Gute Schriftsteller vs. "böse" Schriftsteller?

Ich denke der NS-Propaganda sind damals viele Leute / Jugendliche erlegen. Heute wird das so verteufelt. Aber wer weiß, vielleicht wären die meisten von uns damals auch den Reden und Paraden, dem Glanz, dem Charme und den Worten erlegen. Ich habe mich aufgrund einer Hausaufgabe mal näher mit dem Thema Medien im Nationalsozialismus beschäftigt. Und am Ende, nachdem ich festgestellt hatte wie ausgeklügelt das System war, konnte ich mir nicht sicher sein, ob ich dem ganzen nicht vielleicht auch erlegen wäre.

So ist Günter Grass, zwar ein hochglobter Autor, aber eben doch auch nur ein Mensch. Und er war ein Jugendlicher wie viele andere. Er sagt er bereue es, also lassen wir es gut sein, jeder Mensch macht Fehler. Seiner ist jetzt viele viele Jahre her, als er erwachsen war, hat er den Fehler eingesehen und damit sollte man das Thema ruhen lassen.

Zitat

Original von Ikarus
Ich muß dazu sagen, dass ich von Grass noch nicht wirklich viel gelesen habe - außer in der Schulzeit und das nicht freiwillig - aber mich überrascht sein Geständnis schon und ich habe mir noch keine rechte Meinung gebildet, was ich davon halten soll.

Ikarus

Halb Off Topic:
Eindeutig zweideutig... (sorry, musste gerade mal sein)

Ich verstehe die Überschrift nicht wirklich.
Was macht aus Grass nun einen "Bösen" Schriftsteller?
Seine Schriftstellerei, seine heutige Einstellung und seine Botschaft hat sich nicht verändert dadurch, daß er vor über 60 Jahren eine Entscheidung getroffen hat, die er heute selbst als Fehler bezeichnet.
Es gibt Menschen, die wachsen durch solche Fehler und kommen so erst zu ihrer Einstellung.
Das ganze macht aus Grass keinen anderen Menschen.

Ich finde es gut, daß er in seiner Biographie das nun erstmalig benennt.
Für mich ist da kein Denkmal demontiert.

Meiner Ansicht nach wäre es sinnvoll, sich nicht über Reaktionen auf ein Interview zu unterhalten, sondern über das Interview selbst:
Günter Grass im Interview: Warum ich nach sechzig Jahren mein Schweigen breche

Vielleicht jetzt nicht unbedingt bezogen auf Günther Grass, aber viele jungen Männer wurden damals in die Waffen-SS gezwungen. Es waren beileibe nicht alles Freiwillige die dort ihren Dienst taten. Wie Grass nun zur SS gestossen ist, ob freiwillig oder nicht, weiß ich nicht - aber in jedem Fall sollte man mit vorschnellen Urteilen sehr vorsichtig sein.

Aus der Distanz der Jahre lässt sich oftmals sehr leicht urteilen und verurteilen.

Ikarus
"Beg to differ and to read careful ".
Warum diese englischen Einwürfe? Mein Englisch ist leider nicht mehr so toll und ich habe wirklich keine Lust hier nun auch noch englische Wörtbücher bemühen zu müssen. Oder konnte man es nicht in deutscher Sprache ausdrücken?

Ich habe mich auch länger mit dem Thema beschäftigt und konnte viel von meinen Großvätern aus der Zeit erfahren - und ich denke ich wäre als Jugendlicher sehr wahrscheinlich auch in der Hitler-Jugend usw. gelandet und damals hätte ich sicherlich auch mitgemacht - so ausgeklügelt und raffiniert war das System.

Das Geständnis von Grass kommt spät - gut das es überhaupt kommt - und deswegen denke ich er hat lange mit der Preisgabe dieser Infos gehadert und schämt sich seiner damaligen Fehler.

Zitat

Ikarus:
Er hat früher in schöner Regelmäßigkeit andere...auch Schriftsteller-Kollegen ... angegriffen und ihnen sonstwas unterstellt...mit doch einiger Selbstgefälligkeit und indem er sich selbst allzu gerne vor die Brust klopfte.

Belege?

Zitat

Habe ich nicht parat, Grizzly...da ich keine TV-Interviews und Diskussionen von vor Jahren kopiert habe.

Habe mich auch schon genug geärgert, diesen Thread hier überhaupt eröffnet zu haben. Ich lasse das in Zukunft ganz bleiben. Mir reicht es jetzt dicke aus.

Dieses Forum bietet auch sonst genug Informationen. Ich ziehe mich zurück...wie so viele vor mir! Begründung unnötig.

Du behauptest etwas, also solltest du es auch belegen. Das hat mit dem Thread ja nix zu tun.

Ich kann mich auch nicht erinnern, daß Günther Grass irgendeinen seiner Kollegen weden SS oder Nazivergangenheit angegriffen hätte. Darum finde ich die Frage nach den Belegen schon statthaft.
Ich habe viel von Grass gelesen und über ihn.
Er hat eine sehr klare, politische Einstellung, die er vertritt. Aber das er Kollegen denunziert oder angegriffen hätte, habe ich jetzt nichts parat.

Und was das "Denkmal" angeht:
das meine ich im Übertragenen Sinne. Ich finde schon, daß Grass eine gewissen Instanz in der deutschen Literatur ist.
Ich war bei seiner Hörbuchaufnahme und Lesung seines letzten Buches in Lübeck und habe ihn live erlebt und ich gebe zu, daß ich recht selten ehrfürchtig werde wenn ich einem Autoren gegenüberstehe, bei Grass werde ich das aber schon.
Er ist ein Nobelpreisträger und hat wie kein anderer die deutsche Literatur der Nachkriegszeit bestimmt. Da darf ich ihm schon ein kleines persönliches Denkmal setzen, oder nicht?

Die einen verehren Popstars oder Schauspieler... ich verehre gelegentlich mal einen Autoren.

ich bin der meinung, dass es gut ist, dass grass sich endlich zu seiner vergangenheit bekennt. ihm sollte der fehler verziehen werden, da sich viele menschen von den versprechungen der nationalsozialisten täuschen ließen. leider hat auch er sich täuschen lassen, aber er steht dazu.

Zitat

Original von Ikarus

Hm... :gruebel...Ich frage mich nur, warum "gesteht" er das denn erst jetzt? War es davor nicht der Fall, dass er den Fehler bereute?
Er hat früher in schöner Regelmäßigkeit andere...auch Schriftsteller-Kollegen ... angegriffen und ihnen sonstwas unterstellt...mit doch einiger Selbstgefälligkeit und indem er sich selbst allzu gerne vor die Brust klopfte.

Mir fällt dabei der sehr alte Spruch ein: "Wer mit dem Finger auf andere zeigt, muß sich darüber im Klaren sein, daß vier Finger der selben Hand auf sich selbst zurückweisen."

Mit dem Maß, das man an andere anlegt, muß man bereit sein, sich selbst messen zu lassen, finde ich.

Ehrfurchtslose Grüße
Ikarus

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Aber hiermit hast du doch schon eine Meinung kund getan.

Ich würde nie ein Forum nutzen um zu gucken was die anderen meinen und dann danach meine Meinung ausrichten, sondern lieber nach Infos suchen uder von vornherein fragen.

Ich finde es nicht wichtig ob man zu irgendeiner Zeit oder unter irgendeinem System mitgelaufen ist. Entscheidend ist, was hat derjenige getan.
Wir hatten auch ein Familienmitglied mit Nazivergangenheit. Davon erfuhr ich erst weit nach seinem Tod. Ich war erschüttert, dass er dabei war. Solch einen Menschen hatte ich nie kennengelernt, eher völlig gegenteilig, aber ehrlich und aus vollem Herzen. Ich würde mir nicht anmaßen solch einen Menschen zu verurteilen, denn auch ich habe in einem System gelebt, das vielen Menschen zum Verhängnis wurde. Habe sogar an systemzugehörigen Vereinen teilgenommen, wenn auch sehr begrenzt. Aber es war völlig normal dazuzugehören. SO, denke ich, war es sicher auch damals.

Bin ich deswegen schlechter als du, Ikarus?

Zitat

@Grizzly...und ich sagte schon weiter oben, dass ich nicht jahrelang Interviews und Diskussionen aufgenommen habe in der Annahme, sie irgendwann mal benötigen zu müssen.

Ich wollte Günter Grass weder angreifen noch verteidigen, sondern - wie ich auch schon geschrieben habe - mir eine Meinung bilden.
DAS ist für mich der Sinn eines Forums und einer jeden Unterhaltung!

Eine Meinung bilden?

Du hast etwas behauptet und das habe ich zitiert - in einem »öffentlichen Raum«, in einem Gespräch. Es ist rechtens, nach einem Beleg für diese Behauptung zu fragen, schließlich kann jeder grundsätzlich alles behaupten. Wenn du allerdings keinen Beleg liefern kannst, ist der Wahrheitsgehalt deiner Behauptung für uns Leser und Zuhörer nicht verifizier- bzw. falsifizierbar, und somit - zu vernachlässigen. Das ist natürlich nicht böse gemeint.