Robbie Williams, 28.7., Berlin-Olympiastadion

  • Melde mich mit einem kurzen Konzertbericht in den Urlaub (bis 14.8.) ab:


    Er hat 1,6 Millionen Konzertkarten an nur einem Tag verkauft, und es damit ins Schwarzbierbuchderrekorde geschafft. Als vor einem guten Dreivierteljahr die Internet-Ticketportale reihenweise zusammenbrachen, ging es um den vermeintlich größten "Entertainer" (was auch immer das ist) dieser Zeit, um Ex-Take-That-Boygroupler Robbie Williams, den dackelgroßen Blauaugentypen, der angeblich entweder stockschwul ist oder (und?) die weiblichen Groupies sackweise vernascht. Spielt ja alles überhaupt keine Rolle. Gesehen haben muß man den Mann mal, und das dachten sich neben meiner Wenigkeit auch knapp 120.000 Leute, die während der vergangenen zwei Tage das Olympiastadion fast zweimal füllten - fast (das hat bisher noch kein Musiker geschafft). Freunde von mir kamen für knapp 30 Euro kurzfristig in den Innenraum (offiziell: 71 Euro), Karten wurden von Schwarzhändlern wie Sauerbier angeboten, einige Bereiche in den Rängen und im hinteren Innenraum blieben frei.


    Der wirklich gewaltige Bühnenaufbau reichte bis zur Stadiondecke. Es gab Shirts im Merchandising für 30 bis 100 Euro, aber kaum jemanden, der eines trug, ganz im Gegenteil zu den letzten Konzerten, bei denen ich war (Peppers, DM). Vereinzelt ein paar Mädels mit selbstgebastelten Trinkhalm-Kronen, zu einem "RW" verdröselt, eine elfjährige, die sich mit Filzstift bemalt hat und überall Herzchen trägt (zwei peinlich berührte Elternteile trotten hinterher), ein dünner Schwuler, der "Robbie, I wanna be your gay friend" auf dem T-Shirt zu stehen hat. Ansonsten viele Pärchen im Alter von 20 bis 45. Leute, die sich offenbar denken: Den muß man mal gesehen haben. Keine Fans. Einfach Leute.


    Es laufen Werbespots für Haarfestiger und Kleinwagen auf den beiden Videowänden, die in den unglaublichen Bühnenaufbau integriert sind. Irgendwann macht ein DJ für eine halbe Stunde lang Mucke (Britpop, das hätte ich in dieser Form auch gekonnt), irgendwann tritt eine kunterbunte Combo namens "Basement Jaxx" auf, von denen ich zwei oder drei Songs kenne, und gegen 20.30, nach über drei Stunden Wartezeit, ballert es los.


    Es ballert wirklich. Pyro. Licht. Effekte über Effekte. Und irgendwo zwischendrin, kaum größer als der kleinste Lichteffekt, uns Robbie. Auf den Videowänden sieht er fertig aus, übernächtigt und irgendwie aufgedunsen. Aufgedunsen ist ein gutes Stichwort - so wirkt das gesamte Programm. Viele Sprüche, die unglaubwürdig und aufgesetzt klingen, elend lange Pausen, viel Geschwätz, dümmliche Einlagen - und Technik über Technik. Und ab und zu ein Song. Gänsehautfeeling will nicht aufkommen, überhaupt wirkt das Publikum sehr verhalten, singt nicht einmal bei "Angels" oder "Feel" lauthals mit, ist aber trotzdem, selbstverständlich, das beste Publikum der Tour bisher. Als es zu regnen beginnt, fühlt man sich wenigstens erfrischt, aber ins Schwitzen hat einen diese Veranstaltung bisher sowieso nicht gebracht. Es ist eine Show, kein Konzert, und es ist eine Show, die ihre eigenen Dimensionen sprengt. Herr Williams mit seinen paar Songs, von denen nur wenige seine Zeit überleben werden, und eine Bühne, auf denen etwa dreitausend in seiner Größe Platz hätten. Es wirkt fad und leidenschaftslos. Der Mythos, der mit "Live at Knebworth" aufgebaut wurde, wird hier entzaubert, und das auf teure, hochdramatische Art.


    Muß man mal gesehen haben, sonst würde man es nicht glauben. Eine gewaltige Seifenblase, die ihr eigenes Platzen mit einem monströsen Aufwand inszeniert hat.

  • Hier hat er vor ein paar Monaten auf dem Hauptplatz ein Gratiskonzert gegeben (wohl von EMI und der Stadtregierung bezahlt), war nett, aber das war's auch.


    Ich war am Tag zuvor im Showcase gewesen - anzüglich und unterhaltsam. Okay, meine Begleiterin - ein ausgewachsener Robbiefan und Freundin des EMI Managers - durfte auf die Bühne und mit ihm herumknutschen, was die kleinen Teenies der einladenden Radiostation extrem irritierte.
    Der Mann macht nichts unüberlegt, aber er wirkt irgendwie besser auf einer kleinen Bühne.

  • Da hatte ich ja (noch) Glück - sein erstes Konzert in DD war zumindest für mich und den Rest der 59.999 Leutchens ein "Mitsing"-Event" - hat Spaß gemacht. :grin