiner, annehmen würde?


    So muss er sich alleine durchschlagen, und auch wenn er keinen Platz fürs Leben findet, so immer mal wieder das kleine Glück.


    Aus Mr. Bones Sicht wird ein wunderbar unsentimentaler Blick auf amerikanische Miseren, die nicht einmal vor dem Mittelstandsidyll haltmachen, geschildert. Der Hund sieht, wie die Dinge sind, und nicht, wie sie scheinen, aber er beurteilt diese Dinge auch nicht, sondern sieht in jeder Lebenslage die Vorteile, die sie ihm bringt.
    Und genau da liegt auch der Hund begraben. Denn auch wenn Mr. Bones durchaus bereit ist, für ein sattes und sauberes Zuhause Abstriche hinsichtlich seiner persönlichen Freiheit zu machen, so sitzt ihm doch der Geist seines früheren Herrchens im Nacken bzw. das, was dieses ihm über das richtige Leben im falschen beigebracht hat Und so verweigert dieser Hund, obwohl die Freundlichkeit in Person, den letzten Gehorsam, der von einem Hund verlangt wird, der ein ordentlicher Familienhund werden will.


    Auster schafft in diesem Buch, was den meisten anderen Autoren, die Geschichten aus der Sicht eines Tieres schreiben, nicht gelingt: Der Hund bleibt ein Hund, obwohl er doch aus Liebe zu einem höchst unvollkommenen Menschen ein kleines bisschen Mensch geworden ist. Sehr glaubhaft, auch wenn das in Wirklichkeit doch eigentlich gar nicht sein kann...

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Ein kleines, feines Buch voller Melancholie, das so ganz anders daherkommt als Austers sonstige Bücher, viel zugänglicher und breitenwirksamer.
    Es war schön, Mr. Bones eine Zeitlang zu begleiten und seine Sicht der Welt dargelegt zu bekommen, vor allem dank seiner positiven Grundeinstellung.