Per Olov Enquist – Das Buch von Blanche und Marie

  • Klappentext:


    „Die Liebe kann man nicht erklären. Aber wer wären wir, wenn wir es nicht versuchten?“ In seinem Roman erzählt P. O. Enquist vom tragischen Schicksal zweier Frauen, Blanche Wittman und Marie Curie, und von den Männern, die sie geliebt haben. „Wie groß ist doch die Liebe, und wie schwer einzufangen, wie ein Schmetterling, der aus dem Himmel geflohen ist“, schreibt Blanche. „Doch wie finden wir, in dieser Zeit schwerer Umwälzungen, die das Kennzeichen dieses neuen Jahrhunderts sind, einen Zusammenhang, wenn nicht in der Liebe?“


    Die Presse:


    „Selten sind mir aus der Feder eines Mannes so liebevoll gezeichnete und emanzipierte Frauengestalten begegnet. Wie Enquist es schafft, Blanche und Marie nicht einfach als Opfer ihrer Zeit und einer vernichtenden Liebe erscheinen zu lassen, das ist eine besondere Kunst.“ Annina Raabe, Svenska Dagbladet


    Der Autor:


    Per Olov Enquist, geboren 1934 in einem Dorf im Norden Schwedens, lebt in Stockholm. Nach dem Studium arbeitete er als Theater- und Literaturkritiker. Er zählt zu den bedeutendsten Autoren Schwedens.


    Meine Meinung:


    Per Olov Enquist erzählt die Geschichte von Blanche Wittman, der Assistentin in Marie Curies Labor, die dem Zauber von Marie und ihrer Wissenschaft offensichtlich erlegen war, die infolge fortdauernder radioaktiver Bestrahlung nach und nach beide Beine und einen Arm verlor, ehe sie als Märtyrerin für die Forschung starb.


    Enquist stützt sich auf Blanches Aufzeichnungen – drei dünne Notizbücher, die sie „Fragebücher“ nennt, die erst Ende der neunzehnhundertdreißiger Jahre bekannt und nie in Gänze veröffentlicht wurden. Er liest sehr genau, auch zwischen den Zeilen, und das Gleiche verlangt er seinen Lesern ab. Er füllt die Lücken, malt sich aus, was unausgesprochen bleibt. Manche Zusammenhänge versteht er nicht, und auch für den Leser bleiben sie unklar.


    Es ist außerdem die Geschichte von Marie Curie, in deren Labor Blanche assistiert. Ihre Ehe mit Pierre Curie ist geprägt von der gemeinsamen Liebe zu ihrer Arbeit. Jahrelang experimentieren sie unter harten Bedingungen mit Pechblende und entdecken schließlich das Radium. Dann stirbt der bereits erkrankte Pierre bei einem tragischen Unfall, und Marie redet drei Jahre lang nichts.


    Schließlich verliebt sie sich in einen unglücklich verheirateten Mann, den Physiker Paul Langevin. Eine Liebe, die sie ihren Ruf und ihre Karriere kosten wird…


    Enquist versucht zu verstehen, was sie umtreibt: Blanche, ihren Geliebten Charcot, Marie und Paul. Warum haben sie gehandelt, wie sie gehandelt haben? Was haben sie gedacht und gefühlt? Er gibt sich als Erzähler und Rekonstrukteur der Geschichte klar zu erkennen, lässt den Leser an seinen Überlegungen teilhaben und durchwirkt das Geschehen hier und da mit eigenen, ganz persönlichen Erlebnissen.


    Es ist ein schwieriges, aber lesenswertes Buch. Anfangs fasziniert es, dann ermüden die vielen Sprünge zwischen Zeiten, Orten und Geschichten ebenso wie die ständigen Wiederholungen der Ereignisse. Irgendwann scheint nichts Neues mehr zu passieren, doch am Ende erzählt Enquist endlich die so oft angedeutete, tragische Liebesgeschichte von Marie und Paul.


    Eine interessante Geschichte mit einigen Längen – ungewöhnlich konstruiert und kunstvoll formuliert.

  • Mein Lieblingsbuch von Per Olov Enquist.


    Ungewöhnliche literarische Konstruktionen sind Enquist Alleinstellungsmerkmal.
    Er hat es meiner Meinung nach geschafft, eine historische Persönlichkeit wie Marie Curie als Person zum Leben zu erwecken, eben indem er noch eine Distanz zu ihr aufrechterhält. Meistens steht Blanche im Mittelpunkt.
    Die von Waldfee berechtigt erwähnten Längen werden durch eine gewisse Spannung im Roman wieder ausgeglichen.


    Ich gebe 10 von 10 Punkten!

  • Ich habe das Buch gerade erst gelesen und muss sagen, dass es mich ebenfalls sehr beeindruckt hat. Vor allem im zweiten Teil, in dem sich die Geschichten von Blanche und Marie verdichten und ihren Höhepunkt finden, hat mich der Roman sehr gefesselt.
    Die Sterbeszene, in der Blanche Charcot begleitet, finde ich ungeheuer anrührend und wunderschön.
    Außerdem hat mich das Buch angeregt, mich näher mit der außergewöhnlichen Persönlichkeit Marie Curie zu beschäftigen.
    Von mir 9 von 10 Punkten.


    Viele Grüße,
    Bücherfrau :-)

  • Auch das zweite Buch dieser Art von ihm über Franz Anton Mesmer, dem Begründer des animalischen Magnetismus oder der Hypnose, ist stilistisch ähnlich interessant geschrieben.
    Wenn dir Blanche und Marie gefiel, dann solltest du dir das vielleicht auch mal anschauen.



    VBraunstein

  • so ich habe es nun auch fertig gelesen. Ich fand es teilweise recht schwierig zu lesen aber interessant etwas über Marie Curie herauszufinden, hab auch während des lesens oft bei wikipedia gegoogelt. Die Zustände der Salpetriere zu die zu dieser Zeit angedeutet wurden, haben mich schon sehr geschockt und ich würde gerne mehr darüber erfahren, hab aber bis jetzt noch nichts weiter gefunden.
    Kennt jemand ein Buch über die Salpetriere zu der Zeit, als sie noch als "Irrenhaus" fungierte?

    LG Melanie
    :lesend


    „Egal wie tief man die Messlatte des geistigen Verstandes eines Menschen legt, es gibt jeden Tag jemanden der bequem darunter durchlaufen kann!“

  • Ich hab 44 Seiten von ca. 200 gelesen und finde es sehr mühsam. Eigentlich interessiert mich Marie Curie schon, aber die Art, wie Enquist schreibt, die ständigen Wiederholungen und Sprünge, das nervt.


    Aber wenn Ihr meint, dass es besser wird, lese ich mal weiter, wenn ich mein Zweitbuch beendet habe. :grin

  • Hallo,


    mich hat das Buch auch sehr beeindruckt. Wem das Thema gefallen hat, dem empfehle ich auch den Roman "Immerwahr" von Sabine Friedrich. Darin geht es um die Chemikerin Clara Immerwahr, die den Wissenschaftler Fritz Haber heiratete, der im 1. Weltkrieg das Giftgas erfunden hat. Zwei sehr packende Romane über ungewöhnliche Frauen.


    Liebe Grüße,


    Susanne

  • Ich mußte das erstmal setzen lassen, für die nur 240 Seiten habe ich drei Tage gebraucht, das Buch liest sich sperrig und verwirrend. Zunächst wird eigentlich gar nicht klar, was uns Enquist hier erzählen will. Wäre es eine biographische Geschichte, dann allerdings - so erscheint es mir- passt der Erzählstil doch, weil das Denken und das Leben eben selten linear ablaufen, sondern in Wendungen und Wiederholungen und im Ausdruck von Zweifeln und Hoffnungen. Deshalb - nach Setzungspause- bewerte ich das Büchlein als lesenswert.