Der Gang zum Psychologen/Psychiater - Ein Problem unserer Zeit?

  • Zitat

    Original von Alexx61
    Batcat..natürlich kann ein Problemchen, dass uns z.B. klein erscheint, für den anderen ein Berg sein, den er nicht schafft.


    Das ist ein weiterer Punkt, den ich sehr interessant finde. Das führt mit Sicherheit auch dazu, daß viele Menschen verständnislos auf andere herabsehen, die "wegen nix und wieder nix" in Behandlung sind.


    Aber wie Du so treffend bemerktest: Was für den einen klein erscheint, kann für den anderen ein unüberwindlicher Berg sein. Und ich denke, auch wenn viele jetzt spontan mit dem Kopf schütteln, daß KEINER davor sicher sein kann, nicht eines Tages auch mal vor so einem Berg zu stehen.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • @ Alexx


    Ein Therapüeut stellt die richtigen Fragen, führt den Patienten auf den richtigen Weg des Denkens und bietet Lösungsansätze, wie man Problemen oder Traumasituationen begegnen kann.


    Natürlich kommt die Lösung letztendlich aus dem Patienten selbst, aber hätte er diese Lösung auch so schnell gefunden, wenn er keine Hilfestellung gehabt hätte?


    Mir fällt da grade mein Opa ein, zig Jahre russische Kriegsgefangenschaft, jetzt noch Alpträume Angstsituationen, etc. Nun ich weiß es nicht, aber ich vermute ganz stark, daß eine Therapie ihm manche schlaflose Nacht erspart hätte.
    Was ist also verwerflich daran, zur Problembewältigung die uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu nutzen?
    Oder interpretier ich deine und Docs Meinung da so falsch?
    (Ja ja, ich relativiert es beide, denn ihr wollt niemanden verletzen, aber aus euren Formulierungen meine ich schon, eine Tendenz herauslesen zu können)


    Warum ich so gereizt bin bei dem Thema?
    Nun weil ihr von kleinen Problemchen schreibt, von Besuchen aus Langeweile. Ihr erlaubt euch ein Urteil über das Innenleben eines Menschen. Dieses Urteil steht aber nur dem Menschen selbst zu, denn nur er selbst kennt alle Faktoren.
    Wenn ich jemandem erzähle, daß ich in Therapie bin, dann möchte ich, daß diese Aussage von meinem Gegenüber ernst genommen wird, auch ohne daß ich erläutere, welche Dinge ich verarbeiten muß.


    Zitat

    natürlich kann ein Problemchen, dass uns z.B. klein erscheint, für den anderen ein Berg sein, den er nicht schafft.


    Das hier ist die m.M.n. wichtigeste Aussage dieses Freds.

  • Ich weiß nicht Batcat..ich denke schon dass es zwei Sorten Menschen gibt, die für die Probleme gemacht sind um sie zu lösen...und zwar gleich, und die anderen, die einen Schuldigen suchen (und wenn es sie selbst sind)


    Und wie Oryx schon schreb, manche Sachen muss man als Gegeben hinnehmen, aktzeptieren..und unter ad acta einfach ablegen.
    Manche Menschen können das...auch schon als Kind..das sind die "Glücklichen..die anderen können und konnten es nie, das sind die Unglücklichen..die immer mit etwas hadern...ich denke sogar dass das z.T. angeboren ist (BJ ich rede jetzt nicht von schweren Traumata, sondern allgemein)


    Aber auch Leute die wirklich Schweres erlebten...können wegstecken..andere eben nicht..woran das liegt..tja

  • Zitat

    Original von Babyjane
    @ Alexx
    Ein Therapüeut stellt die richtigen Fragen, führt den Patienten auf den richtigen Weg des Denkens und bietet Lösungsansätze, wie man Problemen oder Traumasituationen begegnen kann.


    Richtig...aber das können auch Menschen, die keinerlei Ausbildung haben.
    Denn wie du sicherlich weißt, gibts auch Therapeuten..mit denen du "nicht kannst"...und Menschen. mit denen sprichst du, und dir geht ein Licht auf..DIR, nicht dem anderen

  • Klar Alex.... :grin


    Aber wenn ich die Möglichkeit habe, mir jemanden zu suchen, der weiß wovon er spricht, der Ahnung hat, dann ziehe ich dies dem ungelernten vor. Ob es dabei um Therapie, Autoreparaturen oder ähnliches geht.
    Natürlich trifft man nicht auf Anhieb den Therapeuten, der zu einem paßt.


    Aber weißt du, ich nehm mich jetzt mal als Beispiel.
    Wenn ich versucht habe mit Freunden und Bekannten über meine Erlebnisse zu reden nun dann bekam ich viel Mitgefühl, viel Verständnis und das ist genauso wichtig wie eine Therapie, aber ich merkte auch, wie sehr meine Erzählungen mein Umfeld belastet haben.
    Wie ich plötzlich wie ein rohes Ei angefaßt wurde, wie mancher sogar in einen regelrechten Schockzustand verfiel.
    Das will ich nicht, ich will mich mit mir und meinem Problem auseinandersetzen können, ohne auf die Gefühlswelt meines Gegenübers Rücksicht nehmen zu müssen. Das geht im Gespräch mit einem Therapeuten ganz fabelhaft, denn mich verbindet mit diesem Menschen nichts, ich kann ihn oder sie nicht verletzen durch das was ich erzähle.

  • puha, hier geht's ja wirklich heiss her...


    @ Alexx:


    Zitat

    Und wie Oryx schon schreb, manche Sachen muss man als Gegeben hinnehmen, aktzeptieren..und unter ad acta einfach ablegen.
    Manche Menschen können das...auch schon als Kind..das sind die "Glücklichen..die anderen können und konnten es nie, das sind die Unglücklichen..die immer mit etwas hadern...ich denke sogar dass das z.T. angeboren ist (BJ ich rede jetzt nicht von schweren Traumata, sondern allgemein)


    Aber auch Leute die wirklich Schweres erlebten...können wegstecken..andere eben nicht..woran das liegt..tja


    Ganz kurz: es gibt in der psychol. Forschung einen neueren Zweig, der sich "resilienz"-Forschung nennt... von engl "resilient" = elastisch, federnd, unverwüstlich. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass es Menschen gibt, die in ihren frühen Entwicklung positive ERfahrungen gemacht haben, die sie "resilient" haben werden lassen - und eben Menschen, die dieses Glück nicht hatten. Einfache Ursache, weitreichende Wirkung.


    Das mit dem Akzeptieren von Situationen...ich will niemandem zu nahe treten: aber kann wirklich JEDER hier von sich behaupten, NIE "angepisst" zu sein und mit einer unerwünschten Entwicklung oder einem Schicksalsschlag zu hadern?
    Ich musste das auch erst mühsam lernen (und ringe immer noch damit) - und ich bin mir nicht sicher, ob der Dalai Lama das auch immer so hinkriegt :grin


    @ Batcat


    Zitat

    Aber wie Du so treffend bemerktest: Was für den einen klein erscheint, kann für den anderen ein unüberwindlicher Berg sein. Und ich denke, auch wenn viele jetzt spontan mit dem Kopf schütteln, daß KEINER davor sicher sein kann, nicht eines Tages auch mal vor so einem Berg zu stehen.


    :anbet :write


    Grundsätzlich bin ich doch etwas perplex, dass dieser Fred hier so die Emotionen hochkochen lässt, damit hätte ich so nicht gerechnet... :wow


    Wo liegt das Problem, wenn Menschen der Meinung sind, dass sie Hilfe brauchen, und zwar Hilfe von ausserhalb des sozialen Umfelds? Es gehen doch auch so viele zum Sport, um "was für sich zu tun", "fit zu sein" - warum soll das nur für den Körper gelten???
    Ja, mag sein, dass wir heutzutage Zeit und Raum dafür haben, uns um unsere Seele zu kümmern. Das IST ein ungeheurer Luxus - aber ist das denn nicht wunderbar???
    Gandhi hat gesagt, wir könnten alle nur immer unser eigenes Haus aufräumen, und ich beziehe das jetzt einfach mal auf dieses Thema. Klingt sicher naiv: aber stellt Euch mal vor, jeder täte das - sein eigenes Haus, die eigene Seele aufräumen - würde da die WElt nicht ein ganzes Stück besser aussehen?
    Nehmt als krasses Beispiel doch mal Herrn Bush, der psychoanalyt. gesehen wohl seinen Minderwertigkeits- wie Vaterkomplex ausagiert. Hätte man den besser nicht auf die Couch geschickt? (Krasses Beispiel , wie gesagt, aber ich nehme mal an, recht anschaulich! :grin )
    (Haben die Nur-bei-Trauma-Therapie-Befürworter Angst um ihre Krankenkassenbeiträge? :lache)


    LG, Nicole :wave

  • Mir fallen zu dem Thema unterschiedliche Gedanken ein...


    Meine Grosseltern sind früher fast jeden Tag in die Kirche gegangen. Sie haben viel gebetet. Beten hiess einerseits: die konkreten Nöte formulieren und an jemand anderen "abgeben". Es hiess andererseits: rituelle Worte sprechen und dabei sozusagen meditieren. Ich behaupte, dass diese beiden Mechanismen ihnen viel dabei geholfen haben, seelisch gesund zu bleiben: einerseits "aussprechen" (vor Gott), was ihnen Kummer machte, andererseits innere Ruhe finden, um in sich selbst nach Lösungen zu horchen.


    Sie haben auch viel mehr körperlich gearbeitet und sich insgesamt mehr bewegt, als wir es heute tun. Sie nannten das nicht Sport und betrieben es auch nicht unter sportlichem Leistungsdruck, es gehörte einfach zum Leben dazu. Ich behaupte, dass dieser Ausgleich auch ihrer seelischen Gesundheit gut getan hat und vielen Störungen allein dadurch vorgebeugt wurde.


    Ja, vielleicht hatten sie auch insgesamt ein besser funktionierendes soziales Netz.


    Ich denke, in unserer mitteleuropäischen Gesellschaft gibt es immer noch viel mehr Menschen, die wegen Wehwehchen den Arzt aufsuchen, obwohl es objektiv nicht "nötig" wäre, als es Menschen gibt, die zum Psychotherapeuten gehen, weil es "schick" ist. Und auch mehr, als es Menschen gibt, die wegen nichtiger Wehwehchen psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen.


    Solange das so ist, sehe ich das Problem eher darin, dass zu wenige Leute Therapie in Anspruch nehmen oder sich sonstwie gezielt um ihre seelische Gesundheit bemühen, nicht zu viele. Und nicht darin, dass die Psychotherapie ausgenutzt/missbraucht wird, sondern dass sie immer noch zu sehr stigmatisiert ist.


    Ja, manche Sachen "muss" man als gegeben annehmen und akzeptieren (oder eben zu ändern versuchen) - was, wenn es einen Therapeuten braucht, damit man das schafft? Nicht alle sind so "glücklich", das von sich aus zu können.

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)

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  • Zitat

    Original von Nicole
    sich "resilienz"-Forschung nennt... von engl "resilient" = elastisch, federnd, unverwüstlich. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass es Menschen gibt, die in ihren frühen Entwicklung positive ERfahrungen gemacht haben, die sie "resilient" haben werden lassen - und eben Menschen, die dieses Glück nicht hatten. Einfache Ursache, weitreichende Wirkung.


    Und ich hab gelesen, und auch beigebracht bekommen..dass Menschen(Babys..egal) immer selbst entscheiden WIE sie mit einem Erlebten umgehen....also, erlebt ein Kind Schlechtes (das Umfeld sieht es als schlecht an) entscheidet das Kind schon für sich selbst, ob es sich das merkt, bzw. es als schlimm empfindet, oder es eben ad acta legt...das tun schon Babys und Kinder...die Kinder, die in der Lage sind, für sich zu entscheiden..aha..das war blöd, aber es kommt besseres, sind die Glücklicheren..sie kommen im Leben besser zurecht.
    Man kann also IMMER entscheiden..ist das für mein weiteres Leben maßgebend oder nicht..ich finde das sehr interessant...und könnte tausend Beispiele geben, wo Menschen, die tatsächlich im Leben, in der Kindheit NUR Sch...erlebt haben...dennoch positiv sind..und keine Therapie brauchen...dann gibts tatsächlich die, (überspitzt) die wegen eines nicht gewährten Stieleis am Rad drehen.
    Wie gesagt, die Erlebenswelt jeden Einzelnen ist anders.
    Und das ist auch okay.


    Zitat

    (Haben die Nur-bei-Trauma-Therapie-Befürworter Angst um ihre Krankenkassenbeiträge? :lache)


    Nein Quatsch :grin...es ist einfach interessant darüber zu reden

  • noch was am Rande... ich habe mich gefragt, ob die Skepsis über Sinn und Unsinn der Therapie vielleicht AUCH damit zusammenhängt, dass man Therapeuten im weitesten Sinne nicht viel zutraut und sich fragt, "was die eigentlich machen u. können"... Ist das möglich?? :gruebel
    Wenn ja: Ganz ehrlich, ich habe im weiteren Bekanntenkreis schon so viel Mist gesehen, den Therapeuten verzapft haben, und wenn ich mir vorstelle, dass gewisse Kommilitonen von mir nach dem Diplom auf die Leute losgelassen wurden - und von einer bekam ich auch brühwarm alles von der GEsprächstherapie-Ausbildung erzählt...da schüttelt's mich jetzt noch, wenn ich daran denke! Dito bei vielem, was mir an der Uni von den Profs erzählt wurde... Müll, ganz häufig einfach Müll! :-( :fetch


    Richtig gute Therapeuten sind leider nicht allzu häufig anzutreffen, und dann spielt ja neben der Ausrichtung auch noch die persönliche "Chemie" eine extrem große Rolle...sprich: Stecknadel im Heuhaufen, und ich beneide niemanden, der sich auf die Suche nach einem geeigneten Therapeuten macht...
    Also, ich halte (von einigen absolut bewundernswerten Ausnahmen) leider nicht allzu viel von diesem Berufsstand. Rein subjektiv natürlich, und keineswegs statistisch repräsentativ... :grin

  • Mary Read..icg geb dir in allen Punkten reht, ich schrieb ja weiter oben schon...der Pfaffe ersetzte den Psychiater...und das Menschen die sich viel bewegen glücklicher sind...ist eh bekannt.


    Das meinte ich auch, mit dem Satz..die Menschen hatten einfach keine Zeit auf Unpässlichlichkeiten einzugehen..man musste zusehen, dass Essen auf dem Tisch ist, Viehzeig und Kinder versorgt waren u.u.u.

  • @ BabyJane


    Das geht im Gespräch mit einem Therapeuten ganz fabelhaft, denn mich verbindet mit diesem Menschen nichts, ich kann ihn oder sie nicht verletzen durch das was ich erzähle.


    Das ist allerdings auch ein sehr interessanter Aspekt, über den ich mir als Nichtbetroffener noch keinerlei Gedanken gemacht habe. Aber doch, das leuchtet mir ein. Eine neutrale Person gibt natürlich dann auch ganz andere (und vielleicht auch manchmal bessere?) Anstöße als eine Person, die mich, mein Leben und auch meine Befindlichkeiten kennt.


    Alles in allem ein mega-interessantes Thema, zu dem ich auch sehr viele interessante Gedankenanstöße gelesen habe!

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • @ Alexx


    Zitat

    Man kann also IMMER entscheiden..ist das für mein weiteres Leben amßgebend oder nicht..ich finde das sehr interessant...und könnte tausen Beispiele geben, wo Menschen, die tatsächlich im Leben, in der Kindheit NUR Sch...erlebt haben...dennoch positiv sind..und keine Therapie brauchen...dann gibts tatsächlich die (überspitzt) die wegen eines nicht gewährten Stieleis am Rad drehen.


    sorry, ich hab mich im Eifer des Gefechts mißverständlich ausgedrückt: "positiv" meinte ich anders... nämlich "resilienz-stärkende Erfahrungen". Sind nicht zwangsläufig "positiv" im landläufigen Sinne, sondern "positiv" für die Entwicklung einer starken Persönlichkeit, und das können u.U. eben auch Widerstände sein.
    Sorry für meine Schlampigkeit! :knuddel1


    Zitat

    Wie gesagt, die Erlebenswelt jeden Einzelnen ist anders.


    :write


    Oder wie ich so oft sage: "es ist Platz für viele bunte Kühe auf Gottes großer Weide" :grin

  • Batcat...es geht bei Freunden /Bekannten IMMER darum..dass jeder versucht SEINE eigen Sichtweise und seine Vorgehensweise dem anderen aufs Auge zu drücken..das kann nur schief gehen.
    Der Mensch (Patient) muss selbst drauf kommen was ihm hilft wie er im Leben klar kommt.

  • Zitat

    Original von Doc Hollywood
    Beispielhafte Interpretationen der Fragestellung in der Überschrift "Psychologen/Psychiater - Ein Problem unserer Zeit?":


    - Ist unsere Zeit, also die Gegenwart, so schwierig und problembehaftet, dass die Menschen ohne professionelle Hilfe nicht mehr wissen, wer sie sind und wo sie hinwolllen?
    - Sind die Menschen heutzutage psychisch so viel anders als die Generationen vorher, dass Psychiater/Psychologen ein "Muss" sind?


    Nur um die Formulierung nochmal aufzugreifen, so wie die Frage da steht, bedeutet sie eigentlich, dass Psychologen/Psychiater SELBST ein Problem unserer Zeit sein könnten... ;-) und nicht etwa der sofortige GANG zu einem solchen..


    EDIT: /me hält sich bei der sonstigen Diskussion lieber zurück.

  • Zitat

    Original von Alexx61
    Batcat...es geht bei Freunden /Bekannten IMMER darum..dass jeder versucht SEINE eigen Sichtweise und seine Vorgehensweise dem anderen aufs Auge zu drücken..das kann nur schief gehen.
    Der Mensch (Patient) muss selbst drauf kommen was ihm hilft wie er im Leben klar kommt.


    Ähm... so meinte ich das gar nicht :cry


    Ich benutz mich noch mal als Beispiel.
    Angenommen ich würde mich beispielsweise mit meinen Eltern über meine Erlebnisse austauschen, so wüßte ich, daß ich in ihnen ganz massive Vorwürfe auslösen würde. Das will ich nicht, darum schweige ich und gehe zur Therapie und werde meine Gedanken dort los, wo sie keinen anderen in ein weiteres Trauma stoßen.

  • Stimmt MaryRead..aber das überlas ich :grin



    Seelische Gesundheit...das ist heutztage eh sehr schwierig, denn bei den ganzen Tabuthemen die es heute gibt...niemand darf sich mehr aufregen, jeder muss funktonieren so gut es geht.
    Nehmen wir mal das Thema Trauer.


    Früher hat man Trauer richtig ausgelebt..es wurde geheult und laut gejammert...schwarz getragen solange man wollte...da das tut man heute nicht mehr...da heisst es gleich "jetzt beruhig dich mal...


    Zitat


    Angenommen ich würde mich beispielsweise mit meinen Eltern über meine Erlebnisse austauschen, so wüßte ich, daß ich in ihnen ganz massive Vorwürfe auslösen würde. Das will ich nicht, darum schweige ich und gehe zur Therapie und werde meine Gedanken dort los, wo sie keinen anderen in ein weiteres Trauma stoßen.


    Das ist in meinen Augen ein Fehler...deine Eltern WISSEN ja was sie mit dir angestellt haben...das kann man ruhig mal sagen..und damit auch den Eltern die Chance geben, das abzuarbeiten.

  • Zitat

    Original von Nicole
    sorry, ich hab mich im Eifer des Gefechts mißverständlich ausgedrückt: "positiv" meinte ich anders... nämlich "resilienz-stärkende Erfahrungen". Sind nicht zwangsläufig "positiv" im landläufigen Sinne, sondern "positiv" für die Entwicklung einer starken Persönlichkeit, und das können u.U. eben auch Widerstände sein.


    Ja das meinte ich auch :grin

  • Ich verfolge diesen Fred seit dem Eingangsposting von Doc mit Interesse. Im Gegensatz zu eineigen anderen Eulen bin ich aber überhaupt nicht überrascht über die sehr engagierte und emotionale Diskussion. Wie auch bei religiösen Themen geht es hier um etwas, dass mit mir selbst zu tun hat, auch mit dem an mir, was ich vielleicht nicht einordnen kann oder sogar nicht mag.


    Missverständlich im Titel und wegweisend für einige Irritationen war vielleicht die Verbindung des Wortes "Problem" mit den Berufsbezeichnungen.


    Andererseits finde ich die Fragestellung "Was bringt Menschen dazu, in verstärktem Maße Hilfe bei Psychologen und Psychoterapeuten zu suchen?" aktuell und diskussionswürdig.


    Aus beruflicher Sicht eines Theologen und weil dieser Bezug in einigen postings hergestellt wurde, eine Anmerkung zur Rolle der Kirche in der Geschichte:


    Mein eigener Chef klagt ab und zu darüber, dass die Menschen heute Psychater aufsuchen, wo sie früher zur Beichte gegangen sind. Meine Antwort ist dann immer die gleiche: Ich möchte den Menschen, die Hilfe suchen, heute nur in Ausnahmefällen die Beichte empfehlen, weil ich glaube, dass die meisten Priester nicht ausreichend psychologisch ausgebildet sind. Antworten, die Beichtväter in den Hochzeiten der Beichte im letzten Jahrhundert gaben, hatten viel mit Befolgeln von Regeln (Geboten) in einem klaren Koordinatensystem zu tun.


    Natürlich gab es und gibt es hervorragende Seelsorger, die auch heute noch sehr viel für die Psyche, die Seele zu leisten in der Lage sind. Aber ich denke, dass die Arbeit, die Psychologen und Psychotherapeuten leisten, nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.


    Klar: Es gibt sicherlich einige Zeitgenossen, die es "in" finden, ihre eigenen Psychologenstorys unter die Mitmenschen zu bringen. Von einem befreundeten Psychologen weiß ich, dass auch diese Berufsgruppe durchaus mit (sagen wir mal) unterschiedlich starken Erkrankungen zu tun hat...


    Aber wohl denen, die es schaffen, sich Hilfe zu holen, wo andere (vermeintlich vernünftige und starke) Personen alles mit sich allein ausmachen (müssen).


    edit: Ich habe mich hier keineswegs gegen die Beichte ausgesprochen, die durchaus im religiösen Bereich einen großen Wert hat. Als Ersatz für eine Psychotherapie aber erscheint sie mir nicht geeignet.

    „Streite niemals mit dummen Leuten. Sie werden dich auf ihr Level runterziehen und dich dort mit Erfahrung schlagen.“ (Mark Twain)

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  • Ähm Alex....
    Nein, meine Eltern wissen nicht, was jemand anderes mit mir angestellt hat und das ist aus den oben genannten Gründen auch gut so.