Gute Schriftsteller vs. "böse" Schriftsteller?

  • Die braucht es nicht, weil's um was anderes geht. Die Behauptung, er habe seine Kollegen angegriffen usw., hat aber eine andere Qualität, da wirst du mir schon zustimmen müssen.

  • Na, das ist wieder so ein Thema ...


    Einer der jetzigen Unterstützer Grass ist Ralpf Giordano, den ich sehr schätze (eine ungeheuer intensive Persönlichkeit, vor etlichen Jahren hatte ich das Glück, mit ihm diskutieren zu dürfen). Er schlägt sich auf die Seite von Grass und verweist darauf, dass sehr viele Menschen aus dieser Zeit erst sehr spät aufarbeiten, sich öffentlich bekennen können.


    Es gab vor einigen Jahren einen Eklat beim PEN, Ralph Giordano trat aus; in einem veröffentlichen Brief findet man seinen Satz:


    "Dann Günter Grass: "Die Stasivergangenheit von PEN-Mitgliedern muß differenziert gesehen werden." Gewiß, nur schließt er darin ausdrücklich auch die des Oberspitzels und Reclam-Verlegers Hans Marquard ein, dessen Stasiakten so schwerbelastend waren, daß sogar der PEN-Ost ihn ausschließen mußte, was bekanntlicherweise sehr, sehr viel heißen soll. Aber Grass, sonst mit Abqualifizierungen von Gegnern schnell bei der Hand, sieht auch jetzt noch in Sachen Marquard Revisionsbedarf, und sich selbst "nicht in der Lage, den Fall abschließend zu beurteilen."


    Wenn wir über Politik reden, dann ist für mich ein Maßstab, wer spricht - wem kann man vertrauen. Giordano ist ein unbestechlicher Geist, der wie kein anderer sich mit der "dritten Schuld" der Deutschen beschäftigt hat, Grass in der Vergangenheit (s. o.) deutlich kritisierte - und nun zu seinen Unterstützern zählt.


    Das ist viel.


    Man muss Grass nicht mögen. Sein spätes Bekenntnis ist da. Besser spät als nie.

  • Zitat

    Original von Heaven


    Bin ich deswegen schlechter als du, Ikarus? ;-)


    Wer hat das behauptet, Heaven?...ICH bestimmt nicht!


    Tut mir leid, aber allmählich fühle ich mich hier - wenn man einen Thread eröffnet - wie bei einer Inquisition.


    Und das tue ich mir ganz gewiß nicht mehr an! Langsam verstehe ich nur den harschen Ton von einigen, die vor mir derartig in die Verteidigung gerieten und auch, dass manche sich nicht mehr diesen Angriffen aussetzen.


    Mit dem Argument: "Dann mußt Du halt nichts öffentlich sagen." drückt man einfach jeden an die Wand.


    Nein, Heaven...ich bin nichts Besseres als Du oder andere...aber auch nichts Schlechteres.


    mfg
    Ikarus

  • Zitat

    Original von Grizzly
    Die braucht es nicht, weil's um was anderes geht. Die Behauptung, er habe seine Kollegen angegriffen usw., hat aber eine andere Qualität, da wirst du mir schon zustimmen müssen.


    Nein, weil es eine subjektive Empfindung von mir wiedergibt...genauso wie Janda ihren subjektiven Eindruck wiedergegeben hat.


  • Insofern verstehe ich dann den Titel des Freds nicht. Du forderst doch damit, dass man sich zu Gut oder Böse positioniert. Aber kann man das bei solchen Dingen wirklich?

    _______________________
    Grüßle, Heaven


    Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. (Goethe) ;-)

  • Zitat

    Original von Heaven
    Wir hatten auch ein Familienmitglied mit Nazivergangenheit.


    Hallo, Heaven


    Ich finde diese Formulierung (genauer: das "auch") ein bisschen problematisch.


    Mein Vater, geboren Ende Oktober 1926 - also ein bisschen älter als Grass - wurde mit 15 Jahren als Flakhelfer dienstverpflichtet. Er hat sich nicht freiwillig als Soldat gemeldet, sondern wurde, als sein Jahrgang "dran" war, ganz normal eingezogen.


    Und das war gegen Ende des Krieges auch ganz normal, dass die jungen Männer (naja, soweit sie das mit 16 waren) routinemäßig in die einzelnen Waffengattungen verteilt wurden: Heer, Marine, Luftwaffe - und eben Waffen-SS. Wer sich nicht vorher schon freiwillig gestellt hatte, hatte keine Wahl, wohin er abkommandiert wurde (und selbst dann wurde es schwierig, wenn gewisse Kontingente gefüllt werden mussten).


    (Seinen 18. Geburtstag feierte mein Vater dann übrigens nicht gerade aufwändig. Da saß er schon in französischer Kriegsgefangenschaft, aber das führte nun endgültig offtopic.)


    Mein Vater ist beim Heer gelandet, Grass bei der SS. Ob nun einer von beiden oder beide oder der eine mehr als der andere Nazivergangenheit hat - das an der Abkommandierung zu einer Einheit festzumachen, halte ich für eher problematisch.



    Schöne Grüße von blaustrumpf

    Wer einmal aus dem Schrank ist, passt nicht mehr in eine Schublade.
    Aber mein Krimi passt überall: Inge Lütt, Eine Bratsche geht flöten. ISBN: 978-3-89656-212-8. Erschienen im Querverlag


  • Das kann ich ohne Weiteres akzeptieren und sehe das genauso, Nudelsuppe. Danke für Deinen Beitrag :-)

  • Zitat

    Original von Heaven


    Insofern verstehe ich dann den Titel des Freds nicht. Du forderst doch damit, dass man sich zu Gut oder Böse positioniert. Aber kann man das bei solchen Dingen wirklich?


    Puh...mag sein, das der Titel sehr unglücklich gewählt war...Ich bin kein Profi im Erstellen von zugfähigen Thread-Titeln, ehrlich nicht.


    Ich wollte wirklich nicht positionieren und nicht polarisieren...ich fragte mich wirklich lediglich, warum der Mann so lange gebraucht hat, um schlicht und einfach zu sagen: "So war`s. Das war ich und dazu stehe ich."


    Vergangenheit ist Vergangenheit...er war man gerade 17 oder 18, als er der SS beitrat. Jetzt ist er fast 80 Jahre alt. Er hat sich so lange damit herumgetragen, bevor er die Wahrheit sagte?


    Versteh ich nicht.


  • Halte ich insofern überhaupt nicht für problematisch, da es ja in vielen Familien ehemalige Mitglieder in dieser Vereinigung gab.


    Hier gings auch nicht um freiwillig oder verpflichtet.


    ebenfalls nen netten Gruß :-)

    _______________________
    Grüßle, Heaven


    Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. (Goethe) ;-)

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  • Zitat

    Original von Grizzly
    Nö, ist es nicht. Es ist - schlicht - eine Behauptung, und zwar die, er habe seine Schriftstellerkollegen angegriffen.


    Meinst Du, ich kann das noch wortwörtlich zitieren jetzt? Vergiß einfach meine Behauptung...und paß in Zukunft immer auf, dass DU wirklich gute Belege für Deine Behauptungen hast, Grizzly. Natürlich freundlich gemeint ;-)


  • Entschuldige mal, aber was soll das denn?
    Ich habe lediglich geschrieben, wie ich Grass erlebt habe und das ich nicht gehört / gelesen / gesehen habe, das Grass andere angegriffen und difamiert hat...
    Darüberhinaus habe ich dir versucht meinen Begriff von Denkmal zu erklären. Wenn du damit ein Problem hast oder es nicht verstehst, frag mich, aber was soll ich dir jetzt an Tondokumenten bitteschön liefern um meinen "Denkmalbegriff" zu erklären?



    Warum nimmst du jetzt bitte schön meine, in völlig anderem Zusammenhang gebrachte Argumentation, um deine fehlenden Diskussionsgrundlagen zu verteidigen?


    Sorry, aber da fühle ich mich jetzt schon ein bißchen angegriffen! Und ich werde von einer weiteren Diskussion mit dir auf diese verquere Art absehen.


    Schönen Tag noch!

    :lesend
    If you can read, you can empathize, luxuriate, take a chance, have a laugh, hit the road, witness history, become enlightened, turn the page, and do it all again
    Oprah Winfrey

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  • Zitat

    Original von Ikarus
    ...er war man gerade 17 oder 18, als er der SS beitrat.


    Hallo, Ikarus


    Deine Formulierung liest sich ein bisschen, als hätte es Anfang 1945 schön locker die Möglichkeit gegeben, dass ein junger Mann hätte sagen können "och nö, Waffen-SS, die lasst mal stecken".
    Klar hätte er es sagen können. Ebenso klar muss uns sein, dass er danach nicht mehr viel hätte mitteilen können. Außer vielleicht posthum.


    Schöne Grüße von blaustrumpf

    Wer einmal aus dem Schrank ist, passt nicht mehr in eine Schublade.
    Aber mein Krimi passt überall: Inge Lütt, Eine Bratsche geht flöten. ISBN: 978-3-89656-212-8. Erschienen im Querverlag

  • @Janda...verzichte mit dem größten Vergnügen. Menschen, die sich alles so verquer hinbiegen wie Du es tust, sind keine adäquaten Gesprächspartner.


    @Blaustrumpf...wenn ich Iris Beitrag richtig gelesen habe, ist er da tatsächlich mehr oder weniger unabsichtlich reingerutscht...es erweckt zumindest den Eindruck. Gerade deswegen verstehe ich dann aber sein langes Schweigen erst recht nicht.


    Nun gut, ich muß ja auch nicht alles verstehen.

  • Ikarus
    Wenn jemand sagt, er finde XYZ gut, weil er dieses oder jenes getan hat, dann ist das sie Äußerung einer Meinung. Die muss nicht belegt werden, sondern ist rein subjektiv.


    Wenn jemand sagt XYZ hat dieses und jenes gesagt oder getan, dann ist das eine Behauptung, und die kann durchaus belegt werden.


    Wenn also jemand eine Behauptung aufstellt, und jemand anders fragt nach einem Beleg, dann kann man entweder eine Quelle nennen, oder man sagt, man könne es nicht belegen, weil man es vor Jahren mal gehört hat, sich aber nicht mehr an die Quelle erinnern kann. Aber man sagt normalerweise nicht: "Ich fordere für deine Meinungsäußerung ja auch keine Belege" und zieht sich schmollend zurück.

  • Zitat

    Original von Ikarus
    Ikarus
    "Beg to differ and to read careful ".
    Warum diese englischen Einwürfe? Mein Englisch ist leider nicht mehr so toll und ich habe wirklich keine Lust hier nun auch noch englische Wörtbücher bemühen zu müssen. Oder konnte man es nicht in deutscher Sprache ausdrücken?


    k.K....ich mußte und muß auch vieles lernen...und ich tue das sogar sehr gern.


    Warum nicht auch Du? ...*freundlichlächel*[/quote]


    Eigentlich bin ich nicht in diesem Forum um Sprachunterricht in englischer Sprache zu nehmen. Schade, dass du meine Frage nicht beantwortet hast.

  • Zitat

    Original von Eiszapfen


    Eigentlich bin ich nicht in diesem Forum um Sprachunterricht in englischer Sprache zu nehmen. Schade, dass du meine Frage nicht beantwortet hast.


    @Eiszapfen..."I beg to differ and to read careful" habe ich einfach geschrieben, weil ich gerade Englisch-Hausaufgaben gemacht hab, nichts weiter. Es sollte Dich oder andere keinesfalls herabsetzen, sorry.


    Der Satz heißt auf Deutsch: "Ich bitte zu differenzieren und sorgfältig zu lesen." und bezog sich darauf, dass ich in diesem Thread lediglich um Meinungen gebeten habe und niemanden angreifen wollte, weder ein Mitglied dieses Forums noch Günter Grass.


    Allerdings möchte auch ich nicht wegen einer Meinung und Eindrücken, die ich in der Vergangenheit durch Interviews und Diskussionen, die ich von Günter Grass selbst gesehen habe, angegriffen werden und habe gelernt, dass ich mir in Zukunft jedes einzelne Wort dreißig mal überlege und am besten dann dennoch nicht öffentlich in ein Forum schreiben werde.


    Jedenfalls nicht, bevor ich mir den Inhalt des englischen Satzes nicht auch selbst zu Herzen genommen habe und entsprechend verfahre!


    An dieser Stelle auch dann gleich eine Entschuldigung an Grizzly, weil ich mir den entsprechenden Satz von mir nochmal in Ruhe durchgelesen habe und ich zugeben muß, dass ich mich falsch ausgedrückt habe. So, wie es da steht, entstand tatsächlich der Eindruck, dass ich etwas behaupten wolle. Schreiben wollte ich das so nicht, weil ich nur meinen subjektiven Eindruck wiedergeben wollte. Aber recht hast Du damit, dass man das dann anders formuliert.


    Alles in allem habe ich dadurch gelernt, dass man öffentlich nichts fragt und sich Formulierungen tausendmal überlegt, bevor man sie öffentlich niederschreibt...und wenn, dann mit Floskeln wie : vermutlich...es könnte sein...es erweckt bei mir den subjektiven Eindruck...


    Insgesamt war es mir eine Lehre.


    Gruß
    Ikarus

  • Kurz zurück zum Topic ;-)
    in einem Beitrag für die Zeit vom 24. Mai dieses Jahres - den ich übrigens aus vielerlei Gründen für lesenswert erachte - schreibt Grass:
    "Und mehr noch als die richterliche Frage "Wen trifft die Schuld?" sollte uns kümmern, ab wann wir mitschuldig wurden ....
    .... Ich spreche aus Erfahrung. Sechzehn zählte ich, als ich Soldat wurde. Mit siebzehn lernte ich das Fürchten. Und glaubte dennoch bis zum Schluss, als längst alles in Scherben gefallen war, an den Endsieg."


    Grass hat nie aus seiner Verirrung in dieser Zeit einen Hehl gemacht. Es ist sicherlich etwas anderes, in der SS gewesen zu sein, als in "gewöhnlichen" Wehrmachtseinheiten. Selbstherrliche Kritik an anderen, ohne die eigene Unfähigkeit einzugestehen, war Grass' Sache aus meiner Sicht aber nie.
    Gruß, Columbo



    *edit war ein Tippfehler*

    RomeoyJulietaMilleFleursundeinGlasBunnahabhainwasbrauchtesmehr?

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von columbo ()


  • Sehr interessantes Thema und ich sehe an Ikarus´Eingangsbeitrag auch nichts falsches.


    Ikarus hat ein Thema zur Diskussion gestellt, zu dem sie noch keine endgültige Meinung hat,was ist denn daran verkehrt?
    Ich dachte immer Internetforen wären dazu da, um Themen zur Diskussion anzubieten und um Meinungen auszutauschen...oder sich durch Beiträge anderer eventuell eine zu bilden.


    So wie ich das hier aber sehe, muss man aber anscheinend vorab eine feste Meinung haben um einen Diskussionsthread eröffnen zu dürfen.
    :rolleyes

  • Gut, Columbo...gebe ja auch zu, dass ich oft etwas hitzig reagiere und überreagiere. Dafür entschuldige ich mich hiermit nochmals. Werde versuchen, die emotionalen Pferde mal besser in den Griff zu bekommen.


    Hm...zum Topic und diesmal wohlüberlegt: ich hatte früher einfach eben nicht den Eindruck, als ob gerade Günter Grass so ein Mensch sei, wie Du ihn beschreibst. Ich hatte den Eindruck gewonnen, dass gerade er über eine äußerst scharfe Zunge verfügte.


    Aber gut...das war dann halt früher und jeder Mensch kann sich halt ändern.


    Mir kommt es eigentlich auch gar nicht darauf an, ob jemand nun in seiner Jugend in der Waffen-SS oder in der Stasi zum Beispiel war. Mich verblüffte lediglich das - subjektiv für mich gesehen - späte Geständnis, was ich im Ganzen ziemlich unnötig finde.


    Fehler und Ansichten, die man als junger Mensch hatte...oder die mit Sicherheit auch vielfach aus Angst entstanden waren, kann man doch eingestehen.


    Kurz: mir wäre es einfach lieber, wenn mehr Ehrlichkeit da wäre. Mir würde es jedenfalls eher helfen, einen anderen Menschen zu verstehen...und Achtung und Respekt würde bei mir erst gerade dann wirklich wachsen.