Der Gang zum Psychologen/Psychiater - Ein Problem unserer Zeit?

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  • Auf meine Erklärung und mein eigentliches Posting scheinst du ja nicht mehr zurückzukommen. Nun ja, dann bin ich in deinen Augen diskriminierend und unreif.
    Ich sehe es jedenfalls nicht als ein Zeichen der Reife, diese Diskussion mit dir hier weiter aufrecht zu erhalten.


    Denn eigentlich sind unsere Positionen so gegensätzlich nicht, wie du es auszumachen scheinst, daß eine Diskussion dieser Art zwischen uns erforderlich wäre.


    Ich habe überhaupt nicht den Eindruck, daß du meiner "These" widersprochen hast, sorry. Du nimmst nur meine Meinung, überziehst und überdrehst sie, und schließlich kommt für dich das Gegenteil heraus von dem, was ich eigentlich sagen wollte.


    Meine These ist nicht annähernd so weit weg von deiner, wie du glaubst.
    Aber scheinst mich ja als neuen Gegner ausgemacht zu haben in dieser Diskussion und darum breche ich die Diskussion ab. Weil ich überhaupt nicht weiß, was du eigentlich mit mir diskutieren möchtest.


    Aber wenn du das als unreif sehen möchtest... nun ja... dann sieh es so. Es ist mir schlicht egal!

    :lesend
    If you can read, you can empathize, luxuriate, take a chance, have a laugh, hit the road, witness history, become enlightened, turn the page, and do it all again
    Oprah Winfrey

  • Zitat

    Original von janda
    Auf meine Erklärung und mein eigentliches Posting scheinst du ja nicht mehr zurückzukommen.


    Dann mach ich das doch glatt:

    Zitat

    Original von janda (2.08.2006, 16:38 )
    Allerdings, wenn ich mir den Tenor dieser Diskussion so anschaue, kann ich nur jedem dringend raten, daß man das dann wohl besser für sich behält.
    Denn scheinbar ist es noch ein Makel oder wirft ein schlechtes Licht auf einen Selbst oder auf seine Umgebung, wenn man sich professionelle Hilfe sucht.


    Es stehen inzwischen einige Biographien im Thread, und Bemerkungen wie die Deinen sind ein Schlag ins Gesicht all dieser Menschen, die den Mund aufmachen, weil sie erst recht nicht in Form einer wohlmeinenden Warnung vor den schlimmen zuständen in unserer Gesellschaft mundtot gemacht werden wollen.[/quote]


    Zitat

    Original von janda (2.08.2006, 20:12)
    Ich wollte keinen schlagen, nur meine Verwunderung und Entsetzen über die hier im Forum verbreiteten Vorurteile zum Ausdruck bringen.


    Zitat

    Original von janda (2.08.2006, 20:14)
    Meine Warnung bezog sich auf das Forum hier. Ich habe in meinem gesellschaftlichen Umfeld auch tolerantere und normaleren Umgang mit diesem Thema erlebt. Nur spiegelt sich das nicht hier wieder.


    Zu diesen deinen Wahrnehmungen von geäußerten Vorurteilen, die bei dir "Verwunderung und Entsetzen" (!) hervorrufen, habe ich bis jetzt noch keine Präzisierung gelesen. In dieser Form ist mir dieser Vorwurf bei weitem zu pauschal. Zumal ich ihn mitnichten wahrnehme.


    Und solange du nichts belegst, sondern nur pauschal anklagst, gereicht dir auch deine herablassende und belehrende Art keineswegs zur Ehre.

  • Iris, schalt mal 'nen Gang zurück.


    Janda hat nichts anderes getan, als zum Ausdruck gebracht, daß sie den Eindruck hat, daß einige Diskussionsteilnehmer das Thema Psychotherapie so vorurteilsbehaftet bzw. negativ sehen, daß sie für sich outende Betroffene ein ungutes Klima sieht.


    Ich denke, es ist ok, wenn sie diesem Eindruck auch Ausdruck verleiht und es reicht vollkommen, wenn die Betroffenen ihr bestätigen, daß sie darin aber kein Problem sehen.


    :knuddel1

  • Zitat

    Original von Beatrix
    Daher warne ich alle Medikamente in einen Topf zu werfen. Es gibt durchaus Schmerzmittel, die Abhaengigkeiten erzeugen, waehrend viele Antidepressiva beispielsweise vor allem deswegen gerne verschrieben werden, weil sie KEIN Suchtpotential haben.


    Ich werfe keine Medikamente in einen Topf. Daß man in dieser Form das Thema nur verkürzt diskutieren kann, sollte uns beiden klar sein.
    Schmerzmittel und Schlafmittel haben nahezu ausnahmslos ein sehr hohes Suchtpotenzial. Sie sollten in verantwortlicher Weise eingesetzt werden. Palliativmedizin hat viele Schattierungen -- aber beim Zahnweh nach Wurzelbehandlung kann man in jedem Fall von einer kurzzeitigen unterstützenden Therapie sprechen.


    Unter den Antidepressiva gibt es einige, die kein physiologisches Suchtpotenzial haben. Dabei handelt es sich um experimentelle Nachweise, bei denen "Abhängigkeit" bzw. "Sucht" eine ganz bestimmte pharmakologische Bedeutung haben.


    Aber: Wer über längere Zeit diese Medikamente nimmt, begibt sich in eine Abhängigkeit. Wenn das Absetzen von Antidepressiva zu depressiven oder manischen Schüben führt, dann wird die Therapie im Regelfall pharmakologisch fortgesetzt. Schon weil z.B. auf SSRI eingestellte Patienten bei Einnahmepausen mit heftigen Aggressionsschüben und einer signifikant erhöhten Suizidneigung rechnen müssen, gelegentlich auch mit depressiven Anfällen. Das passiert auch, wenn inzwischen eine Psychotherapie eingeleitet wurde und bereits Erfolge zeigt. Die Gefahr dieser Schübe ist so groß, daß Frauen im gebärfähigen Alter unter SSRI-Therapie von Schwangerschaften abgeraten wird, damit die Therapie, die ohnehin über einen langen Zeitraum hinweg geführt werden muß, um nachhaltig wirksam zu sein, nicht unterbrochen werden muß. Zumal m.W. (!) bei den allermeisten dieser Präparate ein Ausschleichen nicht möglich ist.


    Ganz allgemein gesprochen: Sowohl SSRI, als auch MAO-Hemmer und Trizyklische Antidepressiva manipulieren die Funktion von Neurotransmittern (vor allem Serotonin und Dopamin), MAO-Hemmer greifen außerdem in den Hormonhaushalt (Noradrenalin) ein. Solche Eingriffe führen immer zu einem Gewöhnungsprozeß im Körper, d.h. der Stoffwechsel stellt sich auf die zuführung dieser Stoffe ein.
    Dadurch kann eine zunächst erfolgreiche Therapie durch die Folgen, die das Absetzen dieser Medikamente nach sich zieht, zunichte gemacht werden.
    Das nennt man zwar nicht Abhängigkeit, aber letztendlich läuft es für den Patienten auf dasselbe hinaus, ob er eine pharmakologische Abhängigkeit von eben diesem Medikament verspürt oder ob trotz therapeutischer Maßnahmen seine Lebensqualität ohne das Medikament nicht dauerhaft erhalten werden kann, weil die physiologisch bedingten Schübe den Therapieerfolg vernichten würden.
    Es gibt viele Psychologen und sogar Psychiater, die die Daueranwendung solcher Medikamente aus diesem Grund als therapeutische Kapitulationserklärung ansehen.


    Zitat

    Wenn man von Abhaengigkeiten sprechen kann, so ist es oft keine andere Abhaengigkeit die die eines Diabetikers beim Insulin.


    Und hiermit sagst du es ja selbst -- nur daß das Insulin nicht Ursache ist für den Diabetes.
    Die Frage ist: Ist das Neurotransmitterproblem "Schicksal" ("angeboren"), also unausweichlich und damit die Medikamenteneinnahme endgültig und unausweichlich zur Erhaltung der Lebensqualität -- oder ist es die Psyche, die den Neurotransmitterhaushalt steuert.
    Im ersten Fall können wir uns Psychotherapien sowieso schenken, der Freie Wille wird ja auch von Neurophysiologen gerne ins Reich der Märchen abgeschoben, da eine durchgängige chemisch-physikalische Bestimmung des Menschen als ausschließlichem Leibwesen keinen Raum für so etwas wie "Freiheit", "freier Wille", "Urteilsfähigkeit" läßt.
    Im zweiten Fall bedeutet entspricht eine Medikation stets der ursprünglichen Bedeutung des Wortes phármakon (Medikament, Gift) -- auf die Dosis bzw. die Dauer der Medikation kommt es an. Diese Deutung konfrontiert uns zwar mit der Frage, was denn "Psyche" ist, wenn sie nicht bloß Aspekt eines vollständig durch Naturgesetze, Genetik oder sonstwas bestimmten Körpers ist -- aber sie gibt uns zumindest die Hoffnung, daß es Freiheit, einen Freien Willen und eine Urteilsfähigkeit gibt und wir psychische Probleme therapeutisch tatsächlich lösen können.


    Wohlgemerkt: Ich verdamme diese Medikamente keineswegs! Aber aufgrund ihrer immensen Potenz, die ebenso zerstörerisch wie nützlich ist, plädiere ich für einen äußerst verantwortungsvollen Umgang! Im Einzelfall kann nur der behandelnde Spezialist über eine Medikation entscheiden.


    Zitat

    Was natuerlich leider immer noch nicht heisst, dass sich psychische Problem einfach und schnell mit Medis loesen liessen!!!!


    Überhaupt nicht! Und hier sitzt der Hase im Pfeffer: Es gibt eine Menge Leute, deren psycho-physiologische Kosntitution inzwischen dermaßen auf eine regelmäßige Medikamenteneinnahme eingestellt ist, daß ein Absetzen jeden Therapieerfolg vernichten würde.


    Das nennt man zwar nicht Abhängigkeit, aber die Folgen sind für den Patienten nicht selten gleichbedeutend mit Abhängigkeit.



    FYI: Ich hatte und habe derartige Fälle in meinem engeren Umfeld. Ich dresche hier kein Stroh!

  • ich kann gut verstehen, was janda meint und komnme gerade gar nicht mir, wie du, iris, das so komplett missverstehen kannst und so - hm, wie sags ichs nur - "aggressiv" reagierst? verständlich, dass man sich dann verletzt und enttäuscht zurückzieht, wenn man so komplett missverstanden wird.


    das ist übrigens die realität, dass sich betroffene kaum darüber äußern, dass sie eine therapie machen. es gibt so viele leute, die ähnliche vorurteile hegen, wie sie hier in der diskussion auftauchen. und sowas kann ein mensch in einer ausnahmesituation durchaus als zusätzliche belastung auffassen.
    wenn dir das anders ging und geht und du andere erfahrungen gemacht hast, ist das wunderbar, iris :-) .


    lg inga

  • Bis auf anfängliche Missverständnisse zeichnet sich dieser Thread doch insgesamt durch eine hohe Argumentationsfreudigkeit und den Willen, Erfahrungen und Erkenntnisse anderer kennenzulernen, aus.


    In anderen Bereichen auch dieses Forums ist lange nicht eine so gute Atmosphäre. Deshalb habe ich jandas Sicht auch nicht ganz verstanden.
    Noch einmal "Danke" an alle, die aus eigener Erfahrung beigetragen haben, dass hier viele Informationen fließen konnten.

    „Streite niemals mit dummen Leuten. Sie werden dich auf ihr Level runterziehen und dich dort mit Erfahrung schlagen.“ (Mark Twain)

  • Welche Vorurteile??? Meint ihr die Vermutung, daß es auch eine Modeerscheinung ist, "sich auf die Couch zu legen"?


    Dem ist so! Bloß die Couch ist längst out. :lache


    Ich habe kürzlich in einem Gespräch meine Therapie erwähnt, worauf ich gleich von mehreren gebildeten Damen mittleren Alters mit Frangen bedrängt wurde, was für eine Art Therapie das denn nun gewesen sei. Die schmissen mit exotischen Begriffen um sich, erzählten begeistert von Seminaren, Workshops und Traumreisen, von allerlei bewußtseinserweiternden Erfahrungen und faszinierenden Referenten (u.a. das unten angegebene Teil) -- und waren zutiefst gelangweilt davon, auf welche unspektakuläre und damit stümperhafte Weise ich Unterstützung erfahren hatte.


    Ich warte immer noch auf einen Beleg für die so oft herangezogene "Realität", die Betroffenen würden durch die bestehenden Vorurteile eingeschüchtert und scheuten sich, Therapien in Anspruch zu nehmen?


    Es ist nachweislich richtig, daß es inzwischen sehr schwer wird, Termine für eine Therapie zu bekommen -- aber das liegt doch nicht daran, daß sich niemand in eine Therapie traut, sondern an einer hohen Nachfrage nach Therapien! Wie paßt denn das zu dem Vorwurf, die Betroffenen trauten sich nicht?

  • es sagt doch keiner, dass sie sich nicht trauen, eine therapie zu machen. wir ;-) sagen doch nur, dass sich die wenigsten trauen, das zuzugeben aufgrund diverser vorurteile. ich könnte jetzt einen aus dem engsten familienkreis nennen und 2 aus dem freundeskreis. reicht das :-] ?
    im ernst, die wissen genau, wem sie sowas erzählen können und wem nicht. und die meinung teile ich. ich finds zwar völlig unmöglich und es ist ein armutszeugnis, aber es gibt leute, die können und wollen offenbar nicht verstehen, dass es tatsächlich psychische störungen/krankheiten gibt, die einer behandlung bedürfen. oftmals sind es engste angehörige, die besonders negativ reagieren, z.b. eltern, die angst haben vor dem, was eine therapie beim eigenen kind "aufdecken" kann, die einfach nicht sehen wollen, das es dinge in der vergangehit gab, die das kind heute noch belasten.
    und es sind die gleichen "dinge", die auch hier immer wieder zur sprache kamen. bei einer diagnostizierten depression kommt gerne mal der spruch, dass derjenige sich doch nur mal zusammenreißen müsse und was ihm dabei die therapie helfen solle. oder ums mal wieder aufzunehmen: "einen tritt in den hintern" oder "der nimmt sich und seine wehwehchen viel zu ernst, früher mussten die leute auch damit zurechtkommen" , "wir haben krieg und hunger überlebt, und nicht gejammert" etc. pp. damit erreicht man, dass sich solche leute immer mehr isolieren und unverstanden fühlen. dass es anderen, wie dir, iris, nicht so geht, ist wunderbar. aber es ist nicht die realität.


    lg inga

  • Eigentlich wollte ich gar nichts schreiben. :wow


    Zitat

    Original von Iris
    Aber: Wer über längere Zeit diese Medikamente nimmt, begibt sich in eine Abhängigkeit. Wenn das Absetzen von Antidepressiva zu depressiven oder manischen Schüben führt, dann wird die Therapie im Regelfall pharmakologisch fortgesetzt. Schon weil z.B. auf SSRI eingestellte Patienten bei Einnahmepausen mit heftigen Aggressionsschüben und einer signifikant erhöhten Suizidneigung rechnen müssen, gelegentlich auch mit depressiven Anfällen.


    Von manische Episoden nach dem Absetzen von SSRI hab ich noch nichts gehört. Eher, dass bei manisch-depressiven Patienten das SSRI abgesetzt wurde, weil sie durch die Stimmungsaufhellung in eine manische Phase kamen. Rückfälle - ja. Oft ist es auch so, dass Patienten das Antidepressivum zu früh absetzen und zwar dann, wenn es ihnen wieder besser geht. Die stimmungsaufhellende Wirkung setzt nach 2-4 Wochen ein. Man sollte das AD aber mindestens sechs Monate nehmen, auch wenn es einem vorher schon wieder besser geht, sonst ist die Rückfallgefahr sehr groß (hab mal was von 85 % gehört). Wenn man nach dem Absetzversuch nach mehreren Monaten wieder einen Rückfall hat, oder überhaupt schon mehrere depressive Episoden hatte, sollte man das AD tatsächlich über mehrere Jahre nehmen zur Rückfallprophylaxe.


    Zitat

    Die Gefahr dieser Schübe ist so groß, daß Frauen im gebärfähigen Alter unter SSRI-Therapie von Schwangerschaften abgeraten wird, damit die Therapie, die ohnehin über einen langen Zeitraum hinweg geführt werden muß, um nachhaltig wirksam zu sein, nicht unterbrochen werden muß. Zumal m.W. (!) bei den allermeisten dieser Präparate ein Ausschleichen nicht möglich ist.


    Ich weiss, dass von AD während der Schwangerschaft und Stillzeit abgeraten wird (ausser der Arzt hält es für dringend erforderlich), weil noch nicht ausreichend Daten über die Wirkung auf den Fötus vorliegen. Ich vermute mal, dass das AD in den Blutkreislauf des Babys geraten kann und auch über die Muttermilch beim Stillen später.


    Bei manisch-depressiven Patienten, die Lithium zur Phasenprophylaxe bekommen (kein AD) hat mein Prof. gesagt, dass man abwägen muss, was schlimmer wäre, eine manische Phase während der Schwangerschaft oder das Lithium. Das ist immer eine heikle Frage...wahrscheinlich auch bei einer Depression während der Schwangerschaft.


    Dass Ausschleichen bei ADs ist nicht möglich ist, hab ich noch nicht gehört. Eher, dass langsames Ausschleichen empfohlen wird, gerade bei hohen Dosen. Wobei das Absetzen von Antidepressiva wesentlich umproblematischer ist als der Entzug von Benzodiazepinen (Valium, Tavor,...) und die werden leider in Deutschland immer noch sehr unkritisch und freizügig verschrieben und eingenommen.


    Zitat

    Ganz allgemein gesprochen: Sowohl SSRI, als auch MAO-Hemmer und Trizyklische Antidepressiva manipulieren die Funktion von Neurotransmittern (vor allem Serotonin und Dopamin), MAO-Hemmer greifen außerdem in den Hormonhaushalt (Noradrenalin) ein.


    Antidepressiva wirken nicht direkt auf Dopamin. Neuroleptika wirken auf den Dopaminhaushalt, indem sie Dopaminrezeptoren blockieren.


    SSRI (Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer) hemmen die Wiederaufnahme von Serotonin in die Nervenzelle, die es ausgeschüttet hat (deshalb ja selektiv, weil eben nur Serotonin).


    Trizyklische AD hemmen die Wiederaufnahme von Serotonin und Noradrenalin in die Nervenzelle, die sie ausgeschüttet hat und blockieren ausserdem alle möglichen Rezeptoren (nicht sehr selektiv sozusagen und mehr Nebenwirkungen dadurch)


    MAO-Hemmer hemmen ein Enzym, das Noradrenalin und Serotonin zerlegt.


    Und dann gibt es noch mehr. *mirspar*


    Durch die beiden Mechanismen Wiederaufnahmehemmung und Hemmung der Monoaminoxidase (MAO) wird erreicht, dass Serotonin und oder Noradrenalin länger im synaptischen Spalt bleibt (zwischen den beiden Nervenzellen) und dort länger wirken kann.


    Zitat

    Solche Eingriffe führen immer zu einem Gewöhnungsprozeß im Körper, d.h. der Stoffwechsel stellt sich auf die zuführung dieser Stoffe ein.


    Deswegen wird Ausschleichen empfohlen.


    Eine Hypothese ist aber übrigens, dass das Gehirn versucht, den Mangelzustand von Serotonin und/oder Noradrenalin bei Depressiven dadurch auszugleichen, dass es das bisschen Serotonin/Noradrenalin, das vorhanden ist, ganz schnell wieder in die ausschüttende Nervenzelle zurückpumpt und dann auch noch die Rezeptoren an der empfangenden Nervenzelle besonders sensibel macht, so das die Übertragung von einer Nervenzelle zur anderen nicht mehr vernünftig funktioniert.


    Und dass Antidepressiva eben nicht nur solange wirken, wie man sie nimmt, sondern auch dazu führen, dass diese Kompensationsmechanismen abgebaut werden, sobald das Gehirn "merkt", dass der Mangelzustand durch das AD behoben ist. So lässt sich auch der verzögerte Wirkungseintritt von Antidepressiva (stimmungsaufhellende Wirkung erst nach 2-4 Wochen) ganz gut erklären. Die Balance wird wieder hergestellt, die Rezeptoren werden auf ein Normalmaß runterreguliert, aber das geht nicht von heute auf morgen.


    Antidepressiva setzen einem weder eine rosarote Brille auf, noch rennt man nur noch mit einem breiten Grinsen durch die Gegend, dazu wirken sie viel zu subtil. Und die Probleme verschwinden auch nicht. Aber oft helfen sie, dass der depressive Mensch überhaupt ein bisschen Auftrieb bekommt, und überhaupt die Nase über Wasser halten kann, ohne immer nur gegen den Abwärtsstrudel anzustrampeln. An Land schwimmen muss man dann immer noch selbst oder mit Hilfe einer Psychotherapie.


    Zitat

    Ich warte immer noch auf einen Beleg für die so oft herangezogene "Realität", die Betroffenen würden durch die bestehenden Vorurteile eingeschüchtert und scheuten sich, Therapien in Anspruch zu nehmen?


    In Deutschland leiden etwa 5-10 % der Bevölkerung an einer behandlungsbedürftigen Depression (Punktprävalenz). 50 % der Depressiven konsultieren keinen Arzt. (Quelle: Möller, Laux, Deister: Psychiatrie und Psychotherapie). Sagt natürlich nichts darüber aus, warum nicht.


    In der Klinik, in der ich Praktikum gemacht habe, haben die Patienten unheimlich Angst gehabt, dass die Leute zu Hause fragen, wo sie waren und dass es sich herumspricht. Wir haben da - ich weiss nicht wie viele -Stunden diskutiert und in Rollenspielen geübt, wie man selbstsicher vorbringen kann, dass man in einer psychosomatischen Klinik (eigentlich war es sogar eine Psychiatrie, aber das hat sich dann wirklich niemand mehr getraut, zu sagen) war, oder dass man an einer psychischen Krankheit leidet. Oder was man alternativ sagen kann (die meisten tendierten dann doch lieber zu "Kur" oder "Burn-Out-Syndrom").

  • Zitat

    Original von Iris


    Ich warte immer noch auf einen Beleg für die so oft herangezogene "Realität", die Betroffenen würden durch die bestehenden Vorurteile eingeschüchtert und scheuten sich, Therapien in Anspruch zu nehmen?


    - Meine Mutter war wegen ihrer Depressionen trotz der Erkenntnis sie zu haben nie in Behandlung. "Ich geh doch nicht in die Klapse", "was sollen denn die Leut sagen", "ich geh doch nicht zum Irrendoktor" ...


    - Meine Schwester hat unseren Eltern nie erzählt, daß sie eine Therapie gemacht hat. U.a. auch deshalb weil sie nicht erzählen könnte, was in der Therapie gemacht wurde (Kindheitsaufarbeitung), weil meine Eltern sowieso schon das Vorurteil haben, daß Therapien dazu da sind, den Eltern die Schuld für das Fehlverhalten der Kinder zu geben.


    - Mehrere Mitarbeiter von mir, die in eine psychosomatische Kur gegangen sind, haben mich vor der Kur gebeten, das aber niemand zu sagen und auf ein organisches Leiden zu verweisen (nach der Kur haben sie das dann i. d. R. anders gesehen :-])


    - meine Schwiegermutter war ca. 1/2 Jahr nach dem Tod ihres Ehemanns in einer Kur für Psychosomatiker. Sie hatte zeitweise Aussetzer, hat gar nicht mehr geschlafen etc., wie das bei einer symbiotischen Beziehung passieren kann. Leider war sie noch nicht therapiebereit. Ergebnis: sie erzählt überall, daß es ein Irrtum war, dorthin zu gehen, sie sei die einzige normale unter lauter Wirren (da kommen auch schlimmere Ausdrücke) gewesen und so eine Therapie ist eh quatsch. Das hilft nicht gerade Vorurteile in der Umgebung abzubauen. Tatsache ist übrigens, daß sie erst danach wieder die Kraft hatte, sich ein Sozialleben aufzubauen und die zeitweisen Aussetzer weg waren...


    - von mehreren Mitarbeitern die eine Therapie gemacht haben, mußte ich vor der Therapie hören "die meinen jetzt, ich müsse zum Psychofritzen. Ich geh da mal hin, dann werden die schon merken, daß ich so etwas nicht nötig habe". Wenig später dann "meine Freunde / Verwandte verstehen gar nicht, warum ich so etwas mache"



    Iris, ich denke, wie "natürlich" der Gang zu einem Psychologen empfunden wird, wenn die Erkenntnis der Notwendigkeit da ist, hat auch mit der Generation des Betroffenen, dem Bildungsgrad (damit meine ich auch Wissen über das Berufsbild) desjenigen und seiner Umgebung, und der regionalen Situation (auf den Dörfern in unserer Umgebung wird so etwas z. T. auch bei jüngeren Leuten sehr negativ beurteilt, in der Stadt eher nicht) zu tun.

  • Auch ich sehe in jandas Beitrag keinerlei Angriff auf diejenigen, die hier von ihren Therapieerfahrungen erzählt haben.


    Sie kritisierte Reaktionen, aber sie kritisierte nicht die "Betroffenen."
    So habe ich es jedenfalls verstanden.

  • Ma ne Frage Doc: Woran machst du bitte echte Patienten aus und wieso glaubst du entscheiden zu können ob jemand nen Psychodoc braucht oder nicht?


    Ich denke ja das Leute die wirklich hilfe von Psychologen o.ä. in Anspruch nehmen damit nicht haussieren gehen werden weil das ja nix is worauf man total Stolz ist...
    Die das so Publik machen finden es einfach nur Chick und halten es für eine Modeerscheinung nen eigenen Psychologen zu haben. Is meine Meinung zu dem Thema aber deswegen maße ich mir nicht an zu entscheiden ob jemand wirklich Hilfe braucht oder es einfach nur Toll findet.


    Zu der Frage warum das wohl so ist: Schau dir doch mal unsere verkorkste, kaputte Welt an... Das erklärt doch wohl alles... :wow

  • Zitat

    Original von Adrastaia
    Ich denke ja das Leute die wirklich hilfe von Psychologen o.ä. in Anspruch nehmen damit nicht haussieren gehen werden weil das ja nix is worauf man total Stolz ist...
    Die das so Publik machen finden es einfach nur Chick und halten es für eine Modeerscheinung nen eigenen Psychologen zu haben.


    Es ist aber auch nichts, dessen man sich schämen müsste und Leute, die darüber sprechen, dass sie Hilfe in Anspruch nehmen, stehen ganz einfach dazu...

    "Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen, der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig."

    - Ernst Reinhold Hauschka

    Zitat

  • Zitat

    Original von Adrastaia
    Ma ne Frage Doc: Woran machst du bitte echte Patienten aus und wieso glaubst du entscheiden zu können ob jemand nen Psychodoc braucht oder nicht?


    Mal ne Frage Adrastaia: Hast Du eigentlich den ganzen Thread gelesen, und im speziellen meine Antworten, die ich diesbezüglich bereits BJ gegeben habe?


    Zitat


    Zu der Frage warum das wohl so ist: Schau dir doch mal unsere verkorkste, kaputte Welt an... Das erklärt doch wohl alles...


    Ja, jetzt wo Du das sagst, fällt mir das auch auf. Stimmt, das erklärt wohl wirklich alles.



    Gruss,


    Doc

  • Zitat

    Original von Delphin
    Eigentlich wollte ich gar nichts schreiben. :wow


    Aber du hast ja, und das ist gut so. :-)


    Zitat

    Von manische Episoden nach dem Absetzen von SSRI hab ich noch nichts gehört.


    Ich sprach auch nicht von manischen Schüben, sondern von aggressivem Verhalten. Das ist nicht dasselbe!
    In den USA gibt es den Fall eines zur Tatzeit 12jährigen Jungen, der wegen Mordes an seinen Großeltern verurteilt wurde. Im Verlauf dieses Falles wurde eben sehr stark auf diese Nebenwirkung von Sertralin (der Junge war darauf eingestellt) abgehoben, wobei in der Verhandlung ausdrücklich betont wurde, daß gesteigerte aggressives Verhalten im Zusammenhang mit diesen Therapien gehäuft auftrete.


    Zitat

    Die stimmungsaufhellende Wirkung setzt nach 2-4 Wochen ein. Man sollte das AD aber mindestens sechs Monate nehmen, auch wenn es einem vorher schon wieder besser geht, sonst ist die Rückfallgefahr sehr groß (hab mal was von 85 % gehört). Wenn man nach dem Absetzversuch nach mehreren Monaten wieder einen Rückfall hat, oder überhaupt schon mehrere depressive Episoden hatte, sollte man das AD tatsächlich über mehrere Jahre nehmen zur Rückfallprophylaxe.


    Puh ... wenn ich von solchen Therapiezeiträumen bei hochpotenten Medikamenten lese, hoffe ich, daß den behandelnden Ärzten bewußt ist, was sie da tun, wenn sie einen Patienten über Jahre (!) hinweg pharmakologisch substituieren. Und wieviel Einfluß das grundsätzlich auf den Stoffwechsel hat.


    Zitat

    Dass Ausschleichen bei ADs ist nicht möglich ist, hab ich noch nicht gehört. Eher, dass langsames Ausschleichen empfohlen wird, gerade bei hohen Dosen.


    Nun, ich weiß auch nur das, was mir behandelnde Ärzte sagen, was auf Beipackzetteln steht und was man aus (hoffentlich seriösen) Quellen holen kann, wenn man im engeren Umfeld mit dem Problem konfrontiert wird.


    Zitat

    Wobei das Absetzen von Antidepressiva wesentlich umproblematischer ist als der Entzug von Benzodiazepinen (Valium, Tavor,...) und die werden leider in Deutschland immer noch sehr unkritisch und freizügig verschrieben und eingenommen.


    Unbestritten, aber das ist eine andere Baustelle! Wir sollten nicht immer neue Fässer aufmachen und Vergleiche anstellen, die nicht im Zusammenhang stehen. Zumal Ärzte in der Palliativmedizin dir sofort widersprechen würden -- aber das ist, wie gesagt, eine andere Baustelle.


    Ich verteufele diese Mittel nicht, ich bin schlicht und einfach der Ansicht, daß man mit hochpotenten Präparaten äußerst verantwortungsbewußt umgehen muß! SSRI ersetzen keine Therapie, sie können den Einstieg in eine Therapie unterstützen, aber wer ausschließlich auf SSRI setzt anstatt auf Therapien, der hat vor dem Problem kapituliert -- das sollte den Betreffenden schlicht und einfach klar sein.
    Um nicht mehr und nicht weniger geht es!


    Ich sag 's noch mal: In den USA hat Pfizer 2004 allein mit Zoloft™ 3 Millarden (3.000.000.000) US-$ Umsatz gemacht! Bei steigender Tendenz! Das erscheint mir (!) ein extrem hoher Wert.


    Zitat

    Und dann gibt es noch mehr. *mirspar*


    Ich hatte ausdrückliche geschrieben:

    Zitat

    Original von Iris (2.08.2006, 23:09)
    Ganz allgemein gesprochen: ...


    Mir ging es in diesem Zusammenhang nicht um die genaue Wirkweise, sondern nur darum, umrißhaft klarzustellen, wo die Wirkung ansetzt, nämlich mit Eingriffen in den Gehiernstoffwechsel mit einer chemischen Substitutionstherapie (Edit: Das ist das falsche Wort: Es geht mehr um eine Regulierung bestimmter Prozesse bezügl. der Rezeptoren und bei den MAO-Hemmern auch dem Abbau bestimmter Hormone. Ich weiß, daß ich vereinfache, aber irgendwie muß man 's verständlich ausdrücken).
    Wobei noch immer ungeklärt bleibt, was eher da war, Henne ("falscher" Serotoninspiegel) oder Ei (Depression), d.h. ob die Erkrankung nun primär biochemisch-organisch (also "Schicksal") oder psychologisch bzw. habituell bedingt ist (also therapeutisch behandelt werden kann).


    Zitat

    Und dass Antidepressiva eben nicht nur solange wirken, wie man sie nimmt, sondern auch dazu führen, dass diese Kompensationsmechanismen abgebaut werden, sobald das Gehirn "merkt", dass der Mangelzustand durch das AD behoben ist. So lässt sich auch der verzögerte Wirkungseintritt von Antidepressiva (stimmungsaufhellende Wirkung erst nach 2-4 Wochen) ganz gut erklären. Die Balance wird wieder hergestellt, die Rezeptoren werden auf ein Normalmaß runterreguliert, aber das geht nicht von heute auf morgen.


    Das ist eine ähnliche Wirkung wie bei anderen Substitutionstherapien (nicht bei allen, das ist mir vollkommen klar).


    Noch was: In den letzten Jahren kenne ich immer mehr Leute, die sich auf Sertralin & Co. einstellen lassen -- aber keinen einzigen, der es davon weg schafft oder überhaupt noch therapeutisch an sich arbeitet. Von allen wird die Sache ganz locker gesehen, als habe man eben so ne Art "Gehirndiabetes" und müsse jetzt damit leben.
    Mich beunruhigt diese Tendenz.


    Zitat

    Aber oft helfen sie, dass der depressive Mensch überhaupt ein bisschen Auftrieb bekommt, und überhaupt die Nase über Wasser halten kann, ohne immer nur gegen den Abwärtsstrudel anzustrampeln. An Land schwimmen muss man dann immer noch selbst oder mit Hilfe einer Psychotherapie.


    Ich habe halt miterlebt, daß jemand sich ausschließlich auf die Chemie verlassen und die gesamte Familie damit zerstört hat, weil er sich aufgrund der chemischen Substitution, die er sich zu besorgen wußte, und seines Alkoholkonsums stark genug wähnte, um eben keine Therapie in Angriff zu nehmen.
    In diesem Falle mache ich dem behandelnden Arzt den Vorwurf, den Patienten verantwortungslos substituiert zu haben, einen Patienten, der sich daraufhin zu einem wahrhaft üblen Tyrannen entwickelte.


    Zitat

    50 % der Depressiven konsultieren keinen Arzt. (Quelle: Möller, Laux, Deister: Psychiatrie und Psychotherapie). Sagt natürlich nichts darüber aus, warum nicht.


    Kann durchaus Scham sein -- das bezweifle ich nicht. Die Frage ist, ob diese Scham einen realen Untergrund hat. M.a.W.: Wir handeln und reagieren nicht aufgrund der Beschaffenheit unserer Umwelt, sondern aufgrund unserer eigenen Vorstellung von der Beschaffenheit unserer Umwelt. Und die Gesellschaft kann noch so liebenswürdig und entgegenkommend werden, wenn der Betroffene die Vorstellung einer Bedrohung empfindet, dann wirkt die allerliebenswürdigste und allerentgegenkommendste Umwelt auf ihn bedrohlich.
    Depression hat extrem viel mit Ängsten zu tun, letztendlich -- verkürzt (!!!) gesprochen -- mit der Angst vor eben diesen Ängsten. Es ist quasi ein Rückkopplungsprozeß. Aus eigener Erfahrung weiß ich, daß therapeutisch nur die Erkenntnis hilft, daß man eine Unmenge falscher Vorstellungen hat. Man muß erkennen, daß man sich in seinen Vorstellungen irrt.
    Der Betroffene, der sagt, er habe Angst vor seinem Umfeld, hat nicht Angst vor der realen Umwelt, sondern vor dem, was er fürchtet, wie diese Umwelt reagieren könnte -- er fürchtet sich vor seiner eigenen Vorstellung von dieser Umwelt!


    Wir dürfen nicht einfach so tun, als seien die Ängste der Betroffenen alle real begründet und die Umwelt "schuld" -- das "Ver-rückte" bedeutet doch, daß die Ängste nicht real begründet sind, sondern sich in einem permanenten Rückkopplungsprozeß aus der Vorstellungswelt des Patienten speisen!


    Wir handeln und reagieren alle aufgrund unserer Vorstellung von der Umwelt, die sich aus unseren Erfahrungen speist. Wenn nun z.B. aufgrund einer Fülle falscher Schlußfolgerungen sich ein irreales Vorstellungsbild gebildet hat, dann handeln wir analog zu diesem irrealen Bild (was Außenstehenden dann "ver-rückt" erscheint).

  • Zu Psychopharmaka, kann ich etwas persönliches schreiben...das wird hier ja verlangt.
    Mein Jüngster hat ADHS...(vermutlich) eine Stoffwechselerkrankung des Hirns. (Mal sehen wieviele jetzt angerannt kommen um zu sagen dass das eine Modekrankheit, bzw. schlechte Erziehung ist)Das Kind war schon immer anders, als die anderen....als es in die Schule kam , ist dieses Syndrom erst richtig zum Tragen gekommen...still sitzen, zuhören, Abwarten..nichts ging, die Lehrer warfen uns mangelnde Erziehung vor..was sonst...es wurde ein Schulpsychologe hinzugezogen, diverse Tests gemach: IQ tests, u.s.w.
    Man stellte fest das Kind sei hyperaktiv und verschrieb Tabletten....damit wollte wir uns nicht abfinden...eine Odysee begann, ich bin tatsächlich mit dem Kind zum Kinder-und Jugendpsychologen....da saßen wir nun..und wurden befragt, über MEINE Kindheit, die meines Mannes, die Beziehung zu meiner Oma u.u.u.
    Das Kind saß dabei und machte große Augen...und ich erst.


    All das was der gute Mann von uns wissen wollte, hatte m. E. NICHTS mit dem Kind zu tun.


    Wir sind nicht mehr hin...sondern haben uns weiter bemüht einen "richtigen" Arzt, Psychologen/Neurologen zu finden.


    Wir wurden dann an eine Klinik verwiesen (ja, es war tatsächlich eine NErvenklinik), die eine Spezialabteilung für genau diese Kinder hatte.
    Dort wurde das Kind 4 Wochen behalten, beobachtet....und es wurde medikamtös eingestellt...Es wurde klar, dass das Kind NICHT verhaltensgestört war, dass es kein schlechtes Elternhaus hatte..u.u. alles was uns vorgeworfen wurde.
    Gut..lange Rede kurzer Sinn...das Kind bekommt seit ca 3 Jahren Amphetamine allerdings nur, wenn es in der Schule ist...
    Das Kind hat sich tatsächlich um 180 ° gedreht...und sagt selbst..Mama ich kann klar denken, mich konzentrieren..u.u.u.
    Keinerlei Schwierigkeiten mehr in der Schule..ausser die Normalen, die jedes Kind so hat


    Das mal zu schweren Medikamenten....in den richtigen Fällen eingesetzt...ist dagegen nichts zu sagen. (Obwohl ich lange damit haderte)
    Mittlerweiel ist er 16..wir versuchen immer mal ohne Medis und es klappt...anscheinend trägt die Pubertät, bzw. das Erwachsenwerden dazubei...dass das Kind sich selbst organisiert.


    Ich würde mal behaupten, ohne Medikamente wäre das Kind (mit hohen IQ ) in der Sonderschule gelandet.


    Das gleiche gilt für Antidepressiva...richtig eingesetzt und der Mensch kann sein Leben wieder händeln.


  • Wir dürfen aber auch nicht so tun, als wäre die reale Umwelt immer liebenwürdig und verständnisvoll!


    Was glaubst Du, wie viele meiner (vornehmlich männlichen) Kollegen vorne herum Mitarbeitern, die eine Therapie machen, verständnisvoll gegenübertreten und ihnen hinten herum den Stempfel aufdrücken "ist nicht belastbar, muß ich schnell los werden". Da ist noch viel Aufklärungsarbeit notwendig und ich bin sehr froh, daß das in der Firma, wo ich arbeite, auch erkannt wurde und den Führungskräften von der Sozialbetreuung entsprechende Seminare angeboten werden. Ob die ihr Ziel dann immer erreichen, ist natürlich eine andere Frage, aber einige Teilnehmer verändern ihre Einstellung während eines derartigen Seminares durchaus.


  • das stimmt sicher zum teil. ich glaube außerdem, dass depression mit ihren "schüben" dazu verleitet zu denken, dass es ja jetzt wieder geht und man gerade jetzt keine therapie braucht.
    trotzdem trägt die umwelt ihren teil dazu bei, dass es diese scham und angst gibt. es ist beruflich nicht unbedingt förderlich zuzugeben, dass man an einer depression leidet. und es gibt angehörige, die tatsächlich mit vorurteilen und vorwürfen reagieren. nun könnte man sagen, dass man sich davon nicht beirren lassen sollte. aber so einfach ist es eben nicht, vor allem für betroffene.


    lg inga

  • Zitat

    Original von Adrastaia
    Zu der Frage warum das wohl so ist: Schau dir doch mal unsere verkorkste, kaputte Welt an... Das erklärt doch wohl alles... :wow


    Also das finde ich ja jetzt total unpassend. Wenn das so wäre, würde jeder Bewohner dieser Erde einen Psychologen benötigen.


    Genauso finde ich nicht, dass man sich dafür schämen muss, wenn man solche Hilfe in Anspruch nimmt.


    :wow Ich kann echt manchmal nur den Kopf schütteln über manche Äußerungen :wow

    Auch aus Steinen,
    die dir in den Weg gelegt werden,
    kannst du etwas Schönes bauen

    Erich Kästner

  • ja, ich komme angerannt, alexx. ich glaube schon, dass es kinder gibt, die an adhs leiden. ich glaube aber auch, dass die umwelt und das elternhaus daran nicht unbeteiligt sind und dass diese kinder sicher von haus aus sehr sensibel und empfindlich sind unmd reize schlechter verarbeiten können. es steht immerhin nicht fest, ob die festgestellten veränderungen im gehirn (transmitterausschüttung etc.) URSACHE oder FOLGE sind. das ist bis heute nicht bewiesen und das wäre das wichtigste.


    ich höre immer wieder von eltern, die das gleiche berichtet haben wie du, wenn es um die psychotheraoie bei kindern und jugendlichen geht. wie kann der nach meiner kindheit fragen? nach meinen eltern?
    das ist immens wichtig und ohne den willen der mitarbeit geht eine therapie bei kindern kaum. wenn man also mit der erwartung hingeht, dass das KIND ganz ALLEIN das problem ist und dieses problem gelöst werden muss, dann wird man mit therapie nichts anfangen können und sie, so wie ihr, abbrechen. therapie hat auch etwas mit der fähigkeit zu tun, sich selbst in frage zu stellen, kritisch zu sein gegenüber sich selbst, gegenüber der eigenen vergangenheit, gegenüber dem eigenen elternsein. eltern machen ALLE fehler. so what, das ist das leben. erst die unfähigkeit, sowas auch nur ins auge zu fassen und zuzugeben, macht das ganze (vor allem für die betroffenen kinder) schlimm, finde ich.


    lg inga